TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/12 LVwG-M-20/001-2019

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Veröffentlicht am 12.03.2020
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Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Richter

HR Dr. Pichler über vorliegende Maßnahmenbeschwerde des A, geb. ***, wohnhaft in ***, ***, hinsichtlich der behaupteten Unzulässigkeit der Festnahme durch Polizeibeamte am 18.07.2019 um 08:40 Uhr an seiner Wohnadresse, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 28.01.2020 am Sitz des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt – gemäß § 28 VwGVG idgF entschieden wie folgt und somit zu Recht erkannt:

I.

Vorliegender Maßnahmenbeschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) keine Folge gegeben und diese als

u n b e g r ü n d e t

abgewiesen.

Die am 18.07.2019 um 08:40 Uhr in ***, ***, durchgeführte freiheitsbeschränkende Maßnahme der beiden Beamten der Polizeiinspektion ***, B und C, war weder unverhältnismäßig, überschießend, noch unangebracht und erweist sich somit als

r e c h t s k o n f o r m.

II.

Der Beschwerdeführer A, als unterlegene Partei, hat der obsiegenden Partei, der Landespolizeidirektion Niederösterreich, gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung nach Z 3 leg. cit. den Betrag von 57,40 Euro als Ersatz des Vorlageaufwandes, nach Z 4 obzitierter Bestimmung den Betrag von

368,80 Euro als Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie den Ersatz des Verhandlungsaufwandes von 461 Euro, binnen der angemessenen Frist von acht Wochen zu bezahlen.

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach

Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Beschwerdeführer A hat schriftlich am 28.07.2019 beim zuständigen Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorliegende Maßnahmenbeschwerde eingebracht, welche sich in concreto gegen durchgeführte freiheitsbeschränkende Maßnahmen der örtlich zuständigen Polizei in *** – durch zwei namentlich genannte Beamte der Polizeiinspektion *** vom 18.07.2019 um 08:40 Uhr an seiner Wohnadresse in ***, *** – richtet.

Er bekämpft insbesondere die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung, da diese im „Freien“ stattgefunden hätte, der Ausspruch der „Festnahme“, verbunden mit dem Ergreifen am linken Oberarm, gleichfalls nicht rechtskonform gewesen wäre, im Zuge der Amtshandlung ihm seitens der Beamten auch rechtswidrig nicht der Grund der Festnahme aufgrund bestehender Zahlungsverpflichtungen mitgeteilt worden sei, darüber hinaus seitens der Beamten die am Küchentisch liegenden Messer sofort entfernt worden wären, als er nach der Amtshandlung auf der Polizeiinspektion *** wieder zurückgebracht worden wäre, und beantrage er die Überprüfung der von ihm dargelegten Gründe und der tatsächlichen Vorfälle.

In Hinblick auf dieses Vorbringen hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich diese Beschwerde der Landespolizeidirektion Niederösterreich Niederösterreich mit Einräumung einer angemessenen Frist zur Stellungnahme weitergeleitet, hat die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 14.10.2019 ihren Rechtsstandpunkt dargelegt, basierend auf den Unterlagen und Stellungnahmen der amtshandelnden Beamten, insbesondere die Richtigkeit der Vorwürfe betreffend Rechtswidrigkeit der Amtshandlung bestritten und für den Fall des Obsiegens Kostenzuspruch begehrt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sohin am 28.01.2020 am Sitz des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt – eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Wertung des gesamten Akteninhaltes, sämtlicher ergänzender Stellungnahmen, Vorbringen und schriftlicher Unterlagen im Zuge des Verfahrens, die einen integrierenden Bestandteil des gesamten entscheidungsrelevanten Aktes bilden, weiters Beweis aufgenommen wurde durch die Aussage des Beschwerdeführers im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, den Ausführungen des Vertreters der belangten Behörde und insbesondere den zeugenschaftlich, unter Wahrheitspflicht getätigten Angaben, nach Erinnerung an seinen Diensteid ermahnten Zeugen, den Polizeibeamten B, und hat unter Wertung und Würdigung des gesamten Vorbringens das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich folgenden verfahrensrelevanten Sachverhalt mit der für das Verwaltungsverfahren notwendigen Sicherheit als erwiesen angesehen, unter Beachtung der Grundsätze der Beweiswürdigung und geht von folgendem, als erwiesen anzusehenden Sachverhalt aus:

Am 18.07.2019 intervenierten die Polizeibeamten B und C – dienstzugeteilt der Polizeiinspektion *** – gegen 08:40 Uhr an der Wohnadresse des Beschwerdeführers A in ***, ***, in Vollziehung zweier verwaltungspolizeilicher Vorführungsbefehle wegen nicht getätigter, fristgerechter Zahlungen. Es wurden sohin diesen beiden Polizeibeamten seitens der Behörde zwei Akte, betreffend „Vorführung zum Strafantritt“ übermittelt, die nunmehr zum Vollzug kommen sollten.

Beim Eintreffen der beiden namentlich genannten Polizeibeamten, die Amtshandlung wurde von B geführt, dem bis zu diesem Zeitpunkt A nicht persönlich bekannt war, dies im Gegensatz zur begleitenden Polizeibeamtin C und einer die Amtshandlung begleitenden Polizeischülerin, ist seitens der Beamten an der Wohnadresse des A am versperrten Tor von der Straßenseite her angeläutet worden, handelt es sich hinsichtlich der Wohnadresse des Beschwerdeführers um ein Mehrparteienhaus.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Personen in Hör- oder Rufweite.

Nach mehrmaligem Läuten trat A – der Polizeibeamtin C persönlich bekannt – ins Freie, öffnete er den Beamten das Tor zum Grundstück und wurde A im Zuge der ersten persönlichen Kontaktaufnahme seitens B der Zweck der Intervention erklärt und auf die zwei Vorführungsbefehle der Behörde wegen offener finanzieller, nicht nachgekommener Verpflichtungen in der Person des nunmehrigen Beschwerdeführers hingewiesen.

Im Zuge dieses Gespräches ist auch seitens der Polizeibeamten der – im Übrigen nicht verpflichtende Vorschlag – gekommen, eine angemessene Frist von allfällig einer Woche dem Schuldner seiner zur Begleichung der offenen finanziellen Verpflichtungen einzuräumen.

Im Zuge dieser Diskussion, dem Vorschlag der Beamten gegenüber, zeigte sich A uneinsichtig, wurde ihm deutlich gemacht, dass – für den Fall des Nichtnachkommens der Zahlungsverpflichtung – die Festnahme ausgesprochen werden müsse, hat der Adressat A dies als solche zweifelsfrei verstanden.

Hinsichtlich des Fragens und des Vorhaltes des Verpflichteten wies der Polizeibeamte B darauf hin, dass er ad hoc nicht den Rechtsgrund wüsste aufgrund dessen die Zahlungsverpflichtung bestünde, sei seine Aufgabe, den Vorführungsbefehl zu vollstrecken.

Da auch der Vorschlag des Beamten, Geld von einem Bankomaten zu beheben, seitens A nicht akzeptiert wurde, hat B die Festnahme ausgesprochen. Diese Amtshandlung fand im Freien statt, gab es dafür außer den anwesenden Polizeibeamten und A keinerlei Zeugen, fand die Diskussion in normaler Lautstärke, ohne allfällige Verbalaggression, statt.

Der Polizeibeamte B ergriff – ohne Gewaltanwendung – A am Oberarm und geleitete ihn vom Ort der mündlichen Amtshandlung über eine Wegstrecke von wenigen Metern bis zum unmittelbar vor dem Hauseingang parkenden Streifenwagen.

Mit diesem wurde der nunmehrige Beschwerdeführer zur nahegelegenen Polizeiinspektion *** verbracht, wo seitens der Beamten das Anhalteprotokoll angefertigt und A das Informationsblatt für Festgenommene ausgefolgt wurde.

Hinsichtlich der Rechte eines Festgenommenen wurden A, der keine Brille bei sich hatte, diese seitens der Beamten vorgelesen. Gegen 09:00 Uhr fuhren die amtshandelnden Beamten gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zurück an seine Wohnadresse, um A die Möglichkeit zu geben, persönliche Gegenstände, sowie seine Medikamente für die Verbringung in das Polizeianhaltezentrum, mitzunehmen.

Während des rund 15-minütigen Aufenthalts der Beamten in der Wohnung des Beschwerdeführers hat A sämtliche von ihm benötigten Gegenstände für den persönlichen Bedarf, sowie seine Medikamente, Dokumente und Handy eingepackt, zwischenzeitig von den Polizeibeamten die am Küchentisch offenliegenden Gegenstände – Messer – aus Gründen der Eigensicherung in der Wohnung zur Seite gelegt wurden.

Während des Aufenthalts der Beamten in der Wohnung des A, wartete seine Lebensgefährtin auf den verständigten Rettungsdienst, um sich zur ärztlichen Nachbehandlung in das Krankenhaus *** bringen zu lassen.

Während der polizeilichen Intervention hat der Beschwerdeführer A keinesfalls ausdrücklich die Dienstnummern der Polizeibeamten B und C verlangt, letztgenannte weibliche Polizeibeamtin ihm bekannt war, im Zuge der Amtshandlung B seinen Namen aus Eigenem bekanntgab.

Im Zuge der gesamten Amtshandlung, trotz gegebener Möglichkeiten, hat A nie darauf hingewiesen, dass er sich die aushaftende Summe ausborgen hätte wollen, wenn er dazu auf seinen in Oberösterreich lebenden Bruder verweist, steht fest, dass dieser von den Zahlungsverpflichtungen des A weder in Kenntnis war, noch bis zu diesem Zeitpunkt jemals Geld ihm geborgt hat.

Es erfolgte auch keine Initiative des A, mit seinem Bruder telefonisch Kontakt aufzunehmen in Hinblick auf die Amtshandlung resultierend auf finanziellen Verpflichtungen.

A erklärte sich bereit, die Strafe in der Dauer mehrerer Tage im Gefängnis abzusitzen.

Zu diesen Feststellungen gelangt das erkennende Gericht aufgrund des – wie aus obigen Ausführungen erhellt – durchgeführten Beweisverfahrens im Rahmen der Unmittelbarkeit, der äußerst glaubwürdigen, nicht formelhaft vorgebrachten, sachlichen, empathischen Angaben des berufserfahrenen, unter Diensteid stehenden B, der auch persönlichkeitsmäßig auf das Gericht einen äußerst positiven Eindruck hinterließ, dessen Angaben lückenlos, logisch, schlüssig und im Einklang mit den zeitnah erstatteten schriftlichen Rechtfertigungen und Stellungnahmen stehen, das Gericht keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Korrektheit und Vollständigkeit der geschilderten einzelnen Abläufe im Zuge der Amtshandlung durch diesen Zeugen hegt.

Demgegenüber kommt der Rechtfertigung des A kein erhöhter Glaubheitswert zu, ist es ihm trotz gebotener Gelegenheit im Rahmen seiner Aussage keinesfalls gelungen, Zweifel an der Richtigkeit oder Korrektheit gegenständlicher, von den involvierten Polizeibeamten durchgeführter, Amtshandlung zu wecken, sind auch Teile der Aussage des A in sich unschlüssig und nicht widerspruchsfrei, sohin dieser Beschwerdeführer von seinem Recht der freien Verantwortung ausführlich Gebrauch gemacht hat, sein Vorbringen als unglaubwürdige Schutzbehauptung im Rahmen der Beweiswürdigung zu qualifizieren ist.

Es konnte sich sohin das Gericht ein klares Bild über die wesentlichen Sachverhaltselemente machen und war daher von weiteren, auch allenfalls amtswegigen, Beweisaufnahmen, auch ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung, Abstand zu nehmen, ist obiger Sachverhalt sohin als erwiesen anzusehen.

Rechtlich folgt daher:

Ausgehend von obig getroffenen Feststellungen zum verfahrensrelevanten Sachverhalt erweist sich vorliegende Maßnahmenbeschwerde als

v e r f e h l t.

Die Festnahme ist die förmliche Variante der Verhaftung, dabei ist der Freiheitsentzug primäre – und als solche deklarierte – Absicht der Behörde bzw. ihrer Organwalter.

So sich gegenständlich A, als ein von der Zwangsausübung oder Befehl Betroffener, darauf bezieht, seine Beschwerde auf Teilaspekte eines Verwaltungsaktes zu beschränken und damit allein diese zum Gegenstand der Prüfung zu machen, vorliegendenfalls die Abhaltung der Amtshandlung im Freien, die Verbringung zum Streifenwagen, das Entfernen von Messern vom Küchentisch oder eine behauptete unpassende Äußerung der an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamtin, hinsichtlich des Vorhandenseins einer gültigen Lenkberechtigung, moniert, bilden diese seine konkret angeführten Beschwerdepunkte den zu prüfenden Umfang gegenständlicher Maßnahmenbeschwerde.

Da aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die freiheitsbeschränkende Maßnahme mit möglichster Schonung des Betroffenen und unter größtmöglicher Wahrung der Privatsphäre vollzogen wurde, erweisen sich die haltlosen Behauptungen des Beschwerdeführers hinsichtlich vorschriftswidrigen Verhaltens der einschreitenden Polizeibeamten als nicht nachvollziehbar, keinesfalls in irgendeinem Teilaspekt der gesamten Amtshandlung ein rechtswidriger „Exzess“ logisch annehmbar oder auch nur denkmöglich ist, dahingehend auch kein dezidiertes Vorbringen seitens des Beschwerdeführers erstattet wurde.

Gegenständliche Maßnahmenbeschwerde erweist sich sohin als völlig unberechtigt, war vorliegender Maßnahmenbeschwerde jeglicher Erfolg zu versagen und gründet sich der Kostenausspruch auf die spruchgenannten Gesetzesstellen.

Zum Ausschluss der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4

B-VG iVm § 25a VwGG deshalb nicht zulässig, da vorliegendes Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu dieser Rechtsproblematik, genauso wie zur Frage der Beweiswürdigung, eine gesicherte, als einheitlich anzusehende Judikatur des Höchstgerichtes – insbesondere zur Verhältnismäßigkeit und des „Exzesses“ – vorliegt und gegenständliches Erkenntnis nicht von Letztgenannter abweicht.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Festnahme; Verhältnismäßigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.M.20.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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