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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1962 geborenen PK, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. April 1996, Zl. 115.213/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 23. März 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und wies hinsichtlich der in Österreich verfügbaren eigenen Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Dauer ihres Aufenthaltes auf eine dem Antrag beiliegende Verpflichtungserklärung ihres Ehegatten hin. Der Verpflichtungserklärung des Ehegatten der Beschwerdeführerin war neben der Aufenthaltsbewilligung des Verpflichters eine Lohnbestätigung vom 21. Dezember 1993 beigeschlossen; später wurde eine weitere Arbeits- und Lohnbestätigung des Ehegatten vom 29. bzw. 30. November 1994 vorgelegt.
Aus einer mit dem Ehegatten der Beschwerdeführerin am 1. Dezember 1994 aufgenommenen Niederschrift vor der Aufenthaltsbehörde erster Instanz geht hervor, daß der Beschwerdeführer als Pizzakoch arbeite und S 10.000,-- monatlich verdiene; zusätzlich bekomme er Trinkgeld und komme so auf ein Nettoeinkommen von insgesamt S 18.000,--.
Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 20. Jänner 1995 den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich ab. Die Beschwerdeführerin berief und wies darauf hin, daß die Behörde erster Instanz die Anzahl der Personen, die den zur Verfügung stehenden Wohnraum teilten, falsch angenommen habe und die "gesetzliche Vorschrift" eingehalten würde.
Im Akt findet sich sodann ein Aktenvermerk vom 27. März 1996 (vgl. Aktenseite 4 bzw. das Einlageblatt der OZl. 33), wonach laut telefonischer Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse der Ehegatte der Beschwerdeführerin seit 24. Februar 1996 nicht mehr versichert sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, Ermittlungen hätten ergeben, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin nicht mehr in den in den Arbeitsbestätigungen angeführten Restaurants beschäftigt und auch nicht mehr krankenversichert sei. Aufgrund dieser Feststellung könne die vorgelegte Verpflichtungserklärung nicht mehr als ein für die Beschwerdeführerin ausreichender Unterhaltsnachweis angesehen werden. Angesichts dieser Umstände sei festzuhalten, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK die öffentlichen Interessen überwögen. Dieser Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin am 7. Juni 1996 in New Dehli übernommen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 5 Abs. 1 AufG lautete:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 2 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) lautete:
"§ 10. Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
1.
...
2.
der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene
Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt."
Vorauszuschicken ist, daß - entgegen der aktenwidrigen Darstellung in der Beschwerde - der angefochtene Bescheid von der Beschwerdeführerin persönlich am 7. Juni 1996 (durch Übernahme in der österreichischen Botschaft in New Dehli) übernommen wurde. Es ist somit von einer rechtmäßigen Bescheidzustellung auszugehen.
Die Beschwerdeführerin verfügte noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung, weshalb der gegenständliche Antrag als Erstantrag anzusehen war, auf den § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinn des § 5 Abs. 1 leg. cit. vorliegt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung entsprechender amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0355 u.a.).
Die Beschwerdeführerin gab an, von ihrem Ehegatten finanziell unterstützt zu werden und legte der zuständigen Aufenthaltsbehörde Lohnbestätigungen ihres Ehegatten (vom Dezember 1993 bzw. November 1994) vor. Damit hatte sie ihrer Pflicht, die Sicherung ihres Unterhaltes durch das Einkommen des Ehegatten initiativ darzulegen, Genüge getan.
Die belangte Behörde darf zwar im Hinblick auf die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens von Versagungsgründen auch im Berufungsverfahren ohne entsprechenden Vorhalt von den Unterhaltsmitteln ausgehen, die vom Fremden in seinem Bewilligungsantrag und im folgenden Verwaltungsverfahren von sich aus bekannt gegeben werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/2559 bis 2561); dies bedeutet jedoch nicht, daß die Behörde die Ergebnisse ihrer eigenen Ermittlungen über die Höhe der der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel dieser im Rahmen des Parteiengehörs nicht vorzuhalten hätte. Die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde, soweit sie den im Verwaltungsakt befindlichen Aktenvermerken vom 27. März 1996 zu entnehmen sind, stellen Beweismittel dar, die der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Stellungnahme vorzuhalten gewesen wären. Die Relevanz dieses der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensfehlers zeigt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde insofern auf, als sie vorbringt, ihr Ehegatte stehe seit 16. April 1996 wieder in einem festen Arbeitsverhältnis, sei versichert und bringe einen, in der beigelegten Lohn- und Gehaltsabrechnung näher genannten Betrag ins Verdienen. Hätte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren die Möglichkeit gehabt, auf das bereits am 16. April 1996, sohin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides am 7. Juni 1996, begonnene neue Arbeitsverhältnis ihres Ehegatten und damit auf die Sicherung ihres Lebensunterhaltes hinzuweisen, ist nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde zur Auffassung gelangt wäre, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG liege im Fall der Beschwerdeführerin nicht vor.
Da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war nur in dem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Ausmaß (Eingabegebühr für zwei Ausfertigungen der Beschwerde, Beilagengebühr für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides sowie der Lohn- und Gehaltsbestätigung des Ehegatten der Beschwerdeführerin) zuzusprechen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191833.X00Im RIS seit
02.05.2001