TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/20 W196 2109781-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W196 2109776-2/9E

W196 2109783-2/8E

W196 2109781-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX ,

2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom ad 1.) und 2.) 18.07.2016 sowie ad 3.) vom 18.07.2017 (gemeint ebenfalls 18.07.2016), Zl. ad 1.) 1030683606-160291072, ad 2.) 1030683704-160291005 und ad 3.) 1030683802-160291048, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen, mit der Maßgabe, sowie gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festgestellt, dass die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig und ihre Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG und § 46 FPG in die Ukraine zulässig waren.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige der Ukraine und der ukrainischen Volksgruppe zugehörig, reisten am 04.09.2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten noch am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz.

Im Rahmen ihrer Erstbefragung am 05.09.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes schilderte der Erstbeschwerdeführer (in der Folge BF1), dass er zuletzt in XXXX gelebt habe, er habe noch seine Eltern und eine Schwester in der Ukraine. Sie seien in einem LKW versteckt ausgereist. Der Fluchtgrund liege darin, dass in der Ukraine Krieg herrsche, er sei im August 2014 mehrmals von Militärangehörigen aufgesucht worden, er hätte "freiwillig" in den Krieg ziehen sollen.

Die Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge BF2) schilderte in ihrer Erstbefragung am selben Tag, dass sie ebenfalls noch die Eltern und eine Schwester in der Ukraine habe. In der Ukraine herrsche Krieg, der Mann hätte als "Freiwilliger" in den Krieg geschickt werden sollen. Sie selbst habe an der Akademie des Innenministeriums studiert, zwei Frauen aus ihrer Gruppe seien bereits vom Militär eingezogen worden. Der Mann würde ins Gefängnis kommen, sie selbst würde vermutlich auch eingezogen werden. Ihre Angaben würden auch für ihren Sohn, den Drittbeschwerdeführer (in der Folge BF3) gelten.

Am 17.03.2015 wurde der BF1 durch das BFA niederschriftlich befragt. Der BF1 schilderte, im Wesentlichen gesund zu sein, er sei gemeinsam mit der BF2 und dem gemeinsamen Sohn eingereist, habe ansonsten keine Familienangehörigen in Österreich. Seine Eltern und seine Schwester würden noch in der Ukraine leben, ebenso die Eltern und die zwei Schwestern der BF2. Er selbst habe mit seiner Familie bei den Eltern der BF2 in deren Wohnung gelebt und habe als Verkaufsmanager für gefrorene Lebensmittel in XXXX gearbeitet. Er selbst habe am 27.08.2014 die Arbeit gekündigt. Der Fluchtgrund wurde vom BF1 - verkürzt wiedergegeben - dahingehend geschildert, dass in XXXX und in der Ukraine Unordnung gewesen sei, nachdem der Präsident geflüchtet war. Maskierte und bewaffnete Leute seien auf den Straßen herummarschiert, mit der Zeit sei es ruhiger geworden und hätte im Sommer 2014 eine "anti-terroristische Operation" begonnen, die bis heute andauere. Bataillone seien formiert worden, man habe aufgerufen, dass die Männer zum Militär einrücken sollten, das sei illegal erfolgt. Die Leute seien bei der Arbeit aufgefordert worden, auf "freiwilliger Basis" zum Militär einzurücken, wären aber dazu gezwungen worden und hätten die Militärs diese Leute in den Osten geschickt. Junge Leute seien dort gestorben, seien gut bezahlt worden, das seien die Gerüchte. Er selbst habe Angst gehabt, in die Armee einzutreten, die Soldaten hätten selbst dafür bezahlen sollen, um Kleidung und Ausrüstung zu bekommen. Am 22.08.2014 habe er gesehen, dass Leute mit Militäruniformen bei seiner Haustür geläutet hätten, er habe zur BF2 gesagt, diese solle die Türe öffnen und sagen, dass er schon in die Arbeit gegangen sei. Die Uniformierten hätten dann der BF2 gesagt, dass er sich bei einer Militärstation melden solle, er sei jedoch dort nicht hingegangen. Aus Angst davor, dass diese Soldaten auch in die Arbeit kommen könnten, habe er sich eine Woche freigenommen und habe der BF2 gesagt, dass er sich bei Freunden befinde. Anfang der Woche hätte ihn sein Chef angerufen und gesagt, dass Militärangestellte nach ihm gesucht hätten, diese hätten den Chef auch bedroht. Er habe einen Schlepper organisiert, die Polizei sei ein weiteres Mal bei ihm zu Hause gewesen, dabei sei nach ihm gesucht worden. Der Chef habe ihm eine Belohnung ausbezahlt, er habe dem Chef alles erklärt und dieser habe ihm das Geld gegeben. Danach sei er mit der BF2 und dem BF3 geflüchtet. Auf weitere Befragung schilderte der BF1, dass er bereits auf der Universität einen Vorbereitungskurs für den Militärdienst abgeschlossen habe, dies sei im Jahr 1998 gewesen. Auf die Frage, warum gerade er zum Militär eingezogen werden solle, wo er doch niemals beim Militär gewesen sei, meinte der BF1, dass seines Wissens alle möglichen Leute in die Armee genommen würden. Er sei bisher aufgefordert worden, "freiwillig" in die Armee einzutreten, wenn etwas passiere, bekomme man dann keine Sozialunterstützung. Auf die Frage, warum er nicht bei der Militärstelle nachgefragt habe, um abzuklären, was mit ihm zu geschehen hätte, meinte der BF1, dass ohnedies klar gewesen sei, was die Leute der Militärstelle von ihm gewollt hätten. Es sei die Pflicht eines Staatsbürgers, sich bei der Militärstelle zu melden, jedoch seien die jüngeren Männer betrogen worden, Ukrainer würden gegen Ukrainer kämpfen, die Standorte der Truppen würden verraten werden und dadurch würden die Soldaten getötet werden. Sonst habe er niemals Probleme mit den ukrainischen Behörden gehabt, er sei niemals in Haft gewesen und habe niemals eine Straftat verübt. Für den Fall der Rückkehr befürchte er, verfolgt zu werden. Er müsste ins Gefängnis gehen, weil er sich vor dem Militär versteckt habe. Außerdem wolle er nicht (im Krieg) getötet werden, er wolle nicht gegen Ukrainer kämpfen. Die Militärpflicht gehe mittlerweile bis 50 Jahre, jetzt würden alle einberufen werden.

Die BF2 schilderte im Rahmen ihrer Befragung vor der belangten Behörde am 17.03.2015, dass sie bis März 2014 gearbeitet habe, sie habe nebenbei gearbeitet und an der Polizeiakademie studiert. Sie sei mit den eigenen Eltern in telefonischem Kontakt, diesen gehe es nicht so gut, habe doch der BF1 die Familie versorgt. Der BF1 sei Manager gewesen, er sei im Verkauf tätig gewesen und habe Getreide, gefrorenen Fisch, Butter und Milch verkauft. Die BF2 schilderte das Erscheinen von Männern in Militäruniformen, die gewollt hätten, dass der BF1 bei der Militärstation erscheine. Den Auslandsreisepass würde sie sich nicht nachschicken lassen, dieser sei versteckt bei den Eltern zu Hause. Aus ihrer Sicht mache der Krieg keinen Sinn, die Leute würden trotzdem kämpfen und sei die Situation in der Ukraine außer Kontrolle. Die Leute würden freiwillig und unfreiwillig zum Militär gehen müssen, sie würden gezwungen werden. Sie selbst würde noch zwei Jahre bis zur Beendigung der Ausbildung als Psychologin benötigen, der BF1 habe Angst vor dem Krieg gehabt, dieser wolle nicht kämpfen und umsonst sterben. Sie selbst habe keine Ladung erhalten und vermute, dass auch keine Ladung kommen werde. Zum Leben in Österreich befragt, meinte die BF2, dass sie keinen Deutschkurs besuche, der Sohn besuche die erste Klasse Volksschule, mit diesem würde sie lernen, ansonsten gäbe es nichts vorzubringen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.06.2015 wurde jeweils unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 04.09.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Ukraine abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Darin wurde die Identität der Beschwerdeführer festgestellt. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen seien bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten. Die behaupteten Fluchtgründe hätten nicht feststellt werden können. Eine systematische und schwerwiegende Schlechterbehandlung bei der Ableistung des möglichen Militärdienstes könne nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführer seien gesund und arbeitsfähig. Beweiswürdigend wurde insbesondere ins Treffen geführt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer die Anforderungen, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, nicht erfülle. Rechtlich wurde zu Spruchteil I. ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnten. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher im Lichte der GFK zur Gewährung von Asyl führen hätte können. In rechtlicher Hinsicht sei Wehrdienstverweigerung oder Desertion nur dann asylrechtlich relevant, wenn eine erhebliche Benachteiligung oder eine härtere Bestrafung drohe. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei. Davon, dass praktisch jedem, der in die Ukraine abgeschoben werde, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohe, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erscheine, könne nicht die Rede sein. Vom Fehlen jeglicher Existenzgrundlage im Herkunftsstaat könne im Fall der BF nicht ausgegangen werden, zumal der BF1 vor der Ausreise gearbeitet habe und über familiäre bzw. private Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfüge. Zu Spruchteil III. wurde dargelegt, dass sich Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht ergeben hätten. Die BF würden sich vergleichsweise kurz - nämlich ein Jahr lang - im Bundesgebiet aufhalten. Auch habe betreffend die illegal eingereisten BF keine nennenswerte Integration festgestellt werden können. Angesichts der öffentlichen, fremdenrechtlichen Interessen an einer Ausweisung liege keine Verletzung des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vor. Aufgrund der kurzen Dauer des Aufenthaltes in Österreich und mangels privater Interessen in Österreich könne von keiner nachhaltigen Integration ausgegangen werden, die schwerer als das öffentliche Interesse an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wiegen würde. Außergewöhnliche Umstände, die dennoch im Einzelfall eine andere Beurteilung angezeigt erscheinen ließen, seien nicht hervorgekommen. Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Ukraine zulässig sei, zumal den BF in der Ukraine keine Gefährdung drohe, was bereits in Spruchpunkt II. ausführlich geprüft worden sei. Mangels besonderer Umstände wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015, Zlen. W226 2109776-1/8E, W226 2109783-1/8E und W226 2109781-1/8E, als unbegründet abgewiesen und dies zusammengefasst damit begründet, dass es nach den eingeholten Länderberichten in der Ukraine bei der Mobilisierung aus Anlass des Konfliktes in der Ostukraine oder im Zuge des Militärdienstes zu keiner Diskriminierung ethnischer Russen oder anderer ethnischen Minderheiten kommt und auch unverhältnismäßige Strafen im Fall der Wehrdienstverweigerung oder Desertion nicht ersichtlich gewesen seien. Vielmehr fänden rechtsstaatliche Verfahren statt, in denen mehrjährige Strafen ausgesprochen werden könnten, woraus zu schließen gewesen sei, dass auch für Strafverfahren betreffend Desertion und Wehrdienstverweigerung Entsprechendes gilt. Außerdem stelle die mögliche Einberufung des BF1 zum Militärdienst in der dargelegten Konstellation keine asylrelevante Verfolgung dar. Das Gleiche gelte für die BF2, die wegen ihres Studiums an der Universität des Innenministeriums eine Einberufung befürchte bzw. mutmaße (zu Spruchpunkt I.). Ferner wurde dargelegt, dass ausgehend von den allgemeinen Länderberichten nicht jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der Ukraine einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt sei und auch eine völlige Perspektivenlosigkeit für die BF im Fall einer Rückkehr schlichtweg nicht erkennbar sei. Auch sei eine allfällige Bestrafung für den Fall, dass die Beschwerdeführer in Zukunft Einberufungen nicht Folge leisten würden, einerseits hypothetisch und andererseits lasse sich nicht feststellen, dass Wehrdienstverweigerer bzw. Deserteure mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unter Art.3 EMRK-widrigen Umständen in besonders kritisierten temporären "Polizeigefängnissen" oder "Untersuchungsgefängnissen" angehalten würden. Weiters habe der BF1 vor der Ausreise als Verkäufer gearbeitet und damit sein finanzielles Auslangen gefunden, weshalb er dort seinen Lebensunterhalt auch durch eigene notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten könne. Gleiches gelte für die BF2, welche in der Ukraine ebenfalls gearbeitet und studiert habe. Unter diesen Aspekten hätten sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würden. Zudem seien die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen und hätten dort bis vor einem Jahr gelebt, würden die Sprache beherrschen und seien mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut. Unter Hinweis auf die Länderfeststellungen könne betreffend die (West)Ukraine nicht festgestellt werden, dass die Rückbringung in den Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 ASylG 2005 unzulässig wäre. Die erwachsenen BF würden an psychischen Störungen leiden, welche sich in Schlafstörungen äußerten. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich eine medizinische Grundversorgung in der Ukraine und damit eine adäquate Behandlung physischer und psychischer Erkrankungen. Eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Fall einer Abschiebung in den Herkunftsstaat sei nicht vorgebracht worden und auch nicht fassbar (zu Spruchpunkt II.) Die Rückkehrentscheidung betreffe sämtliche Familienmitglieder und greife nicht in ihr Familienleben ein. Die BF hätten während ihres rund einjährigen Aufenthaltes geringe Integrationsschritte gesetzt und hätten stärkere Anknüpfungspunkte an ihren Herkunftsstaat, wo sie in finanzieller Unabhängigkeit gelebt hätten und über familiären Anschluss verfügten. Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung würden die privaten Interessen der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Die Rückkehrentscheidung sei dringend geboten und auch nicht unverhältnismäßig. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 lägen demnach nicht vor. Die Abschiebung gemäß § 46 sei mangels Gründen nach § 50 FPG auch zulässig. Die Frist gemäß § 55 FPG sei rechtmäßig festgelegt worden. (zu Spruchpunkt III.). Dieses Erkenntnis erwuchs hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides am 10.11.2015 sowie zu Spruchpunkt III. am 06.11.2015 in Rechtskraft.

Gegenständliches Verfahren:

Bereits am 24.02.2016 stellten die Beschwerdeführer den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.02.2016 begründete der BF1 seinen Folgeantrag dahingehend, dass er im Fall der Rückkehr er eine Gefängnisstrafe befürchte und Angst um sein Leben habe. Die "geänderten" Fluchtgründe seien ihm seit ca. 2 Monaten bekannt. Das Sorgerecht für seinen Sohn komme seiner Frau zu. Seit seiner ersten Antragstellung habe er Österreich nicht verlassen. Die BF2 gab in ihrer Erstbefragung am selben Tag als Grund für die erneute Antragstellung an, dass sie Angst um das Leben ihrer Familie sowie davor habe, von einer nationalistischen Gruppe verfolgt zu werden. Die Änderung ihrer Fluchtgründe sei ihr seit etwa zwei Monaten bekannt. Sie habe das Bundesgebiet seit ihrer ersten Asylantragstellung nicht verlassen. Für den BF3 legte sie Nachweise über den Besuch der ersten und zweiten Klasse der Volksschule vor.

Am 26.04.2016 wurde der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Dabei brachte er zusammengefasst vor, dass er nun Beweise zu seiner Einberufung habe. Seine Schwiegermutter habe Fotos gemacht und gesendet, die Leute seien Anfang Februar und Anfang März (2016) dort gewesen. In der Ukraine befürchte er eine Gefängnisstrafe von 2 bis 5 Jahren, er habe Angst vor den Nationalisten. Als weiteren Fluchtgrund nannte er das Schulsystem, welches auf Patriotismus aufgebaut und wonach der BF1 ein Verräter sei. Zum Vorhalt eines Berichtes der Staatendokumentation vom 11.01.2016, dass nur wenige Verweigerer (2 im Juli 2015) effektiv zu 2 Jahren verurteilt wurden und die meisten Verwaltungsstrafen erhielten, brachte er die Existenz eines Registers über Wehrdienstverweigerer vor, wodurch diese bei der Aufnahme von Krediten, Arbeitsplatzsuche und Inanspruchnahme von anderen Leistungen behindert und von der Gesellschaft ausgeschlossen würden. In Österreich besuche er einen A2-Deutschkurs und gehe in seiner Freizeit spazieren. Er habe auch einige Bekannte hier. Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch Sozialleistungen. Zu den ihm vorgehaltenen Länderberichten nahm er Stellung. Vorgelegt wurden A2-Deutschkursbesuchsbestätigungen für den BF1 und die BF2, 3 Unterstützungsschreiben und ein Konvolut an ukrainischen Urkunden in Kopie.

Die BF2 gab am selben Tag anlässlich ihrer Einvernahme beim BFA zusammengefasst auf Russisch an, nach dem vorgelegten Befund eines LKH vom 18.04.2016 an einer "posttraumatischen Belastungsstörung" zu leiden, welche medikamentös behandelt werde. Der BF3 sei gesund. Ihre Eltern und ihre Schwester würden in XXXX leben, zu welchen sie via Skype oder Viber Kontakt habe. Zu den Fluchtgründen für das neuerliche Asylverfahren gab sie an, dass der BF1 zwei Dokumente (eine Ladung zur Militärstation und eines über die Einleitung eines Verfahrens gegen ihn) habe und dass sie wegen der ihrem Mann drohenden Verhaftung nicht zurückkehren könnten. Sie habe Angst um das Leben ihres Mannes. Sie wisse nicht was passieren werde, jetzt gebe es eine nationalistische Regierung. Nach den Fluchtgründen des BF3 befragt, gab sie an, sie sorge sich um das Leben ihres Sohnes und weil Nationalisten in der Regierung seien. In Österreich habe sie Freunde und besuche einen Deutschkurs. Sie sei nicht Mitglied in einem Verein, sondern beschäftige sich mit ihrem Sohn (Spazierengehen, Radfahren). Sie würde auch gerne freiwillige Arbeit leisten. Zu den ihr zur Kenntnis gebrachten Länderberichten nahm sie Stellung. Sie wiederholte, um das Leben ihres Mannes und ihres Sohnes zu fürchten. Sie wolle ihre Ausbildung abschließen und künftig arbeiten und ihren Sohn erziehen, damit er einen Beruf erlerne.

Der BF1 wurde am 20.06.2016 erneut beim BFA niederschriftlich einvernommen und brachte dabei vor, dass er die angeführten Beweise nach wie vor nicht im Original erhalten habe, da diese nur an den Adressaten übergeben würden. Zu den ihm neuerlich vorgehaltenen Länderberichten nahm er Stellung. In Österreich sei seine Versorgung gesichert, er helfe einer alten Frau ehrenamtlich im Garten und besuche den A2-(Deutsch)Kurs.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz vom 24.02.2016 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht. Dazu folgerte das BFA, dass die Identität der BF feststehe. Sie seien Staatsangehöriger der Ukraine und christlich orthodoxen Glaubens. Der BF1 und die BF2 seien verheiratet und die Eltern des BF3. Die Eltern und Schwiegereltern sowie Geschwister des BF1 und der BF2 würden noch im Herkunftsstaat leben. Der BF1 und BF3 seien gesund, die BF2 leide an einer (medikamentös behandelten) "Posttraumatischen Belastungsstörung". Die BF würden an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung leiden, welche bei einer Rückkehr in die Ukraine eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde. Sie seien am 04.09.2014 illegal ins Bundesgebiet eingereist. Der erste Antrag sei letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015 abgewiesen worden. Der eingebrachte Folgeantrag stütze sich auf keine neuen Umstände. Weder an der allgemeinen noch an der individuellen Lage in der Ukraine habe sich seit Rechtskraft der Entscheidung zum ersten Verfahren etwas nachteilig geändert. Das BFA gehe demnach davon aus, dass die BF den Folgeantrag nur gestellt hätten, um einer Abschiebung in die Ukraine zu entgehen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die BF nach ihrer Rückkehr einer besonderen Bedrohung ausgesetzt wären oder in eine aussichtlose Lage geraten würden; die posttraumatische Belastungsstörung der BF2 sei in der Ukraine behandelbar. Ihr Privat- und Familienleben habe sich seit der ersten Entscheidung nicht geändert. Sie verfügten über kein Eigentum und würden ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet aus der Grundversorgung bestreiten und würden nicht Deutsch sprechen. Verwandte würden noch in der Ukraine leben. Ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich nach illegaler Einreise resultiere aus wiederholten unberechtigten Asylanträgen. In ihrer Beweiswürdigung folgerte die Behörde, dass die Identität der BF auf Grund der vorgelegten Dokumente feststehe. Nach ihren Vorbringen zum jeweiligen Gesundheitszustand würden die BF weder an schweren Krankheiten leiden noch bestehe ein längerfristiger Pflege- und Rehabilitationsbedarf. Es sei nicht glaubhaft, dass die Ladung des BF1 zur Militärstation zwar nicht an seiner Wohnanschrift abgegeben es jedoch seinen Verwandten gestattet worden wäre, davon Fotos zu machen. Die Behörde gehe davon aus, dass es sich um Gefälligkeitsdokumente handle, zumal der BF1 am 20.06.2016 noch angegeben habe, dass ihm die Ladungen nicht zugestellt worden seien. Auch sei der Übersetzung zu entnehmen, dass der BF1 zur Einvernahme am 07.03.2016 geladen worden sei, und es sich nicht wie behauptet um einen Nachweis der Strafverfolgung handle. Selbst für den Fall, dass die vorgelegten Dokumente echt seien, ergebe sich bereits aus dem Erkenntnis des BVwG vom 03.11.2015, dass dem BF1 selbst bei Nichtbefolgung zukünftiger Einberufungen zum Militär keine schlechtere Behandlung als anderen Ukrainern drohen würde, womit ihm keine asylrelevante Verfolgung drohe. Zudem ergebe sich aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.01.2016, dass nur in wenigen Fällen (im Juli 2015 2 Personen) effektiv zu 2 Jahren Haft verurteilt worden seien und in den meisten Fällen Verwaltungsstrafen gegen (Wehrdienst)Verweigerer verhängt worden seien. Demnach hätten sich keine neuen Fluchtgründe ergeben und liege bezüglich der Folgeanträge entschiedene Sache vor. Nach Auffassung des BFA seien die Folgeanträge lediglich zur Verhinderung der Abschiebung eingebracht worden und habe den BF die Aussichtslosigkeit der Verfahren bewusst sein müssen. Zum Privat- und Familienleben der BF wurde ausgeführt, dass sich seit Abschluss des Vorverfahrens keine relevanten Änderungen ergeben hätten. Sie hätten familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, Hinweise auf eine berücksichtigungswürdige Integration in Österreich seien nicht erkennbar. Die BF würden ihren Lebensunterhalt aus der staatlichen Grundversorgung bestreiten, bloß Deutschkurse (BF1 und BF2) bzw. die Volksschule besuchen (BF3) und spazieren gehen oder ehrenamtlich Gartenarbeiten verrichten (BF1). Rechtlich führte die Behörde aus, dass dem gegenständlichen Vorbringen des BF1 und der BF2 kein neuer, asylrelevanter Sachverhalt zu entnehmen und für das Bundesamt somit auch kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt feststellbar sei. Der Antrag sei daher in Bezug auf Asyl und subsidiären Schutz zurückzuweisen gewesen. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen der BF ergäben sich die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG. Die Ausweisung betreffe die gesamte Kernfamilie (BF1-BF3), sodass eine Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in ein Familienleben darstelle. Die BF seien im September 2014 gleichzeitig und illegal nach Österreich eingereist. Die Verfahren seien gleichzeitig abzuschließen sowie eine gemeinsame Rückführung in die Ukraine vorgesehen, sodass die Einheit der Familie gewahrt bleibe. Eine Integrationsverfestigung der BF in Österreich habe nicht festgestellt werden können und stehe ihr bisher in Österreich etabliertes Privatleben einer Abschiebung in die Ukraine nicht entgegen. Ihr Aufenthalt basiere lediglich auf einem vorläufigem Aufenthaltsrecht als Asylwerber, welches jedoch qualitativ nicht mit einem rechtmäßigem Aufenthalt nach dem Niederlassungsgesetz gleichzustellen sei. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 komme daher nicht in Betracht. Mangels Gefährdung im Sinne des § 50 FPG sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, eine Abschiebung der BF in die Ukraine sei zulässig. Im Fall der Zurückweisung bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Gegen die oben angeführten Bescheide des BFA erhoben die BF im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung am 01.08.2016 gemeinsam und fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der BF1 erneut Asyl beantragt habe, als er neue Beweismittel vorlegen habe können und dass die Situation sich insofern geändert habe, als die Staatsanwaltschaft gegen ihn Anklage erhoben habe. Der BF1 hätte unter Ausübung von militärischem Zwang in den Bürgerkrieg eingezogen werden sollen und man werde nicht in Ruhe gelassen, wenn man der Einberufung nicht Folge leiste. Da es an der Front immer wieder zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit komme sowie Soldaten fast nicht versorgt würden, stelle dies eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Mittlerweile sei gegen den BF Anklage erhoben worden und er müsse eine Inhaftierung unter Art.3 EMRK-widrigen Haftbedingungen in der Ukraine befürchten. Die BF seien von den vorläufigen Beweisergebnissen nicht in Kenntnis gesetzt worden und hätten somit der Beweiswürdigung nicht entgegentreten können, was sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt habe, was auch eindeutig Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/83 EG widerspreche. Hiezu wurde aus dem Urteil des EuGH vom 22.11.2012 zu C-277/11 sowie aus dem Urteil des EuGH vom 18.12.2008 zu C-349/07 zitiert. Danach hätte die Behörde den BF Gelegenheit geben müssen, auf die verfehlte Beweiswürdigung zu reagieren. Diese sei willkürlich und vermöge die Zurückweisung des Folgeantrages der BF nicht zu begründen. Die Behörde hätte die Echtheit der vorgelegten Dokumente mit Hilfe eines länderkundigen Sachverständigen zu ermitteln gehabt, ehe sie den Vorwurf, es handle sich bei den vorgewiesenen Beweisen um Gefälligkeitsdokumente, hätte erheben können. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die von den BF vorgelegte Urkunde keinen Beweis für eine Strafverfolgung darstelle, zumal darin von der "Einleitung des Strafverfahrens wegen Wehrdienstverweigerung (§ 334 StGB)" die Rede sei. Auch in Österreich würden die Ermittlungen für die Staatsanwaltschaft durch die Polizei durchgeführt. Die BF möchten nochmal darauf hinweisen, dass ein Konflikt, in dem es zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit komme, nichts mit gesetzmäßiger Einberufung und eine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung nicht mit gesetzmäßigem Vorgehen des Staates zu tun habe und jedenfalls staatliche Verfolgung darstelle. Die Länderberichte würden bestätigen, dass es zu Gefängnisstrafen für Wehrdienstverweigerung komme (S28) und die Haftbedingungen Art. 3 EMRK verletzten (S29). Die Behörde habe sich jedenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch mit der Richtigkeit des Vorbringens bestätigenden Elementen auseinander zu setzen und nicht nur Argumente heranzuziehen, welche eine etwaige Unglaubwürdigkeit bestätigten könnten (VwGH 22.05.2001, 2000/01/0253). Dies habe die Behörde unterlassen und sei der Bescheid alleine deswegen grob mangelhaft. Bei richtiger Beweiswürdigung hätte die Behörde inhaltlich entscheiden müssen, anstatt den Antrag zurückzuweisen. Rechtlich wurde ausgeführt, dass Art. 9 Abs.2 lit.3 der Qualifikationsrichtlinie die Bestrafung bei Wehrdienstverweigerung eindeutig als Verfolgungshandlung betrachte, wenn es im Rahmen des Konflikts zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Frieden komme. Die Behörde habe jedoch den BF die Glaubwürdigkeit abgesprochen, um sich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Fluchtgründen und der Situation vor Ort zu ersparen, weshalb die Erlassung einer zurückweisenden Entscheidung unzulässig und rechtswidrig sei. Beigelegt war ein umfangreicher Schriftsatz in Russischer Sprache.

Nach der veranlassten (auszugsweisen) Übersetzung vom 12.08.2016 handelt es sich dabei um Berichte zur Situation von Wehrdienstverweigerern und Strafgefangenen in der Ukraine.

Nach der Mitteilung des BFA vom 20.09.2017 wurden die BF am 16.05.2017 gemeinsam per Flugzeug in die Ukraine abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF sind Staatsangehörige der Ukraine somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die BF gehören der ukrainischen Volksgruppe an und sind christlich-orthodoxen Glaubens. Ihre Identität steht fest. Vor ihrer Ausreise lebten die BF bei der Familie der BF2 in XXXX . Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und die Eltern des minderjährigen BF3. Familienangehörige des BF1 (Eltern und Schwester) leben ebenfalls noch in der Ukraine.

Nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellten die BF am 04.09.2014 jeweils einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesasylamt mit Bescheiden vom 01.06.2015 in allen Spruchpunkten abgewiesen worden waren. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015 hinsichtlich sämtlicher Spruchpunkte als unbegründet abgewiesen. Dieses ersuchst hinsichtlich Asyl und subsidiären Schutz am 10.11.2015 bzw. hinsichtlich der Rückkehrentscheidung am 06.11.2015 in Rechtskraft. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass unverhältnismäßige Strafen für Wehrdienstverweigerung in der Ukraine nicht ersichtlich gewesen seien und rechtsstaatliche Verfahren stattfinden würden. Eine mögliche Einberufung des BF1 zum Militärdienst stelle keine asylrelevante Verfolgung dar, das gleiche gelte für die BF2. Eine allfällige künftige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung lasse keine Anhaltung in den besonders kritisierten temporären Polizeigefängnissen oder Untersuchungsgefängnissen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwarten. Sowohl der BF1 als auch die BF2 hätten vor ihrer Ausreise im Herkunftsstaat ihren Lebensunterhalt durch ihre unselbständigen Erwerbstätigkeiten bestreiten können. Es hätten sich daher keine Hinweise darauf ergeben, dass sie im Fall der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würden. Die psychische Beeinträchtigung der BF2, welche sich in Schlafstörungen äußere, sei in der Ukraine behandelbar. Eine Rückkehrentscheidung greife nicht in unrechtmäßiger Weise in das Privat- und Familienleben der BF ein.

In der Folge stellten die BF am 24.02.2016 den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF1 stützt seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz auf dieselben Fluchtgründe, die er bereits in seinem ersten Verfahren geltend gemacht hatte (Einberufung zum Wehrdienst bzw. drohende Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung), indem er ausführte, nun über Beweise für seine Einberufung zu verfügen. Er habe Angst vor den Nationalisten, fürchte das den BF3 betreffende Schulsystem, wonach der BF1 als Verräter gelte, sowie die Eintragung in das Register für Wehrdienstverweigerer. Die BF2 gab ebenfalls an, sie könnten wegen der ihrem Mann drohenden Verhaftung nicht zurückkehren, womit sie auch keine neuen Fluchtgründe geltend machte.

Nicht festgestellt werden kann, dass die BF seit Rechtskraft der letzten Entscheidung (sohin seit 06.11.2015 bzw. 10.11.2015) über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten.

Zudem kann nicht festgestellt werden, dass sich die Situation in ihrem Herkunftsstaat seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015 maßgeblich geändert hat. Der Umstand, dass die Ukraine seit dem 15.02.2018 als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG gilt, stellt keine Veränderung dar, welche eine anderslautende Entscheidung zur Folge hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in ihr Herkunftsland unzulässig machen würden.

Nicht festgestellt werden kann ferner, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach den BF in der Ukraine aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder, dass ihnen im Fall einer Rückkehr in die Ukraine die notdürftigste Lebenslage entzogen wäre.

Die BF sind seit ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet im September 2014 nicht mehr in die Ukraine zurückgekehrt und haben sich seither durchgehend in Österreich aufgehalten. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Zeit zur Integration genutzt wurde. Die BF haben nie über einen Aufenthaltstitel verfügt, der sich nicht auf einen Antrag auf internationalen Schutz gestützt hat. Die BF waren nicht selbsterhaltungsfähig und bezogen während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet Leistungen aus der Grundversorgung. Der BF1 und die BF2 waren weder Mitglied in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation tätig. Abgesehen von einem Deutschkurs auf dem Niveau A1/2 (BF1, BF2) und dem Schulbesuch (BF3) haben die BF keine Aus- bzw. Weiterbildung in Österreich absolviert, jedoch konnten die BF (BF1, BF2) kein Prüfungszeugnis über ihre Deutschkenntnisse vorlegen. Der BF1 half zudem einer betagten Dame ehrenamtlich bei Gartenarbeiten. Festgestellt wird, dass die BF in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebten, jedoch hier über keine weiteren Verwandten verfügten. Es liegen abgesehen von drei privaten Unterstützungsschreiben keine Hinweise auf eine ausgeprägte und verfestigte Integration der BF, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Die BF2 wurde wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung medikamentös in Österreich behandelt, der BF1 und der BF 3 waren gesund. Die BF waren in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der BF in die Ukraine gemäß § 46 FPG unzulässig gewesen wäre.

Zur aktuellen Lage in der Ukraine wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 15 bis 33 umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für das gegenständliche Erkenntnis herangezogen werden. Die detaillierte Aufschlüsselung der angeführten Kurzbezeichnungen der Quellen ist im angefochtenen Bescheid vollständig vorhanden, weshalb auf deren neuerliche Wiedergabe verzichtet werden konnte. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in der Ukraine ergeben. Diesen Feststellungen ist insbesondere zu entnehmen, dass in der (West) Ukraine nicht eine solche Situation herrscht, in der praktisch jedermann ein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK oder nach dem 6. oder 13. ZPEMRK droht. Insbesondere ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass in der (West)ukraine nicht jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, die die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid stimmen in ihrem wesentlichen Inhalt mit dem aktuellen Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes überein; es hat sich keine nachteilige Änderung in der Situation in der Ukraine ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der BF, zum religiösen Bekenntnis, Volksgruppenzugehörigkeit und ihrem Familienstand ergeben sich aus dem gesamten Vorbringen des BF1 und der BF2 im Zuge ihrer bisherigen Verfahren und aus dem Akteninhalt. Das diesbezügliche Vorbringen der BF war im Wesentlichen gleichlautend und sohin glaubhaft. Die Identität der BF wurde bereits seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Grund vorgelegter Dokumente festgestellt. Dass die BF in der Ukraine über Familienangehörige verfügen, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben.

Die Feststellungen zu dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren der BF, einschließlich zu den darin vorgebrachten Fluchtgründen, ergeben sich aus der Einsicht in den diesbezüglichen Verwaltungsakt, insbesondere aus den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.06.2015 und aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015, GZ. W226 2109776-1/8E, W226 2109783-1/8E und W226 2109781-1/8E. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur illegalen Einreise nach Österreich, zur Stellung der beiden Anträge auf internationalen Schutz vom 04.09.2014 und vom 24.02.2016 zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und wurden diese Umstände auch von Seiten der BF nicht bestritten.

Hinsichtlich der Feststellung, dass die BF seit Rechtskraft der letzten Entscheidung am 06. bzw. 10.11.2015 kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten, sondern seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen auf dieselben Fluchtgründe stützten, die er bereits in seinem ersten Verfahren geltend gemacht wurden, ist Folgendes auszuführen:

Wie bereits das BFA im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat, hat der BF1 betreffend die Begründung seines Folgeantrags keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt vorgebracht. In der Erstbefragung am 24.02.2016 gab er an, dass er im Fall der Rückkehr eine Gefängnisstrafe befürchte und Angst um sein Leben habe. Die "geänderten" Fluchtgründe seien ihm seit etwa 2 Monaten bekannt. Er habe Österreich seit der ersten Antragstellung nicht verlassen. Auch die BF2 brachte dabei im Wesentlichen vor, sie habe Angst um das Leben ihrer Familie.

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass sich schon im ersten Asylverfahren die Asylgründe des BF1 (Einberufung zum Wehrdienst, befürchtete Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung) vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen als nicht nachvollziehbar erwiesen haben, und der BF1 mit seinem erneuten Vorbringen über eine seine Einberufung bzw. der befürchteten Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung im Wesentlichen ein gleichlautendes Vorbringen erstattet. Zudem hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass sich der gegenständliche Folgeantrag auf keine neuen Umstände stützt und sich weder an der allgemeinen noch an der individuellen Lage in der Ukraine seit Rechtskraft der Entscheidung zum ersten Verfahren etwas nachteilig geändert habe. Zum Vorbringen des BF1, er befürchte eine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung ist ferner zu bemerken, dass nach Auffassung des BVwG einerseits in der Nichterbringung eines "freiwilligen" Militärdienstes noch keine Wehrdienstverweigerung liegt, welche eine rechtmäßige Bestrafung nach sich ziehen kann, und dem BF1 andererseits nach seinen eigenen Angaben eine Einberufung noch nie persönlich zugestellt wurde, weshalb gleichfalls nicht nachvollziehbar von einer Wehrdienstverweigerung des BF1 ausgegangen werden kann. Das gleiche gilt für die BF2. Die weiteren darauf aufbauenden Befürchtungen (Eintrag in eine Wehrdienstverweigererdatei, Diskriminierung des BF3 in der Schule als Sohn eines Verräters) des BF1 entbehren schon dadurch einer nachvollziehbaren Grundlage. Der BF1 und die BF2 führten aber auch nicht weiter aus, inwiefern sie (sonst) Angst vor den "Nationalisten" hätten.

Es ist ferner, wie bereits das BFA im angefochtenen Bescheid ausführte, nicht schlüssig nachvollziehbar, dass eine an den BF1 adressierte Einberufung, welche nach seinen Angaben nur durch persönliche Zustellung an ihn wirksam wird, von seiner Schwiegermutter hätte - wie behauptet- fotografiert werden können. Das gleiche gilt für die vom BF1 behauptete Verständigung über die Einleitung eines Verfahrens wegen Wehrdienstverweigerung gegen ihn. Dazu kommt, dass ein solches Verfahren mangels wirksam gewordener Einberufung gegen den BF1 nicht schlüssig nachvollziehbar ist. Dem BFA ist daher beizupflichten, wenn es davon ausging, dass es sich bei den vorgelegten Fotos offenbar um Gefälligkeitsdokumente handelt. Eine Prüfung auf Echtheit ist schon mangels Vorlage von Originaldokumenten nicht möglich.

Für den Fall der Rückkehr ist darauf hinzuweisen, dass die Ukraine (jedenfalls im westlichen Teil) seit 14.02.2018 als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG gilt. Es ist daher davon auszugehen, dass in Bezug auf die Wehrpflicht als auch hinsichtlich einer Bestrafung wegen einer allfälligen künftigen Wehrdienstverweigerung rechtsstaatliche Verfahren durchgeführt werden. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass in der Ukraine auch die Möglichkeit der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen besteht (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.05.2019, Stand 30.08.2019, Pkt 8.1.).

Wie sich bereits dem angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, bezieht sich das Vorbringen des Beschwerdeführers (Einberufung zum Wehrdienst bzw. drohende Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung) ausschließlich auf Ereignisse, die schon zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung bestanden haben bzw. können die Angaben des BF1 zur erneuten (versuchten) Einberufung Anfang 2016 und die dazu vorgelegten Beweismittel wie in der Beweiswürdigung dargelegt nicht als glaubhaft erachtet werden. Soweit das Beschwerdevorbringen eine Einberufung des BF1 als staatliche Verfolgung geltend macht, so ist darauf zu verweisen, dass der BF1 dieses Vorbringen ebenfalls bereits im ersten Asylverfahren hätte erstatten müssen, zumal er nicht vorbrachte, dass er daran gehindert gewesen wäre. Dieses Vorbringen ist daher ebenfalls bereits von der Rechtskraft der Entscheidung des BVwG vom 03.11.2015 mitumfasst und damit insgesamt vom Vorliegen entschiedener Sache auszugehen. Da sich weder die individuelle Situation der BF noch die Lage in der Ukraine maßgeblich verändert haben, sind die Voraussetzungen für eine anderslautende Entscheidung nicht gegeben.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der BF ergibt sich aus ihren eigenen Angaben bzw. aus den Angaben der BF2 und dem von ihr vorgelegten Befund zu ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Die Feststellungen zur zur kaum vorhandenen Integration der BF in Österreich ergeben sich ebenso aus den Angaben der BF im Rahmen ihrer niederschriftlichen Befragungen, ihrem Beschwerdevorbringen und dem Akteninhalt. Dass die BF außer ihren Familienangehörigen in Österreich über keine verwandtschaftlichen Beziehungen verfügen, gründet auf ihren eigenen Vorbringen im gesamten Verfahren. Darüber hinaus finden sich weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsakt Hinweise darauf, dass sich die BF abgesehen vom Besuch von Deutschkursen auf dem Niveau A1/2 (BF1, BF2) bzw. der Volksschule (BF3) und einer ehrenamtlicher Gartenarbeit (BF1) um eine Integration in beruflicher oder sozialer Hinsicht bemüht haben. Beispielsweise ist dem Akteninhalt auch nicht zu entnehmen, dass die BF (BF1,BF2) eine Deutschprüfung abgelegt oder sonstige Fortbildungsmaßnahmen ergriffen haben. Sie haben lediglilch einige Unterstützungsschreiben vorgelegt. Dass sie sich bereits als Asylwerber um eine Erwerbstätigkeit bemüht oder etwa eine Arbeitsplatzzusage erlangt hätten, haben sie ebenfalls nicht vorgebracht. Lediglich die BF2 hat den Wunsch nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit und den Abschluss ihrer Ausbildung artikuliert. Die Feststellungen zum dauerhaften Bezug der staatlichen Grundversorgung durch die BF und ihrer daraus resultierenden Selbsterhaltungsunfähigkeit ergeben sich aus ihren Angaben und aus den Auszügen aus dem GVS-Register. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der BF basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug bzw. resultieren aus ihrem Alter (BF3). Die medikamentöse Behandlung der BF2 in Österreich wird als etabliertes Privatleben berücksichtigt.

Die Feststellungen über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG und für die Unzulässigkeit einer Abschiebung in die Ukrainebasieren auf dem Akteninhalt bzw. den Angaben der BF.

Die vom Bundesamt zur Lage in der Ukraine getroffenen Länderfeststellungen basieren auf Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts der bisherigen Ausführungen im konkreten Fall eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Auch in der Beschwerde findet sich kein substanziiertes Bestreiten der Länderberichte des angefochtenen Bescheides. An dieser Stelle wird darauf verwiesen, dass im angefochtenen Bescheid umfangreiche Feststellungen zur Lage in Ukraine getroffen wurden. Die Situation im Herkunftsland hat sich seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert.

Die dem Bescheid zugrundeliegenden Länderfeststellungen zur Ukraine wurden dem BF1 am 20.06.2016 erläutert und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, wovon er an Ort und Stelle Gebrauch machte und vorbrachte, dass die offiziellen Informationen nicht mit dem realen Leben übereinstimmen würden. Der BF2 wurden die dem Bescheid zu Grunde liegenden Länderfeststellungen am 26.04.2016 zur Kenntnis gebracht und ihr ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, wovon sie Gebrauch machte und vorbrachte, dass alles aus staatlichen Quellen stamme und der Staat etwas verschweige.

Die in gegenständlichen Bescheiden enthaltenen herangezogenen umfangreichen Ausführungen stellen angesichts des bereits Ausgeführten eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar und kann daraus - auch nach Abgleich mit den Länderfeststellungen im Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015 - keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes erkannt werden.

Ferner ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das damalige Fluchtvorbringen bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015, rechtskräftig seit 06. bzw. 10.11.2015, vor dem Hintergrund der Länderberichten nicht als plausibel einzustufen war und sich die nun vorgelegten Beweise im Zusammenhalt mit den Angaben des BF1 als nicht echt bzw. inhaltlich richtig darstellten, weshalb eine eingehende Befassung mit den vom BF vorgelegten weiteren Berichten zur Situation von Wehrdienstverweigerern und Strafgefangenen in der Ukraine nicht als erforderlich erscheint. Nach den aktuellen Länderberichten der Staatendokumentation besteht selbst im Fall der Mobilisierung für Verweigerer aus Gewissensgründen das Recht auf Ersatzdienst (LIB vom 29.05.2019, Stand 30.08.2019, Pkt. 8.1.).

Die Situation im Herkunftsland hat sich seit dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert und wurde diesbezüglich auch in der Beschwerde kein diesbezüglich entgegenstehendes, substantiiertes Vorbringen erstattet. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass die Ukraine nun als sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BVA-VG gilt.

Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass den BF keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den vorläufigen Beweisergebnissen eingeräumt worden sei, so ist darauf zu verweisen, dass sowohl der BF1 als auch die BF2 zu den ihnen zur Kenntnis gebrachten Länderberichten im Rahmen ihrer Einvernahmen vor dem BFA an Ort und Stelle davon Gebrauch gemacht haben. Die Beweiswürdigung selbst ist entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keinem Parteiengehör zu unterziehen (VwGH 08.08.2019, Ra 2019/20/0188).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; vom 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf verschiedene Folgeanträge VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226 mwN). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (vgl. VwGH vom 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057;

vom 25.04.2007, Zl. 2004/20/0100; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684;

vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, ist eine neue Sachentscheidung auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH vom 10.06.1998, Zl. 96/20/0266;

vom 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; vom 25.04.2007, Zl. 2004/20/0100 und vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684).

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH vom 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556 und vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0343 mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, d.h. könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl. VwGH 19.07.2001, Zl. 99/20/0418; vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0380; vom 29.11.2005, Zl. 2005/20/0365 und vom 22.11.2005, Zl. 2005/01/0626). Das Bundesamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren wiedergegeben werden und dann anschließend VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480 mwN; vgl. auch VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391 und vom 25.04.2007, Zl. 2004/20/0100).

Bei der Prüfung der "Identität der Sache" ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (vgl. VwGH vom 02.07.1992, Zl. 91/06/0207 mwN). Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH vom 15.10.1999, Zl. 96/21/0097 und vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung [hier: Beschwerde] gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. VwGH vom 04.04.2001, Zl. 98/09/0041 und vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der rechtskräftigen letztinstanzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2015 hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz und hinsichtlich der Rückkehrentscheidung geändert hat. (vgl. hierzu auch VwGH vom 28.06.1994, Zl. 92/05/0063).

Für die Beurteilung der Identität der (Sach- und) Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des § 68 Abs 1 AVG ist der Bescheid heranzuziehen, mit dem materiellrechtlich über den Antrag entschieden wurde, und nicht der Bescheid, mit dem bereits ein weiterer Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (VwGH 19. 10. 1995, 93/09/0502).

Wie der Beweiswürdigung im gegenständlichen Erkenntnis zu entnehmen ist, hat der BF1 kein neues - im Sinne von § 68 Abs. 1 AVG relevantes - Vorbringen erstattet. Indem der Beschwerdeführer sowohl in der Erstbefragung vom 24.02.2016 als auch in der Einvernahme vom 26.04.2016 und 20.06.2016 sein Vorbringen im Wesentlichen auf die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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