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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §38Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des J E in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2019, W128 2180508-1/5E, betreffend Zurückweisung eines Fortsetzungsantrags (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und stellte einen Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungsabgeltung bzw. -zulage und Ergänzungszulage. 2 Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 setzte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde das Verfahren über den Antrag ("... auf Zuerkennung einer Verwendungsabgeltung/-zulage (§§ 75, 79 GehG) und Ergänzungszulage (§ 77a GehG)") gemäß § 38 AVG aus. Zur Begründung führte sie aus, dass für die Beurteilung des gestellten Antrags die Bewertung des Arbeitsplatzes von ausschlaggebender Bedeutung sei. Gemäß § 143 BDG 1979 seien die Arbeitsplätze der Beamten des Exekutivdienstes auf Antrag des zuständigen Bundesministers vom Bundeskanzler zu bewerten, einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser einer Funktionsgruppe zuzuordnen. Der Ausgang dieses Verfahrens, das die Behörde eingeleitet habe, stelle im vorliegenden Verfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar.
3 Dieser Aussetzungsbescheid wurde rechtskräftig. 4 Mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 beantragte der Revisionswerber "unter Bezugnahme auf (s)einen Antrag um Zuerkennung einer Verwendungsabgeltung/-Zulage und Ergänzungszulage und de(n) daraus folgenden Aussetzungsbescheid vom 16.06.2015 (...) die Weiterführung des Verfahrens" und begründete dies damit, dass er mit Schreiben der Landespolizeidirektion Wien vom 6. September 2017 mit der Funktion eines Gruppenführers im Landeskriminalamt, Ermittlungsdienst, EB LKA 04 (WI) - Wirtschaftskriminalität, E2a/6, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2017 betraut worden sei, wodurch die erforderliche Bewertung des Arbeitsplatzes "erfüllt" worden sei.
5 Diesen "Weiterführungsantrag" wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit Bescheid vom 8. November 2017 mit der Begründung zurück, dass der Aussetzungsbescheid noch immer wirksam sei, weil es noch immer keine Entscheidung über die Vorfrage der Arbeitsplatzbewertung gebe.
6 Mit Erkenntnis vom 18. Juli 2019 bestätigte das mit Beschwerde angerufene Verwaltungsgericht diese Zurückweisung - im Ergebnis - mit der Begründung, dass das AVG (im Unterschied zu § 271 Abs. 3 BAO) einen gesonderten Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens durch die Partei des Verwaltungsverfahrens nicht kenne; vielmehr sei das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen, wenn das Verfahren, in dem über die Vorfrage abzusprechen ist, rechtskräftig erledigt sei (Hinweis auf VwSlg. 14.159 A/1994). Gegen verwaltungsbehördliche Säumnis nach Wegfall des Aussetzungsgrundes stünde Rechtsschutz durch Erhebung einer Säumnisbeschwerde offen. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig und begründete dies mit dem Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit ausführt, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach Anträge nur insoweit zulässig seien, als sie vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt seien, "abwegig" sei. Es gehöre zum Wesen eines Rechtsstaates, dass jeder, der subjektive Rechte habe, auch verfahrensrechtliche Schritte zu deren Geltendmachung setzen könne. Es könne "keinen Zweifel" daran geben, dass die Verfahrenspartei ein subjektives Recht darauf habe, dass das Verfahren nach Wegfall des Aussetzungsgrundes "von der betreffenden Behörde selbst weitergeführt" werde. Die vom Verwaltungsgericht erwähnte Möglichkeit einer Säumnisbeschwerde könne das diesbezügliche Antragsrecht nicht ausschließen, weil die Erhebung einer Säumnisbeschwerde eine Aufgabe des "subjektiven Rechts auf behördliche Verfahrensweiterführung" bedeuten würde. Dass ein Antrag auf (behördliche) Verfahrensfortsetzung nicht gesetzlich geregelt sei, stehe der Annahme einer Antragsberechtigung nicht entgegen, weil sich diese schon aus dem allgemeinen Grundsatz ergebe, wonach eine Antragsberechtigung dann bestehe, wenn eine Behörde "im Sinne subjektiver Interessen zum Handeln verpflichtet" sei, dieser Verpflichtung aber nicht nachkomme. Daher sei auch die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf die Bestimmung des § 271 Abs. 3 BAO, die eine entsprechende Antragstellung unabhängig vom Wegfall des Aussetzungsgrundes vorsehe, nicht tragfähig.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Durch die Aussetzung des Verfahrens wird bis zur Entscheidung, deren Ausgang abgewartet werden soll, die Entscheidungspflicht der Behörde bzw. des Gerichts suspendiert (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2014/17/0052; 11.2.2019, Ra 2018/22/0016). Eine solche Aussetzungsentscheidung verliert ihre Rechtswirksamkeit jedenfalls mit dem Eintritt des Zeitpunkts, bis zu dem die Aussetzung verfügt worden ist (vgl. VwGH 22.4.2015, Ro 2014/12/0038). Nach Wegfall der Aussetzungswirkungen ist das Verfahren von der Behörde daher fortzusetzen. Hat die Behörde das Verfahren solcherart zwingend von Amts wegen fortzusetzen, ist die Annahme eines Antragsrechts auf Fortsetzung auch aus Rechtsschutzerwägungen nicht erforderlich (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0083; 12.9.2018, Ro 2016/13/0023;
26.3.2019, Ra 2018/19/0303). Weitere (wiederholte) Anträge im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens lösen keine gesonderte Entscheidungspflicht der Behörde aus (vgl. VwGH 26.6.1996, 96/12/0155; 21.11.2002, 2000/06/0201; 23.5.2002, 2001/05/0920; 17.5.2011, 2011/01/0026). Dem Revisionswerber kam demnach auch ein Antragsrecht in Bezug auf die Fortsetzung seines Verfahrens im Sinne eines gesonderten Rechts auf "behördliche Verfahrensweiterführung" nicht zu (vgl. auch VwGH 30.4.2019, Fr 2019/10/0005). Der Umstand, wonach die dem Revisionswerber hier offenstehende Erhebung einer Säumnisbeschwerde zum Übergang der Zuständigkeit auf das Verwaltungsgericht führen kann, ändert daran nichts, sodass es auch insofern keiner neuen Leitlinien der Rechtsprechung bedarf.
12 Die gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Fortsetzungsantrags gerichtete Revision zeigt nicht auf, dass einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung abgewichen wäre.
13 Die Revision wirft daher keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. März 2020
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltMaßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftZeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120057.L00Im RIS seit
30.04.2020Zuletzt aktualisiert am
30.04.2020