Entscheidungsdatum
16.10.2019Norm
AVG §39 Abs1Spruch
L527 2222091-1/4E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des Revisors des Oberlandesgerichts Linz beim Landesgericht Salzburg, XXXX , gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichts Oberndorf vom 24.04.2019, Zl. XXXX , betreffend Zeugengebühren:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid
behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheids an den Vorsteher des Bezirksgerichts Oberndorf zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
In einem vor ihm anhängigen Zivilverfahren lud das Bezirksgericht Oberndorf XXXX zur Einvernahme als Zeuge in der Verhandlung am XXXX . Der Zeuge machte Zeugengebühren geltend, über die der Vorsteher des Bezirksgerichts Oberndorf (in der Folge: [belangte] Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid absprach.
Gegen diesen Bescheid, den die belangte Behörde entgegen § 21 Abs 2 Z 1 GebAG den Parteien des Zivilverfahrens nicht zustellte, erhob der Revisors des Oberlandesgerichts Linz beim Landesgericht Salzburg innerhalb der vierwöchigen (§ 7 Abs 4 VwGVG) - und nicht wie in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheids unzutreffend ausgeführt 14-tägigen - Beschwerdefrist die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde habe dem Zeugen zu Unrecht das Kilometergeld statt Kostenersatzes für öffentliche Verkehrsmittel zugesprochen. Die belangte Behörde übermittelte die Beschwerde dem Zeugen zur Äußerung; dieser erstatte keine Stellungnahme.
Die Beschwerde langte samt Akt am 07.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Bundesverwaltungsgericht brachte die Beschwerde den Parteien des Zivilverfahrens gemäß § 10 VwGVG mit der Möglichkeit, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen, zur Kenntnis. Die Parteien machten hiervon nicht Gebrauch. Die belangte Behörde hatte insofern die Vornahme der Beschwerdemitteilung verabsäumt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Ladung vom 24.01.2019 lud das Bezirksgericht Oberndorf, Gerichtsabteilung XXXX , Richterin XXXX , XXXX , per Adresse XXXX , im Zivilverfahren XXXX zur Vernehmung als Zeuge in einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am XXXX , Beginn: 10:30 h, voraussichtliches Ende: 12:00 h ( XXXX ).
1.2. Auf einer Ausfertigung der Ladung bestätigte die Richterin mit ihrer Unterschrift "BESTÄTIGUNG DES GERICHTES erford. Anwesenheit im Zeitraum 11.30 h". Unter dieser Bestätigung findet sich folgender (handschriftlicher) Vermerk: "Anfahrt: 7.00 bis 15.00"
Auf dem Formular "GEBÜHRENBESTIMMUNG UND ZAHLUNGSANWEISUNG", XXXX , bestätigte die Richterin mit ihrer Unterschrift, dass die Anwesenheit des Zeugen (= Gebührenempfängers), Adresse: XXXX , vor dem Bezirksgericht Oberndorf am XXXX von 07:00 h bis 15:00 h erforderlich gewesen sei. Von diesen Angaben abweichend scheint auf demselben Formular (einige Zeilen oberhalb der Unterschrift der Richterin) als Beginn die Uhrzeit "10:30 Uhr" auf ( XXXX ).
1.3. Der Zeuge machte als Zeugengebühr
* Reisekosten in Höhe von EUR 299,32 (Kilometergeld EUR 0,42/km für 646 km, in Summe EUR 271,32; und Mautkosten in Höhe von EUR 28,--),
* Mehraufwand für Mittagessen in Höhe von EUR 8,50 sowie
* Verdienst-/Einkommensentgang für acht Stunden (07:00 bis 15:00 h) zu jeweils EUR 66, in Summe also EUR 528,--,
das heißt insgesamt EUR 835,82 (abgerundet: EUR 835,80) geltend (
XXXX ).
Zur Änderung seiner Adresse und zu seiner selbständigen Erwerbstätigkeit legte der Zeuge Bescheinigungsmittel vor (Verständigung der Gewerbebehörde vom XXXX , XXXX , Firmenbuchauszug XXXX ).
1.4.
1.4.1. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde dem Zeugen wie folgt Gebühren zu:
* Reisekosten in Höhe von EUR 271,32 (Kilometergeld EUR 0,42/km für 646 km),
* (ebenfalls unter dem Titel "Reisekosten") Mehraufwand für Mittagessen in Höhe von EUR 8,50,
* Pauschalentschädigung für acht Stunden zu je EUR 14,20, in Summe also EUR 113,60,
das heißt insgesamt (gerundet gemäß § 20 Abs 3 GebAG) EUR 393,40.
1.4.2. Die "Begründung" des Bescheids umfasst ca. zwei A4-Seiten und ist nicht in eine im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, eine Beweiswürdigung, und eine rechtliche Beurteilung (nachvollziehbar) gegliedert. Wörtlich führt die Behörde in der "Begründung" nach der Wiedergabe des Begehrens des Zeugen und des Gesetzestextes des § 9 Abs 1 GebAG aus:
"Diese Ausnahmebestimmungen [§ 9 Abs 1 GebAG] werden nach der Judikatur streng gewertet. Nach der Rechtsprechung zu § 14 Abs 1 GebAG entspricht es nicht dem Zweck des § 9 GebAG, einerseits den höheren Aufwand durch die Benützung des Kfz zu versagen, andererseits den Ersatz der Kosten, die aus der Verwendung eines Massenbeförderungsmittels folgen, zu verwehren. Es sind dem Zeugen daher alle notwendigen Kosten zu ersetzen, die sich aus der Benützung des Massenbeförderungsmittels ergeben hätten. Es ist nicht darauf abzustellen, wann der Zeuge die Reise tatschlich begonnen bzw. beendet hat, sondern darauf, wann er sie hätte beenden müssen. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge die Mahlzeiten tatsächlich eingenommen hat. In Anbetracht der Verbindung zwischen XXXX und Oberndorf bei Salzburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist notorisch, dass die Reise vor 07:00 Uhr hätte begonnen werden müssen, um den Termin um 10:30 Uhr beim Bezirksgericht Oberndorf verlässlich wahrnehmen zu können und dass in Anbetracht der Erforderlichkeit der Anwesenheit bis 12:00 Uhr eine Rückkehr vor 19:00 Uhr wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre. [...]"
Die belangte Behörde beschränkt sich darauf, den Gesetzestext des § 9 Abs 1 GebAG wiederzugeben, sie hat aber jegliche Ermittlungen zu den in dieser Bestimmung genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für den Ersatz von Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, unterlassen. Dementsprechend fehlt es insofern auch an (tragfähigen) Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid. Namentlich hat die Behörde weder ermittelt noch festgestellt,
* ob ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung stand oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden konnte und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar war,
* ob die Gebühr bei Benützung des anderen Beförderungsmittels nicht höher ist bzw. war als bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels,
* ob die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erforderte, dieser aber bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen konnte,
* ob dem Zeugen wegen eines körperlichen Gebrechens die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zugemutet werden konnte.
Dennoch geht die Behörde davon aus, dass (eine der alternativen) Voraussetzungen für den Ersatz von Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, erfüllt sind bzw. ist. Die belangte Behörde hat insbesondere jegliche Ermittlungen zur Verfügbarkeit und konkreten Benutzbarkeit nach der Lage der Verhältnisse von Massenbeförderungsmitteln zwischen dem Ort der Wohnung bzw. Arbeitsstätte des Zeugen in XXXX und dem Ort der Vernehmung in 5110 Oberndorf bei Salzburg sowie den entsprechenden Kosten unterlassen.
Die Behörde legt nicht einmal ansatzweise dar, inwieweit es mit Blick auf die Reisekosten entscheidungsrelevant sei, dass der Zeuge - ihrer mangels Ermittlung und Begründung nicht nachvollziehbaren Ansicht nach - die Reise vor 07:00 h hätte beginnen müssen und ihm eine Rückkehr vor 19:00 h wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre.
Die belangte Behörde hat weder ermittelt noch (begründet und nachvollziehbar) festgestellt, von wann bis wann die Anwesenheit des Zeugen vor dem Bezirksgericht Oberndorf erforderlich war (siehe die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 1.1. und 1.2. zu den divergierenden Zeitangaben der Richterin im Zivilverfahren).
1.4.3. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, ob und in welchem Ausmaß der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erlitten hat. Sie beschränkte sich in diesem Zusammenhang darauf, auszuführen, dass der Zeuge die Höhe eines effektiven Verdienstentgangs nicht bescheinigt habe.
1.5. Das Bundesverwaltungsgericht kann die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen als die belangte Behörde. Es wäre keineswegs mit einer Kostenersparnis - und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen unter 1.1. bis 1.4. waren auf Grundlage des von der belangten Behörde vorgelegten Akts zu treffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die konkreten Aktenbestandteile bei den jeweiligen Feststellungen nach Möglichkeit unter Nennung der jeweiligen (Geschäfts-)Zahl angegeben. Einwände, dass der Akt unvollständig oder unrichtig wäre, wurden nicht erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Hinweise aufgefallen, dass der Akt unvollständig oder bedenklich wäre. Dementsprechend konnte das Bundesverwaltungsgericht den Akteninhalt seinen Feststellungen ohne Weiteres zugrunde legen.
Dass das Bundesverwaltungsgericht dem verwaltungsbehördlichen Akt nicht entnehmen konnte, dass die belangte Behörde näher bezeichnete Ermittlungen durchgeführt hätte, deutet nicht auf die Unvollständigkeit des Aktes hin, sondern liegt vielmehr daran, dass die Behörde die entsprechenden Ermittlungen tatsächlich nicht vorgenommen hat. Hätte die Behörde ermittelt, hätte sie den Sachverhalt ordnungsgemäß festgestellt und sich nicht auf Mutmaßungen, etwa dass eine Rückkehr vor 19:00 h wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre, zurückgezogen.
Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
2.2. Schon aus der Anzahl der Parteien des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 18 VwGVG und § 21 iVm § 22 GebAG) folgt eindeutig, dass das Bundesverwaltungsgericht die notwendigen Ermittlungen keinesfalls rascher durchführen und auch den Sachverhalt keinesfalls rascher feststellen könnte als die belangte Behörde. Auch die Feststellung, dass es keineswegs mit einer Kostenersparnis - und erst recht nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, würde das Bundesverwaltungsgericht statt der belangten Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit und Sachverhaltsfeststellung vornehmen, ergibt sich daraus.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an den Vorsteher des Bezirksgerichts Oberndorf:
3.1. Das Bundesverwaltungsgericht weist zunächst darauf hin, dass - entgegen den offenbar irrtümlichen Angaben auf S 1 des Beschwerdeschriftsatzes - nicht die Republik Österreich, sondern der Revisor des Oberlandesgerichts Linz beim Landesgericht Salzburg die gegenständliche Beschwerde erhoben hat. Die Beschwerdelegitimation des Revisors ergibt sich unmittelbar aus § 22 Abs 1 GebAG. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist der Revisor als Amtspartei selbst beschwerdebefugt (und nicht die Republik Österreich). In der Fertigungsklausel sowie der Berufung auf die Beschwerdelegitimation des Revisors nach § 21 Abs 2 Z 3 iVm § 22 Abs 1 GebAG im Schriftsatz kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beschwerde dem zuständigen Revisor zuzurechnen ist. Die Erwähnung der Republik Österreich in der Beschwerde erweist sich als folgenloses Vergreifen im Ausdruck, weshalb ein Verbesserungsverfahren unterbleiben konnte.
3.2.
3.2.1. Gemäß § 3 Abs 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden (Z 1) und die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet (Z 2).
Die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen sind in § 4 GebAG geregelt.
3.2.2. Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs 1 Z 1 GebAG) umfasst nach § 6 Abs 1 GebAG die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel (§ 7 Abs 1 leg cit) oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4 leg cit, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.
§ 9 Abs 1 GebAG bestimmt, dass die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, dem Zeugen nur zu ersetzen sind,
1. wenn ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist,
2. wenn die Gebühr bei Benützung des anderen Beförderungsmittels nicht höher ist als bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels,
3. wenn die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erfordert, dieser aber bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen könnte, oder
4. wenn ihm wegen eines körperlichen Gebrechens die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zugemutet werden kann.
Nach den ErlRV 1336 BlgNR XIII. GP, 21 ist der Ersatz für Kosten der Benützung eines Taxis oder eines eigenen Kraftfahrzeugs vorgesehen, sofern die Benützung eines solchen Beförderungsmittels notwendig ist, weil kein Massenbeförderungsmittel verkehrt und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß etwa wegen des Alters des Zeugen oder eines Gebrechens unzumutbar ist oder die Abfahrtszeiten so liegen, dass bei Benützung etwa mehrstündige Wartezeiten am Ort der Vernehmung entständen; weiter wird Ersatz dieser Kosten gewährt, wenn sie nicht höher sind als die Kosten für die Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder die Benützung wegen der Dringlichkeit der Vernehmung oder wegen eines körperlichen Gebrechens geboten ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 9 Abs 1 GebAG mehrfach entschieden und dabei den Tatbestand des § 9 Abs 1 Z 1 GebAG mitunter enger ausgelegt, als es die Materialien nahelegen:
Nach § 9 Abs 1 Z 1 GebAG komme es nicht darauf an, dass die Benützung des Massenbeförderungsmittels unzumutbar wäre. Der Gesetzgeber verwende den Begriff der Zumutbarkeit in Z 1 und Z 4 in anderem Zusammenhang: Die Zumutbarkeit beziehe sich im Fall der Z 1 nur auf die zusätzliche Anspruchsvoraussetzung der Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß und im Fall der Z 4 auf die Benützung des Massenbeförderungsmittels wegen eines körperlichen Gebrechens.
Nach § 9 Abs 1 Z 1 1. Fall GebAG sei neben der Voraussetzung, dass die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß unzumutbar ist, der Umstand anspruchsbegründend, dass ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht. Bei der Auslegung von § 9 Abs 1 Z 1 2. Fall GebAG, dass das Massenbeförderungsmittel nach Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann, sei darauf Bedacht zu nehmen, dass der Gesetzgeber im selben Absatz im Zusammenhang mit zwei anderen Tatbestandselementen sehr wohl auf die Frage der Zumutbarkeit abstellt. Dies sei in Z 1 hinsichtlich der Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß und in Z 4 hinsichtlich der Benützung des Massenbeförderungsmittels bei Vorliegen eines körperlichen Gebrechens der Fall. Es komme also darauf an, dass der Zeuge das Massenbeförderungsmittel nach Lage der Verhältnisse nicht benützen konnte. Beispielsweise könnte das unverschuldete Versäumen eines Abendzuges für die Benützung eines anderen als eines Massenbeförderungsmittels anspruchsbegründend sein. Eine für den Vorabend des Gerichtstermins geplante Geburtstagsfeier erfülle den gesetzlichen Tatbestand jedoch zweifellos nicht. Der in den Materialen zum Ausdruck gebrachte Gesichtspunkt, dass die Abfahrtszeiten so liegen, dass bei Benützung etwa mehrstündige Wartezeiten am Ort der Vernehmung entständen, habe im klaren Wortlaut des Gesetzes und damit in der normativ verbindlich gewordenen gesetzlichen Anordnung keinen Niederschlag gefunden. Auch eine (wesentlich) längere Fahrdauer/Reisezeit könne nicht als ausreichender Grund dafür angesehen werden, dass der Zeuge das Massenbeförderungsmittel nicht benützen konnte. (VwGH 23.05.1990, 90/17/0115) Dies gelte auch für den Fall, dass während der Reise ein dreimaliges Umsteigen erforderlich ist und bei allfälligen Zugverspätungen Anschlusszüge nicht erreicht werden könnten (VwGH 25.02.1994, 93/17/0001). Vgl. dazu auch mwN Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 (2018) § 9 GebAG Anm 1 f und E 1 ff.
3.2.3. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs 1 Z 2 GebAG) bezieht sich gemäß § 17 GebAG, vorbehaltlich des § 4 leg cit, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss. Voraussetzung für die Entschädigung für Zeitversäumnis ist also, dass der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG gebühren dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis EUR 14,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht. Anstatt der Entschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG gebühren nach § 18 Abs 1 Z 2 GebAG a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst, b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen, c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter, d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft. Im Falle des § 18 Abs 1 Z 1 GebAG hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des § 18 Abs 1 Z 2 GebAG auch dessen Höhe zu bescheinigen (§ 18 Abs 2 GebAG).
Die Bescheinigung des Anspruchs dem Grunde nach lasse sich in der Regel durch die Schilderung der konkreten, Einkommen vermittelnden Tätigkeit, die der Zeuge in der Verhinderungszeit verrichtet hätte, erbringen (VwGH 14.03.1986, 86/17/0023). Bei einem Einzelunternehmen sei davon auszugehen, dass bei einer achtstündigen Abwesenheit an einem Arbeitstag wenigstens irgendwelche Geschäftsabschlüsse, seien sie auch noch so geringen Umfangs, zustande gekommen wären. Ist die Behörde nicht in der Lage, diese Lebenserfahrung zu widerlegen, sei davon auszugehen, dass die Tatsache eines Verdienstentgangs dem Grunde nach bescheinigt sei (VwGH 14.3.1986, 85/17/0165; vgl. auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 (2018) § 18 GebAG E 2). Bei selbständig Erwerbstätigen, deren Betrieb oder Unternehmen unabhängig von einer relativ kurzfristigen Abwesenheit mehr oder weniger unverändert weiterläuft, bedarf es einer darüberhinausgehenden Bescheinigung des durch die Befolgung entstehenden Vermögensnachteils dem Grunde nach (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 (2018) § 18 GebAG Anm 6).
3.2.4. § 37 iVm § 39 Abs 2 AVG (von der belangten Behörde anzuwenden gemäß § 20 Abs 4 GebAG) verpflichtet die Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Näher dazu und unter Verweis auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 7, 19 ff (Stand 1.7.2005, rdb.at).
Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide grundsätzlich zu begründen. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG; vgl. mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 18 f (Stand 1.7.2005, rdb.at)).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 58 und § 60 AVG hat ein ordnungsgemäß begründeter Bescheid aus drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen zu bestehen, nämlich erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. z. B. VwGH 04.09.2013, 2013/08/0113, 15.09.2016, Ra 2016/02/0135, 22.03.2019, Ra 2017/04/0135).
Auch die Verfassung enthält Vorgaben zum behördlichen Ermittlungsverfahren. So liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, etwa im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes; vgl. VfGH 20.02.2015, E 1278/2014 mwN.
3.3.
Den Anforderungen an ein vollständiges und mangelfreies Ermittlungsverfahren ist die belangte Behörde im gegenständlichen Fall in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht geworden. Das von der Behörde geführte (Ermittlungs)verfahren ist grob mangelhaft; die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht (hinreichend) ermittelt. Die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt (folglich) auch nicht festgestellt. Schließlich verstößt auch die "Begründung" des angefochtenen Bescheids gravierend gegen die rechtlichen Vorgaben.
3.3.1. Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, sprach die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dem Zeugen die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, als Zeugengebühr zu. Den für die Entscheidung, ob diese Kosten gemäß § 9 Abs 1 GebAG zu ersetzen sind, maßgeblichen Sachverhalt ermittelte die belangte Behörde jedoch nicht, sie traf auch nicht die notwendigen Feststellungen. Konkret hat die Behörde zu keiner der alternativen Voraussetzungen für den Zuspruch der Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, den maßgeblichen Sachverhalt ermittelt und festgestellt. Vgl. die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 1.4.2.
Die belangte Behörde scheint den Zuspruch des Ersatzes der Kosten für ein Beförderungsmittel, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, auf § 9 Abs 1 Z 1 GebAG zu stützen, wenngleich dies dem angefochtenen Bescheid nicht dezidiert zu entnehmen ist. Die Behörde hat allerdings sowohl den Inhalt dieser Bestimmung verkannt als auch den insofern entscheidungsrelevanten Sachverhalt weder ermittelt noch festgestellt:
Wenn die Behörde im angefochtenen Bescheid von einer "Verbindung zwischen XXXX und Oberndorf bei Salzburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln" schreibt, legt dies den Schluss nahe, die Behörde gehe davon aus, dass zwischen XXXX und 5110 Oberndorf ein Massenbeförderungsmittel zur Verfügung stehe. Ermittelt hat sie freilich weder ob noch welches Massenbeförderungsmittel allenfalls zur Verfügung stünde bzw. wie sich die Verbindung allenfalls gestalten würde, obwohl die Behörde Letzteres sichtlich für entscheidungsrelevant hält.
Die Behörde hat auch nicht ermittelt und festgestellt, ob der Zeuge nach der Lage der Verhältnisse ein Massenbeförderungsmittel nicht benutzen konnte. Soweit die Behörde ausführt, es sei notorisch, dass die Reise vor 07:00 h hätte begonnen werden müssen, um den Termin um 10:30 h beim Bezirksgericht Oberndorf verlässlich wahrnehmen zu können, und dass in Anbetracht der Erforderlichkeit der Anwesenheit bis 12:00 h eine Rückkehr vor 19:00 h wahrscheinlich nicht möglich gewesen wäre, ist sie zunächst darauf hinzuweisen, dass aus dem Bescheid nicht hervorgeht, dass diese von ihr ins Treffen geführten mutmaßlichen Umstände rechtfertigten würden, dem Zeugen die Kosten für ein Beförderungsmittel, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, zusprechen. Dass eine allfällige Notwendigkeit, die Reise vor 07:00 h zu beginnen, und die "Wahrscheinlichkeit", dass die Rückkehr vor 19:00 h nicht möglich gewesen wäre, bedeuten würden, dass ein Massenbeförderungsmittel nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden konnte, wäre mit den unter 3.2.2. ausführlich dargestellten rechtlichen Grundlagen ohnedies nicht zu vereinbaren.
Hinzukommt, dass es nicht genügt, dass der nach § 9 Abs 1 Z 1 GebAG entscheidungsrelevante Sachverhalt "wahrscheinlich" gegeben ist. Soweit nicht anderes bestimmt ist (siehe insbesondere § 39 Abs 1 AVG, § 45 Abs 1 AVG), bedürfen alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, eines Beweises. Soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, muss der volle Beweis erbracht werden; die Behörde muss sich also Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente verschaffen. Vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 2 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Dies hat die Behörde sowohl verkannt als auch verabsäumt. Gemäß § 45 Abs 1 AVG bedürfen zwar Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, keines Beweises. Ungeachtet dessen, dass, wie bereits erörtert, die rechtliche Relevanz der von der Behörde als notorisch bezeichneten Tatsachen nicht ersichtlich ist, sind Zweifel angebracht, ob diese (vermeintlichen) Tatsachen tatsächlich notorisch, also allgemein bekannt oder zumindest der Behörde bekannt, also amtsbekannt, sind. Allgemein bekannt sind Tatsachen, deren Richtigkeit der allgemeinen Überzeugung entsprechend der Behörde bekannt ist. Das sind Tatsachen, die aus der allgemeinen Lebenserfahrung eines Durchschnittsmenschen ohne besondere Fachkenntnisse hergeleitet werden können, z. B. geographische Fakten oder Ereignisse des Zeitgeschehens. Amtsbekannt ist eine Tatsache, wenn sie der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch bei der Behörde notorisch geworden ist. Gerade hinsichtlich der nur amtsbekannten Tatsachen sind die konkrete Feststellung in der Bescheidbegründung sowie die Erörterung mit den Parteien für die Wahrung des Parteiengehörs von wesentlicher Bedeutung. Vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 4 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Dem ist die belangte Behörde nicht nachgekommen.
Was die Behörde dazu veranlasst hat, davon auszugehen, es sei erforderlich gewesen, dass der Zeuge vor dem Bezirksgericht Oberndorf bis 12:00 h anwesend war, lässt sich dem Akt, namentlich auch dem angefochtenen Bescheid, nicht entnehmen. Auch insofern fehlt es an Ermittlungen sowie jedenfalls an nachvollziehbaren Feststellungen. Geht man, wie die belangte Behörde, im Lichte des § 9 GebAG von der Entscheidungsrelevanz der konkreten Zeit der erforderlichen Anwesenheit des Zeugen vor dem Bezirksgericht Oberndorf aus, wären insofern Ermittlungen - gerade im gegenständlichen Fall (vgl. die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 1.1. und 1.2. zu den divergierenden Zeitangaben der Richterin im Zivilverfahren) - unbedingt geboten gewesen.
Schließlich hat es die Behörde auch verabsäumt, den Sachverhalt in Bezug auf die nach § 9 Abs 1 Z 1 GebAG in jedem Fall relevante Frage der fehlenden Zumutbarkeit der Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß festzustellen. Dass es dem Zeugen zumutbar (gewesen) wäre, die Wegstrecke für Hin- und Rückweg von insgesamt mehr als 600 km zu Fuß zurückzulegen, ist freilich nicht anzunehmen; vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG - GebAG4 (2018) § 9 GebAG Anm 4 und § 12 GebAG Anm 3.
Die Kosten für die bzw. die Gebühr im Falle der Benützung eines - allenfalls - zur Verfügung stehenden Massenbeförderungsmittels hat die Behörde auch nicht ermittelt und ebenso wenig festgestellt. Daher lässt sich nicht beurteilen, ob die Gebühr bei der Benützung des anderen Beförderungsmittels iSd § 9 Abs 1 Z 2 GebAG nicht höher war als bei der Benützung eines Massenbeförderungsmittels.
Nach der Aktenlage liegt zwar die Vermutung nahe, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 GebAG nicht erfüllt sind:
Dass das Bezirksgericht Oberndorf den Zeugen mit Ladung vom 24.01.2019 zur Vernehmung als Zeuge in einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am XXXX lud, spricht (eher) dafür, dass § 9 Abs 1 Z 3 GebAG nicht vorliegt. Dem Akteninhalt sind auch keine Hinweise auf ein körperliches Gebrechen, wegen welchem dem Zeugen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zugemutet werden konnte, zu entnehmen. Es fehlt aber (auch) insofern an Ermittlungen und Feststellungen.
3.3.2. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, ob und in welchem Ausmaß der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erlitten hat. Die Behörde ging sichtlich davon aus, dass der Zeuge iSd § 18 Abs 1 Z 1 GebAG den Grund des Anspruchs bescheinigt habe. Worauf sie diese Auffassung stützt, ist jedoch nicht ersichtlich, zumal die Behörde auch auf die nach der unter
3.2.3. dargestellten Rechtslage bedeutsame Frage, ob es sich beim Zeugen um einen selbständig Erwerbstätigen handle, dessen Betrieb oder Unternehmen unabhängig von einer relativ kurzfristigen Abwesenheit mehr oder weniger unverändert weiterläuft, nicht eingegangen ist. Aus den vom Zeugen vorgelegten und im Akt enthaltenen Bescheinigungsmitteln (Verständigung der Gewerbebehörde vom XXXX , XXXX , Firmenbuchauszug XXXX ) ist zur Klärung dieser Frage nichts zu gewinnen. Eine Schilderung der konkreten, Einkommen vermittelnden Tätigkeit, die der Zeuge in der Verhinderungszeit verrichtet hätte, kann dem Akt, den die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat, auch nicht entnommen werden.
3.4.
3.4.1. Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Regel durch Erkenntnis in der Sache selbst zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG nicht vor, ist das Verwaltungsgericht nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG berechtigt, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Zulässig ist eine Zurückverweisung insbesondere bei "krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken" (mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 (Stand 15.2.2017, rdb.at)). Ausdrücklich für zulässig befunden hat der Verwaltungsgerichtshof ein Vorgehen nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. mwN VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0057) und in jenen Fällen, "in denen die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt gar nicht festgestellt und damit keine ‚brauchbaren Ermittlungsergebnisse' geliefert hat." (mit Verweis auf VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0088, und VwGH 14.12.2015, Ra 2015/09/0057, Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 123 (Stand 15.2.2017, rdb.at)). Eine Zurückverweisung der Angelegenheit ist jedenfalls auch gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen mit der Intention unterlassen hat, dass sie in der Folge das Verwaltungsgericht durchführt; mit Verweis auf zahlreiche Judikate des VwGH Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 118 (Stand 15.2.2017, rdb.at).
3.4.2. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit Beschluss und die Zurückverweisung der Angelegenheit sind erfüllt: Wie bereits dargelegt, hat die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in mehrfacher Hinsicht in gravierender Weise verletzt und - bisweilen in Verkennung der Rechtslage - den für die Bestimmung der Gebühr des Zeugen (§ 3 Abs 1 GebAG) relevanten Sachverhalt weder ermittelt noch (nachvollziehbar) festgestellt. Dem von der Behörde vorgelegten Akt ist nicht zu entnehmen, dass diese den maßgeblichen Sachverhalt auch nur ansatzweise ermittelt hätte. Dies trifft im Besonderen auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 1 GebAG zu, über den die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dennoch abgesprochen hat. Die - auch formal grob mangelhafte - "Begründung" des angefochtenen Bescheids kann den Abspruch über die vom Zeugen geltend gemachte Gebühr allerdings nicht einmal im Ansatz tragen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG zur Gänze aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.5. Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren ein dem Gesetz entsprechendes Ermittlungsverfahren zu führen und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt vollständig zu ermitteln, dazu zählt insbesondere:
3.5.1. Die Behörde wird sich zunächst mit den einschlägigen Rechtsvorschriften und der dazu ergangenen Judikatur und der Literatur auseinandersetzen müssen (vgl. u. a. die Darstellung unter 3.2.1. bis 3.2.3.). Anhand der daraus zu erschließenden tatbestandlichen Voraussetzungen für den Abspruch über die vom Zeugen geltend gemachte Gebühr wird sie den Sachverhalt im Einzelnen vollständig und ordnungsgemäß ermitteln zu haben, insbesondere,
* ob für die betreffende Strecke (§ 6 Abs 1 GebAG) ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung stand oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden konnte und - im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß - die Länge dieser Strecke,
* die Gebühr bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels,
* ob die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erforderte, dieser aber bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen konnte,
* im Hinblick auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels, ob der Zeuge an einem und ggf. welchem körperlichen Gebrechen litt.
Die belangte Behörde wird ferner zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der vom Zeugen geltend gemachten Entschädigung für Zeitversäumnis vollständig und ordnungsgemäß ermitteln müssen (§ 18 GebAG). Insbesondere wird zu ermitteln sein, ob und in welchem Ausmaß allenfalls der Zeuge durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erlitten hat und ob der Zeuge den Grund des Anspruchs bzw. dessen Höhe bescheinigt hat. In diesem Zusammenhang wird die Behörde auch zu ermitteln haben, ob es sich beim Zeugen um einen selbständig Erwerbstätigen handelt, dessen Betrieb oder Unternehmen unabhängig von einer relativ kurzfristigen Abwesenheit mehr oder weniger unverändert weiterläuft. Jedenfalls wird die Behörde im Hinblick auf die Tätigkeit des Zeugen Einschau in die Niederschrift der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Oberndorf am XXXX nehmen müssen.
Sofern es für die Entscheidung der Behörde über die geltend gemachten Reisekosten (noch) als relevant angesehen wird, wird die Behörde auch den Zeitraum, in dem die Anwesenheit des Zeugen vor dem Bezirksgericht Oberndorf erforderlich war, ermitteln müssen. Für die Entscheidung über die vom Zeugen beanspruchte Entschädigung für Zeitversäumnis wird die belangte Behörde jedenfalls den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bzw. bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen musste, ermitteln müssen.
3.5.2. Nach diesen und allenfalls erforderlichen weiteren zweckmäßigen Ermittlungsschritten hat die belangte Behörde das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen und individuellen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist vollständig zu ermitteln und im zu erlassenden Bescheid sind jene individuellen Feststellungen zu treffen, die erforderlich sind, um über die vom Zeugen geltend gemachte Gebühr absprechen zu können. Gestaltung und Inhalt des Bescheids haben ferner den unter 3.2.4. genannten Anforderungen zu entsprechen.
3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG die mündliche Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zum einen war gegenständlich in erster Linie maßgeblich, ob die belangte Behörde im vorliegenden Fall den entscheidungserheblichen Sachverhalt ermittelt hatte. Dieser Frage kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Zum anderen sind die für den Beschluss bedeutsamen Rechtsfragen - wie sich aus den oben angeführten Zitaten eindeutig ergibt - hinreichend geklärt. Vgl. im Übrigen VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, wonach es keine grundsätzliche Rechtsfrage darstelle, ob das Verwaltungsgericht die zu § 28 Abs 3 VwGVG 2014 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs angesichts der einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in jeder Hinsicht korrekt angewendet hat. Der Beschluss steht demnach im Einklang mit der entsprechenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und der in der zitierten Literatur vertretenen Rechtsauffassung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Begründungsmangel, Beweisverfahren, Entschädigung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2222091.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020