Entscheidungsdatum
23.10.2019Norm
AVG §58 Abs2Spruch
W208 2223666-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, 1010 WIEN, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Einleitungsbeschluss der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM BUNDESMINISTERIUM FÜR ÖFFENTLICHEN DIENST UND SPORT; SENAT II, vom 11.06.2019, GZ: BMöDS-50.000/0002-Disz.komm./2019, beschlossen:
A)
Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten XXXX referent.
2. Im November 2014 wurde ein mit Oktober 2014 datiertes "Konzept - Projekt XXXX " (AS 19, im Folgenden kurz: B), dass seit Juni 2012 im Auftrag seines Vorgesetzten ADir XXXX (im Folgenden: A) erstellt worden war, an den Sektionsleiter und das Kabinett des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) übergeben (AS 193, 441). Der BF hat an diesem Projekt als Referent mitgewirkt.
3. Die im BMLVS angesiedelte Gruppe Revision und dort die Revisionsabteilung B, prüfte von Jänner bis Februar 2015 im Rahmen einer nachgängigen Kontrolle die Praxis der Vergabe von Leistungen an externe Dienstleister iZm mit diesem Projekt B, erstellte im März 2015 einen Prüfbericht (GZ XXXX -GrpRev/2015 [AS 633]) und im April 2015 einen Endbericht (GZ XXXX /2015 [AS 190]). Ausgelöst wurde die Kontrolle durch Auffälligkeiten in der Vergabepraxis der Sektion.
Ergebnis war zusammengefasst, dass mit einer Stückelung der Vergaben eine "Gesamtdarstellung" des Beschaffungsvorhabens vermieden worden war und Mängel im Hinblick auf die Einhaltung von internen Vorgaben, insbesondere fehlende Vergleichsangebote und Preisangemessenheitsprüfungen sowie unzureichende Dokumentation des Beschaffungsvorganges vorlagen (AS 190).
4. In der Folge wurde anlässlich einer Besprechung vom 15.10.2015 vom Leiter der Revisionsabteilung B der Sachverständige Univ.-Lekt. Dipl.Kfm. XXXX (im Folgenden: J) mit einem Gutachten beauftragt, die "Werthaltigkeit des Konzeptes B" festzustellen (AS 198).
Das von ihm erstellte Gutachten ist mit 29.03.2016 datiert und kommt zum Ergebnis, dass keine bzw. nur eine geringfügige Werthaltigkeit der Leistungen des Dienstleisters (Firma XXXX GmbH [in der Folge: D]) vorlag und von exorbitant überhöhten Kosten sowohl im Bereich Social Media als auch betr. Projekt B zu sprechen sei.
5. Am 06.04.2016 wurde - nach der Darstellung im ua vorläufigen Suspendierungsbescheid - an die Abteilung DiszBW (Disziplinar- und Beschwerdewesen) im BMLVS der Verdacht herangetragen, dass es bei der Durchführung des Projektes B zu Verstößen gegen vergaberechtliche Normen und andere interne Vorgaben gekommen sei.
6. Mit Mitteilung vom 12.04.2016 wurde von der DiszBW (GZ XXXX -DiszBW/2016(1)) die Staatsanwaltschaft (StA) von Verdachtsmomenten gegen den A und seine Abteilung informiert (AS 14). Aus den übermittelten Akten - insbesondere dem Sachverständigengutachten (AS 203) - geht hervor, dass der BF zum Kreis der Verdächtigen zählte, ohne dass dieser jedoch im Anschreiben namentlich genannt wurde. Auch in diesem Schreiben ist angeführt, dass an die Abteilung DiszBW der Verdacht herangetragen worden sei, von wem und wann, geht aus dem Schreiben nicht hervor.
Beigelegt waren die Konzeption des Projektes B, eine Vereinbarung zwischen dem BMLVS und D, Auftragsunterlagen, das oa Sachverständigengutachten des J, das Hauptkonzept B, der oa Revisionsendbericht und ein Amtsvortrag GZ XXXX -GrpRev/2016 (AS 276).
Dem Amtsvortrag ist zu entnehmen, dass mehrere Mängel in Hinblick auf vergaberechtliche Normen sowie auf die Einhaltung interner Vorgaben festgestellt wurden, eine qualifizierte Prüfung auf die Werthaltigkeit des Projektes sei mangels Fachkompetenz in medientechnischen Angelegenheiten durch die Gruppe Revision nicht möglich gewesen. Wann der Amtsvortrag erstellt und an wen der Akt weitergleitet wurde, geht daraus nicht hervor.
7. Die Abt DiszBW als zuständige Disziplinarbehörde suspendierte am 24.05.2016 sowohl den BF als auch A und einen weiteren Mitarbeiter der Abteilung vorläufig (AS 2-10). Diese Suspendierung wurde später von der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim BMLVS (
XXXX /16 vom 22.06.2016) und vom BVwG (W XXXX -1/2E vom 19.08.2016) bestätigt. Sie blieb bis zur Aufhebung durch die Disziplinarkommission beim Bundesministerium öffentlicher Dienst und Sport - BMöDS (im Folgenden: DK) am 11.12.2018 bestehen.
8. Nachdem am 31.07.2018 die Akten vom BMLVS an das BMöDS abgetreten worden waren, erfolgte am 08.10.2018 die Bestellung eines weiteren Gutachtens zur Frage der "Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit und Zuordenbarkeit der Leistungen zu den einzelnen Rechnungen der von D in den Jahren 2012 bis 2014 für das Projekt B erbrachten Leistungen" durch den gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ing. Mag. Dr. XXXX , MBA (im Folgenden: F).
9. Mit Mitteilung vom 21.12.2018 (Kenntnis Dienstbehörde/BMöDS am 02.01.2019) wurde das Verfahren gegen den BF sowie gegen A und einen weiteren Mitbeschuldigten aus der Abteilung wegen des Verdachtes der Begehung von § 153 Abs 1, 3 StGB von der StA eingestellt (ON 12/Akt der DK).
Der Begründung ist ua zu entnehmen, dass der BF keine Entscheidungskompetenz hatte, er relevante Akten und Konzeptentwürfe bearbeitete, die Richtigkeit der Zahlungen feststellte und bei Projektbesprechungen teilnahm.
Weiters ist angeführt, dass die von der D iZm der Weiterentwicklung des Social Media Schiene zum XXXX 2013/2014 erbrachten Leistungen nicht im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Projekt (gemeint: B) standen. Die diesbezüglichen Zahlungen des BMLVS an die D, iHv insgesamt € 171.000,-- seien dem Projekt B nicht zuzurechnen. Der Wert des Hauptkonzeptes lasse sich nicht eindeutig beziffern. Selbst unter der Annahme, dass die Leistungen der D nicht werthaltig gewesen seien, sei nicht erweislich, dass die Beschuldigten (gemeint: A und der BF) dies erkannt hätten und die Bezahlung der von den Auftragnehmern gestellten Rechnungen wissentlich missbräuchlich erfolgt sei. Es sei nicht nachweisbar, dass eine allfällige Überzahlung des vorgelegten Grundkonzeptes wissentlich erfolgt sei. Beweiswürdigend wurde angeführt, dass der Beschuldigte und seine Mitarbeiter nicht das Wissen bzw. die fachliche Expertise gehabt hätten, um das sehr umfangreiche Konzept (an die 330 Seiten) und weitere 4 GB Daten zu beurteilen. Auch der zuständige Sachbearbeiter bei der Revision habe ohne gutachterliche Stellungnahme keine Bewertung der erbrachten Leistungen vornehmen können. Dem Gutachter seien auch nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestanden.
10. Das Gutachten des F (datiert mit 17.01.2019) kommt auf das Wesentliche zusammengefasst zum Ergebnis, dass viele vereinbarte Leistungen von der D - vor allem in der Umsetzung und Implementierung - nicht erfüllt worden seien. Bei der Finalisierung hätten wichtige Arbeiten, Inhalte und Leistungen der D - insbesondere Portal und App - gefehlt. Im Spätherbst 2013 sei es zu keiner Beauftragung für eine Portalprogrammierung gekommen und spätestens Anfang 2014 hätten dem A und der D klar sein müssen, dass der Vertrag nicht erfüllt werden konnte. Die danach erstellten Rechnungen 5 und 6 zum Hauptprojekt (gemeint: Rechnungsdatum 02.05.2014 und 12.09.2014) über je € 48.000,-- seien aus wirtschaftlicher und fachlicher Sicht nicht gerechtfertigt (ON 10; 53f). Eine klare Trennung zwischen dem Projekt B und dem Zusatzauftrag " XXXX Innoprojekt Social Media Brand PR" sei nicht eindeutig.
11. Am 14.02.2019 erstattete die Personal- und Organisationsentwicklungsabteilung im BMöDS Disziplinaranzeige an die DK, in der sie ua auf Basis dieses Gutachtens den Verdacht äußerte, der BF habe im Zusammenhang mit dem Projekt B im Zeitraum von 01.07.2012 bis 01.07.2014 Rechnungen als sachlich und rechnerisch richtig bestätigt, obwohl die beauftragte Firma keine Gegenleistung im entsprechenden Ausmaß erbracht habe.
In der Begründung sind 11 Rechnungen angeführt (Seite 4) die sich auch bereits im Revisionsendbericht (Seiten 8, 9) finden und wo F erhebliche Unterschiede zwischen dem gezahlten Betrag und dem gerechtfertigten Betrag festgestellt hatte. Die Differenz beträgt insgesamt € 199.501,-- . Es bestünde der Verdacht der Dienstpflichtverletzung gem § 43 BDG, weil der BF spätestens zu Beginn des Jahres 2014 erkennen hätte müssen, dass den Rechnungsbeträgen keine Gegenleistung im entsprechenden Ausmaß gegenübergestanden sei.
12. Am 11.6.2019 fasste die zuständige DK einen Einleitungsbeschluss (EB) mit folgendem Spruch (Kürzung auf das Wesentliche und Anonymisierung durch BVwG):
" ... [Es] besteht der Verdacht, [der BF] hat durch fehlerhafte
Abrechnungen im Zeitraum Juli 2012 bis Juli 2014 dem Bund einen Schaden von Euro 200.000,00 zugefügt und damit seine Dienstpflichten gem. § 43 BDG 1979 schuldhaft verletzt (§ 91 BDG 1979). Der Verdacht stützt sich auf die Disziplinaranzeige vom 14. Februar 2019, BMöDS-XXXX -I/A/1/2019 und die vorgelegten Beweismittel."
Die Begründung beschränkt sich im Wesentlichen auf einen Hinweis auf die auf Seite 4 der Disziplinaranzeige angeführten 11 aktenmäßigen Abrechnungen (ohne diese anzuführen) und das Gutachten von F. Durch den Entfall eines in Aussicht genommenen Folgeauftrages betreffend die Internet-Kommunikation hätte das geplante Projekt einen massiven Verlust an Werthaltigkeit und Nachhaltigkeit erfahren. Dieser Umstand sei dem Beschuldigten bekannt gewesen und sei bei der Überprüfung der Rechnungen zur Bezahlung nicht berücksichtigt worden.
13. Gegen den am 17.06.2019 dem BF zugestellten EB brachte der rechtsfreundlich vertretene BF mit Schreiben vom 08.07.2019 (Postaufgabedatum 09.07.2019) Beschwerde an das BVwG ein (beim BMöDS eingelangt am 10.07.2019).
Er beantragte die Aufhebung des EB und die Einstellung des Disziplinarverfahrens und machte dabei geltend, dass die Verjährungsfrist gem § 94 Abs 1 Z 1 BDG schon bei Einbringung der Strafanzeige (12.04.2016) abgelaufen gewesen sei, weil der Bundesminister am 22.12.2014 von der Sonderprüfung der Revision, wegen bestehender Verdachtsmomente iZm dem Projekt B sowie am 18.06.2015 vom Revisonsbericht informiert worden sei. Am gleichen Tag sei auch die DiszBW informiert und mit der Suche nach einem Sachverständigen beauftragt worden. Der Vorwurf zu den sachlich und rechnerisch richtig bestätigten Rechnungen, die nicht das Projekt B betroffen hätten, sei - mangels Hemmungswirkungen durch das Strafverfahren - ohnedies verjährt.
14. Mit Schreiben vom 18.09.2019 - also nach Ablauf der Frist für eine Beschwerdevorentscheidung von zwei Monaten - wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt (hg eingelangt am 23.09.2019).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang steht fest.
Es steht fest, dass bereits seit dem Revisionsbericht vom März bzw. April 2015 Verdachtsgründe hinsichtlich der nunmehr im Gutachten F behandelten Rechnungen bestanden.
Fest steht, dass in diesem Revisionsbericht (im Folgenden kurz: Bericht) sowohl der BF (auch wenn er namentlich nicht genannt wurde, sondern nur mit der Funktion) sowie alle jene Personen die mit der Entscheidungsfindung und der Genehmigung dieser Rechnungen in der Abteilung XXXX befasst waren, zum Kreis der Verdächtigen gehörten. Der konkrete Name des BF, der die Akten bearbeitet sowie die sachliche und rechnerische Richtigkeit bestätigt hat, ergibt sich aus den im elektronischen Akt (ELAK) einliegenden Ausdrucken aus dem jeweiligen Akt im BMLVS (ON 11).
Die unten angeführten Rechnungen externer Dienstleister sind unter dem Punkt 2.3. auf den Seiten 8 und 9 des Berichtes ausdrücklich angeführt (AS 193a und 194) und sind auch Gegenstand der Anzeige der Dienstbehörde (Seite 4). Im Bericht wird dazu ausgeführt, dass der "Nachweis der Preisangemessenheit fehlt", den Vorschreibungspflichten gegenüber der internen Revision nicht nachgekommen wurde sowie durch unterschiedliche Geschäftszahlen und Bezeichnungen die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung und Genehmigung erschwert worden sei (AS 194).
Auszug der den BF betreffenden Rechnungen aus dem Bericht:
Geschäftszahl Betreff
Rechnungsnummer, Rechnungsdatum Prüfungsdatum, Aktenseite
Betrag
1. XXXX /0097-V/4/2012 Schlussrechnung für Grundkonzept zu B
AR 7812, 12.09.12 18.09.2012 (AS 419)
€19.800,-
2. XXXX /0176-V/4/2012 erste Teilrechnung für Hauptkonzept zu B (1/6)
AR 9812, 23.10.12 29.10.2012 (AS 422)
€48.000,-
3. XXXX /0004-V/4/2013 zweite Teilrechnung für Hauptkonzept zu B (2/6)
AR 072013, 01.03.13 07.03.2013 (AS 425)
€48.000,-
4. XXXX /0045-V/4/2013 Block1-3 von 4/1.Rate für TdS13/Entwicklung B
AR 662013, 01.07.13 08.07.2013 (AS 484)
€47.100,-
5. XXXX /0107-V/4/2013 dritte Teilrechnung für Hauptkonzept zu B (3/6)
AR 832013, 11.09.13 16.09.2013 (AS 428)
€48.000,-
6. XXXX /0170-V/4/2013 Block1-3 von 4/2.Rate für TdS13/SocM/Entw B
AR 862013, 01.10.13 04.10.2013 (AS 487)
€47.100,-
7. XXXX /0208-V/4/2013 vierte Teilrechnung für Hauptkonzept zu B (4/6)
AR 942013, 24.10.13 28.10.2013 (AS 431)
€48.000,-
8. XXXX /0222-V/4/2013 Block4/1.Rate für TdS13/SocM/Entw B
AR 1142013, 20.12.13 09.01.2014(ON10Akt BVwG;AS151)
€18.640,-
9. XXXX /0015-V/4/2014 TdS14/Social Media/Innoprojekt XXXX
AR 252014, 26.03.14 27.03.2014 (AS 493)
€18.400,-
10. XXXX /0039-V/4/2014 Beratung/Planung/Umsetzung zu B (5/6)
AR 562014, 02.05.14 05.05.2014 (AS 434)
€48.000,-
11. XXXX /0079-V/4/2014 Endrechnung zu B (6/6)
AR 922014, 12.09.14 16.09.2014 (AS 438)
€48.000,-
Aufgrund des oa. Verfahrensganges und der vorgelegten Verwaltungsakten steht nicht fest, ob und wann dem zuständigen Bundesminister der Endbericht seiner Revisionsabteilung B vom März 2015 zur Kenntnis gebracht wurde oder er über die darin enthaltenen Verdachtsgründe informiert wurde. Der BF behauptet am 18.06.2015.
Es steht mangels im Akt einliegender Informationen zur Geschäftseinteilung (GE) im BMLVS im Zeitraum zwischen November 2014 und Oktober 2015 (im Akt befindet sich nur die GV Stand: 01.02.2016) und zum Aktenlauf des Revisionsaktes bzw. allfällige Ministerinformationen nicht fest, ob und wann sonst ein Vorgesetzter des AL DiszBW der genannte Revisionsbericht oder sonst ein konkreter Verdacht im Gegenstand zur Kenntnis gebracht wurde.
Es steht insbesondere auch nicht fest, ob der AL DiszBW - wie vom BF behauptet - am 18.06.2015 vom Revisionsbericht und den darin enthaltenen Verdachtsgründen informiert wurde und mit der Sachverständigensuche beauftragt wurde.
Es steht fest, dass die Rechnungen Gegenstand des Revisionsberichtes, der Anzeige an die StA und der Erhebungen der StA waren. Der EB und die Anzeige sprechen von Rechnungen "im Zusammenhang" mit dem Projekt B.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden bzw. fehlen maßgebliche Teile des Aktes.
Aufgrund der mangelhaften Begründung des Bescheides war das BVwG gezwungen, sich aus dem Akt den relevanten Sachverhalt der den BF betrifft "zusammenzusuchen". Dabei wurden die Rechnungen im Revisionsbericht mit jenen in der Anzeige an die StA abgeglichen. Ebenso wurden die in ON 11 offensichtlich aus dem ELAK ausgedruckten Aktenteile, die die Aktivitäten des BF zu den einzelnen Rechnungen zeigen, einbezogen und so die jeweiligen Bearbeitungsdaten und Namen festgestellt. Die im Akt einliegende GE der Zentralstelle des BMLVS hat den Stand 01.02.2016 (AS 291) und ist daher hinsichtlich des für die Beurteilung der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage der Verjährung zum Zeitraum April bis Juni 2015 nicht aussagekräftig. Die in diesem Zeitraum gültige GE wurde nicht ermittelt. Aus der genannten GE aus 2016 ergibt sich jedoch, dass die Gruppe Revision, so wie das Kabinetts des Bundesministers (KBM) direkt dem Bundesminister unterstellt war. Es ist daher nicht abwegig, dass der Gruppenleiter über den Sachverhalt den Bundesminister informiert hat.
Im Akt finden sich aber keinerlei ausgedruckte Aktenläufe (insbesondere des Revisionsaktes mit dem Endbericht), Aktenvermerke oder sonstige Dokumente (etwa über Zeugenbefragungen), die die Überprüfbarkeit der Verjährungsfrage bzw. der Behauptung des BF möglich machen würden, der Bundesminister und der AL DiszBW seien bereits am 18.06.2015 (also kurz nach Erstellung des Revisionsberichtes) vom Verdacht gegen ihn und seine in den Genehmigungsvorgang involvierten Kollegen informiert worden.
So hat der BF - im Gegensatz noch zum Suspendierungsverfahren, wo er nur allgemein von einer Information des KBM sprach - diesmal ein konkretes Datum einer Information an den Bundesminister genannt und auch angeführt, dass der AL DiszBW (und damit die Disziplinarbehörde) in die Suche nach einem Sachverständigen eingebunden war. Dazu wird er im fortgesetzten Verfahren nähere Angaben zu machen und seine Behauptung zu substantiieren haben.
Nach gerichtsnotorischer Kenntnis der Aktenläufe im BMLVS in Bezug auf Ministerinformationen, werden diese an das KBM gerichtet und erfolgen entweder elektronisch (in der Regel im ELAK) oder in Papierform. Auch allfällige Aufträge des KBM (im Namen des Ministers) werden auf diesem Weg weitergegeben oder sind - sofern sie mündlich erfolgen - zumindest in Aktenvermerken dokumentiert.
Die DK hat dazu keinerlei Ermittlungen angestellt. Sie hat sich mit der Frage der Verjährung im Bescheid überhaupt nicht auseinandergesetzt, was aber aufgrund der im Revisonsbericht dezitiert geäußerten Verdachtsgründe und den weiteren dem Akt entnehmbaren Informationen zu den Rechnungen erforderlich gewesen wäre.
Insbesondere wäre - vor dem Hintergrund der Ausführungen der StA in der Einstellungsbegründung (vgl vorne Punkt I.9.: mangelndes Wissen über die Nichtwerthaltigkeit) und des Sachverständigen F (ON 10, 53:
wonach dem A - und damit implizit nicht dem BF - (erst) ab Anfang 2014 klar sein musste, dass die danach erstellten zwei Rechnungen [nach den Feststellungen wurden allerdings im Jahr 2014 - drei Rechnungen bezahlt] aus wirtschaftlicher Hinsicht nicht zu rechtfertigen gewesen seien) festzustellen gewesen, warum die DK davon ausgeht, dass die Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der davor bezahlten Rechnung (Rechnungen 1 - 8 allenfalls 9) dem BF vorzuwerfen ist.
Weiters wäre auszuführen, warum die Rechnung 9 (Social Media/Innoprojekt XXXX ), als auch im Zusammenhang mit dem Projekt B stehend anzusehen und nicht verjährt sein soll.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist auch sonst kein Anhaltspunkt für eine Unzulässigkeit erkennbar.
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), wonach das BVwG durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über einen Einleitungsbeschluss keine Senatszuständigkeit vor, gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Nach § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Falle der Stattgabe einer Beschwerde, anders als bei einer Abänderung, kann damit eine mündliche Verhandlung entfallen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 24 VwGVG, Anm. 8). Letzteres ist hier der Fall.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug, Hervorhebung durch BVwG):
"Verjährung
§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht
----------
1.-innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder
2.-innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,
eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.
(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.
(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt
----------
1.-für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,
2.-(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 120/2012)
2a.-für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,
3.-für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,
4.-für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und
5.-für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung
a)-über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,
b)-der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder
c)-der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens
-bei der Dienstbehörde.
(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,
----------
1.-für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,
2.-für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.
Im Verfahren vor der Disziplinarkommission im PTA-Bereich und in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung ist Z 1 anzuwenden.
(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist.
Disziplinaranzeige
§ 109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß § 78 StPO vorzugehen.
(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht der oder des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht. Diese ist der Beamtin oder dem Beamten nachweislich mitzuteilen. Nach Ablauf von drei Jahren ab Mitteilung an die Beamtin oder den Beamten darf eine Belehrung oder Ermahnung zu keinen dienstlichen Nachteilen führen und sind die Aufzeichnungen über die Belehrung oder Ermahnung zu vernichten, wenn die Beamtin oder der Beamte in diesem Zeitraum keine weitere Dienstpflichtverletzung begangen hat. [...]
Einstellung des Disziplinarverfahrens
§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn
----------
1.-der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,
2.-die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
3.-Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4.-die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.
(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.
[...]
Einleitung
§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. [...]"
Die Höchstgerichte haben dazu ua folgende einschlägige Aussagen getroffen [Anmerkung des BVwG: Da der Verhandlungsbeschluss nach der aktuellen Rechtslage im Einleitungsbeschluss aufgegangen ist, gelten die Aussagen des VwGH für den Verhandlungsbeschluss sinngemäß nunmehr auch für den Einleitungsbeschluss.]:
Im Disziplinarverfahren ist - anders als im strafgerichtlichen Verfahren - nicht die strafrechtliche Qualifikation von Handlungen zu beurteilen, sondern die Prüfung der Disziplinarbehörde auf die Beurteilung des vom Beamten gesetzten Verhaltens aus disziplinärer Sicht beschränkt. Diese Prüfung obliegt den Disziplinarbehörden unabhängig von der Frage, ob der Beamte wegen seines Verhaltens angeklagt bzw. strafrechtlich verurteilt wurde oder nicht (VwGH 16.1.1992, 91/09/0175, 21.10.1998, 96/09/0169).
Im Spruch des Verhandlungsbeschlusses sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Daraus folgt, dass im Anschuldigungspunkt der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumtion unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Aus dem Begriff "Anschuldigungspunkt" in § 124 Abs. 2 BDG [nunmehr § 123 Abs. 2 BDG] folgt weiters, dass anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beschwerdeführer im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird. Angesichts dieser Bedeutung des Verhandlungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses ist die "BESTIMMTE" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserheblich: Der vorgeworfene Sachverhalt muss der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verhandlungsbeschlusses die spruchmäßige Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird. Er muss eine so hinreichende Substantiierung enthalten, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt. (VwGH 19.12.2002, 2002/09/0128, mit Hinweis auf E 16. Juli 1992, 92/09/0016, und B 1. Juli 1998, 97/09/0095, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Die Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs. 1 Z 1 BDG (sechs Monate) beginnt mit der Kenntnis der Disziplinarbehörde von der Dienstpflichtverletzung (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0073). Wobei es um konkretes Wissen von konkreten Personen, nämlich Organwaltern der Disziplinarbehörde geht (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007). Gem. § 96 BDG ist die Dienstbehörde [...] Disziplinarbehörde. Ob dieses konkrete Wissen zum Spruchpunkt 3 nicht schon im Juni/Juli 2015 vorgelegen ist, hat die DK von Amts wegen zu prüfen, weil die Verjährung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen aufzugreifen ist, auch wenn der Einleitungsbeschluss nicht bekämpft wurde (vgl. VwGH 16.11.1995, 93/09/0001, und vom 28.07.2000, 97/09/0133).
Die Hemmungstatbestände des § 94 Abs. 2 BDG 1979 treten unbedingt und absolut ein. Es kommt ausschließlich darauf an, dass ein Verfahren - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - bei einer der in § 94 Abs. 2 BDG 1979 genannten Gerichte und Behörden anhängig war/ist. Das Verhalten der Disziplinarbehörde während dieser Fortlaufshemmung hat auf die Hemmung der in § 94 Abs. 1 und 1a BDG 1979 genannten Fristen keinen Einfluss (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0012).
Der im Einleitungssatz des § 94 Abs. 2 BDG 1979 genannte "zugrundeliegende Sachverhalt" führt dann zur Hemmung des Laufes der in § 94 Abs. 1 und 1a genannten Fristen, wenn der Beamte - in Idealkonkurrenz - durch ein und dieselbe Tat sowohl eine Dienstpflichtverletzung nach dem BDG 1979 als auch durch ein Delikt, das strafrechtlich oder verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden ist, begangen haben könnte. Die Voraussetzung der Identität des Sachverhalts bedeutet, dass es sich um dieselbe Tat handeln muss, nicht jedoch, dass sich die entsprechenden Sachverhaltselemente vollständig decken müssen. Auch auf die verbale Umschreibung des Verhaltens und auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Benennung der Tat kommt es nicht an. Umgekehrt tritt bei Realkonkurrenz zwischen den genannten Delikten (wenn also z.B. eine Verfolgung wegen eines anderen Verhaltens erfolgt) eine Hemmung jedenfalls nicht ein (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0058).
Ist die Dienstbehörde in mehrere Organisationseinheiten unterteilt, so ist der Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 94 Abs 1 Z 1 BDG mit der Kenntnis des Leiters der Dienstbehörde oder jener Fachabteilung/Unterorganisationseinheit der Dienstbehörde, die für die Behandlung von Disziplinarangelegenheiten (für jene Gruppe von Beamten, der der Verdächtige angehört), zuständig ist, anzunehmen. Die bloße Kenntnis des unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Beamten von den diesem zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzungen reicht hingegen auch dann nicht aus, wenn dieser der Dienstbehörde angehört (Hinweis auf das E 28.7.2000, Zl. 93/09/0182, und die dort wiedergegebene Vorjudikatur; VwGH 15.12.2004, 2003/09/0164).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Im vorliegenden Beschwerdefall wendet der BF Verjährung gemäß § 94 Abs 1 Z 1 BDG ein und begründet dies mit dem Vorliegen eines entsprechenden Verdachtes gegen ihn und seine Kollegen bereits vor der Erstattung der Strafanzeige und damit vor dem Eintreten der Hemmung gemäß § 94 Abs 2 Z 5 BDG. Er begründet dies sinngemäß mit dem Vorliegen einer konkreten Information über den ihn treffenden Verdacht an den damaligen Bundesminister spätestens mit 18.06.2015 (Information über den Revisionsbericht vom April 2015) und der Disziplinarbehörde, dem Abteilungsleiter der DiszBW.
Der Bescheid der belangten Behörde enthält zur Frage der Verjährung keinerlei Ausführungen und enthält auch sonst nur sehr allgemein den Hinweis auf nicht konkret angeführte 2 Abrechnungen "im Zusammenhang mit dem Projekt B", mit dem Hinweis auf die Disziplinaranzeige und ein Sachverständigengutachten. Dies obwohl sich aus dem Akt durchaus Anhaltspunkte für eine Verjährung iSd § 94 Abs 1 Z 1 BDG (6-Monatsfrist) ergeben.
Maßgebend für den Beginn der sechsmonatigen Verjährungsfrist ist die Kenntnis nicht das Kennenmüssen des Sachverhaltes. "Kenntnis erlangt" die Disziplinarbehörde in einer die Frist in Lauf setzenden Weise, wenn sie - von dem später allenfalls als Dienstvergehen zu würdigenden Verhalten des Beamten - ausreichend Mitteilung erhält, wobei nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen (nicht bloß Gerüchte, Vermutungen Dritter), die zu einem begründeten Verdacht führen (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 53) maßgebend ist. Nicht entscheidend ist eine zutreffende rechtliche Subsumtion, also die Kenntnis davon, dass die bekannt gewordenen Tatsachen einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand erfüllen (VwGH 24.03.2004, 2001/09/0005).
Der Revisionsbericht enthält wie festgestellt wurde, die konkreten Rechnungen deren Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit dem BF vorgeworfen wurde und war auch schon zum damaligen Zeitpunkt klar von wem diese erfolgt ist. Es lagen also schon zum Zeitpunkt der Vorlage konkrete Verdachtsmomente gegen den BF vor. Aus dem Revisionsbericht gehen - auch wenn diese namentlich nicht genannt werden - die zuständigen Personen in der damit betrauten Abteilung ebenso hervor, wie dass diesen einen Bruch von Vergabevorschriften sowie eine Nichtnachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung und der Preisangemessenheit vorgeworfen wurde.
Es ist als weiterer Schritt zu prüfen, ob und wann diese Verdachtsgründe (dieses konkrete Wissen) welchen konkreten Organwaltern zur Kenntnis gelangte (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007). Zu dieser entscheidenden Rechtsfrage, fehlen jedoch die notwendigen Ermittlungen der belangten Behörde.
Unstrittig ist der AL DiszBW Disziplinarbehörde. Ebenso sind das aber seine Vorgesetzten bis hin zum Minister selbst als oberste Dienstbehörde gem § 2 Abs 2 DVG iVm § 96 Z 1 BDG, weil sie diesem gegenüber weisungsbefugt sind (vgl VwGH 13.09.2002, 2000/12/0071, 11.12.2002, 99/12/0206; 26.11.1992, 92/09/0101; 15.12.2004, 2003/09/0164).
So ergibt sich aus dem Revisionsbericht vom April 2015 selbst (Seite 7, AS 193), dass das Konzept des Projektes B im November 2014 dem KBM "zur Beurteilung" übergeben wurden, sodass naheliegt, dass auch der spätere Revisionsbericht, der den zuständigen Personen der damit betrauten Abteilung (und damit auch dem BF) einen Bruch von Vergabevorschriften sowie eine Nichtnachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung und der Preisangemessenheit vorwirft, dem Minister nicht vorenthalten wurde.
Dass "der Verdacht" an die "Abteilung DiszBW" (erst) am 06.04.2016 "herangetragen" worden ist (Formulierung aus dem vorläufigen Suspendierungsbescheid), schließt - vor dem Hintergrund der Behauptungen des BF und des Fehlens jeglicher Dokumente über den Aktenlauf des Revisionsberichtes - im Übrigen nicht aus, dass der Revisionsbericht dem AL DiszBW (und/oder dessen Vorgesetzten) nicht schon auch davor in den entscheidenden Teilen bekannt war.
Das BVwG kann nach ständiger Judikatur des VwGH zu § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch machen. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).
Diese Voraussetzungen treffen hier zu. Die Behörde hat jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit und Begründung zur wesentlichen Rechtsfrage, ob Verjährung eingetreten ist, unterlassen. Es wird dabei nicht verkannt, dass diese sich aufgrund der Ressortänderungen möglicherweise schwierig gestaltet hätten, was aber nicht dazu führen darf, dass sie dem BVwG übertragen werden.
Der Spruch und die Begründung des EB entsprechen darüber hinaus nicht den gesetzlichen Vorgaben. So findet sich im Spruch lediglich ein Verweis auf die Disziplinaranzeige und die allgemeine Behauptung einer "fehlerhaften Abrechnung", sowie eine Schadenssumme.
Auch den Anforderungen an die Begründung wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht. Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide ua. dann zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Das innere Ausmaß der Begründungspflicht wird nach der ständigen Rsp des VwGH durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse der Partei bestimmt. Begründungslücken sind dann wesentlich, wenn sie zur Folge haben, dass der Beschwerdeführer über die von der Behörde getroffenen Erwägungen nicht ausreichend unterrichtet und die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes gehindert wird (vgl. zB VwGH 8.3.1989, 86/17/0044; VwGH 19.5.1992, 91/04/0242). Das ist hier der Fall.
Die DK hat im EB nicht nachvollziehbar dargestellt, welche Rechnungen aus welchem Grund fehlerhaft abgerechnet worden sind, wodurch sich ein Gesamtschaden von € 200.000,-- (sic!) ergab und wieso dieser Schaden bzw. die Fehler - trotz der Feststellungen der StA - dem BF vorzuwerfen sind. Der Gutachter F führt beispielsweise bloß zwei Rechnungen aus 2014 (in den Feststellungen des BVwG als 9 und 10 bezeichnet) in seiner Zusammenfassung an und gibt generell an, dass dem A (nicht dem BF) ab Anfang 2014 klar seine hätte müssen, dass der Vertrag nicht erfüllt werden kann. Warum daher Rechnungen, die davor bezahlt bzw. deren sachlichen und rechnerischen Richtigkeit bestätigt wurden, in den EB aufgenommen wurden bleibt im Dunkeln, ebenso eine klare Zuordnung der Rechnungen zu den Feststellungen des SV und der DK, aus denen sich die angeführten Verdachtsgründe ergeben. Auch eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen der StA, wonach dem BF die Expertise zur Beurteilung gefehlt habe, erfolgte in der Begründung des Bescheides nicht, sodass nicht klar ist, warum dem BF dennoch Fehler vorgeworfen wurden. Bei Einstellung des Strafverfahrens kann zwar nicht (mehr) von einem disziplinären Überhang gesprochen werden, was aber nicht ausschließt, dass ein Verdacht einer (allenfalls fahrlässigen) Dienstpflichtverletzung vorliegt, der sodann aber schon im EB nachvollziehbar zu begründen ist, bloße Verweise auf die Disziplinaranzeige oder Gutachten reichen dazu nicht aus.
Die Vornahme der notwendigen Ermittlungen durch das BVwG selbst verbietet sich gem. § 28 Abs 3 VwGVG, den oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten. Die belangte Behörde kann durch eigene Recherche oder Beauftragung der Dienstbehörde gemäß § 123 Abs 1 BDG wesentlich rascher und kostengünstiger die notwendigen Ermittlungen (vgl vorne II.1. und 2.) nachholen und zu einer Entscheidung gelangen, ob die Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der konkret anzuführenden Rechnungen den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung - unter Beachtung des § 94 Abs 1 Z 1 BDG - begründen. Das BVwG müsste dazu aufgrund des Unmittelbarkeitsgrundsatzes eine Verhandlung durchführen, wodurch jedenfalls Zeitverzögerungen und höhere Kosten (Mehrparteienverfahren, Zeugen) entstehen würden.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die zitierte ständige Judikatur des VwGH wird verwiesen.
Schlagworte
Anschuldigungspunkt, Begründungsmangel, Dienstbehörde,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2223666.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020