Entscheidungsdatum
08.10.2019Norm
B-VG Art. 130 Abs1 Z1Spruch
W122 2211848-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Vorsitzender und Dr. Albert SLAMANIG sowie Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Beisitzer über die Beschwerde von Richter XXXX , in XXXX , gegen die Erledigung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien vom 10.10.2018, Zl. VGW-PR-895/2018-7, nach Einbringung eines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung, vom 10.12.2018, Zl. VGW-PR-895/2018-12 beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird zurückgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung wird bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Antrag des Beschwerdeführers vom 04.10.2018 an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Geschäftsverteilungs-Ausschusses des Verwaltungsgerichts Wien beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung der Unzuständigkeit zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen genannten Spruchpunkt eines genannten Bescheides.
2. Mit dem hier bekämpften Schreiben vom 10.10.2018 teilte der Präsident des Verwaltungsgerichts Wien unter dem Betreff "Antrag auf Feststellung der Unzuständigkeit der Geschäftsabteilung XXXX zur
Entscheidung über die Beschwerde der ...... gegen den Spruchpunkt II
der Bescheidausfertigung des Magistrats der Stadt Wien ......" dem
Beschwerdeführer mit, dass entgegen dessen Meinung ein Feststellungsbeschluss des Präsidenten nicht zu erlassen sei.
3. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde vom 29.10.2018 erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, nur im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des § 7 Abs. 2 iVm § 18 des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG) und der rechtzeitig beschlossenen und ordnungsgemäß kundgemachten Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts Wien als Richter mit der Behandlung von Geschäftssachen betraut werden zu dürfen und nur im Fall einer rechtmäßigen Zuteilung in der Geschäftssache zu einer bestimmten Geschäftszahl der Gerichtsabteilung XXXX zur Behandlung dieser Geschäftssache verpflichtet werden zu dürfen.
Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass der Präsident des Landesverwaltungsgerichtes entgegen der Geschäftsverteilung durch Weisung an das Protokoll in die Zuweisung eines Aktes eingegriffen habe, für den sich der Beschwerdeführer als unzuständig erachtet hatte.
Zur Zulässigkeit führte der Beschwerdeführer aus, dass die Erledigung im Rahmen der kollegialen Justizverwaltung ergangen sei und als Beschluss einzustufen wäre. Im Hinblick auf eine "nicht gänzlich auszuschließende Qualifizierung" als Beschluss im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung brachte der Beschwerdeführer zusätzlich zu einer Revision auch das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Der Beschwerdeführer beantragte, das Verwaltungsgericht möge, "den angefochtenen Bescheid" wegen Rechtswidrigkeit infolge Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen gleichzeitiger Unzuständigkeit des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien als monokratisches Vollzugsorgan der monokratischen Justizverwaltung ersatzlos beheben; in eventu feststellen, dass die gegenständliche Entscheidung absolut nichtig sei.
Unter einem regte der Beschwerdeführer an, das Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die gegen dieselbe Erledigung eingebrachte Revision auszusetzen, da der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Bindungswirkung zukäme.
4. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2018, Ro 2018/03/0049-4 wurde die Revision des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Begründend angeführt wurde dabei im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer nicht in einem subjektiven - öffentlichen Recht verletzt sein könne. Es bestünde kein Anhaltspunkt dafür, dass ihm selbst als Richter im Zusammenhang mit seiner Prüfung der geschäftsverteilungskonformen Gerichtszuständigkeit ein solches Recht auf Handhabung einer der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Aufteilung der richterlichen Geschäfte zustehe. Die Rechtsform der bekämpften Erledigung wurde nicht weiter erörtert.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.12.2018 wies der Präsident des Verwaltungsgerichts Wien als Dienstbehörde die Beschwerde zurück. Begründend angeführt wurde, dass kein anfechtbarer Rechtsakt, insbesondere kein Bescheid vorliege. Bescheidqualität komme nur normativen Akten zu. Es wäre keine Verletzung des Beschwerdeführers in subjektiven Rechten möglich, da bei einer erfolgreichen Unzuständigkeitseinrede aufgrund einer irrtümlichen Zuteilung einer Rechtssache entgegen der Geschäftsverteilung der betroffenen Gerichtsabteilung stattdessen zum Ausgleich der Arbeitsbelastung eine andere Rechtssache nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts Wien zuzuweisen gewesen sei.
Die Pflicht, die eigene Unzuständigkeit aufzugreifen obliege lediglich dem Verwaltungsgericht als solches (Verwaltungsgerichtshof, 18.12.2015, Ko 2015/03/0001; 28.08.2012, 2012/21/0092) und nicht den einzelnen Gerichtsabteilungen oder Organwaltern. Die Grundrechtskonformität einer Entscheidung könne lediglich von den Parteien im gerichtlichen Instanzenzug geltend gemacht werden. Das Argument des Beschwerdeführers, zu einer verfassungswidrigen Entscheidung gezwungen zu sein, ginge ins Leere.
6. Mit Vorlageantrag vom 17.12.2018 beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Behebung des "gegenständlich angefochtenen Bescheids" durch die nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts Wien zuständige Richterin bzw. den zuständigen Richter des Verwaltungsgerichts Wien in Hinblick auf die am 15.12.2018 dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellte und auf § 14 VwGVG gegründete Beschwerdevorentscheidung des als Behörde im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung entschieden habenden Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien.
Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er am 02.10.2018 beim Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien einen förmlichen und schriftlichen Antrag eingebracht habe. Es würde sich um den Antrag auf Erlassung einer Feststellungsentscheidung hinsichtlich einer Unzuständigkeit handeln. Aufgrund dieses Antrags sei das dem Beschwerdeführer nach dem Zustellgesetz zugestellte Schreiben vom 10.10.2018 ergangen. Deshalb würde es sich dabei um einen Hoheitsakt handeln. Der Präsident hätte die Anfrage des Beschwerdeführers förmlich durch Bescheid zurückweisen müssen, wenn dieser den Standpunkt vertreten hätte, dass der Beschwerdeführer kein Recht habe, zu erfahren, ob der Beschwerdeführer für eine Entscheidung zuständig wäre oder nicht. Der Präsident als Behörde habe das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden gehabt. Ein förmlich angerufenes Vollzugsorgan habe einen Antrag in förmlicher Weise abzusprechen auch wenn der Antragsteller kein Recht auf eine inhaltliche Entscheidung habe. Diesfalls habe der Antrag durch Bescheid oder Beschluss abgewiesen zu werden.
Bei dieser Rechtsansicht hätte der Präsident den gegenständlichen Antrag zurückweisen müssen. In der Folge zitierte der Beschwerdeführer zahlreiche Judikate und Literaturstellen zum Thema Prozess- und Sachlegitimation.
Den Zurückweisungsbescheid habe der Präsident damit zu begründen gehabt, dass der Beschwerdeführer keine Parteistellung im Hinblick auf die Frage, ob und bejahendenfalls welche Geschäftssachen von diesem zu erledigen seien, habe. Daraus folgend wäre auch klarzustellen gewesen, dass der Beschwerdeführer auch kein Recht habe zu erfahren, welche Zuteilungsweisungen und Zuteilungsanordnungen der Präsident an das Protokoll in Angelegenheit der Geschäftssachen Zuweisung an die Geschäftsabteilung des Beschwerdeführers getätigt habe, geschweige denn aufgrund welcher Rechtsgrundlage dieser solche Zuteilungsweisungen und Zuteilungsanordnungen an das Protokoll erteilt habe.
Der Präsident sei nicht "auf die Idee gekommen", dass der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf Erlassung einer Feststellungsentscheidung auf das im durch die Geschäftsordnung bzw. -verteilung eingeräumte Recht der Geltendmachung seiner Unzuständigkeit habe.
In Anbetracht eines rechtlichen Zusammenhangs, dem Betreff im bekämpften Schreiben vom 10.10.2018, laut welchem durch dieses ausdrücklich der Antrag des Beschwerdeführers behandelt werde, der den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden meritorischen Erledigung des Antrags durch dieses Schreiben vom 10.10.2018, wie auch des Umstands, dass dieses Schreiben mit einer hoheitlichen Geschäftszahl versehen wäre und zudem im hoheitlichen Wege nach dem Zustellgesetz zugestellt worden wäre, wäre evident, dass dieses Schreiben als meritorische hoheitliche "Erleidung" und daher als Zurückweisungsentscheidung zu werten wäre, und dass dieses Schreiben schon gar nicht als bloß informelle, keinerlei Rechtswirkungen auslösende Meinungsbekanntgabe des Präsidenten einzustufen wäre.
Die Geschäftssache sei dem Beschwerdeführer dauerhaft durch das Protokoll zugeordnet und er habe im Falle der Nichterledigung sowohl strafrechtliche, dienstrechtliche und disziplinarrechtliche und Organhaftungsrechtliche Konsequenzen zu befürchten.
Daher komme dem gegenständlichen Schreiben zwingend eine Verbindlichkeit und eine Verpflichtungswirkung für den Beschwerdeführer zu. Wäre dieses Schreiben kein bekämpfbarer Bescheid oder Beschluss, würde es sich nur mehr um eine schriftliche Weisung des Dienststellenleiters an den "untergebenen Mitarbeiter" handeln.
Da der Beschwerdeführer ein unabhängiger Richter sei und es sich um eine Angelegenheit des "Judikizums" des Beschwerdeführers handle, komme dem Präsidenten ein solches Weisungsrecht in dieser Angelegenheit nicht zu.
Da im Zweifel Rechtsakte nicht gesetzwidrig oder verfassungswidrig auszulegen seien, scheide die Auslegung des Schreibens als bloße schriftliche Weisung des Präsidenten an den untergeordneten Mitarbeiter aus. Die Einstufung als Weisung würde mit den Vorgaben der Rechtsordnung wie auf dem äußeren Anschein des Schreibens nicht vereinbar sein.
In der Folge interpretierte der Beschwerdeführer die Rechtsauffassung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien hinsichtlich subjektives öffentliches Recht zur meritorischen Erledigung und hinsichtlich Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen.
Das Anbringen des Beschwerdeführers habe sich auf die Feststellung seiner richterlichen Unzuständigkeit bezogen. Der Beschwerdeführer verwies auf einen von ihm eingebrachten Antrag nach "§ 6 EMRK", zudem er befugt und verpflichtet wäre.
Die Ansicht des Präsidenten könne nur so ausgelegt werden, dass auch eine Unzuständigkeitseinrede als ein Antrag zu bewerten wäre, welcher (wie im Falle eines unbestimmten Antrags gemäß § 13 Abs. 6 AVG) keinerlei Handlungspflichten des Gerichts auslöse. Wenn die Geschäftsverteilung aufgrund einer Unzuständigkeitseinrede den Gerichtsorganen konkrete Handlungspflichten und Zuständigkeiten zuweise, wären diese Handlungspflichten und Zuständigkeiten Pflichten und Zuständigkeiten sui generis. "Als Pflichten und Zuständigkeiten sui generis" wäre kein Gerichtsorgan, insbesondere kein Richter, durch dessen Unzuständigkeitseinrede diese Pflichten und Zuständigkeiten ausgelöst seien befugt, Auskunft über die aufgrund der Unzuständigkeitseinrede gesetzten Rechtsakte zu erlangen und noch viel weniger impliziere solch eine Unzuständigkeitseinrede die Verpflichtung, einen förmlichen auf die Frage, ob eine Geschäftssache der Geschäftsabteilung des anfragenden Richters zugewiesen worden wäre, gerichteten Antrag im Sinne des § 13 AVG zu behandeln.
Nur unter der Annahme, dass der Präsident in Angelegenheiten der kollegialen Justizverwaltung befugt wäre, einen Antrag eines Richters welcher eine Unzuständigkeitseinrede gestellt hat, und welcher zudem zu dieser Unzuständigkeitseinrede auch befugt wäre, als nullum und daher als niemals eingebracht oder gestellt einzustufen, erscheine es vertretbar, dass die Vorgabe des § 13 Abs. 6 AVG für den Präsidenten im gegenständlichen Verfahren (daher im Hinblick auf den Antrag des Beschwerdeführers) nicht gegolten habe.
Es falle auf, dass diese Auslegung des § 13 Abs. 6 AVG noch niemand vertreten habe. Diese Ansicht stelle nach Ansicht des Beschwerdeführers eine Verletzung des "§ 6 Abs. 1 EMRK", des Art. 83 Abs. 4 B-VG wie auch des Art. 7 B-VG dar.
Die Rechtsmeinung des Präsidenten würde die Prämisse vertreten, wonach ein hoheitlicher Rechtsakt nicht Teil der Rechtsordnung geworden wäre.
Die Rechtsmeinung des Präsidenten setze weiters voraus, dass eine Unzuständigkeitseinrede keinerlei rechtliche Relevanz habe und keine Pflichten für gerichtliche Vollzugsorgane und damit auch keine Rechte des die Unzuständigkeitseinrede eingebracht habenden Richters auslöse. In der Folge erachtet der Beschwerdeführer solch eine Rechtsansicht, welche die grundlegenden Garantien der richterlichen Unabhängigkeit und der richterlichen Gremien durch die Hintertür ausschalte, als "geradezu wie in einer Diktatur".
Zum Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2018, Ro 2018/03/0049 führte der Beschwerdeführer ins Treffen, dass dieser die Existenz eines Bescheides oder Beschlusses voraussetze.
Der Gerichtshof habe zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung des Präsidenten vom 10.10.2018 von diesem im Rahmen seiner Organstellung im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung erlassen worden wäre. Damit wäre die Erledigung vom 10.10.2018 nur mit Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Wien bekämpfbar, was gegenständlich erfolge.
Der Präsident des Landesverwaltungsgerichts habe als Behördenleiter durch mündliche Weisung das Protokoll verpflichtet, die Unzuständigkeitseinreden des Beschwerdeführers nicht zu beachten und die Vorgabe der Geschäftsverteilung zur Neuzuteilung der Geschäftssache nicht zu vollziehen, die vom Beschwerdeführer in der Unzuständigkeitseinrede angesprochenen Geschäftssachen dem Beschwerdeführer abzunehmen und diese Geschäftssachen zu löschen, sowie diese Geschäftssachen im Sinne der Geschäftsverteilung als verspäteten Neueingang zu bewerten, und nunmehr nicht mehr als eine Geschäftssache im Sinne der Geschäftsverteilung einzustufen, sondern als eine Ergänzung zu einer bereits eingegangenen Geschäftssache Sinne der Geschäftsverteilung dieser Geschäftssache zuzuschlagen.
Der Präsident des Landesverwaltungsgerichts habe den Beschwerdeführer von seinen Rechtsakten nicht in Kenntnis gesetzt, sodass der Beschwerdeführer nur durch Zufall Kenntnis erlangt habe. Der Präsident habe dem Beschwerdeführer keinerlei Rechtsstellung im Hinblick auf seine Unzuständigkeitseinrede zuerkannt und dessen Unzuständigkeitseinrede als irrelevant und keinerlei Verpflichtungen und Rechte auslösend eingestuft.
Der Präsident habe damit, ohne dazu befugt zu sein, eine bereits zugeteilte Geschäftssache dem Beschwerdeführer, dem diese Rechtssache zugeteilt worden sei, wieder abgenommen und zudem die Geschäftsverteilung eigenmächtig und ohne ordnungsgemäße Kundmachung außer Kraft gesetzt. Nach der Geschäftsverteilung habe aufgrund der Unzuständigkeitseinrede des Beschwerdeführers die Geschäftssache neu zugeteilt werden müssen. Eine Zuweisung habe nach den Regeln der Geschäftsverteilung und nicht aufgrund "der willkürlichen Bestrafungsweisung des Präsidenten" entgegen den Zuteilungsregelungen zu erfolgen. Es habe sich um eine eigenständige Geschäftssache im Sinne der Begrifflichkeit der Geschäftsordnung, für welche eine eigene Zahl zu vergeben gewesen wäre, gehandelt.
7. Mit Schreiben vom 18.12.2018 legte der Präsident des Landesveraltungsgerichtes Wien den Vorlageantrag unter Anschluss der Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht als Richter des Landesverwaltungsgerichts in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien und beantragte nach Unzuständigkeitseinrede und Neuzuweisung die Feststellung der Unzuständigkeit der Geschäftsabteilung XXXX zur Entscheidung über die Beschwerde gegen einen genannten Spruchpunkt einer genannten Bescheidausfertigung des Magistrats der Stadt Wien.
Mit der nunmehr gegenständlichen Erledigung wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er zuständig sei und warum er zuständig sei, eine bestimmte Angelegenheit zu erledigen. Es handle sich um Kopien eines einzigen Verfahrens, in dem nur ein Bescheid erlassen und gegen den nur eine Beschwerde erhoben worden sei. Diese sei laut der Geschäftsverteilung als einzige Sache zuzuweisen.
Der Beschwerdeführer wurde darüber informiert, dass sein von ihm an das Landesverwaltungsgericht gestellter Vorlageantrag an das zuständige Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung weitergeleitet wurde.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt wurde von den Verfahrensparteien nicht in Frage gestellt. Die Ausführungen des Beschwerdeführers beziehen sich lediglich auf rechtliche Erwägungen. Seine Argumentation beruht im Wesentlichen darauf, dass er berechtigt sei, aus einer Kopie eines Bescheides und einer Beschwerde ein zweites Verfahren eröffnen zu lassen. Ein Einstieg in die Prüfung, ob die aufgrund eines separaten Spruchpunktes von ihm getrennte Beschwerdeangelegenheit vor dem Landesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer zu Recht erneut zugeteilt wurde, hatte infolge des hier gegenständlichen Informationsschreiben jedoch nicht zu erfolgen. Dieses Schreiben wurde lediglich vom Beschwerdeführer in eventu als Bescheid angesehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gem. § 4a Abs. 3 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide der Präsidentin oder des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Wien in dienstrechtlichen Angelegenheiten der Mitglieder durch einen Senat.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde aufgrund des § 4a VGW-DRG erlassen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da lediglich eine in dieser Angelegenheit inhaltlich bereits gelöste Rechtsfrage aufgeworfen wurde.
Zu A)
Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lautet auszugsweise:
"Artikel 130 (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
...
(2) Durch Bundes- oder Landesgesetz können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über
1. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze oder
2. Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens oder
3. Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten oder
4. Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten
vorgesehen werden.
"Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die - außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde - an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung.
Das bedeutet im Einzelnen - für die wichtigsten in Betracht kommenden Fallkonstellationen - Folgendes:
Ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid nicht berechtigt, so ist sie vom Verwaltungsgericht abzuweisen; eine Beschwerdevorentscheidung, die ebenfalls - allenfalls mit einer ergänzenden Begründung - in einer Abweisung bestanden hat, ist zu bestätigen (wobei ein dies aussprechendes Erkenntnis - auch dann, wenn der Spruch der Beschwerdevorentscheidung nicht wiederholt wird - so zu werten ist, als ob das Verwaltungsgericht ein mit der Beschwerdevorentscheidung übereinstimmendes neues Erkenntnis erlassen habe; vgl. zu dieser Wirkung von bestätigenden Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2015, E 1286/2014, sowie die hg. Erkenntnisse vom 24. März 2015, Ro 2014/15/0042, und vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032), im Fall einer zu Gunsten des Beschwerdeführers abändernden oder aufhebenden Beschwerdevorentscheidung ist - durch Erlassung des an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tretenden Erkenntnisses - in der Regel der Spruch des Ausgangsbescheides wiederherzustellen (es sei denn, es wäre bezogen auf den Ausgangsbescheid eine Verschlechterung zu Lasten des Beschwerdeführers (reformatio in peius) rechtlich geboten).
Ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid (teilweise) berechtigt, so ist ihr vom Verwaltungsgericht (teilweise) stattzugeben; eine Beschwerdevorentscheidung, die der Beschwerde ebenfalls im gebotenen Umfang stattgegeben hat und den Ausgangsbescheid - im Rahmen des durch die Beschwerde abgesteckten Verfahrensgegenstandes - rechtskonform abgeändert oder behoben hat, ist (im oben genannten Sinn) zu bestätigen, eine rechtswidrige - den Ausgangsbescheid entweder bestätigende oder in rechtswidriger (etwa nicht weit genug gehender) Weise abändernde - Beschwerdevorentscheidung ist ihrerseits abzuändern (das heißt: durch ein rechtmäßiges Erkenntnis zu ersetzen) oder gegebenenfalls - wenn eine Entscheidung in der betreffenden Sache gar nicht habe ergehen dürfen - ersatzlos zu beheben.
Will das Verwaltungsgericht die Sache an die Behörde zurückverweisen, so ist die in der Sache ergangene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz oder Abs. 4 VwGVG aufzuheben.
Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (siehe zum insoweit vergleichbaren Vorlageantrag nach § 30b VwGG etwa den hg. Beschluss vom 26. Juni 2014, Ro 2014/10/0068); dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird, selbst wenn die Behörde die Unzulässigkeit der Beschwerde nicht wahrgenommen und eine meritorische - den Ausgangsbescheid aufhebende oder abändernde - Beschwerdevorentscheidung erlassen haben sollte.
Ist die Beschwerde zulässig, wurde sie mit der Beschwerdevorentscheidung aber zurückgewiesen, so hat das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern), wobei seine Entscheidung auch hier an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, ohne dass diese explizit behoben werden muss." (Verwaltungsgerichtshof, 17.12.2015, Ro 2015/08/0026)
Der Grundsatz, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheids tritt, gilt in den Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung nicht (Verwaltungsgerichtshof, 25.04.2018, Ra 2017/09/0033, 14.09.2016, Ra 2015/08/0145).
"Der dem Art. 87 Abs. 3 B-VG nachgebildete Art. 135 Abs. 3 B-VG statuiert auch für die VwG den ‚Grundsatz der festen Geschäftsverteilung'. Dieser Grundsatz gilt für die Aufteilung der von den VwG zu besorgenden Geschäfte ‚auf die Einzelrichter und Senate' (Art. 135 Abs. 2 B-VG). Er steht (u.a.) auch im engen Zusammenhang mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter iSd Art. 83 Abs. 2 B-VG (VwGH 29.6.2017, Ra 2017/21/0032; OGH 18.2.2015, 3 Ob 188/14i). ... Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ihm [dem Beschwerdeführer] selbst als Richter im Zusammenhang mit seiner Prüfung der geschäftsverteilungskonformen Gerichtszuständigkeit ein solches Recht auf Handhabung einer der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Aufteilung der richterlichen Geschäfte zusteht." (Verwaltungsgerichtshof, 21.11.2018, Ro 2018/03/0049-4)
1. Dem Beschwerdeführer wird insoweit gefolgt, als sich das Bundesverwaltungsgericht an die Begründung des in dieser Sache bereits ergangenen Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes gebunden erachtet. Aus der Begründung geht zweifelsfrei hervor, dass das vom Beschwerdeführer behauptete subjektive Recht auf Prüfung seiner Zuständigkeit, eine bestimmte Angelegenheit erledigen zu müssen, nicht besteht.
Bereits aufgrund dieser Verneinung eines subjektiven Rechtes des Richters auf separate Prüfung der Geschäftsverteilungskonformität bzw. seiner Gerichtszuständigkeit, wäre dem Beschwerdeführer keine Folge zu geben.
3. Für die hier jedoch auch zu relevierende Frage, ob die Beschwerde zurück- oder abzuweisen ist, muss geklärt werden, ob es sich bei der gegenständlichen Erledigung, mit der der Präsident des Landesverwaltungsgerichts dem Beschwerdeführer mitteilt, warum er zuständig ist, eine bestimmte Angelegenheit zu erledigen, um einen Bescheid, einen Beschluss oder ein bloß informatives Schreiben handelt.
Der Verfassungsgerichtshof wertet Akte der Durchführung der Geschäftsverteilung als richterliche Akte. Eine Beschwerde wäre nur gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden zulässig, die Festlegung der Geschäftsverteilung bei einem Gerichtshof und ihre Durchführung sind hingegen richterliche Akte (vgl. Slg. Nr. 2422, Erk. 16.10.1952, B100/52).
Wenn der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Fall jedoch anführt, dass das Verwaltungsgericht und seine Organwalter bezüglich der Prüfung der gerichtlichen Zuständigkeit nicht über subjektiv-öffentliche Rechte sondern über behördliche Zuständigkeiten verfügen (vgl. Rz 6 letzter Satz des angeführten Beschlusses vom 21.11.2018), liegt es nahe, dass es sich nicht um einen richterlichen Akt gehandelt haben kann.
Da die gegenständliche Erledigung jedoch weder ein Recht festlegt noch ein solches feststellt, sondern erläutert, warum in einem anderen Akt dem Beschwerdeführer eine bestimmte Angelegenheit zugewiesen wurde, kann bei dieser Erledigung weder von einem richterlichen Beschluss noch von einem behördlichen Bescheid ausgegangen werden.
Die in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Argumente, wonach bloße Mitteilungen (arg. "... teile ich Ihnen mit, dass ...") mangels rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhalts keine Bescheide sind, die Korrektur einer irrtümlichen Zuteilung keine Abnahme darstellt, die Pflicht, die eigene Unzuständigkeit aufzugreifen sich nicht auf den Richter sondern lediglich auf das Verwaltungsgericht als solches bezieht und die Geltendmachung einer Unzuständigkeit lediglich im Instanzenzug über die unzuständigerweise getroffene Entscheidung aufgegriffen werden kann, sind hinreichend höchstgerichtlich belegt (Verwaltungsgerichtshof, 24.03.2004, 2003/09/0153; 11.12.2009, 2009/17/0221; 29.06.2017, Ra 2017/21/0032; 26.04.2017, Ra 2016/19/0221; 18.12.2015, Ko 2015/03/0001; 28.08.2012, 2012/21/0092; Verfassungsgerichtshof 20.06.2018, E 1273/2018; OGH 18.02.2015, 3 Ob 188/14i; OGH 25.06.2015, 8 Ob 109/14h). Dies lässt die Argumentationslinie des Beschwerdeführers wonach jegliches Verwaltungshandeln nach dem AVG erfolgen müsse und alles andere eine Aushöhlung richterlicher Unabhängigkeit wäre, als nicht nachvollziehbar erscheinen. Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass es Akte bloßer Ermittlungs- oder Informationstätigkeit gibt, die keiner konkreten Verfahrensnorm zugeordnet werden müssen.
Bei der gegenständlichen Erledigung, die vom Beschwerdeführer zunächst als (richterliche) Entscheidung und nach erfolglosem Rechtsmittel als Bescheid eingestuft wurde, handelt es sich um ein bloßes Informationsschreiben, welches zu Recht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens und eines gerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Das Vergeben einer Geschäftszahl indiziert lediglich, dass die Erledigung protokolliert und registriert wurde. Der vom Beschwerdeführer versuchte Schluss, aus der Geschäftszahl eine meritorische Erledigung abzuleiten, kann ebenso wenig nachvollzogen werden, wie aus der begründeten Korrektur einer fehlerhaften Zuteilung, einen Akt des Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit zu vermuten.
Die bereits in der Beschwerdevorentscheidung getroffene Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides erfolgte daher zu Recht und war zu bestätigen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Revision wird nicht zugelassen, da der Verwaltungsgerichtshof in dieser Angelegenheit bereits inhaltlich entschieden hat und der Beschwerdeführer keine subjektiven Rechte begründen konnte. Ein bloß informatives Schreiben ist eindeutig nicht beschwerdefähig im formellen Sinn. Die oben angeführte Judikatur ist hinsichtlich dieser Fragen eindeutig. Insoweit hinsichtlich der Trennung von richterlicher und behördlicher Tätigkeit zwischen dem Verwaltungsgerichtshof (21.11.2018, Ro 2018/03/0049) und dem Verfassungsgerichtshof (16.10.1952, B100/52) eine Divergenz zu bestehen scheint, ist diese mangels Gegenständlichkeit eines Rechtsaktes nicht von Relevanz. Außerdem wäre diese Divergenz durch eine Unterscheidung zwischen "Durchführung der Geschäftsverteilung" und "Überprüfung der Zuständigkeit" aufzulösen.
Schlagworte
Bescheidcharakter, Beschwerdevorentscheidung, Bindungswirkung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W122.2211848.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020