TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/8 97/19/1373

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Veröffentlicht am 08.05.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1976 geborenen NE in der Türkei, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juni 1997, Zl. 120.502/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin richtete am 28. Februar 1996 (Datum der Postaufgabe) an die österreichische Botschaft in Preßburg eine Eingabe, in welcher ein von ihr ausgefüllter und unterfertigter Formularantrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sowie ein von ihrem Rechtsvertreter unterfertigtes Schreiben vom 5. Dezember 1995 enthalten waren. Im Formularantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gab die Beschwerdeführerin als Aufenthaltszweck sowohl die Ausübung einer unselbständigen, als auch einer selbständigen Erwerbstätigkeit sowie die Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich lebenden Ehegatten an.

In dem anwaltlich gefertigten Schreiben vom 5. Dezember 1995 wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei mit einem in Österreich aufhältigen Fremden verheiratet und beabsichtige, eine Ehe- und Familiengemeinschaft mit diesem zu gründen. Sie beantrage die Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG mit einer Gültigkeit von 24 Monaten ab Entscheidung.

Die österreichische Botschaft in Preßburg leitete diese Eingabe an den Landeshauptmann von Wien weiter, wo sie am 12. März 1996 einlangte.

Mit Eingabe vom 20. September 1996, bei der belangten Behörde eingelangt am 23. September 1996, machte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungspflicht in Ansehung ihres am 28. Februar 1996 zur Post gegebenen Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes vom Landeshauptmann von Wien auf den Bundesminister für Inneres geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juni 1997 gab die belangte Behörde dem Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 20. September 1996 gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG statt. Hingegen wies sie ihren Antrag vom 28. Februar 1996 "auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG" gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Unter der Überschrift "Beschwerdepunkt" führt die Beschwerdeführerin aus wie folgt:

"Durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26.06.1997 wird der Bf in seinem Recht auf Erteilung eines SV gemäß § 6 Abs 1 Z 1 FrG verletzt, wenn die Voraussetzungen für die Antragsstattgebung gegeben sind."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 und 2 AufG lauteten:

"§ 1. (1) Fremde (§ 1 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992) brauchen zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden "Bewilligung" genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt.

(2) Von Fremden, die sich

1. innerhalb eines Kalenderjahres länger als sechs Monate tatsächlich oder

2. zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, wird für Zwecke dieses Bundesgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen."

§ 6 Abs. 1 Z. 1 und § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes (FrG) lauteten:

"§ 6. (1) Sichtvermerke werden ausschließlich als

1. gewöhnliche Sichtvermerke;

...

erteilt.

§ 7. ...

(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin ausschließlich behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG verletzt zu sein. Nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A).

Die Beschwerdeführerin wäre jedenfalls dann nicht im Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG verletzt, wenn die Aufenthaltsbehörden zu Recht annahmen, daß sie für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG benötigte, weil ihr diesfalls gemäß § 7 Abs. 7 FrG kein Sichtvermerk nach dem letztgenannten Bundesgesetz erteilt werden durfte.

Im Hinblick auf die im Schreiben vom 5. Dezember 1995 bekundete Absicht, in Österreich eine Ehe- und Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten zu begründen, und auf die beantragte Dauer des Sichtvermerkes von 24 Monaten einerseits, sowie im Hinblick auf ihre Angaben im Formularantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wonach sie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beabsichtige, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 1 und 2 AufG keine Bedenken dagegen, daß die belangte Behörde von der Annahme ausging, die Beschwerdeführerin benötige eine Aufenthaltsbewilligung und folglich ihren Antrag in seiner Gesamtheit, also einschließlich des Schreibens vom 5. Dezember 1995, als solchen gemäß § 6 AufG wertete.

Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß die Beschwerdeführerin - etwa aus dem Grunde des § 1 Abs. 3 AufG - keine Bewilligung benötigt hätte.

Die Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur inhaltlichen Entscheidung über den als solchen gemäß § 6 AufG gewerteten Antrag durch die belangte Behörde erfolgte nach dem Vorgesagten zu Recht. Im Hinblick auf die Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (jedenfalls bei Entscheidung einer zuständigen Behörde) auf den geltend gemachten Beschwerdepunkt (hier: Versagung eines gewöhnlichen Sichtvermerkes) war im vorliegenden Zusammenhang nicht zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid etwa auch in ihrem Recht auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahren erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997191373.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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