Entscheidungsdatum
25.10.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W122 2218207-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien, vom 09.11.2018, Zl. P996782/29-MilKdoW/Kdo/ErgAbt/2018(6), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Antrag vom 03.12.2018 ersuchte der Beschwerdeführer um Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes.
2. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 26.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 03.12.2018 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 06.05.2019 bis 05.11.2019 abgewiesen.
Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufschub bis zum Höchstausmaß gewährt worden war. Der Vater des Beschwerdeführers, seine Mutter und seine Schwester stünden dem Unternehmen zur Verfügung und hätten an der ordnungsgemäßen Führung ein wirtschaftliches Interesse.
In vereinzelten Situationen, welche die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich erscheinen ließen, hätte der Beschwerdeführer die Möglichkeit, bei seinem Einheitskommandanten um eine Dienstfreistellung im Sinne des Wehrgesetzes anzusuchen. Es bestünde die Möglichkeit, dass der Einheitskommandant bei Vorliegen wichtiger persönlicher Gründe oder sonstige rücksichtswürdigen Interessen die Genehmigung erteilt, über den Zapfenstreich aus zu bleiben. Familiäre Interessen, hätte der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und es wären solche Interessen im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht erkannt worden.
3. Mit rechtzeitig eingebrachter Beschwerde vom 19.03.2019 ersuchte der Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht möge eine Verhandlung und Einvernahme seines Vaters als Zeugen vornehmen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und die unbefristete Befreiung des Beschwerdeführers feststellen sowie den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und die befristete Befreiung des Beschwerdeführers feststellen.
Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass eine seit 15 Jahren bestehende Firma vernichtet werden würde. Die Situation wäre überraschend und nicht vorhersehbar und planbar eingetreten. Die Zusendung des Antrages vom 19.07.2018 sei am 23.07.2018 per E-Mail erfolgt. Der Vater des Beschwerdeführers könne den Empfang der E-Mail bestätigen. Das Ministerium hätte beim Wechsel der E-Mail-Adresse einen schweren Migrationsfehler begangen.
Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 1 Wehrgesetz, wonach bei einer Antragstellung nach einem Einberufungsbefehl keine aufschiebende Wirkung zu zuerkennen wäre, wären auf den Fall des Beschwerdeführers nicht zutreffend, weil er den Antrag mehr als fünf Monate vor dem Einberufungsbefehl vom 09.11.2018 an das Militärkommando übermittelt hätte. Als Nachweis hierfür diene die Zeugenaussage des Vaters des Beschwerdeführers.
Die belangte Behörde hätte nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Tätigkeitsverbots seines Vaters die Firma bereits 2017 übernommen hätte und nach Abschluss des Studiums als fördernder die Berechtigung absichern hätte wollen und das Unternehmen fortführen hätte wollen. Der Beschwerdeführer warf der belangten Behörde mehrmals "Existenzvernichtung" vor.
Der Beschwerdeführer verwies auf einen Rechtssatz, wonach das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen nur dann zu bejahen wären, wenn der Wehrpflichtige selbst Unternehmer wäre.
Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation des Beschwerdeführers in den folgenden sieben Jahren ändern würde.
4. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Erledigung vom 30.04.2019 unter Anschluss der Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am XXXX wurde der am XXXX geborene Beschwerdeführer für tauglich befunden. Der Antritt des Grundwehrdienstes wurde bis zum XXXX aufgeschoben.
Dem Beschwerdeführer wurde ein Einberufungsbefehl - dem er nicht Folge geleistet hat - am 15.11.2018 durch Hinterlegung zugestellt.
Nach Pensionierung seines Vaters hat der Beschwerdeführer am 01.10.2017 geschäftliche Agenden des XXXX übernommen. Die Mutter des Beschwerdeführers übernahm die Geschäftsführung dieser GmbH.
Im Zeitpunkt des Eingehens wirtschaftlicher Verpflichtungen als Unternehmer war dem Beschwerdeführer seine Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes bekannt. Familiäre Betreuungspflichten, die den Beschwerdeführer binden, liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aus dem Bescheid und den diesbezüglich unbestrittenen Anbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer argumentiert im Wesentlichen damit, dass die wirtschaftliche Existenz einer von Förderungen abhängigen GmbH bedroht wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt in Ermangelung einer anderslautenden Sondernorm Einzelrichterzuständigkeit vor.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da die wesentlichen Sachverhaltselemente zweifelsfrei festgestellt werden konnten, eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung gebracht hätte, eine nicht allzu komplizierte Rechtsfrage gegenständlich ist und Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht.
Zu A)
Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lauten:
"§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. [...]
§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als
1. Grundwehrdienst oder
2. Milizübungen [...]
§ 21 (1) Milizübungen sind auf Grund freiwilliger Meldung oder Verpflichtung sowie nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen zu leistende Waffenübungen. [...]
Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.
(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus
1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und
2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.
Bescheide nach Abs. 1 Z 1 sind, sofern es sich um eine Befreiung wegen einer beruflichen Tätigkeit handelt, dem Auftraggeber für diese berufliche Tätigkeit, insbesondere dem Arbeitgeber des Wehrpflichtigen, zur Kenntnis zu bringen.
(3) [...]
(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."
Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
Der Gegenstand der Beschwerde ist, dass der BF vermeint, aufgrund eines von ihm befürchteten finanziellen Verlustes seines Unternehmens während des Präsenzdienstes läge ein Befreiungsgrund vor. Damit spricht er den Befreiungstatbestand des § 26 Abs. 1 Z 2 an, der vorsieht, dass wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen erfordern, ein Wehrpflichtiger zu befreien ist, sofern nicht zwingende militärische Interessen entgegenstehen.
Es kommt im Gegenstand auf das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen an (da der BF keine familiären Interessen vorgebracht hat).
Unstrittig ist, dass ein drohender Verlust von Aufträgen, Förderungen und damit von Einkommen, wirtschaftliche Interessen darstellen.
Der BF irrt hingegen, wenn er vermeint, diese wären im vorliegenden Fall besonders rücksichtswürdig.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu in ähnlich gelagerten Fällen ua. folgende Aussagen getroffen:
Die Auffassung, wirtschaftliche Interessen des Wehrpflichtigen seien immer dann besonders rücksichtswürdig, wenn durch die Leistung des Präsenzdienstes die wirtschaftlichen Interessen so schwer getroffen würden, dass mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gerechnet werden müsse, ist nicht zielführend, weil dabei außer Acht gelassen wird, dass der Wehrpflichtige derart durch entsprechende Dispositionen die Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht vereiteln könnte. Die wirtschaftlichen Interessen können somit auch dann nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 anerkannt werden, wenn auf Grund der Verletzung der Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden werden, durch die Leistung des Präsenzdienstes eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eintreten könnte (Hinweis E 1. Oktober 1996, 95/11/0400; E 24. April 2001, 2000/11/0082). In einem solchen Fall hätte der Wehrpflichtige die Gefährdung seiner Existenz nämlich selbst herbeigeführt. (VwGH 18.11.2008, 2008/11/0096).
Wenn es der Wehrpflichtige also unterlässt seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 angesehen werden. Ist dem Wehrpflichtigen nämlich bekannt, dass er seiner Präsenzdienstpflicht werde nachkommen müssen, ist er verpflichtet seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass er in der Lage ist seiner Präsenzdienstpflicht nachzukommen (VwGH vom 18.11.2008, GZ. 2008/11/0096). Diese Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass im Fall der Einberufung voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht erst durch das Eingehen von Verbindlichkeiten derartige Schwierigkeiten geschaffen werden, besteht nicht erst ab der Zustellung des Einberufungsbefehls, sondern bereits ab dem Zeitpunkt an dem vom Wehrpflichtigen verlangt werden kann, dass er nunmehr Handlungen unterlässt, die die Erfüllung der mit der Staatsbürgerschaft verbundenen Wehrpflicht vereiteln oder gefährden können (VwGH vom 18.11.2008, 2008/11/0096).
Im Sinne der zitierten Judikatur des VwGH ist der belangten Behörde zu folgen, wenn sie auf Grund der vom BF angeführten wirtschaftlichen Gründe eine Befreiung von der Ableistung des Präsenzdienstes (Milizübung) verneint. Der BF behauptet zwar mutwillige Existenzvernichtung durch die Behörde, vermag diese aber nicht substantiiert zu begründen.
Der Beschwerdeführer hatte mit der Einberufung zum Grundwehrdienst im genannten Zeitraum zu rechnen und die oben dargestellte Harmonisierungspflicht verpflichtete ihn, dass er für diesen Zeitraum keine Aufträge annimmt bzw. diese entsprechend verschiebt. Bereits davor war ihm bewusst, dass er verpflichtet ist, Grundwehrdienst zu leisten und muss er sein Unternehmen so organisieren, dass er in der Lage ist, dieser gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.
Es liegen daher keine rücksichtwürdigen wirtschaftlichen Interessen vor, die ein Befreiung iSd § 26 WG 2001 rechtfertigen würden.
Zusammengefasst haftet dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Ergänzend wird festgehalten, dass die Aufschiebung der Wirkung eines Bescheides, mit dem ein beantragtes Recht nicht zuerkannt wurde nicht bedeutet, dass dieses Recht vorübergehend oder auf Dauer zuerkannt wird. Der Beschwerdeführer blieb daher verpflichtet, den Grundwehrdienst abzuleisten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Frage der Harmonisierungspflicht und der Gefährung wirtschaftlicher Interessen ist durch oben angeführte Entscheidungen hinreichend geklärt.
Schlagworte
Befreiungsantrag, besonders rücksichtswürdige wirtschaftlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W122.2218207.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020