Gbk 2020/1/22 GBK II/364/18

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Veröffentlicht am 22.01.2020
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Diskriminierungsgrund

Alter

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung aufgrund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat II der Gleichbehandlungskommission

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/364/18 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn Mag. Dr. A (in Folge: Antragsteller), wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die Firma B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich bei der Antragsgegnerin um eine Stelle als Buchhalter und im Jänner … um eine Stelle als Verkaufsberater beworben habe.

Hinsichtlich der Bewerbung als Verkaufsmitarbeiter habe er habe die bestqualifizierteste Bewerbung (Betriebswirt, Bilanzbuchhalter-Prüfung, praktische Erfahrung) eingereicht und vermute eine Ablehnung aus Altersgründen.

Im Zusammenhang mit den vorgestellten Stellenprofilen und dem Angebot der Antragstellerin, eine umfassende, mehrmonatige Einschulung (eine Vorerfahrung im Schalterbereich sei nicht Bedingung gewesen) vorzunehmen, könne er verlässlich davon ausgehen, dass er die bestqualifizierteste Bewerbung eingereicht habe. Die Stelle des Verkaufsmitarbeiters eines … verlange weiters sehr gute Kenntnisse von Compliance-Regeln, die er bereits durch jahrelange praktische Tätigkeiten in der Compliance-Beratung nachweisen könne. Nach der Absage seitens der Antragsgegnerin habe er wenige Wochen später in der Filiale X wahrnehmen können, dass mutmaßlich eine viel jüngere Dame für den Schalterbereich eingestellt worden sei.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sämtliche Stellenausschreibungen dem Gebot des § 23 GlBG entsprechen und keine Person aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung benachteiligt worden sei.

Aus der übermittelten Sachverhaltsdarstellung gehe lediglich hervor, dass der Antragsteller die „bestqualifizierteste Bewerbung eingereicht“ und wenige Wochen nach der Absage in der Filiale X, eine „jüngere Dame“ am Schalter wahrgenommen hätte.

Nochmals festgehalten werde, dass das Alter für die Besetzung der ausgeschriebenen Stellen „Accountant (m/w) in Vollzeit/Teilzeit“ sowie „Kundenberater/in mit Schaltertätigkeiten (m/w)“ kein Kriterium gewesen sei. Dementsprechend enthalte auch die Stellenausschreibung keine diesbezügliche Einschränkung. Auch wurde die Beurteilung, ob eine Bewerberin bzw. ein Bewerber für die ausgeschriebene Stelle bestqualifiziert sei, aufgrund einer Zusammenschau von Ausbildung, Berufserfahrung, Motivation, Persönlichkeit und Gehaltsvorstellung vorgenommen. Auf eine Besteignung allein aufgrund von Ausbildung und Berufserfahrung könne nicht geschlossen werden.

Der Antragsteller habe sich bereits im September … auf die ausgeschriebene Stelle als „Accountant (m/w) in Vollzeit/Teilzeit“ beworben. Diese Stelle sei letztendlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen intern und mit einem Ausmaß von ca. 15-20 Wochenstunden besetzt worden. Ein Bewerbungsgespräch mit dem Antragsteller habe nicht stattgefunden.

Im Jänner … habe er sich erneut um eine Stelle als „Kundenberater/in mit Schaltertätigkeiten (m/w)“ beworben. Aufgrund seiner interessanten Qualifikationen, Ausbildung und Berufserfahrung sei er zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Freilich sei auch bei diesem Gespräch das Alter nicht thematisiert worden und er habe keine weniger günstige Behandlung erfahren, als eine andere Person erfahren hatte oder erfahren hätte.

Die Stelle sei letztendlich mit einem anderen Bewerber besetzt worden, der von allen BewerberInnen in der vorgenannten Zusammenschau der Bestgeeignete gewesen wäre. Angestellt worden sei somit ein Mitarbeiter, Jahrgang 1984, und nicht – wie vermutet – eine „viel jüngere Dame“.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung seien insbesondere eine mehrjährige Außendiensterfahrung mit Verkaufstätigkeit, persönliche Affinität zu den gehandelten Produkten, eine kurze Einschulungsphase/Einarbeitungsdauer, ein besonders freundliches und wertschätzendes Auftreten sowie eine für beide Seiten angemessene Gehaltsvorstellung gewesen.

Der Antragsteller sei für die ausgeschriebene Stelle insgesamt weniger geeignet gewesen; auch dessen Gehaltsvorstellung seien ca. 20% über der des aufgenommenen Mitarbeiters bzw. anderer BewerberInnen gelegen. Der Antragsteller sei folglich nach Durchführung der Bewerbungsgespräche an dritter Stelle gereiht gewesen.

Zur Altersverteilung teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie MitarbeiterInnen von Jahrgang 1957 bis Jahrgang 1993 beschäftige. Etwa ein Drittel der MitarbeiterInnen seien älter als der Antragsteller:

Dienstort

Tätigkeit

Jahrgang

Zentrale

Buchhaltung

1957

Zentrale

Handel/Verkauf

1960

Filiale

Leitung

1963

Filiale

Logistik

1964

Filiale

Leitung

1965

Filiale

Schalter

1967

Zentrale

Chief Financial Officer

1967

Filiale

Logistik

1967

Filiale

Stellvertretende Leitung

1968

Tabelle: Aufstellung MitarbeiterInnen 1957-1968

Mitarbeiterstand: 27

Zeitraum: Februar

Weiters wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Bewerbung des Antragstellers aufgrund seiner ersten Bewerbung als „Accountant (m/w) in Vollzeit/Teilzeit“ in Evidenz gehalten worden sei und der Antragsgegnerin schon zu diesem Zeitpunkt das Alter des Antragstellers bekannt gewesen sei. Wenn dieses eine Relevanz für die ausgeschriebene Stelle als „Kundenberater/in mit Schaltertätigkeiten (m/w)“ gehabt hätte, hätte die Antragsgegnerin den Antragsteller folglich zu keinem Bewerbungsgespräch eingeladen.

BEFRAGUNG VON AUSKUNFTSPERSONEN

In der gemeinsamen Befragung des Antragstellers und des Vertreters der Antragsgegnerin, Herrn Mag. C, führte der Antragsteller aus, dass er sich um die Stelle des Accountant beworben habe, da er ein Wirtschaftsstudium und die Bilanzbuchhalterprüfung absolviert habe. Da er damals beschäftigungslos gewesen sei, habe er sich beworben, ferner sei auch die Nähe des Arbeitsplatzes für ihn ein Faktor gewesen.

Er habe eine Absage erhalten, die auf mehrmaliges Nachfragen per E-Mail ergangen sei. Es habe sich um eine Standardabsage gehandelt, der genaue Wortlaut sei ihm nicht mehr erinnerlich, mutmaßlich, dass man sich für einen anderen Kandidaten entschieden habe. Einen persönlichen Kontakt mit der Antragsgegnerin habe es damals nicht gegeben.

Zur zweiten Bewerbung betreffend die Stelle eines Kundenbetreuers gab er an, dass er damals mit Herrn D als Ansprechpartner im Jänner 2018 einen persönlichen Termin gehabt habe. Im Hinblick auf seine berufliche Vorerfahrung als Compliance-Beauftragter sei er sehr euphorisch gewesen, das Bewerbungsgespräch sei aus seiner Sicht sehr gut gelaufen, was auch Herr D bestätigt habe.

Im Bewerbungsgespräch sei es um seine Vorerfahrung gegangen, Vorstellungen, Flexibilität etc. - das Alter sei offenkundig kein Thema gewesen und auch von Herrn D nicht thematisiert worden. Sein Alter ergebe sich aber aus seinen Bewerbungsunterlagen. Er habe den Eindruck gehabt, eine sehr qualifizierte Bewerbung abgegeben zu haben - die Absage sei dann relativ rasch telefonisch gekommen.

Der Vertreter der Antragsgegnerin ergänzte, dass die Absage schriftlich erfolgt sei.

Der Antragsteller führte weiters aus, dass er irritiert gewesen sei, als er ein paar Tage später zufällig in der Filiale vorbeigefahren sei und dort eine jüngere Dame am Schalter - mutmaßlich bei der Einschulung – beobachtet habe. Darauf habe er sich gedacht, er schaue mal, „was die GBK könne bzw., wie das Verfahren aussehe“. Es gebe für ihn diese Indizien.

Zum Thema Accountant und seiner Vermutung, auf Grund des Alters diskriminiert worden zu sein, gab er an, dass ihm von PersonalberaterInnen versichert worden sei, dass man ab einem gewissen Alter eine solche Stelle nicht bekomme, weil nur jüngere Menschen für eine Buchhaltungsstelle eingestellt würden. Dies habe sich für ihn aus Gesprächen mit PersonalistInnen ergeben, er habe sich wiederholt für Buchhaltungsstellen beworben. Im Zusammenhang mit diesen Erfahrungen sei dieser Gedanke für ihn sehr naheliegend. Konkrete Hinweise habe es nicht gegeben.

Auf Frage gab er an, dass auch seine Gehaltsvorstellungen thematisiert worden seien, bei der Buchhalterstelle habe er 2800 € verlangt, was jedoch im Gespräch kein „Knackpunkt“ gewesen sei.

Auf Frage, wie er zur Auffassung käme, die beste Bewerbung eingereicht zu haben, meinte der Antragsteller, dass er keinen CV einer anderen Person gesehen habe, er selbst aber viele Jahre im banknahen Bereich tätig gewesen sei und die ausgeschriebene Stelle eine solche Tätigkeit beinhaltet habe. Er sei vor etlichen Jahren in einer Bank im Verkauf tätig gewesen. Die Frage, ob es sich bei seiner Aussage um eine reine Vermutung handle, konnte der Antragsteller nicht verneinen. Er könne dies nur behaupten und müsse es auch nicht beweisen, sondern nur glaubhaft machen.

Auf Frage, warum er sich als Absolvent eines Wirtschaftsstudiums für eine Schaltertätigkeit bewerbe, zumal die geforderte Verkaufserfahrung bei ihm ja schon länger zurückliege, meinte er, dass in der Ausschreibung auf die „Bankkassenverantwortung“ Bezug genommen werde. Auf Frage, ob sich ihm nicht der Gedanke der Überqualifizierung aufgedrängt habe, verwies er auf den Gesamtzusammenhang und das Bewerbungsgespräch. Das Argument der Überqualifikation sollte man seiner Meinung nach „komplett rauslassen“ – im Hinblick auf die Situation am Arbeitsmarkt. Abschließend gab er an, dass er persönlich sehr am GBK-Verfahren interessiert sei.

Der Vertreter der Antragsgegnerin gab bei seiner Befragung zum Ablauf von Bewerbungsprozessen bei der Antragsgegnerin an, dass die Ausschreibung normalerweise über die üblichen Plattformen erfolge, diesfalls über „karriere.at“. Danach erfolge die Vorselektion für Bewerbungsgespräche, die Gespräche führe üblicherweise der künftige fachliche Vorgesetzte und jemand von der Geschäftsleitung. Danach werde intern eine Reihung erstellt, dann erfolge die Entscheidung durch die Geschäftsleitung in Rücksprache mit den fachlich Vorgesetzten. Mittlerweile würden auf Grund dieser Beschwerde die Bewerbungsgespräche nur mehr zu zweit geführt.

Zu den konkreten Bewerbungen wurde zum Thema „Accountant“ angegeben, dass dies damals bei der Beschwerde nicht thematisiert worden sei, sondern sich diese nur auf die Stelle des Kundenberaters bezöge.

Er selbst habe aber bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf Bezug genommen, dass damals Verstärkung in der Buchhaltung gebraucht worden sei. Der Buchhalter, für den Unterstützung benötigt wurde, sei 57 Jahre alt gewesen und aktuell mit 62 Jahren noch immer beschäftigt.

Die konkrete Stelle sei mit einer ca. 25-jährigen Kollegin intern besetzt worden, weil diese sich „gemausert“ habe, nachdem sie zunächst klassische Kundenbetreuung gemacht und dann in die Buchhaltung habe wechseln wollen. Es habe damals auch schon Gespräche mit externen BewerberInnen gegeben - erst danach habe man sich für eine interne Besetzung entschieden. Es habe sich um eine Stelle mit „Training on the job“, bei der man sich weiterentwickeln könne, gehandelt.

Zum Absagemail sei auszuführen, dass es davon grundsätzlich zwei Varianten gebe – einerseits eine Standardabsage und andererseits eine Variante mit der Frage nach einer Evidenzhaltung. Auf die Frage, ob Hintergründe für eine Absage kommuniziert würden, verwies er darauf, dass manchmal BewerberInnen anriefen und die Gründe erfragen würden, was man dann erkläre. Zunächst gebe es jedoch die standardisierte Variante.

Beim zweiten Bewerbungsprozess (Kundenbetreuung) sei an den „klassischen Verkäufer am Schalter“ gedacht gewesen. Da es sich um sehr hochpreisige Produkte handle, suche man Personen, die sehr genau arbeiten und auch die Ware an den Kunden bringen. Es gehe auch um das Compliance-Thema, das noch hinzukäme.

Der Antragsteller sei eingeladen worden, weil er bei der Privatbank mit Geldwäschethemen und teilweise auch mit Risk-Management beschäftigt gewesen sei, was für die Antragsgegnerin wertvoll sei. Damals habe es ca. 40-50 Bewerbungen gegeben, in die engere Auswahl gekommen seien etwa 5-10 Personen. Auf Frage nach der Altersstruktur im konkreten Fall gab er an, dass diese „komplett durchgemischt“ gewesen sei.

Zum konkreten Bewerbungsgespräch sei festzuhalten, dass dieses aus Sicht der Antragsgegnerin kein „Negativgespräch“ gewesen sei, sich damals aber auch ein Mann beworben habe, der viel besser gepasst habe, da er eine mehrjährige Verkaufserfahrung im Außendienst im Versicherungsbereich vorzuweisen gehabt habe, womit auch die „Back-office-Komponente“ abgedeckt gewesen sei. Es habe sich um den „klassischen Verkäufer“ - Jahrgang 1984 - gehandelt.

Danach sei es zur Absage an den Antragsteller gekommen. Er verwies zusätzlich auf die in der Stellungahme vorgelegte Altersstruktur der Belegschaft der Antragsgegnerin.

Der Mitarbeiter Jahrgang 1984 habe das Unternehmen dann wieder verlassen, danach habe man sich für einen Mitarbeiter Jahrgang 1959 entschieden. Auch eine Person Jahrgang 1964 sei später noch eingestellt worden.

Auf Frage, was ihm an der Qualifikation des Antragstellers nicht so gut gefallen habe, meinte er, dass es einfach um die klassische Verkaufstätigkeit gegangen sei.

Auf Frage nach der Stellenausschreibung, in der auf das „junge Team“ Bezug genommen worden sei, hielt er fest, dass diese Formulierung sich nicht auf das Alter der handelnden Personen, sondern auf die „Jugend“ der erst 2011 gegründeten Firma bezogen hätte. Ferner würde dies auch der Altersstruktur der MitarbeiterInnen, von denen 1/3 älter als der Antragsteller sei, widersprechen.

Auf Frage zum Thema „Versicherungsgeschäft“ wurde ausgeführt, dass das Kerngeschäft der Antragsgegnerin An- und Verkauf sei, daneben gebe es noch die Dienstleistung „…“. Es gebe jedoch auch viele KollegInnen, die in ganz anderen Branchen begonnen hätten.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie auf die oben angeführten mündlichen Befragungen.

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom/von der AntragstellerIn glaubhaft zu machen ist.

Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).

Wesentlich ist dabei, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der/die AntragstellerIn ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Alter) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist. Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – sind hiervon umfasst.

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.

Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen und Befragungen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:

Der Antragsteller hat sich um zwei Stellen bei der Antragsgegnerin beworben und zwei Absagen erhalten. Zur Bewerbung betreffend die Stelle eines Accountants wurde von der Antragsgegnerin glaubwürdig angegeben, dass diese damals Verstärkung – also Unterstützung - in der Buchhaltung für den 57jährigen Buchhalter gebraucht hätte und die konkrete Stelle letztlich intern mit einer 25-jährigen Kollegin besetzt worden sei. Man habe sich für eine interne Besetzung entschieden, da es sich um eine Stelle mit „Training on the job“ gehandelt habe. Es lag daher nach Meinung des Senates kein Zusammenhang zwischen der Absage an den Antragsteller und dessen Alter vor, zumal dieser als geprüfter Bilanzbuchhalter mit Sicherheit auch für die in Rede stehende Stelle als überqualifiziert anzusehen gewesen wäre.

Zur Bewerbung betreffend die Stelle eines/r KundenbetreuerIn ist laut ihres Geschäftsfeldes glaubwürdigem und auch wirtschaftlich nachvollziehbarem Vorbringen der Antragsgegnerin an den „klassischen Verkäufer am Schalter“ gedacht gewesen. Den aus Sicht der Antragsgegnerin passendsten Kandidaten hat ein Mann Jahrgang 1984 abgegeben, der eine mehrjährige Verkaufserfahrung im Außendienst im Versicherungsbereich vorzuweisen gehabt habe und somit auch die „Back-office-Komponente“ abgedeckt habe. Es hat sich bei dem Kandidaten um den „klassischen Verkäufer“ gehandelt, wohingegen die konkrete Verkaufserfahrung des Antragstellers damals bereits sehr lange zurückgelegen ist. Im Hinblick auf diesen aus Sicht der Antragsgegnerin – auch im Hinblick auf den für diese sehr geringen Einschulungsaufwand beim ausgewählten Bewerber - wesentlich geeigneteren Kandidaten konnte kein Bezug zwischen der an den Antragsteller ergangenen Absage und dessen Alter erkannt werden.

In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt folgendermaßen zu beurteilen:

Der Antragsteller konnte außer seiner - auf die der GBK für manche Branchen sehr wohl bekannten strukturelle Altersdiskriminierung am österreichischen Arbeitsmarkt – gestützte Vermutung und seiner Beobachtung einer jüngeren Frau in der Filiale der Antragsgegnerin keine weiteren Indizien für eine benachteiligende Behandlung seiner Bewerbung auf Grund seines Alters ins Treffen führen.

Auch wenn in Bewerbungsverfahren die relevanten Informationen üblicherweise großteils bei dem/der ArbeitgeberIn liegen und daher an die Glaubhaftmachung einer behaupteten Diskriminierung durch ein/n AntragstellerIn keine zu hohen Maßstäbe angelegt werden dürfen, ist im vorliegenden Fall dennoch zu bedenken, dass außer der behaupteten strukturellen Altersdiskriminierung vom Antragsteller nichts weiter vorgebracht wurde, weshalb diesfalls bereits die Glaubhaftmachung der behaupteten Diskriminierung fraglich erscheint, da Glaubhaftmachung mehr als eine unsubstantiierte Behauptung durch eine/n AntragstellerIn voraussetzt.

Ungeachtet der konkreten Beurteilung, ob dem Antragsteller im vorliegenden Fall die vom Gesetz geforderte Glaubhaftmachung tatsächlich im erforderlichen Ausmaß gelungen ist, ist dazu jedenfalls festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Besetzung der beiden in Rede stehenden Stellen dem Senat jeweils schlüssig, wirtschaftlich nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt hat und somit den vom Gesetz geforderten Beweis, dass nicht das Alter des Antragstellers, sondern die bessere Eignung der jeweils zum Zug gekommenen BewerberInnen ausschließlich maßgeblich für die jeweils getroffene Entscheidung gewesen ist, erbringen konnte. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Argument, dass die Verkaufserfahrung des Antragstellers viele Jahre zurückgelegen war, den Senat ebenso überzeugt hat wie der Umstand, dass einer internen Besetzung der offenen Buchhaltungsstelle der Vorzug gegeben wurde.

Auch wenn die Formulierung der Stellenanzeige („junges, kreatives und erfolgreiches Team“) im Hinblick auf das Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung als äußerst ungeschickt gewählt zu qualifizieren ist, konnte die Antragsgegnerin dem Senat durch Vorlage der Altersstruktur der MitarbeiterInnen dennoch glaubwürdig darlegen, dass damit kein Ausschluss älterer BewerberInnen intendiert war, sondern man damit auf die „junge Firma“ Bezug nehmen habe wollen.

Da überdies im gesamten Bewerbungsverlauf das Alter des Antragstellers der Antragsgegnerin von Anfang an bekannt war, dieser aber trotzdem zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, hat sich keinerlei Hinweis auf ein allfällig altersdiskriminierendes Motiv der Antragsgegnerin ergeben.

Der Senat ist daher zum Ergebnis gekommen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die beiden von der Antragsgegnerin glaubhaft gemachten Motive für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend gewesen waren. Damit war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin zu verneinen.

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2020
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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