Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §1 Abs2 Z2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/19/0403 E 26. Juni 1998 95/19/1905 E 4. September 1998 96/19/2175 E 22. Mai 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens
undDr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden 1.) des 1983 geborenen AZ, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Wien, sowie 2.) des 1981 geborenen AZ, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 29. Jänner 1996, 1.) Zl. 305.024/5-III/11/96 (betreffend den Erstbeschwerdeführer), sowie 2.) Zl. 305.024/4-III/11/96 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Brüder und stellten am 4. April 1995 durch ihren Vater als gesetzlichen Vertreter bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Als Aufenthaltszweck gaben die Beschwerdeführer den des Schulbesuches (Hauptschule) an. Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien je vom 24. November 1995 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) unter Berücksichtigung der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, abgewiesen. In den dagegen von der Mutter der Beschwerdeführer (als deren gesetzliche Vertreterin) erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer vor, aus Bosnien nach Österreich geflohen zu sein und zur Zeit bei der Evangelischen Kirche in Betreuung zu stehen. Eine diesebezügliche Bestätigung werde vorgelegt; damit sei sowohl eine ordentliche Unterkunft als auch ein "gesicherter Lebensunterhalt gesichert". Im erstinstanzlichen Bescheid seien die persönlichen und familiären Umstände nicht berücksichtigt worden. Den Berufungen lagen jeweils eine Bestätigung des "S (evangelische Tagungsstätte)" bei, aus der hervorgeht, daß die Familie der Beschwerdeführer (neben diesen auch ihre Eltern und eine Schwester) dort wohnhaft seien.
Mit Bescheiden des Bundesministers für Inneres je vom 29. Jänner 1996 wurden die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z. 2, § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. Die belangte Behörde stellte in diesen Bescheiden gleichlautend fest, daß die Anträge der Eltern der Beschwerdeführer abgewiesen worden seien, ebenso die Berufungen der Eltern, weshalb der Lebensunterhalt der Beschwerdeführer nicht gesichert sei. Durch die Abweisung der Anträge der Eltern sei den Beschwerdeführern auch keine auf § 3 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 AufG begründete Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 EMRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 AufG lauteten:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten, wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0857, m.w.N). Die Behörde kann von den Angaben des Antragstellers hinsichtlich der Bestreitung seines Unterhaltes selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 5 AufG heranzieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0355).
Die Beschwerdeführer verwiesen hinsichtlich der in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Dauer des Aufenthaltes auf das nicht näher bezifferte Einkommen ihres Vaters. Diesbezügliche Belege wurden den Anträgen nicht beigelegt, sondern auf das Verwaltungsverfahren des Vaters der Beschwerdeführer verwiesen. Dieser Hinweis vermag zur Glaubhaftmachung des gesicherten Unterhalts der Beschwerdeführer aber deshalb nichts beizutragen, weil der Vater der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Das Einkommen des im Inland nicht aufenthaltsberechtigten Vaters der Beschwerdeführer aus einer - aus der Sicht des Aufenthaltsgesetzes unzulässigen (vgl. § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG) - Erwerbstätigkeit desselben ist nicht geeignet, den Unterhalt der Beschwerdeführer zu sichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/3539, 3540).
Für die Beurteilung der Frage, ob der Unterhalt der Beschwerdeführer für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung gesichert ist, ist allein die Vorfrage maßgeblich, ob auch der unterhaltspflichtige Vater für die Dauer der beantragten Bewilligung über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügt. Unerheblich ist es demgegenüber, ob ihm die Erteilung einer solchen Bewilligung zu Recht oder zu Unrecht verweigert wurde. Auch im Falle einer rechtswidrigen Abweisung des Antrages des Vaters der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wäre er - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - nicht zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen. Daran hätte auch eine - letztlich nach Zuerkennung der Verfahrenshilfe aber nicht erfolgte - Einbringung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof und ein damit verbundener Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts geändert. Die belangte Behörde hatte lediglich zu prüfen, ob der Vater der Beschwerdeführer im Inland aufenthaltsberechtigt war, nicht aber, ob ihm bei rechtsrichtiger Beurteilung aufgrund seines Antrages eine Bewilligung zu erteilen gewesen wäre. Der Hinweis auf das Einkommen des Vaters der Beschwerdeführer in den verfahrensgegenständlichen Anträgen war daher nicht geeignet, den gesicherten Unterhalt der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen.
Auch den Berufungen ist lediglich der Hinweis zu entnehmen, daß ein "gesicherter Lebensunterhalt gesichert" sei; aus der beigelegten Bestätigung der Evangelischen Kirche ergibt sich aber nicht, daß, in welcher Höhe und für wie lange die Beschwerdeführer finanziell unterstützt würden. In den Beschwerden wird auf ein Einkommen des Vaters nicht mehr verwiesen, sondern erstmals geltend gemacht, andere Familienangehörige (Onkel und Tanten) der Beschwerdeführer würden diese finanziell unterstützen, auch wurde erstmals in der Beschwerde eine Bestätigung des Evangelischen Flüchtlingsdienstes Österreich vorgelegt, wonach die Beschwerdeführer auch finanziell (Kosten für Essen, Unterkunft und im Notfall medizinische Betreuung) unterstützt würden. Die Vorbringen in den Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhaltes durch dritte Personen (Onkeln, Tanten, Evangelischer Flüchtlingsdienst Österreichs) erweisen sich - ungeachtet der Frage ihrer Tauglichkeit - aufgrund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes als unbeachtlich.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß die Beschwerdeführer ihrer Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinn des § 5 leg. cit. vorliege, nicht nachgekommen seien.
Dieses Ergebnis erweist sich auch vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig. Insoweit die Abweisung der Anträge auf Erteilung der gegenständlichen Bewilligungen zum Zwecke des Schulbesuches überhaupt in das durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützte Recht der Beschwerdeführer eingriffe, wäre dieser Eingriff gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führte nämlich zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen sind derart gewichtig, daß sie einen Eingriff in ein allenfalls bestehendes Recht der Beschwerdeführer auf Familiennachzug notwendig machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/1398).
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191802.X00Im RIS seit
02.05.2001