TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/3 W189 2012037-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2019
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Entscheidungsdatum

03.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
IntG §10
IntG §9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W189 2012037-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2014, Zl. 640494005-1700361, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2019, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm 55 Abs. 1 AsylG iVm § 9 und 10 IntG wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

III. Der Spruchpunkt IV. wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine Staatsangehörige der Ukraine, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 02.08.2018 wurde die BF im Zuge einer Fahrzeugkontrolle von der LPD Wien, Zl. E1/274059/2013, wegen rechtswidrigem Aufenthaltes gemäß § 120 Abs. 1a FPG zur Anzeige gebracht. Gleichzeitig wurde sie gemäß § 39 FPG vorläufig festgenommen.

2. Am 08.02.2013 stellte die BF im Stande der Festnahme den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich ihres Asylantrages wurde die BF am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Dabei gab sie an, Staatsangehörige der Ukraine zu sein, wo sie die Grundschule, Berufsschule und höhere technische Schule besucht habe. Sie spreche die Sprachen Ukrainisch und Russisch, sei ledig und gesund. Zuletzt habe sie als Telefonistin gearbeitet bzw. Gelegenheitsarbeiten im Ausland verrichtet. Zu den Fluchtgründen gab die BF an, dass sie Timoschenko unterstütze und an Demonstrationen teilnehme. Abgesehen davon würde sie seit ihrem 13. Lebensjahr in der Ukraine arbeiten und wolle hier ein neues Leben beginnen. Sie habe keine Gründe religiöser, ethnischer, oder politischer Natur für ihren Asylantrag.

3. Am 04.07.2014 wurde die BF vor dem nunmehr zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei machte sie einige Berichtigungen bezüglich ihrer Erstbefragung. Weiters führte sie an, dass sie der Volksgruppe der Ukrainer angehöre und griechisch-katholischen Glaubens sei. In freier Erzählung gab die BF zu ihrem Lebenslauf an, dass sie aus Sokal stamme, wo sie mit ihrer Großmutter, ihren Eltern und ihrer Schwester gelebt hätte. Der Vater sei allen gegenüber äußerst gewalttätig gewesen und hätten sich ihre Eltern nach einiger Zeit scheiden lassen. Schon damals habe die BF Symptome von Angstzuständen gehabt. Später habe auch ihre Mutter begonnen sie schlecht zu behandeln, weshalb die BF schon mit 13 begonnen habe, zu arbeiten. Dies auch um ihre Mutter zu unterstützen, zumal die Schulen in der Ukraine korrupt seien und Geld von den Eltern verlangen würden. Ihre Mutter habe mittlerweile einen anderen Mann kennengelernt und sei mit diesem zusammen gewesen. Nach der Schule habe die BF eine Ausbildung machen wollen, was aber aus finanziellen Gründen nicht leicht möglich gewesen sei, bis sie schließlich die Ausbildung zur Friseurin gemacht und im Jahr 2007 abgeschlossen habe. Danach habe sie auch die Ausbildung als Pädagogin machen wollen, was sie ebenfalls mit Nebenjob, Schwierigkeiten und ohne Unterstützung durch ihre Mutter, geschafft habe. Weil sie aber auch weiterhin nicht genug Geld gehabt und in der Ukraine alles korrupt gewesen sei, sei sie nicht als Lehrkraft an der Hochschule eingestellt worden, obwohl diese vom Gesetz her dazu verpflichtet gewesen wäre sie einzustellen. Auch später habe sie immer viel für wenig Geld gearbeitet und sei erneut zurück nachhause gegangen. Mittlerweile sei das Haus der Großmutter in das Eigentum ihrer Mutter übergegangen, die sich sehr verändert hätte. Auch sei der Stiefvater der BF anders gewesen und habe auch eines Tages - nach vorangegangenen sexuellen Annäherungsversuchen - tatsächlich versucht, die BF zu vergewaltigen. Die BF wurde über § 20 AsylG aufgeklärt, der vorsieht, dass Opfer von Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung durch einen Organwalter desselben Geschlechtes einzuvernehmen sind, es sei denn, sie würden etwas anderes verlangen. Außerdem wurde sie ausdrücklich auf die Vertraulichkeit der Angaben hingewiesen, und dass die BF nicht befürchten müsse, dass das in der Einvernahme Gesprochene nach außen dringt. Sie müsse nur Fragen beantworten bzw. schildern, wozu sie in der Lage sei, und könne auch jederzeit eine Pause verlangen. Die BF verzichtete ausdrücklich auf einen Organwalter desselben Geschlechtes und führte ihre Erzählung in freier Rede fort: Die Mutter der BF habe ihr den Vorfall mit dem Stiefvater nicht geglaubt. Nachdem die BF den Stiefvater gemieden und auch zu Bekannten gezogen sei, habe sie schlussendlich die Ukraine in Richtung Europa verlassen. Hier in Österreich habe sie bei diversen Arbeitgebern gelebt, die ihr für kostenfreies Wohnen nur wenig Entgelt bezahlt hätten. Die BF könne nicht nachhause zurückkehren, die Beziehung zu ihrer Mutter sei zerrüttet und sei der Stiefvater auch immer noch dort. Diesen habe sie niemals polizeilich angezeigt, da ihr niemand glauben würde, zumal ihre eigene Mutter es ihr nicht geglaubt habe. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei aufgrund der Korruption im Land nicht möglich, zudem habe sie es bereits mehrmals probiert. Auch sei sie in der Ukraine einmal wegen der Muttersprache Ukrainisch sowie ihrem katholischen Kreuz diskriminiert worden. Überdies würden sich Osten und Westen der Ukraine bekämpfen.

Im Bundesgebiet habe die BF keine Verwandten oder Familienangehörigen. Sie lebe von Leistungen aus der Grundversorgung und arbeite 31 Stunden im Monat, wodurch sie auch ein Gehalt beziehe. Die BF habe keinen Kontakt mehr zu ihren Angehörigen im Herkunftsstaat, nur ein oder zwei Mal habe sie mit ihrer Schwester und Großmutter Kontakt gehabt. In der Ostukraine habe sie weitschichtige Verwandte. Außerdem gehe es der BF psychisch gar nicht gut und bedürfe sie unbedingt einer psychotherapeutischen Behandlung.

Am Ende der Einvernahme wurde der BF die Möglichkeit geboten, binnen einer Woche eine Stellungnahme zu den Länderberichten zur Lage im Herkunftsstaat Ukraine abzugeben.

Vorgelegt wurden ein Laborbefund vom 28.03.2014, zwei Kurzbriefe vom 31.03.2014 und vom 04.04.2014von Dr. med. Jos Wüstner, sowie zwei Kursbestätigungen der Caritas - Deutsch als Fremdsprache vom 07.03.2014 und vom 24.06.2014.

4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurden ihr Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 AsylG 2005 nicht erteilt und weiters gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 46 FPG die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Ukraine festgestellt. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. insbesondere ausgeführt, dass die BF nicht in der Lage gewesen sei, eine Bedrohungssituation iSd. Genfer Flüchtlingskonvention darzulegen. Die Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes wurde im Wesentlichen damit begründet, dass kein reales Risiko einer derart extremen Gefahrenlage vorliege, welches einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstelle würde und somit einer Rückführung der BF in ihr Heimatland entgegenstehen würde. Schließlich bestünden im Bundesgebiet keine Hinweise auf weitere familiäre Anknüpfungspunkte oder eine außerordentliche Integration, weshalb das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden könne. Die Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die die BF bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, nicht gegeben seien.

5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Fluchtgründe wurde der Behörde eine mangelhafte Verfahrensführung und Rechtswidrigkeit des Inhaltes vorgeworfen. Da die BF nicht wisse, welche Informationen hinsichtlich Asyl von Relevanz seien, habe sie nichts Näheres zu ihrer politischen Einstellung geäußert. Auch hätte die Behörde sich mit dem Gesundheitszustand der BF auseinandersetzen müssen, zumal sie aufgrund des in der Kindheit Erlebten mit einer Vielzahl psychischer Probleme zu kämpfen gehabt habe. Dass sie die sexuellen Übergriffe durch ihren Stiefvater in der Erstbefragung nicht erwähnt habe, könne nicht zu ihren Lasten ausgelegt werden, da es sich bei der befragenden Person um einen Mann gehandelt habe. Jedenfalls habe die BF ein detailliertes Vorbringen erstattet, welchem von der Behörde nur oberflächlich und mit Textbausteinen entgegengetreten worden sei. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

6. Mit Eingabe der Rechtsvertretung vom 08.03.2018 wurden Integrations- und Unterstützungsunterlagen (Clubmitgliedschaftsbestätigung, Unterstützungsschreiben der Betreuungsstelle, Kursbesuchsbestätigung Deutsch BF1 des WIFI vom 09.11.2017, ÖSD Zeugnis Deutsch A2 vom 03.02.2015, Kursbesuchsbestätigungen Caritas über Deutsch als Fremdsprache vom 07.03.2014, vom 24.06.2014 und vom 18.12.2014, Arbeitsbestätigung über freiwillige Aushilfe, Arbeitszeugnis über Saisonarbeit als Küchenhilfe Winter 2016/2017), sowie medizinische Unterlagen über den psychischen Zustand der BF vorgelegt, und zwar eine Aufenthaltsbestätigung des LKH Rankweil vom 15.02.2018 wonach die BF von 16.01.2018 bis 15.02.2018 stationär aufgenommen worden sei, ein Arztbrief des LKS Rankweil, Abt. für Erwachsenenpsychiatrie, ein Ambulanzbericht des LKH Rankweil vom 07.04.2015 und vom 27.04.2015 sowie einen vom LKH Hohenems, Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 21.07.2015, ein ärztlicher Befundbericht vom 31.05.2015 und vom 06.03.2015, ein Laborbefund, ein ärztlicher Kurzbrief vom 31.03.2014 und vom 04.04.2014, eine Bestätigung über die Aufnahme zur Therapie und zwei physiotherapeutische Rückmeldungen sowie eine Bestätigung über erfolgte Beratungsgespräche.

7. Laut elektronischer Eingabe vom 12.11.2018 wurde für die BF eine Beschäftigungsbewilligung (Winterkontingent) für den Betrieb Seilbahn XXXX GmbH & Co KG vom 14.12.2018 - 15.05.2019 ausgestellt.

8. Mit Eingabe der Rechtsvertretung vom 07.03.2019 wurden weitere Integrationsunterlagen für die BF eingebracht, und zwar ein Bescheid des AMS über eine Beschäftigungsbewilligung für die BF, den Dienstvertrag, eine Mietrechnung und ein Versicherungsdatenauszug der BF vom 26.02.2019.

9. Mit Eingabe der Rechtsvertretung vom 15.05.2019 wurden weitere Integrationsunterlagen für die BF eingebracht, und zwar eine Arbeitsbescheinigung, Monatsübersichten über die Anstellung der BF sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen von April und Mai 2019, wonach die BF einen monatlichen Bruttolohn in der Höhe von 1.900,- Euro verdient hat.

10. Am 19.06.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Russisch statt, zu welcher die BF und die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden. Mit Schreiben des BFA vom 26.04.2019 wurde auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet und ist ein Behördenvertreter nicht erschienen. Im Rahmen der Verhandlung wurde der BF Gelegenheit geboten, ausführlich zu ihren Fluchtgründen und den Lebensumständen im Bundesgebiet Stellung zu nehmen. Vorgelegt wurden: Arztbrief von Dr. Petra STEGER-ADAMI Fachärztin für Psychiatrie vom 11.03.2019 und ein Antrag auf Aufnahme als Mitglied, datiert mit 13.07.2017.

11. Mit Eingabe der Rechtsvertretung vom 08.07.2019 wurden ein weiterer Dienstvertrag, befristet von 23.06.2019 bis 10.11.2019, eine Mietrechnung, Empfehlungsschreiben für die BF sowie Dokumente aus der Ukraine vorgelegt.

12. Mit Eingabe der Rechtsvertretung vom 16.09.2019 wurde eine Bestätigung über die Teilnahme der BF an einem Deutschkurs und an der Probeprüfung des Niveaus B1.2 der deutschen Sprache vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der BF, insbesondere beinhaltend die Erstbefragung der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.08.2013, die niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA am 04.07.2014, sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.06.2019 und schließlich durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Ukraine.

1. Feststellungen:

1.1. Festgestellt wird, dass die BF Staatsangehörige der Ukraine, aus der Stadt Sokal, Zugehörige der Volksgruppe der Ukrainer und christlichen Glaubens ist. Ihre Identität steht nicht fest. Die BF wohnte zuerst mit ihren Eltern, ihrer Schwester und ihrer Großmutter im Haus der Großmutter. Nach der Scheidung der Eltern aufgrund der hohen Gewalttätigkeit des Vaters, ging ihre Mutter die Beziehung mit dem Stiefvater der BF ein. Im Herkunftsstaat besuchte sie die Schule und absolvierte eine Ausbildung als Friseurin, eine pädagogische Ausbildung sowie eine im Tourismusmanagement. Sie arbeitete neben dem Studium und war in der Lage für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Die BF ist ledig und kinderlos. In der Ukraine leben auch weiterhin Verwandte der BF, zu denen sie nicht in Kontakt steht. Die BF hatte nur wenig Kontakt zu ihrer Schwester.

1.2. Die BF reiste zu einem unbestimmbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellte, nachdem sie am 02.08.2018 beim unrechtmäßigen Aufenthalt betreten und zur Anzeige gebracht wurde, am 03.08.2018 aus dem Stande der Festnahme den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nicht festgestellt werden kann, dass der BF in der Ukraine eine an asylrelevanten Merkmalen anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die BF leidet an Untergewicht, befindet sich seit dem Jahr 2014 in ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Behandlung und hat auch stationäre Aufenthalte gehabt, zuletzt von 16.01.2018 bis 15.02.2018. Die BF leidet an einer rez. mittelgradigen depressiven Störung, Anorexia nervosa und einer Polymorph psychotischen Störung. Als therapeutische Maßnahme ist eine medikamentöse Therapie mit Mirtazapin und Venlfaxin, sowie eine laborchemische Kontrolle, sowie eine geplante neuerliche Aufnahme ins LKH Hohenems empfohlen worden. Sie ist nicht lebensbedrohlich erkrankt.

Die strafgerichtlich unbescholtene BF hat keine Verwandten oder Familienangehörigen im Bundesgebiet. Sie führt eine Beziehung zu einem Ukrainer, der nicht in Österreich wohnhaft ist. Sie lebt seit nunmehr über sechs Jahren im Bundesgebiet. Sie hat Deutschkurse gemacht, verfügt über ein Zeugnis des ÖSD des Niveaus A2 vom 03.02.2015 und besuchte zuletzt einen Kurs des Niveaus B1. Sie beherrscht die deutsche Sprache auf einem ansprechenden Niveau und kann problemlos Unterhaltungen führen. Die BF bezieht seit Februar 2019 keine Leistungen aus der Grundversorgung. Dazu arbeitete sie seit ihrer Ankunft im Bundesgebiet. Zunächst in der Betriebsküche in Traiskirchen und nach ihrem Transfer nach Vorarlberg für das Projekt der Caritas "Nachbarschaftshilfe", mit welchem sie 187,- Euro verdiente. Danach arbeitete sie in einem Altersheim und bemühte sich um eine Saisonbewilligung für einen Seilbahnbetrieb, wo sie im Jahr 2015 vier Monate lang arbeitete. Auch im Winter 2016/2017 und im Winter 2018/2019 war sie im Rahmen der Saisonarbeit als Küchenhilfe beschäftigt. Derzeit ist die BF bei der Seilbahn als Köchin mit einem monatlichen Bruttolohn von 1.900,- Euro für eine 40 Std./Woche beschäftigt. Dieser Vertrag ist befristet, sie nimmt die Beschäftigung von 23.06.2019 bis 10.11.2019 wieder auf. Die BF wohnt aktuell in einer Unterkunft und hat durch ihren Arbeitgeber und Bekannte die Möglichkeit auf eine eigene, private Wohnung. Die BF ist Mitglied im Verein " XXXX " seit 13.07.2017. Für die BF liegen zahlreiche Unterstützungsschreiben vor und hat sich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, welcher sich für den Verbleib der BF in Österreich einsetzt.

Bei der BF liegen zahlreiche Merkmale einer außerordentlichen Integration vor.

1.3. Zum Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

KI vom 09.01.2019, Kriegsrecht beendet (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat wie angekündigt, das für Teile der Ukraine verhängte 30-tägige Kriegsrecht, nicht verlängert. Es lief damit wie geplant am 26.12.2018 um 13 Uhr (MEZ) aus. Der Präsident betonte, das Kriegsrecht habe in keiner Weise den Alltag der Zivilbevölkerung beeinflusst (ZO 26.12.2018; vgl. DW 26.12.2018).

Quellen:

-

DW - Deutsche Welle (26.12.2018): Poroschenko beendet das Kriegsrecht,

https://www.dw.com/de/poroschenko-beendet-das-kriegsrecht/a-46868008, Zugriff 9.1.2019

-

ZO - Zeit Online (26.12.2018): Kriegsrecht in der Ukraine ist beendet,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-12/petro-poroschenko-ukraine-kriegsrechtbeendet, Zugriff 9.1.2019

KI vom 28.11.2018, 30 Tage Kriegsrecht für bestimmte Oblaste verhängt (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Das ukrainische Parlament hat am 26. November dem Antrag von Präsident Poroschenko zugestimmt, in Teilen des Landes für 30 Tage das Kriegsrecht zu verhängen. Betroffen sind die "gegenüber russischer Aggression verwundbarsten Regionen" des Landes (siehe Karte) (RFE/RL 26.11.2018).

Das Kriegsrecht ermöglicht in den genannten Oblasten eine teilweise Mobilisierung, eine Stärkung der Luftverteidigung sowie eine nicht näher spezifizierte Stärkung des Konterspionage-, Konterterrorismus- und Kontersabotage-Regimes und der Informationssicherheit. Von den 450 Abgeordneten der Obersten Rada (ukrainisches Parlament) stimmten nach hitziger Debatte 276 für und 30 gegen den Antrag. Zuerst hatte Poroschenko die Maßnahme noch für 60 Tage gefordert, das aber später reduziert (RFE/RL 26.11.2018).

Anlass für diesen in der ukrainischen Geschichte beispiellosen Schritt, war ein Vorfall in der Meerenge von Kertsch (der einzigen Zufahrt zum Asowschen Meer) vom vergangenen Wochenende, bei dem die russische Küstenwache Patrouillenboote der ukrainischen Marine erst beschoss, einen Schlepper rammte und die Boote danach festsetzte und insgesamt 23 ukrainische Seeleute inhaftierte. Russland behauptet, die ukrainischen Seefahrzeuge hätten illegal russische Gewässer befahren. Seit die ukrainische Krimhalbinsel von Russland annektiert worden ist, gibt es gehäuft Probleme beim freien Zugang zum Asowschen Meer und damit zum für die ukrainische Wirtschaft so wichtigen Hafen Mariupol. Mittlerweile hat Russland auch eine Brücke über die Meerenge von Kertsch gebaut (RFE/RL 26.11.2018).

Präsident Poroschenko sagte vor der Debatte im Parlament, die Verhängung des Kriegsrechts sei nötig, damit die Ukraine unverzüglich die Verteidigung stärken kann, um im Falle einer Invasion schnell reagieren zu können. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Ukraine offensive Operationen unternehmen wolle; es gehe ausschließlich um den Schutz des Territoriums und die Sicherheit der Bürger. Das Kriegsrecht sieht Dutzende Handlungsoptionen vor, die ergriffen werden können - aber nicht müssen. Diese müssen vor Inkrafttreten von der Regierung festgelegt werden. So gehen die Polizeiaufgaben in Kampfgebieten an die Armee über. Das Militär erhält erweiterte Rechte und ist beispielsweise berechtigt, Ausgangssperren zu verhängen sowie Wohnungsdurchsuchungen und Verkehrs- und Personenkontrollen vorzunehmen. Männer im wehrpflichtigen Alter unterliegen Meldeauflagen. Auch ist es während des Kriegsrechts verboten, Verfassungsänderungen, Parlaments- oder Präsidentenwahlen durchzuführen. Das Kriegsrecht lässt aber keine Folter zu. Bei Rechtsverstößen können nur reguläre Gerichte urteilen. Zusätzlich können weitere Maßnahmen getroffen werden wie Einschränkung der Pressefreiheit, Kontrollen oder Einschränkungen der Kommunikationsmittel usw. Im Gesetz ist festgehalten, dass das Kriegsrecht nach dem festgelegten Zeitraum enden muss. Eine Verlängerung würde dementsprechend einen erneuten Antrag des Präsidenten erfordern. Allerdings kann das Kriegsrecht auch frühzeitig beendet werden. Das derzeit geltende Kriegsrecht gilt für 30 Tage. Es trat am 28. November 2018, 9 Uhr morgens in Kraft und endet am 27. Dezember 2018 (SO 27.11.2018).

Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sind für den 21. März 2019 angesetzt und sollen wie geplant stattfinden (RFE/RL 26.11.2018).

Quellen:

-

RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (26.11.2018): Ukraine Backs Martial Law After Gunfire At Sea, https://www.rferl.org/a/ukrainian-lawmakers-to-consider-martial-law-proposal-after-russia-opens-fire-on-ships-in-black-sea/29620128.html?ltflags=mailer, Zugriff 28.11.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (27.11.2018): Ukraine's Martial Law,

https://www.rferl.org/a/ukraines-martial-law/29623833.html?ltflags=mailer, Zugriff 28.11.2018

-

SO - Spiegel Online (27.11.2018): So weitreichend ist das ukrainische Kriegsrecht,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-was-bedeutet-das-kriegsrecht-a-1240658.html, Zugriff 28.11.2018

KI vom 19.12.2017, Antikorruption (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 4/Rechtsschutz/Justizwesen und Abschnitt 7/Korruption)

Die Ukraine hat seit 2014 durchaus Maßnahmen gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen, wie die Offenlegung der Beamtenvermögen und die Gründung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU). Gemeinsam mit dem ebenfalls neu geschaffenen Antikorruptionsstaatsanwalt kann das NABU viele Fälle untersuchen und hat einige aufsehenerregende Anklagen vorbereitet, u.a. wurde der Sohn des ukrainischen Innenministers festgenommen. Doch ohne ein spezialisiertes Antikorruptionsgericht läuft die Arbeit der Ermittler ins Leere, so die Annahme der Kritiker, da an normalen Gerichten die Prozesse erfahrungsgemäß eher verschleppt werden können. Das Antikorruptionsgericht sollte eigentlich bis Ende 2017 seine Arbeit aufnehmen, wurde aber noch immer nicht formell geschaffen. Präsident Poroschenko äußerte unlängst die Idee, eine auf Korruption spezialisierte Kammer am Obersten Gerichtshof sei ausreichend und schneller einzurichten. Diesen Vorschlag lehnte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) ab. Daher bot Poroschenko eine Doppellösung an: Zuerst solle die Kammer eingerichtet werden, später das unabhängige Gericht. Der Zeitplan dafür ist jedoch offen (NZZ 9.11.2017).

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine Einflussnahme auf die Justiz durch den ukrainischen Präsident Poroschenko. Mit Juri Luzenko ist außerdem Poroschenkos Trauzeuge Chef der Generalstaatsanwaltschaft, welche von Transparency International als Behörde für politische Einflussnahme bezeichnet wird. Tatsächlich berichtet die ukrainische Korruptionsstaatsanwaltschaft von Druck und Einflussnahme auf ihre Ermittler (DS 30.10.2017).

Ende November 2017 brachten Abgeordnete der Regierungskoalition zudem einen Gesetzentwurf ein, der eine "parlamentarische Kontrolle" über das NABU vorsah und heftige Kritik der westlichen Partner und der ukrainischen Zivilgesellschaft auslöste (UA 13.12.2017). Daraufhin wurde der Gesetzesentwurf wieder von der Tagesordnung genommen (DS 7.12.2017), dafür aber der Vorsitzende des Komitees der Werchowna Rada zur Korruptionsbekämpfung entlassen, welcher die Ernennung des von der Regierung bevorzugten Kandidaten für das Amt des Auditors im NABU blockiert hatte (UA 13.12.2017).

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zuletzt mehrere Tausend Menschen für eine Amtsenthebung von Präsident Petro Poroschenko demonstriert. Die Kundgebung wurde von Micheil Saakaschwili angeführt - Ex-Staatschef Georgiens und Ex-Gouverneur des ukrainischen Odessa, der ursprünglich von Präsident Poroschenko geholt worden war, um gegen die Korruption vorzugehen. Saakaschwili wirft Poroschenko mangelndes Engagement im Kampf gegen die Korruption vor und steht seit einigen Wochen an der Spitze einer Protestbewegung gegen den ukrainischen Präsidenten. Mit seinen Protesten will er vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Saakaschwili war Anfang Dezember, nach einer vorläufigen Festnahme, von einem Gericht freigelassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Organisation eines Staatsstreiches (DS 17.12.2017).

Die EU hat jüngst die Auszahlung eines Hilfskredits über 600 Mio. €

an die Ukraine gestoppt, und der Internationale Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls nicht zur Gewährung von weiteren Hilfskrediten bereit, solange der Kampf gegen die grassierende Korruption nicht vorankommt (NZZ 18.12.2017). Der IWF hat die Ukraine aufgefordert, die Unabhängigkeit von NABU und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gewährleisten und rasch einen gesetzeskonformen Antikorruptionsgerichtshof im Einklang mit den Empfehlungen der Venediger Kommission des Europarats zu schaffen (UA 13.12.2017).

Quellen:

-

DS - Der Standard (17.12.2017): Tausende fordern in Kiew Amtsenthebung von Poroschenko,

http://derstandard.at/2000070553927/Tausende-fordern-in-Kiew-Amtsenthebung-von-Poroschenko?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (7.12.2017): Interventionen verhindern Gesetz gegen ukrainisches Antikorruptionsbüro, http://derstandard.at/2000069775196/Ukrainischer-Antikorruptionsbehoerde-droht-Verlust-an-Unabhaengigkeit, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (30.10.2017): Die ukrainische Justizfassade bröckelt noch immer,

http://derstandard.at/2000066853489/Die-ukrainische-Justizfassade-broeckelt-noch-immer?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.12.2017): Das politische Risiko in der Ukraine ist zurück,

https://www.nzz.ch/finanzen/das-politische-risiko-in-der-ukraine-ist-zurueck-ld.1340458, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.11.2017): Der ukrainische Präsident verschleppt längst überfällige Reformen, https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-revolution-im-rueckwaertsgang-ld.1327374, Zugriff 19.12.2017

-

UA - Ukraine Analysen (13.12.2017): Ukraine Analysen Nr. 193, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen193.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Ukraine-Analysen+193&newsletter=Ukraine-Analysen+193, Zugriff 19.12.2017

Politische Lage

Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Ihr Staatsoberhaupt ist seit 7.6.2014 Präsident Petro Poroschenko. Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. Das Parlament (Verkhovna Rada) der Ukraine besteht aus einer Kammer; 225 Sitze werden über ein Verhältniswahlsystem mit Listen vergeben, 225 weitere Sitze werden in Mehrheitswahl an Direktkandidaten in den Wahlkreisen vergeben. 27 Mandate bleiben aufgrund der Krim-Besetzung und des Konflikts in der Ost-Ukraine derzeit unbesetzt. Im Parlament sind folgende Fraktionen und Gruppen vertreten (mit Angabe der Zahl der Sitze):

Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)

142

Volksfront (Narodny Front)

81

Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)

43

Selbsthilfe (Samopomitsch)

26

Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)

20

Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)

20

Gruppe Wolja Narodu

19

Gruppe Widrodshennja

24

Fraktionslose Abgeordnete

48

(AA 2.2017a)

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt seither mit unterschiedlichen Koalitionen eine europafreundliche Reformpolitik. Zu den Schwerpunkten des Regierungsprogramms gehören die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassung- und Justizreform. Die Parteienlandschaft ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Die Regierung Hrojsman, die seit April 2016 im Amt ist, setzt den euroatlantischen Integrationskurs der Vorgängerregierung unter Arseni Jazenjuk fort und hat trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen und zum Teil großer Widerstände wichtige Reformen erfolgreich durchführen können. Gleichwohl sind die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen bei weitem nicht befriedigt (AA 7.2.2017).

Die Präsidentenwahlen des Jahres 2014 werden von internationalen und nationalen Beobachtern als frei und fair eingestuft (USDOS 3.3.2017a).

Ukrainische Bürger können seit 11. Juni 2017 ohne Visum bis zu 90 Tage in die Europäische Union reisen, wenn sie einen biometrischen Pass mit gespeichertem Fingerabdruck besitzen. Eine Arbeitserlaubnis ist damit nicht verbunden. Die Visabefreiung gilt für alle EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens und Irlands (DS 11.6.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Ukraine, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Ukraine_node.html, Zugriff 31.5.2017

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DS - Der Standard (11.6.2017): Ukrainer feierten Aufhebung der Visapflicht für die EU,

http://derstandard.at/2000059097595/Ukrainer-feierten-Aufhebung-der-Visapflicht-fuer-die-EU, Zugriff 19.6.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 31.5.2017

Sicherheitslage

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch vom mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang am 07.06.2014 direkt zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Diese Politik hat zu einer Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren geführt, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und seit Frühjahr 2014 separatistische "Volksrepubliken" im Osten der Ukraine unterstützt (AA 7.2.2017).

Die ukrainische Regierung steht für einen klaren Europa-Kurs der Ukraine und ein enges Verhältnis zu den USA. Das 2014 von der Ukraine unterzeichnete und ratifizierte Assoziierungsabkommen mit der EU ist zum Jahresbeginn 2016 in Kraft getreten und bildet die Grundlage der Beziehungen der Ukraine zur EU. Es sieht neben der gegenseitigen Marktöffnung die Übernahme rechtlicher und wirtschaftlicher EU-Standards durch die Ukraine vor. Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützt bis heute die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine (AA 2.2017c).

Die sogenannten "Freiwilligen-Bataillone" nehmen offiziell an der "Anti-Terror-Operation" der ukrainischen Streitkräfte teil. Sie sind nunmehr alle in die Nationalgarde eingegliedert und damit dem ukrainischen Innenministerium unterstellt. Offiziell werden sie nicht mehr an der Kontaktlinie eingesetzt, sondern ausschließlich zur Sicherung rückwärtiger Gebiete. Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hatte zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, eventuell auch zu extralegalen Tötungen. Diese Menschenrechtsverletzungen sind Gegenstand von allerdings teilweise schleppend verlaufenden Strafverfahren. Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU bestreitet, trotz anderslautender Erkenntnisse von UNHCHR, Personen in der Konfliktregion unbekannten Orts festzuhalten und verweist auf seine gesetzlichen Ermittlungszuständigkeiten. In mindestens einem Fall haben die Strafverfolgungsbehörden bisher Ermittlung wegen illegaler Haft gegen Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden aufgenommen (AA 7.2.2017).

Seit Ausbruch des Konflikts im Osten der Ukraine in den Regionen Lugansk und Donezk im April 2014 zählte das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte der UN (OHCHR) 33.146 Opfer des Konflikts, davon

9.900 getötete und 23.246 verwundete Personen (inkl. Militär, Zivilbevölkerung und bewaffnete Gruppen). Der Konflikt wird von ausländischen Kämpfern und Waffen, die nach verschiedenen Angaben aus der Russischen Föderation in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete (NGCA) gebracht werden, angeheizt. Zudem gibt es eine massive Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur in den Konfliktgebieten. Auch Schulen und medizinische Einrichtungen sind betroffen. Zuweilen ist vielerorts die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen, ohne die im Winter auch nicht geheizt werden kann. Der bewaffnete Konflikt stellt einen Bruch des Internationalen Humanitären Rechts und der Menschenrechte dar. Der Konflikt wirkt sich auf die ganze Ukraine aus, da es viele Kriegsrückkehrern (vor allem Männer) gibt und die Zahl der Binnenflüchtlinge (IDPs) hoch ist. Viele Menschen haben Angehörige, die getötet oder entführt wurden oder weiterhin verschwunden sind. Laut der Special Monitoring Mission der OSZE sind täglich eine hohe Anzahl an Brüchen der Waffenruhe, die in den Minsker Abkommen vereinbart wurde, zu verzeichnen (ÖB 4.2017).

Russland kontrolliert das Gewaltniveau in der Ostukraine und intensiviert den Konflikt, wenn es russischen Interessen dient (USDOS 3.3.2017a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (2.2017b): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.5.2017

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AA - Auswärtiges Amt (2.2017c): Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 31.5.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft Kiew (4.2017): Asylländerbericht Ukraine

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USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 12.7.2017

Halbinsel Krim

Die Halbinsel Krim wurde 2014 von der Russischen Föderation besetzt. Das "Referendum" über den Anschluss an Russland, welches auf der Krim durchgeführt wurde, wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für ungültig erklärt. Die Resolution 71/205 der Generalversammlung der UN bezeichnet die Russische Föderation als Okkupationsmacht auf der Krim. Seit 2014 sind konstant Menschenrechtsverletzungen seitens der Machthaber zu beobachten:

Gefangene legen Geständnisse ab, die durch Misshandlung und Folter erreicht wurden. Individuen bestimmter Gruppen werden in psychiatrische geschlossene Anstalten zwangseingewiesen. Anwälte können nicht uneingeschränkt ihrer Arbeit nachgehen. Menschen, die keinen russischen Pass haben, wird der Zugang zu staatlichen Dienstleistungen verwehrt. Weiters bestehen Diskriminierungen aufgrund von sexueller Orientierung und Genderidentität. Menschen mit anderer politischer Meinung werden verhaftet und unter Bezugnahme auf russische "Anti-Terror"-Gesetze zu Haftstrafen verurteilt. Auch werden Individuen entführt oder verschwinden plötzlich. Wenige bis keine dieser Fälle werden ausreichend investigativ und juristisch verfolgt. Besonders die ethnische Gruppe der Krimtataren, aber auch Ukrainer anderer ethnischer oder religiöser Gruppen, sind von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Der Mejlis, die krimtatarische gewählte Versammlung zur Repräsentation der Krimtataren, wurde am 18. April 2016 durch die lokalen Behörden suspendiert und am 26. April vom Russischen Obersten Gerichtshof als "extremistisch" eingestuft und verboten. Menschenrechtsorganisationen sowie Journalisten haben keinen uneingeschränkten Zugang zur Krim. Bestimmte Webseiten werden blockiert und unabhängige Medien mussten auf das ukrainische Festland übersiedeln. Die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird massiv eingeschränkt. Am 7. März 2016 wurden in Simferopol alle öffentlichen Versammlungen verboten, die nicht von den Machthabern organisiert wurden (ÖB 4.2017).

Auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben. Auf der Krim werden seit der völkerrechtswidrigen Annexion durch Russland im März 2014 staatliche Aufgaben von russischen Behörden ausgeübt. Die Einwohner wurden pauschal eingebürgert, es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Einwohner der Krim, die ihr Widerspruchsrecht nutzten haben damit u.

a. den Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung verloren. Die Minderheit der Krimtataren unterliegt erheblichen Restriktionen. Besorgniserregend sind weiterhin Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit verschwinden, nicht mehr auf die Krim reisen dürfen bzw. vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Die gewählte Versammlung der Krimtataren, das Selbstverwaltungsorgan Medschlis, wird von den de-facto-Behörden als terroristische Vereinigung eingestuft, seine Mitglieder werden verfolgt. Versuche, die tatarische Minderheit in eine den de-facto-Behörden willfährige Parallelstruktur einzubinden, blieben bisher ohne nennenswerten Erfolg. Medien stehen unter Druck, eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr. Dem unabhängigen Fernsehsender der Tataren ATR wurde die Lizenz entzogen; er hat seinen Sitz nach Kiew verlegt. Seine Sendungen können auf der Krim nur noch im Internet und dort sehr eingeschränkt verfolgt werden. Auch jüngste Berichte von UNHCR sowie Amnesty International listen eine Reihe von Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf der Krim auf, die von einer Einschränkung des Versammlungsrechts über willkürliche Verhaftungen bis hin zu Entführungen, Folter und Ermordung reicht. Versuche der Vereinten Nationen, der OSZE oder des Europarats eine kontinuierliche Beobachtung der Menschenrechtssituation auf der Krim vorzunehmen, sind bisher gescheitert (AA 7.2.2017).

Auf der Halbinsel Krim sind Dissidenten das Ziel systematischen Missbrauchs und der Verfolgung durch die russischen Behörden. Es gibt Berichte über Fälle von Verschwindenlassen. Internationalen und nationalen Menschenrechtsbeobachtern wird die Einreise auf die Krim verweigert. Wenn Gruppen versuchen dort tätig zu werden, werden sie zum Ziel erheblicher Drangsale und Einschüchterung (USDOS 3.3.2017a).

Im Feber 2014 besetzten russische Truppen die Halbinsel Krim militärisch. Im März wurde die Krim nach einem Scheinreferendum schließlich annektiert und zum Teil der Russischen Föderation erklärt. Die Vereinten Nationen verurteilten diesen Schritt und riefen Staaten und internationale Organisation auf, dies nicht anzuerkennen. Auf der Krim gilt seither de facto russisches Recht, es wurde eine russische Regierung installiert. Die russischen Sicherheitsbehörden konsolidieren ihre Kontrolle der Halbinsel weiterhin und beschränken die Menschenrechte durch unverhältnismäßige Anwendung repressiver russischer Gesetze. Abweichende und Meinungen und Opposition zur Annexion der Krim werden von den russischen Behörden durch Einschüchterung unterdrückt. Dazu gehören Entführungen, Verschwindenlassen, Misshandlung, politische Prozesse, wiederholte grundlose Vorladungen durch die Sicherheitsbehörden, gegenstandslose Festnahmen, usw. Bestimmte Gruppen, vor allem ethnische Ukrainer und Krimtataren werden systematisch diskriminiert und ihre Menschenrechte eingeschränkt. Der Selbstverwaltungskörper der krimtatarischen Minderheit, der demokratisch gewählte Mejlis, wurde als extremistische Organisation verboten. Personen, welche die Annahme der russischen Staatsbürgerschaft verweigern, werden beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Arbeitsmarkt diskriminiert. Es gibt auch Eingriffe in die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit, speziell durch Behinderung bei der Pflege des kulturellen Erbes und durch Einschränkung des Zugangs zu Unterricht in ukrainischer und krimtatarischer Sprache. Die Medienfreiheit auf der Krim wird ebenfalls eingeschränkt, unabhängige Medien gibt es nicht mehr. Die wenigen verbleibenden unabhängigen bzw. kritischen Journalisten wurden eingesperrt und wegen Extremismus angeklagt. Es kommt zu politischer Einmischung in gerichtliche Verfahren, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Diskriminierung ethnischer und sexueller Minderheiten. Tausende Personen flüchteten als Binnenvertriebene in die Ukraine. Bei den russischen Behörden auf der Krim herrscht betreffend Menschenrechtsverletzungen ein Klima der Straf

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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