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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des Mag. AB in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 31. Jänner 1996, Zl. SD 1026/95, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 22. März 1995 die Ausstellung eines Waffenpasses und begründete diesen Antrag wie folgt:
"Ich habe als Außerstreitrichter beim BG (...) unter anderem mit gefährlichen psychisch Kranken zu tun.
Nachweis: Akten des BG (...): 2 SW 16/92, 2 L 65/77; meine Einvernahme"
Nach einem im Verwaltungsakt erliegenden Bericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Mai 1995 habe der Beschwerdeführer seinen Bedarf - offenbar mündlich - mit Entscheidungen "gegen" psychisch kranke Personen oder im Zusammenhang mit Sorge- und Unterhaltspflichten im Familienrecht begründet und angegeben, aufgrund der letzten Vorfälle in Gerichten fühle er sich besonderen Gefahren ausgesetzt und wolle sich davor mit einer Waffe schützen. Zu einer konkreten Drohung gegen seine Person sei es bisher nicht gekommen. Der Beschwerdeführer lege aber die Ablichtung eines Drohungen enthaltenden Schreibens "an einen anderen Richter" vor.
Bei diesem dem Bericht in Kopie angeschlossenen Schreiben handelt es sich um die ON 80 aus dem Akt 2 SW 16/92, nämlich eine an den Vizepräsidenten und Vorsitzenden eines Rechtsmittelsenates des dem Gericht, bei dem der Beschwerdeführer tätig ist, übergeordneten Gerichtshofes gerichtete Parteieingabe vom 22. August 1994, worin die Partei unter Bezugnahme auf ein bei diesem Gerichtshof anhängiges Rekursverfahren u.a. ausführte:
"Des weiteren möchte ich Ihnen hiermit mitteilen, daß ich zusammen mit einer Sachwalterschaftssache meiner Person (= Entmündigung), NICHT lebensfähig bin, und daher mein Leben beendigen werde sofern dieses Rekursverfahren NICHT zu einer Einstellung der Sachwalterschaftssache meiner Person führen sollte. Doch aber mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ich in diesem Falle nicht allein sterben werde, und das österreichische Gesetz mir erlaubt, den/die Person/en zu töten welche meinen Tod verursacht haben, sozusagen in Notwehr."
Die Eingabe trägt einen beim Rekursgericht angelegten Aktenvermerk vom 26. August 1994, wonach der Beschluß auf Einstellung des Verfahrens zur Bestellung eines Sachwalters schon gefaßt und der Akt in der Schreibabteilung sei. Die erkennenden Richter seien der Auffassung, daß eine Befassung der Staatsanwaltschaft die psychische Situation des Betroffenen eher destabilisieren und zu einer Aufschaukelung führen werde. Maßnahmen seien derzeit nicht sinnvoll.
Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 teilte die Bundespolizeidirektion Wien, Administrationsbüro, dem Beschwerdeführer mit, daß aus näher dargestellten Gründen die Abweisung seines Antrages vorgesehen sei.
In einer Eingabe vom 19. Mai 1995 nahm der Beschwerdeführer dazu ausführlich Stellung. Er verwies zunächst allgemein darauf, daß er als Familien- und Außerstreitrichter in einem Bereich arbeite, der für den Betroffenen im Regelfall - verglichen mit der übrigen Zivilgerichtsbarkeit - die massivsten Eingriffe in höchst emotionsgeladene Sphären mit sich bringe, weshalb hier auch eher als im übrigen Zivilrechtsbereich aufgrund von Verzweiflungsreaktionen mit Gewaltausbrüchen wie jenem in Linz-Urfahr (gemeint: die Ermordung von insgesamt fünf Personen aus Anlaß einer Urteilsverkündung am 10. März 1995; vgl. dazu etwa die Berichte in der Wiener Zeitung am 11. und 12. März 1995) zu rechnen sei. Es gebe genügend Beispiele, daß Entscheidungen im Familienrechtsbereich zu Verzweiflungs- und Wahnsinnstaten führen könnten. So sei 1994 in Deutschland eine Familienrichterin wegen einer Obsorgeentscheidung ermordet worden und es passierten immer wieder Familientragödien wie diejenige einer Mutter, die - soweit bekannt, wegen eines Besuchsrechtsstreites - nach Abgabe von Schüssen auf ihren Ehemann ihre Kinder und sich selbst getötet habe. Der Beschwerdeführer bringe daher ausdrücklich vor, daß er wesentlich stärker mit hochemotionalisierten und gefährlichen Personen konfrontiert sei als ein Zivilrichter irgend einer anderen Sparte oder ein sonstiger Entscheidungsträger im Hoheitsbereich.
Weiters führte der Beschwerdeführer aus, Strafrichter seien nicht grundsätzlich einer höheren Gefährdung ausgesetzt als ein Zivilrichter seines Tätigkeitsbereiches. Davon abgesehen habe er als Familienrichter in vielen Fällen ebenfalls mit Kriminellen zu tun, bei denen es sich etwa im Zusammenhang mit der Ausweisung aus der Ehewohnung auch typischerweise um Gewalttäter handle. In diesem Zusammenhang führte der Beschwerdeführer drei bei ihm anhängige Verfahren an, bei denen es um familienrichterliche Eingriffe in die Rechte strafrechtlich auffälliger Personen gehe.
Hinzu komme die Gefahr aus der berufsbedingten Konfrontation des Beschwerdeführers mit psychisch kranken Menschen. Der richterliche Eingriff in die Geschäftsfähigkeit werde in der Regel als weitaus schwerwiegender empfunden als etwa die Verhängung einer Freiheitsstrafe oder die Entziehung einer Lenkerberechtigung, und die Parteien seien meist nicht krankheitseinsichtig. Sie betrachteten den richterlichen Eingriff nicht als Hilfe, sondern als Verfolgung. Diese Betroffenen würden zum Teil als sehr gefährlich eingestuft, wozu der Beschwerdeführer folgendes ausführte:
"- der von mir inzwischen mit einem einstweiligen Sachwalter versehene (...) wurde in einem Gutachten Dris. (...) als "in allerhöchsten Maß gemeingefährlich" und als "die Gefahr des blinden Amoklaufes in sich" tragend beurteilt (AS 167 u. 169 in hg. 2 L 65/77)."
Der Beschwerdeführer trat auch der Annahme entgegen, er habe keine konkreten Fälle gegen ihn selbst gerichteter Drohungen genannt. Hiezu führte er aus:
"Der bereits von mir vorgelegte Drohbrief des (...) (2 Sw 16/92) enthält die Ankündigung, daß der Kranke alle Personen töten wird, die an seinem (für den Fall des Weiterbestehens der Sachwalterschaft angekündigten) Tod schuldig seien.
Diese Formulierung läßt Interpretationsspielraum. Da psychisch Kranke nicht mit gewöhnlichen Maßstäben gemessen werden können, muß ins Kalkül gezogen werden, daß dieser Verrückte höchstwahrscheinlich eine eigene, im Regelfall sehr weitgehende Vorstellung davon hat, wer aller an seinem widrigen Schicksal schuld sein könnte. Da ich in seinem Verfahren ebenfalls Verfügungen getroffen habe, fühle ich mich unter diesen Umständen auch vom Kreis der Angesprochenen umfaßt.
Es handelt sich bei dem vorgelegten Schreiben daher sehr wohl um einen konkreten Fall einer Drohung auch gegen mich."
Schließlich machte der Beschwerdeführer auch hilfsweise geltend, im Falle einer Verneinung seines Bedarfes (gemeint: im Sinne des § 17 Abs. 2 erster Satz in Verbindung mit § 18 WaffG 1986) sei bei der Ermessensentscheidung (gemeint: im Sinne des § 17 Abs. 2 zweiter Satz in Verbindung mit § 7 WaffG 1986) zu berücksichtigen, daß die Ausstellung von Waffenpässen an Familienrichter nicht dazu führen würde, daß auch an jeden anderen interessierten Bundesbediensteten im Hoheitsbereich ein Waffenpaß ausgestellt werden müßte, und daß der Beschwerdeführer als Angehöriger eines verantwortungsvollen Berufes unter dem Gesichtspunkt einer besonders ausgeprägten Verläßlichkeit die größtmögliche Gewähr für den sorgsamen Umgang mit einer Waffe biete.
Mit Bescheid vom 6. Juni 1995 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers ab. Seinen Behauptungen über seinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen wurde in der Begründung dieses Bescheides entgegengehalten, im Waffengesetz werde von einer "regelmäßigen Gefährdung oder konkreten Gefahrenlage als Bedarfsnachweis für einen Waffenpaß ausgegangen" und beim Beschwerdeführer würden "beide Umstände derzeit nicht zutreffen". Daß dem Beschwerdeführer auch nicht in Ausübung des Ermessens der Behörde ein Waffenpaß ausgestellt werde, gründe sich darauf, daß die geltend gemachten Umstände nicht an einen Bedarf heranreichten und auch nicht derart berücksichtigungswürdig seien, daß eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, die sich durch das Führen von Faustfeuerwaffen ergebe, in Kauf genommen werden könne.
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer am 19. Juli 1995 fristgerecht Berufung. Er rügte das Unterbleiben jedweder Erhebungen über die Richtigkeit seiner Behauptungen, im besonderen durch Beischaffung der Gerichtsakten über die von ihm erwähnten Fälle und durch ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers selbst, und führte dazu u.a. aus:
"Auch über die Gefährlichkeit der von mir zu beamtshandelnden psychisch Kranken wurden keine Erhebungen angestellt, obwohl ich etwa im Fall (...) auf das Vorliegen eines entsprechenden Sachverständigengutachtens unter Angabe der Fundstelle hingewiesen habe (2 L 65/77).
Die Behörde hätte weiters den psychisch kranken (...) - dessen Nationale sich aus dem angeführten Akt ergibt - befragen müssen, wen er mit seiner Morddrohung tatsächlich gemeint hat, um ausschließen zu können, daß es sich dabei um eine konkrete Drohung auch gegen mich gehandelt hat (2 Sw 16/92)."
Unter dem Gesichtspunkt fehlender Feststellungen im Sinne der von ihm erhobenen Behauptungen wiederholte der Beschwerdeführer diese zum Teil, fügte ihnen aber auch neue Elemente hinzu. So behauptete er nun ausdrücklich, seiner Gefährdung als Familien- und Außerstreitrichter könne "am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet" werden. In bezug auf die von ihm vorgelegte Eingabe einer Partei vom 22. August 1994 führte er aus:
"Viel konkreter als mit Mord kann man wohl kaum drohen. Obwohl der Brief unbestrittenermaßen nicht an mich namentlich adressiert gewesen ist, bin ich als zeitweise für den Fall zuständiger Richter sehr wohl neben anderen Entscheidungsträgern mitbedroht worden.
Für die gegenteilige Feststellung gibt es kein Beweisergebnis, es handelt sich dabei lediglich um eine Vermutung, die nach den Erfahrungen mit psychisch Kranken als sehr unrealistisch bezeichnet werden muß.
Die Behörde hätte daher festzustellen gehabt, daß ich von (...) neben anderen Entscheidungsträgern mitbedroht worden bin."
Weiters zitierte der Beschwerdeführer aus der an ihn gerichteten Eingabe einer anderen Partei eines Sachwalterschaftsverfahrens, in der er aufgefordert worden sei, "Buße zu tun", widrigenfalls er "verloren" sei, und nach der "kein Ertrag ohne Erben" und "keine Tat ungesühnt" bleibe, und er erwähnte eine Scheidungsangelegenheit, in der es zu einem Selbstmord gekommen sei. Daß die Verzweiflung dieses Beklagten nicht zu einem bewaffneten Amoklauf geführt habe, halte der Beschwerdeführer für reines Glück, auf das er sich in künftigen Fällen lieber nicht verlassen wolle. Aus den Medien sei weiters ein vor einiger Zeit im Zusammenhang mit einer Scheidungsauseinandersetzung auf einen Rechtsanwalt verübtes Schußattentat bekannt, woran zu sehen sei, daß sich die Gefährdung "auch auf die berufsmäßig in die Sache involvierten Juristen erstreckt".
Abschließend führte der Beschwerdeführer in diesem Teil der Berufung aus:
"Bezeichnend ist auch, daß bei einer der ersten im BG (...) nach dem Amoklauf von Linz-Urfahr gelegentlich durchgeführten Personenkontrollen im Eingangsbereich rund 20 Messer bei der rechtsuchenden Bevölkerung festgestellt werden konnten.
Es ist davon auszugehen, daß ein amoklaufender Mensch trotz dieser fallweisen Kontrollen ohne weiteres eine Waffe in das Gerichtsgebäude mitbringen kann, da für eine lückenlose und effiziente Überwachung der Gerichte einerseits die Budgetmittel und andererseits der politische Wille fehlen.
Solchen bewaffneten Angriffen kann letztlich nur durch bewaffnete Gegenwehr begegnet werden, ein anderer Schutz wird den Gerichtsbediensteten seitens des Dienstgebers nicht gewährt.
Da ein Angriff sich aber nicht nur im Richterzimmer oder in der Privatwohnung des Richters ereignen kann, sondern auch auf dem dazwischen liegenden Weg, besteht ein Bedarf an der Berechtigung zum Führen einer Faustfeuerwaffe, um dieser Gefahr wirkungsvoll begegnen zu können."
Schließlich ergänzte der Beschwerdeführer - nach einem Hinweis darauf, daß ein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen bei Zugrundelegung seiner Angaben bejaht werden müsse - auch seine Argumente dafür, daß ihm bei Verneinung dieses Bedarfes im Rahmen der Ermessensübung ein Waffenpaß auszustellen sei. Er verwies hiezu auf die Berücksichtigungswürdigkeit des Schutzanliegens eines Menschen, der im Dienste der Allgemeinheit damit beschäftigt sei, schwierige Konfliktsituationen anderer Menschen zu regeln und damit zur Aufrechterhaltung der rechtsstaatlichen Ordnung beizutragen, und machte geltend, dieses Selbstschutzinteresse komme im Ergebnis auch der Allgemeinheit zugute, weil "nur sichere und unbeeinflußbare Entscheidungsträger objektive Entscheidungen und damit auf lange Sicht den Bestand der Rechtsordnung garantieren können". Was die entgegenstehenden Interessen anlange, so sei angesichts der Zahl von rund 140 österreichischen Familienrichtern und der mangelnden Vergleichbarkeit ihrer Situation mit der anderer Zivilrichter oder sonstiger staatlicher Entscheidungsträger in Anbetracht des weiteren Umstandes, daß es "voraussichtlich bloß zur Ausstellung einiger Dutzend zusätzlicher Waffenpässe" kommen würde, keine merkliche Erhöhung irgend einer Gefahrenlage zu erwarten. Es sei aber auch auf die in der Richterzeitung publizierte Meinung eines Kriminologen hinzuweisen, wonach "eine Verschärfung des Waffenrechtes nur die rechtstreue Bevölkerung treffe und im Extremfall sogar kriminalitätsfördernd wirke". In bezug auf die geltende Rechtslage leite der Beschwerdeführer daraus ab, daß eine restriktive Ermessensübung "Kriminelle und psychische Kranke, welche vor dem faktisch jederzeit möglichen illegalen Erwerb von Faustfeuerwaffen nicht zurückschrecken, begünstigt, da der von ihnen angegriffene rechtstreue Bürger keine Chance zur Gegenwehr hat".
Am 16. November 1995 übernahm der Beschwerdeführer die von ihm am 10. August 1995 beantragte Waffenbesitzkarte für zwei Faustfeuerwaffen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1996 wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Juni 1995 ab. Sie führte dazu aus, die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend gewesen. Den Argumenten in der Berufung begegnete die belangte Behörde mit folgenden Ausführungen:
"Es ist nicht zu leugnen, daß viele, seien es Organe des Staates oder andere im öffentlichen Leben stehende Menschen, Entscheidungen treffen oder Maßnahmen ergreifen müssen, die den davon Betroffenen Nachteile zufügen und die von den Betroffenen mißbilligt werden. Dessen ungeachtet ist die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr, wegen solcher Entscheidungen tätlich angegriffen zu werden - uzw. auch auf solche Weise, daß dem Angriff am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam entgegenzutreten wäre -, sofern sie überhaupt gegeben ist, verschieden groß. Dabei liegt es auf der Hand, daß es, was die Wahrscheinlichkeit eines solchen Racheaktes, dem am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam zu begegnen wäre, anlangt, nicht nur einen Unterschied ausmacht, ob die vom Antragsteller zu treffenden Entscheidungen in aller Regel oder zumindestens häufig für die davon Betroffenen negativ ausfallen und ob es sich dabei um Eingriffe in Rechte handelt und insbesondere, ob sich die Entscheidungen in aller Regel gegen rechtstreue Menschen oder vorwiegend gegen Kriminelle richten. Es mag schon sein, daß Familien- und Außerstreitrichter mit psychisch labilen oder kranken Menschen bei ihren Entscheidungen unangenehmen Kontakt haben, doch ist die Berufungsbehörde bei einem Vergleich der Rechtsprechung in bezug auf Zivil- und Strafrichter nicht der Ansicht, daß das aus der Häufigkeit und Intensität der Gefahren abzuleitende Gefahrenpotential bei Außerstreitrichtern bereits so groß ist, daß nicht die für Zivilrichter, sondern die für Strafrichter geltenden Erwägungen zum Tragen kommen. So sind auch Entscheidungsträger des Unabhängigen Verwaltungssenates, auch wenn sie in fremdenrechtlichen Angelegenheiten nachteilige Entscheidungen für Fremde zu treffen haben (VwGH-Erk. vom 2.7.1990, Zl.89/01/0155 und vom 27.4.1994, Zl.94/01/0025), und erfahrungsgemäß auch Verwaltungsbeamte, die mit für Fremde keineswegs unbedeutenden Entscheidungen befaßt sind, in aller Regel solchen Gefahren nicht ausgesetzt. Der Berufungswerber hat auch nicht nachvollziehbar darlegen können, daß er persönlich mehr als alle anderen Familien- und Außerstreitrichter, die mit gleichartigen bzw. ähnlichen Agenden befaßt sind, gefährdet ist.
Die Berufungsbehörde ist überdies auch nicht der Ansicht, daß den Gefahren im Umgang mit unter Sachwalterschaft gestellten Personen am wirksamsten mit Waffengewalt zu begegnen wäre. Ein Drohbrief, der an einen Kollegen des Berufungswerbers gerichtet ist, ist auch nicht geeignet, eine konkrete Bedrohung für den Berufungswerber, der mit Waffengewalt wirksam zu begegnen wäre, zu signalisieren. Der Gefahr eines bewaffneten Amoklaufes ist jedermann jederzeit ausgesetzt, nicht nur Familien- und Außerstreitrichter. Ein besserer Schutz der Richter wäre allenfalls durch effektivere Kontrollen (Sicherheitsschleusen) erreichbar.
Ein Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe im Sinne des § 18 des Waffengesetzes liegt daher im vorliegenden Fall nicht vor.
Die Berufungsbehörde ist aber auch in Übereinstimmung mit der Erstbehörde der Ansicht, daß die Ausstellung eines Waffenpasses im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens nicht gerechtfertigt ist, weil es nicht vertretbar erscheint, jeden staatlichen Entscheidungsträger, der Interessen in der Qualität und Quantität wie der Berufungswerber geltend macht, einen Waffenpaß auszustellen, weil diese Interessen nicht so berücksichtigungswürdig sind, daß demgegenüber die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Geringhaltung der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren, die durch eine allfällige Ausstellung von Waffenpässen an alle jene Personen, die die gleichen Voraussetzungen erfüllen, entstünde, in Kauf zu nehmen wäre. Der Berufung war daher keine Folge zu geben."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides hat auf der Grundlage des Waffengesetzes 1986, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 443/1986, (im folgenden: WaffG 1986), zu erfolgen. Die für die Entscheidung der strittigen Punkte des Verfahrens maßgeblichen Bestimmungen dieses gemäß § 62 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, am 1. Juli 1997 außer Kraft getretenen Gesetzes lauteten:
"§ 5. (1) Eine Schußwaffe führt im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer sie bei sich hat.
(2) Eine Schußwaffe führt jedoch nicht, wer sie
1. innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten oder
2. ungeladen und lediglich zu dem Zweck, diese Waffe von einem Ort zu einem anderen zu bringen,
bei sich hat.
§ 7. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.
§ 17. (1) ...
(2) Die Behörde hat einer verläßlichen Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und einen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachweist, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, soweit diese den Nachweis des beruflichen Bedarfes erbringen.
(3) ...
§ 18. Ein Bedarf im Sinne des § 17 Abs. 2 ist insbesondere als gegeben anzunehmen, wenn eine Person glaubhaft macht, daß sie außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."
Die belangte Behörde hat einen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses (§ 17 Abs. 2 erster Satz WaffG 1986) mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer habe keinen Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nachgewiesen. Ob dies zutrifft, ist im vorliegenden Fall, in dem sich der Beschwerdeführer darauf berufen hat, besonderen Gefahren ausgesetzt zu sein, an den Voraussetzungen des § 18 WaffG 1986 und nicht vorrangig daran zu messen, wie sich die berufsbedingte Gefährdung des Beschwerdeführers zu derjenigen eines Strafrichters verhält und ob "die für Strafrichter geltenden Erwägungen" bei ihm zum Tragen kommen. Aus einer allfälligen Praxis der Behörden, Strafrichtern Waffenpässe auszustellen, ließen sich weder für (andere) Strafrichter noch für Personen, die Strafrichtern unter den Gesichtspunkten des § 18 WaffG 1986 vergleichbar sind, Rechte ableiten (vgl. dazu das einen Zivilrichter betreffende Erkenntnis vom 7. Februar 1990, Zl. 89/01/0155; allgemein auch das Erkenntnis vom 7. November 1990, Zl. 90/01/0030). Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen bei Strafrichtern schon wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Berufsgruppe stets zu bejahen sei, liegt - entgegen dem Eindruck, der aus den Ausführungen der belangten Behörde entstehen könnte - nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem einen Zivilrichter betreffenden Erkenntnis vom 7. Februar 1990, Zl. 89/01/0155, der Annahme einer im Vergleich zu Strafrichtern typischerweise geringeren Gefährdung von Zivilrichtern Schlüssigkeit zugebilligt und dem Beschwerdeführer entgegengehalten, er habe nicht dargetan, daß "er persönlich etwa infolge beruflich bedingter Kontakte mit Kriminellen, die mit einer, verglichen mit anderen Zivilrichtern, überdurchschnittlichen Häufigkeit stattfänden, einem die allgemeine Gefahrenlage übersteigenden Sicherheitsrisiko ausgesetzt wäre". Daraus ist aber nicht der Schluß zu ziehen, beruflich bedingte Kontakte mit Kriminellen, die an Häufigkeit diejenigen eines Zivilrichters übersteigen, erübrigten schon eine nähere Prüfung des Sachverhalts an den Maßstäben des § 18 WaffG 1986 (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch die Erkenntnisse vom 18. Oktober 1977, Zl. 764/77, und vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/01/0167, jeweils über das Auftreten als "Organ" gegenüber "Rechtsbrechern"; weiters das Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0025, über die Gefährdung eines "nicht nur" mit Entscheidungen gegen Schwerkriminelle befaßten Mitgliedes eines unabhängigen Verwaltungssenates). Für die Beurteilung der Frage, ob die vom Beschwerdeführer beschriebene Gefahrenlage diesen Maßstäben entspricht, ist ein Vergleich seiner Situation mit derjenigen eines Strafrichters daher nicht entscheidend.
§ 18 WaffG 1986 setzt voraus, daß der Waffenpaßwerber das Vorliegen einer Gefahrenlage der in dieser Bestimmung umschriebenen Art und Intensität "glaubhaft macht". Hiezu ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, daß er schon im Verwaltungsverfahren konkret und in substantieller Weise im einzelnen darlegt, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet (vgl. dazu schon die Nachweise bei Gaisbauer, ÖJZ 1987, 529 f, insbesondere in Fußnote 84; Hauer/Keplinger, Waffengesetz 1996, 126). Die besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen, ist "allein" Sache des Waffenpaßwerbers (vgl. dazu, im Anschluß an das Erkenntnis vom 7. Mai 1986, Zl. 84/01/0182, die Erkenntnisse vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0042, vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0158, vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0405, vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/0421, vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/0571, vom 21. September 1994, Zl. 94/01/0070, vom 31. Mai 1995, Zl. 92/01/1022, vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0075, vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0311, vom 15. Mai 1997, Zl. 97/20/0129, vom 10. Juli 1997, Zl. 96/20/0225, vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0166, vom 11. Dezember 1997, Zl. 96/20/0184, und vom 12. März 1998, Zl. 96/20/0791). Bloße Vermutungen und Befürchtungen reichen zur Glaubhaftmachung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derartig verdichten, daß sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 16. September 1993, Zl. 92/01/0797, vom 27. April 1994, Zl. 94/01/0025, vom 7. November 1995, Zl. 95/20/0075, und vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0166). Daß Situationen, in denen ein Einsatz von Faustfeuerwaffen am zweckmäßigsten erscheinen könnte, "nicht auszuschließen" sind, kann daher - entgegen dem Eindruck, der aus einzelnen Formulierungen in dem einen Polizisten betreffenden Erkenntnis vom 30. Jänner 1991, Zl. 90/01/0176, entstehen könnte - nicht ausreichen.
In dem erwähnten Fall eines Zivilrichters, der sich aufgrund seiner Berufstätigkeit als besonders gefährdet erachtete, bezeichnete es der Verwaltungsgerichtshof als unbedenklich, daß die belangte Behörde die vom Waffenpaßwerber angeführten sieben Beispiele für tätliche Angriffe gegen Zivilrichter, die sich auf mehrere Länder Europas und über einen Zeitraum von 23 Jahren erstreckten, nicht als hinreichend angesehen hatte, um daraus eine besondere Gefahrenlage für die Personengruppe von mit Zivilrechtsangelegenheiten befaßten Richtern in Österreich abzuleiten (Erkenntnis vom 7. Februar 1990, Zl. 89/01/0155). In bezug auf den Zusammenhang zwischen seiner Berufstätigkeit und den befürchteten Angriffen auf ihn hatte der Waffenpaßwerber damals unter anderem vorgebracht, die Lebensführung des Verurteilten über eine längere Zeit hinweg massiv beeinträchtigende Urteile in Schadenersatzprozessen riefen Haß und Emotionen hervor und auch Testamentsanfechtungen, Erbschafts- und Erbrechtsklagen, Teilungsklagen unter Miteigentümern sowie "Entscheidungen im familiären Bereich" griffen tief in das Leben des Einzelnen ein und könnten zu schwersten Emotionen gegen den Richter führen. Dem war nicht entgegengehalten worden, der Waffenpaßwerber sei mit derartigen Fällen in Wahrheit nicht befaßt. Die geltend gemachten Angriffe auf Zivilrichter wurden vielmehr als "Ausnahmen" gewertet, die bei objektiver Betrachtung nicht geeignet seien, das Vorliegen einer besonderen Gefahr für diese Personengruppe zu dokumentieren.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer als Beispielsfälle nicht nur für "tätliche", sondern für tödlich verlaufende Angriffe auf Richter einerseits den seiner Antragstellung unmittelbar vorangegangenen, aufsehenerregenden Mordfall in Linz und andererseits einen Fall in Deutschland angeführt, bei dem 1994 eine Familienrichterin wegen einer Obsorgeentscheidung ermordet worden sei. Ob dadurch - in Verbindung mit dem übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers - dargetan wurde, Fälle dieser Art seien nicht seltene Einzelfälle, sondern ließen eine signifikante Bedrohung der im Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers judizierenden oder überhaupt aller Richter erkennen, ist für die Beurteilung des Bedarfes des Beschwerdeführers zum Führen von Faustfeuerwaffen aber noch nicht ausschlaggebend. Wesentlich ist nämlich auch, ob es sich bei den "besonderen Gefahren" um solche handelt, denen die Partei, der ein Waffenpaß ausgestellt werden soll, "außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder ihrer eingefriedeten Liegenschaften" ausgesetzt ist. Insoweit dies nicht der Fall ist, kann einer Bedrohung - mit Zustimmung des zur Benützung der jeweiligen Räume bzw. Liegenschaften Berechtigten - gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 WaffG 1986 auch ohne Waffenpaß mit einer Faustfeuerwaffe begegnet werden (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 18. April 1979, Zl. 1889/77, vom 21. April 1982, Zl. 01/3879/80, vom 30. Juni 1982, Zl. 01/0746/80, vom 26. Juni 1985, Zl. 83/01/0367, vom 31. Mai 1995, Zl. 92/01/1022, vom 15. Mai 1997, Zl. 97/20/0129, und vom 10. Juli 1997, Zl. 96/20/0225).
Amtsräume (hier: eines Bezirksgerichtes) sind Betriebsräume im Sinne des § 5 Abs. 2 Z. 1 und des § 18 WaffG 1986 (vgl. in diesem Sinne schon die Erkenntnisse vom 18. Oktober 1977, Zl. 764/77, und vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/01/0167). Daß der Beschwerdeführer unter Umständen, unter denen er nicht andersartigen Schutz als den durch seine Bewaffnung erhalten könne, zu Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes gezwungen sei, hat er nicht geltend gemacht. Damit konnte es im vorliegenden Fall auch keine Rolle spielen, ob es aus Sicherheitsgründen geboten ist, daß Familien- und Außerstreitrichter ihren Dienst bewaffnet versehen. Alle Argumente des Beschwerdeführers, die unter dem Gesichtspunkt amoklaufender ("ausrastender") Verfahrensparteien darauf abstellen, es sei "der Gerichtssaal
... wiederholt Schauplatz solcher Tragödien" gewesen, und der
Umstand, daß die Parteien meist auf freiem Fuß seien, führe zu unangekündigten und unangenehmen Besuchen im Richterzimmer, gehen daher ins Leere. Insoweit der Beschwerdeführer glaubt, in den Amtsräumen des Gerichtes mit Angriffen von Parteien rechnen zu müssen, denen mit Waffengewalt des Richters zu begegnen sei, ist er im Sinne der zuvor zitierten Entscheidungen auf seine Waffenbesitzkarte zu verweisen. Hiebei hat außer Betracht zu bleiben, ob der Beschwerdeführer die für das Tragen von Faustfeuerwaffen im Gericht nach § 5 Abs. 2 Z. 1 WaffG 1986 (§ 7 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996) erforderlichen Zustimmungen erwirken kann. Einen Bedarf im Sinne des § 18 WaffG 1986 kann er nur auf besondere Gefahren gründen, die ihm außerhalb der Amtsräume drohen.
Ist es allein Sache des Waffenpaßwerbers, die nach § 18 WaffG 1986 glaubhaft zu machende Gefahrenlage darzutun, aus der sich sein Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen ergeben soll, so hat er auch konkret und in substantieller Weise im einzelnen darzutun, daß ihm die behaupteten Gefahren "außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen" oder seiner eingefriedeten Liegenschaften drohen (vgl. in diesem Sinne aus jüngster Zeit das Erkenntnis vom 15. Mai 1997, Zl. 97/20/0129). Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall weder auf Beispielsfälle verwiesen, in denen einem Familien- und Außerstreitrichter nicht aus Anlaß einer Amtshandlung aggressiv begegnet, sondern außerhalb seines Dienstes und des Gerichtsgebäudes in einer Weise aufgelauert oder nachgestellt worden wäre, daß dem am zweckmäßigsten mit dem Einsatz von Faustfeuerwaffen durch den Richter begegnet worden wäre, noch hat der Beschwerdeführer konkret und in substantieller Weise im einzelnen dargelegt, daß er ungeachtet des Umstandes, daß sich Derartiges noch nicht ereignet habe, aufgrund seiner Berufstätigkeit einer besonderen Gefahr solcher Angriffe ausgesetzt sei. Dieser schon nach dem Gesetzeswortlaut unverzichtbaren Voraussetzung des von ihm behaupteten Bedarfes hat er im Zuge seines sonst ausführlichen Vorbringens im Verwaltungsverfahren vielmehr nur den schon wiedergegebenen Satz in der Berufung gewidmet, wonach sich "ein Angriff ... nicht nur im Richterzimmer oder in der Privatwohnung des Richters ereignen kann, sondern auch auf dem dazwischen liegenden Weg". Daß sich etwas "ereignen könne", ist aber keine konkrete Darlegung einer besonderen Gefahrenlage, sondern die bloße Befürchtung einer möglichen Bedrohung, die zur Dartuung der nach § 18 WaffG 1986 erforderlichen Gefährdung nicht ausreicht, solange sich die Verdachtsgründe nicht derartig verdichten, daß sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt, was gleichfalls vom Waffenpaßwerber darzulegen wäre. Fehlt es daran, so muß dies in bezug auf die vom Beschwerdeführer nicht ausreichend dargelegte Voraussetzung einer besonderen Gefährdung außerhalb der Wohn- und Betriebsräume oder eingefriedeten Liegenschaften den Ausschlag geben, wenn das gezeichnete allgemeine Bedrohungsbild nicht ein solches ist, das eine Differenzierung nach Orten und konkreten Anlässen für mögliche Angriffe gar nicht zuläßt. Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu.
Ist eine Partei im Verwaltungsverfahren untätig geblieben und legt sie erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung ab, um ein Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat, so ist ihre Verfahrensrüge abzulehnen (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 555 f und 616 zitierten Erkenntnisse; aus neuerer Zeit etwa das Erkenntnis vom 27. April 1995, Zl. 93/17/0131). Ist eine Partei - wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer - aber der Meinung, im Verwaltungsverfahren alles Erforderliche vorgebracht zu haben, und bekämpft sie das Verfahren als mangelhaft, weil die Behörde nicht die angesichts dieses Vorbringens erforderlichen, allenfalls weiterführenden Ermittlungen gepflogen und entsprechende Feststellungen getroffen habe, so hat die Beschwerde einer solchen Partei konkrete tatsächliche Behauptungen darüber zu enthalten, zu welchen eine andere Entscheidung ermöglichenden Ergebnissen die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können (vgl. dazu Dolp, a.a.O., 616 f; aus neuerer Zeit nur beispielsweise etwa die Erkenntnisse vom 20. März 1990, Zl. 89/05/0224, und vom 26. April 1991, Zl. 91/19/0057). Auch hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beschwerde enthält zwar Ausführungen über die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde, zeigt in diesem Zusammenhang aber nirgends auf, zu welchen Feststellungen über eine Bedrohung des Beschwerdeführers außerhalb des Bereiches, in dem er zum Tragen einer Waffe keines Waffenpasses bedarf, die belangte Behörde bei Vermeidung der ihr vorgeworfenen Verfahrensfehler hätte kommen können. Auch in der Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit der Rechtsansicht der belangten Behörde geht es insoweit, als auf bestimmte Situationen Bezug genommen wird, um Tragödien im Gerichtssaal und unangekündigte Besuche im Richterzimmer. Darauf, daß sich Angriffe auch außerhalb des Gerichtes "ereignen könnten", wird in der Beschwerde nicht einmal mehr in allgemeiner Form Bezug genommen, und es wird auch dem Argument der belangten Behörde, Sicherheitsschleusen seien ein besserer Schutz der Richter, nur entgegengehalten, dieser Hinweis helfe nicht, "weil vom derzeitigen Sachverhalt unzureichender Sicherungen auszugehen ist".
Die Beschwerde könnte aus diesen Gründen aber nur abzuweisen sein, wenn der Entscheidung der belangten Behörde zu entnehmen wäre, daß sie ihrer in § 17 Abs. 2 zweiter Satz WaffG 1986 verankerten Pflicht, bei Fehlen des Nachweises eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen über die Ausstellung eines Waffenpasses nach ihrem Ermessen zu entscheiden, durch eine Ermessensentscheidung im Sinne des Gesetzes entsprochen hat. Der Gesetzgeber des 1986 wiederverlautbarten Waffengesetzes 1967, BGBl. Nr. 121, (vgl. aber ebenso § 21 Abs. 2 zweiter Satz des Waffengesetzes 1996) hat nicht verfügt, daß Faustfeuerwaffen nur von Personen geführt werden sollen, bei denen ein Bedarf danach besteht. Mit der Begründung, dies habe sich "in der Praxis nicht bewährt", und es solle der
Behörde ermöglicht werden, "ihre Vorgangsweise ... den
sicherheitspolitischen Erfordernissen und den vielfältigen Lebensbedürfnissen elastisch anzupassen" (99 BlgNR 11. GP, 18), hat er es der Behörde vielmehr zur Pflicht gemacht, bei Nichtvorliegen eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen auch ohne diesbezüglichen Antrag und ohne besonderes Vorbringen (vgl. dazu das Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/01/0130) noch gesondert zu prüfen, ob nicht im Wege einer dem § 7 WaffG 1986 entsprechenden Ausübung von Ermessen ein Waffenpaß auszustellen und somit ein Führen von Faustfeuerwaffen auch bei Verneinung eines Bedarfes hiezu zu ermöglichen sei. Macht die Behörde hievon nicht Gebrauch, so ist dies in einer Weise zu begründen, die dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung ermöglicht, ob das Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt wurde (vgl. dazu die bei Gaisbauer, a.a.O., 530 ff, und bei Hauer/Keplinger, a.a.O., 63 f und 123, zitierten Entscheidungen).
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde habe ihre Ermessensentscheidung im vorliegenden Fall auf eine "Schimmelbegründung" gestützt und ihrer Pflicht zur Begründung solcher Entscheidungen schon deshalb nicht entsprochen. Dem ist zunächst unter dem Gesichtspunkt zu widersprechen, daß die belangte Behörde durch die Übernahme der Erwägungen der Behörde erster Instanz in ihrem Bescheid zum Ausdruck gebracht hat, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gefahrenmomente reichten an einen Bedarf nicht heran, womit ein für die Ermessensentscheidung wesentlicher Gesichtspunkt angesprochen wird (zutreffend Gaisbauer, a.a.O., 531). Dem Beschwerdeführer ist auch entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof Begründungen von der Art der hier vorliegenden für die Ermessensentscheidung in Fällen, in denen er nicht nur aussprach, es liege "nach der gegebenen Sach- und Rechtslage weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmißbrauch" vor, wiederholt ausdrücklich als "noch zureichend" gewertet hat (vgl. etwa - unter Bezugnahme auf den auch dort erhobenen Vorwurf einer "Formularbegründung" - das Erkenntnis vom 30. Juni 1982, Zl. 01/0746/80, und die dort angeführten Vorerkenntnisse; als - soweit ersichtlich, einziges - Gegenbeispiel das Erkenntnis vom 18. Oktober 1977, Zl. 764/77). Diese Judikatur steht im Einklang damit, daß das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren, welches nach § 7 WaffG 1986 nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden darf, sehr hoch zu veranschlagen ist (vgl. dazu die Nachweise bei Gaisbauer, a. a.O.; aus jüngerer Zeit etwa die Erkenntnisse vom 18. September 1997, Zl. 95/20/0586, und Zl. 97/20/0166, und daran anschließende Erkenntnisse).
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den bisher entschiedenen jedoch dadurch, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses zwar auf die Behauptung eines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen gestützt und an dieser Behauptung auch festgehalten, dies aber in der Stellungnahme vom 19. Mai 1995 und in der Berufung mit einem ausführlichen Eventualvorbringen zu Gründen verbunden hat, aus denen ihm auch im Falle einer Verneinung seines Bedarfes zum Führen von Faustfeuerwaffen im Rahmen der Ausübung des Ermessens ein Waffenpaß auszustellen sei. Als Antwort auf dieses Vorbringen reichen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid (unter Einschluß des Verweises auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid) nicht aus, um dem Verwaltungsgerichtshof die Kontrolle der Erwägungen, aus denen die belangte Behörde den Argumenten des Beschwerdeführers nicht folgte, in ausreichendem Maße zu ermöglichen. In den oben wiedergegebenen Ausführungen zur Begründung der Ermessensentscheidung wird nämlich nicht darauf eingegangen, daß der Beschwerdeführer sowohl in der Stellungnahme vom 19. Mai 1995 als auch in der Berufung von sich aus hervorhob, daß und aus welchen Gründen ihm das von der belangten Behörde gebrauchte Argument der großen Zahl aus gleichartigen Gründen an der Ausstellung eines Waffenpasses interessierter Personen nicht entgegengehalten werden könne. Auch die übrigen vom Beschwerdeführer gebrauchten Argumente werden mit Stillschweigen übergangen, sodaß nicht erkennbar ist, ob der Ermessensentscheidung der belangten Behörde eine die Verhältnisse des zu beurteilenden Einzelfalles voll berücksichtigende Interessenabwägung vorangegangen ist (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1966, Slg. Nr. 7022/A).
In der Begründung der im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Entscheidung wird die belangte Behörde daher auf die geltend gemachten Gesichtspunkte einzugehen und gegebenenfalls - wenn sie erneut nicht zu einer Ausübung des Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers gelangt - darzulegen haben, daß den einer solchen Ermessensausübung entgegenstehenden Interessen auch bei Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gesichtspunkte der Vorrang einzuräumen sei.
Dabei kann auch eine Rolle spielen, inwieweit es glaubhaft ist, daß der Beschwerdeführer mit seinem Antrag tatsächlich die von ihm behaupteten Selbstschutzinteressen verfolgt. Gerade die beiden Gerichtsakten, auf die er sich schon in seinem schriftlichen Antrag vom 22. März 1995 bezog, könnten daran zweifeln lassen:
Der erste dieser Gerichtsakten betrifft die Partei, mit deren Eingabe an das Rekursgericht auch der Beschwerdeführer gemeint gewesen sein soll. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich u. a. als den "zeitweise für den Fall zuständigen Richter" und führt aus, er habe im Verfahren dieser Partei "Verfügungen getroffen", weshalb er meine, daß sich die Drohung auch gegen ihn gerichtet habe. Aus dem Akt scheint jedoch hervorzugehen, daß der Beschwerdeführer mit dem Fall dieser Partei im Zeitpunkt des Einlangens der angeblich auch gegen ihn gerichteten Drohung noch in keiner Weise befaßt gewesen war. Der Gerichtsakt enthält zahlreiche namentlich an die zuständige Richterin adressierte Schreiben der Partei, wohingegen der Beschwerdeführer erst nach dem Einlangen einer vom einstweiligen Sachwalter vorgelegten Kopie des Schreibens, durch das er sich persönlich angesprochen fühlt, als Vertreter der zuständigen Richterin einen Vermerk über ein Telefonat mit dem Vorsitzenden des Rechtsmittelsenates anlegte, hiezu die interne Verfügung "Prius Kal. 20/9" traf und, soweit ersichtlich, später noch einmal eine Neuzustellung einer Erledigung der zuständigen Richterin verfügte. Selbst diese beiden nach dem Einlangen des Schreibens (und der Einstellung des Sachwalterschaftsverfahrens) getroffenen Verfügungen des Beschwerdeführers konnten keine Zustellung eines seinen Namen tragenden Schriftstückes an die Partei zur Folge haben. Damit erscheint es aber als anzweifelbar, daß der Beschwerdeführer jemals glauben konnte, das Schreiben dieser Partei sei als konkrete Drohung "auch" gegen ihn gemeint gewesen.
Der zweite Gerichtsakt, auf den sich der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag berufen hatte, betraf die Partei, von der er angab, er habe sie "inzwischen" mit einem einstweiligen Sachwalter versehen, und von der er im Verwaltungsverfahren wiederholt vorbrachte, sie sei in einem Gutachten - dessen Datum der Beschwerdeführer jeweils nicht nannte - als besonders gefährlich eingestuft worden. Noch in der Beschwerde hebt der Beschwerdeführer hervor, er habe auf ein Gutachten über diese Partei hingewiesen, in welchem ihr beträchtliche Gefährlichkeit attestiert werde (in der Gegenwartsform). Aus den beigeschafften Gerichtsakten geht hervor, daß dieses Gutachten im Juni 1978 erstellt wurde. 1982 wurde ein weiteres Gutachten eingeholt, nach dessen (in einem Gutachten vom Juli 1995 wiedergegebenem) Inhalt eine Gemeingefährlichkeit der Partei nicht gegeben und auch zu bezweifeln war, daß sie jemals bestanden hatte. Die Entmündigung wurde im Oktober 1982 aufgehoben. Erst 1994 wurde aus anderen Gründen ein Sachwalterschaftsverfahren eröffnet, mit dem nach einer Befangenheitsanzeige der zuständigen Richterin nun erstmals der Beschwerdeführer betraut wurde.
Glaubte der Beschwerdeführer, sich mit seinem Antrag - und in der Folge mit daran anknüpfenden Beweisanträgen und Verfahrensrügen - in der eingangs beschriebenen Weise gerade auf diese beiden Fälle beziehen zu müssen, und vermag er den an Hand der Gerichtsakten entstehenden Eindruck vom Wahrheitsgehalt seiner diesbezüglichen Behauptungen im fortgesetzten Verfahren über entsprechenden Vorhalt nicht zu entkräften, so könnte dies im Tatsachenbereich zu Schlüssen führen, auf die bei der Ausübung des Ermessens Bedacht zu nehmen wäre, wenn es angesichts des gegebenen Entscheidungsspielraumes nach der Gewichtung der zu beurteilenden Interessen durch die belangte Behörde darauf ankommen sollte.
Da die belangte Behörde die Interessenabwägung, die sie im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung vorzunehmen hat, bisher aber nicht in einer für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbaren, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers Bedacht nehmenden und darauf eingehenden Weise begründet hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte unter diesen Umständen gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Schriftsatzaufwand steht dem Beschwerdeführer nach § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 nicht zu.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH ErmessensentscheidungenErmessen VwRallg8ErmessenBegründung von ErmessensentscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996200241.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
04.10.2012