Entscheidungsdatum
06.02.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W201 2220539-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela Schidlof als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ, vom 08.05.2019, OB: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2019 mit selber Zahl, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen nicht vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin stellte einlangend am 04.03.2019 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Dem Antrag legte sie medizinische Befunde bei.
2. Am 26.03.2019 erfolgte die Untersuchung der Beschwerdeführerin durch einen Arzt für Allgemeinmedizin. Das Sachverständigengutachten enthält auszugsweise:
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
-
Mittelgroße adipöse Patientin in gutem AZ, Brillenträgerin, kommt erstmals zur Untersuchung in meine Ordination
Ernährungszustand:
-
adipös
Größe: 164,00 cm Gewicht: 92,00 kg Blutdruck: 175/95
Klinischer Status - Fachstatus:
-
Haut und sichtbare Schleimhäute unauffällig, HNO Bereich frei, Sehen mit Brille korrigiert, Hören normal, Thorax symmetrisch, blande narben im Bereich beider Brüste, Cor normal konfigureirt, HA rh, Töne mittellaut und rein, Pulmo normaler KS, Pleura frei, leises VA ohne NG , Abdomen im Thoraxniveau, blande Quernarbe in Unterbauch, kleine blande Narbe proximal um den Nabel weich, geringer DS im Bereich der Unterbauchnarbe, keine Defense oder
Resistenz, Hepar und Lien nicht tastbar, OE: Faustschluss seitengleich und kräftig (KG 5), Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert, kein Lymphödem fassbar, WS: gerade, kein Klopfschmerz,
Seitwärtsneigung ungehindert, FBA 10, Nierenlager bds. frei, UE:
Hüft- und Kniegelenke in allen Ebenen frei beweglich, blande Narben nach Hallux- Op bds. links die Dorsal- und Palmarflexion im Großzehengrundgelenk deutlich beeinträchtigt, keine Entzündungszeichen, keine Ödeme oder Varicen, Fußpulse bds. tastbar, neurologischer Status: Lasegue negativ., MER unauffällig
Gesamtmobilität - Gangbild:
-
Normalschrittig, raumgreifend, sicher und frei
Status Psychicus:
-
Stimmung gut, Antrieb unauffällig, Patientin bewußtseinsklar und gut orientiert
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Lokalrezidiv eines Mammakarzinoms links 2/2018 bei Zustand nach Mammakarzinom links mit Quadrantenresektion 2/2009 1 Stufe über unterem Rahmensatz nach Restmastektomie mit Sofortrekonstruktion links 5/2018 und Brustangleich rechts bei Asymmetrie 2/2019
13.01.03
60
2
Verlust beider Ovarien Fixer Rahmensatz
08.03.05
40
3
Depressive Störung, psychische Belastungsreaktion 1 Stufen über unterem Rahmensatz bei regelmäßiger Psychotherapie und guter sozialer wie beruflicher Integration
03.06.01
20
4
Posttraumatisches Funktionsdefizit rechtes Sprunggelenk 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Belastungsdefizit
02.05.32
20
5
Abrollstörung, Versteifung linkes Großzehengrundgelenk nach Eingriff zur Sanierung eines Hallux rigidus 09/2015, Stoßwellentherapie wegen Knochenheilungsstörung 08/2016 Fixer Rahmensatz bei guter Mobilität und freiem Gangbild
02.05.38
10
Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2 und 3 erhöhen in Zusammenschau um 1 Stufe da schwerwiegend. Leiden 4 und 5 erhöhen bei fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung des Grundleidens nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Zwischenzeitlich seit VGA Brusttumor- Lokalrezidiv 5/2018 und Anpassungsoperation rechte Brust wegen Asymmetrie 2/2019- dies nun als neues schwerwiegendes Grundleiden (im VGA Leiden 3) geführt. Grundleiden aus VGA = Entfernung beider Ovarien vor dem 65 Lebensjahr unverändert aber bei neuem schwerwiegendem Grundleiden nun als Leiden 2 geführt, Psychische Störung (Leiden 2 aus VGAaktuell als Leiden 3 geführt), durch Psychotherapie bei guter sozialer und beruflicher Integration als gebessert bewertet. Leiden 4 und 5 aus VGA bei guter Mobilität unverändert.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Insgesamt unter Berücksichtigung der oben angeführten Änderungen gegenüber dem VGA bei neuem schwerwiegendem Grundleiden um 2 Stufen erhöhter GdB
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Die angegebene Abrollstörung im linken Großzehengrundgelenk ist durch Nutzung einer speziellen Schuhzurichtung gut kompensiert, sodass bei freiem und sicherem Gangbild, fehlender wesentlicher cardiorespiratorischer Leistungseinschränkung, bei erhaltener Kraft aller Extremitäten, weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt sind , sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, sowie das Ein- und Aussteigen und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen gewährleistet sind.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
3. Am 09.05.2019 erließ das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (in weiterer Folge: belangte Behörde) den nunmehr angefochtenen Bescheid.
In diesem wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ab und begründete die Abweisung mit dem Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.
4. Die Beschwerdeführerin brachte mit Schreiben vom 25.06.2019 fristgerecht eine Beschwerde ein. Sie führte aus, das Gutachten sei durch eine Allgemeinmedizinerin erstellt worden. Sie leide unter psychischen, onkologischen sowie orthopädischen Problemen. Sie könne ohne Gehhilfe eine Maximalstrecke von 300m zurücklegen. Alleine deswegen sei ihr ein Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich. Darüber hinaus leide sie unter Angstzuständen in Öffis und bei größeren Menschenansammlungen und habe Angst, im Zug durch Husten oder Niesen infiziert zu werden. Infekte bedeuten Entzündungen im Körper, was zu einem neuerlichen Ausbruch ihrer Krebserkrankung führen könne.
5. Das Bundesverwaltungsgericht beauftragte einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit der Erstellung eines Gutachtens. Den ersten Termin beim Sachverständigen konnte die Beschwerdeführerin nicht wahrnehmen, da sie sich im Zeitraum vom 21.08.2019 bis 13.09.2019 auf einer Amerikareise befand. Die Buchungsbestätigung legte die Beschwerdeführerin ihrer Vertagungsbitte bei.
6. Der Sachverständige führte in seinem nervenfachärztlichen Gutachten wie folgt aus:
"Neurostatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen keine eindeutigen Paresen,
Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. nicht möglich (schmerzbedingte Einschränkung in den Ue bds distal) die Muskeleigenreflexe sind seitengleich untermittellebhaft auslösbar.
Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird im Bereich der Ue bds diffus als gestört angegeben
Das Gangbild ist mit 2 Krücken schmerzgehemmt aber relativ flüssig
Psychiatrischer Status:
Ausreichend orientiert,
Antrieb reduziert, Auffassung regelrecht, keine kognitiven Defizite, Affekt ausgeglichen, Stimmungslage dysthym, deutliche
Somatisierungstendenz in beiden Skalenbereichen affizierbar, Ein und Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.
1 .2
Diagnosen:
1. Lokalrezidiv eines Mamma Ca li
2. Verlust beider Ovarien
3. Depressive Störung
4. posttraumatisches Funktionsdefizit re Sprunggelenk
5. Abrollstörung, Versteifung li Großzehengrundgelenk
1 .3
a) es liegen aus neurologischer Sicht keine erheblichen sensomotorischen
Ausfallserscheinungen vor.
b) nein
c) aus nervenärztlicher Sicht: nein
1.4.
Stellungnahme
Abl.: Abl.38: Es wird angegeben, dass wegen Angstzuständen öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzt werden könnten.
Von meiner Seite keine Änderung der Einschätzung
Begründung: Die 3 Faktoren klaustrophobe, soziophobe und Kontrollelemente sind bei der Begutachtung von Relevanz. Als Voraussetzung für eine dauernde psychische Erkrankung müssen alle sinnvollen, verfügbaren und zumutbaren Therapiemethoden zum Einsatz gekommen und nachgewiesen sein (nervenärztliche Behandlung > 1 Jahr, mit zielführender Medikation, die bei Wirkungslosigkeit geändert wurde, und auch psychotherapeutische Methoden > 1 Jahr) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Außerdem stehen diese Angaben im Widerspruch zu der Tatsache, dass die Betroffene vor kurzer Zeit mehrere Langstreckenflüge (nach Hawaii) absolviert hat welche mit der angegebenen Angsterkrankung nicht möglich wären.
1.5.
Keine Änderung zum VGA
1.6.
Nachuntersuchung 6/23 (Heilungsbewährung)"
7. Das oben wiedergegebene Gutachten wurde der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs am 22.10.2019 übermittelt und ihr die Möglichkeit eingeräumt binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahem abzugeben. Die Beschwerdeführerin hat keine Stellungnahem abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses (GdB 70%).
1.2. Sie brachte einen Antrag auf Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ein.
1.3. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem darin befindlichen fachärztlichen Gutachten vom 08.10.2019.
Das ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Das genannte Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Beschwerde aus, an psychischen Problemen zu leiden, die ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich machen würden. Sie leide unter Angstzuständen in öffentlichen Verkehrsmitteln und fürchte Ansteckung durch Tröpfcheninfektion, was in weiterer Folge zu einem Aufflammen ihrer Krebserkrankung führen könnte. Zu diesem Vorbringen steht im Widerspruch, dass die Beschwerdeführerin eine mit Langstreckenflügen verbundene USA-Reise im Zeitraum August/September 2019 unternahm. Langstreckenflüge sind bekanntermaßen sowohl physisch als auch psychisch anstrengend. Die Infektionsgefahr ist in Flugzeugen ebenso gegeben wie in anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Angstzustände in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie bei Menschenansammlungen sind nicht nachvollziehbar. Wie auch der Sachverständige festhielt, wären Langstreckenflüge bei Bestehen einer Angsterkrankung nicht möglich. Im Gutachten stellte der Sachverständige überdies fest, dass die drei Faktoren klaustrophobe, soziophobe und Kontrollelemente bei der Begutachtung von Relevanz sind. Als Voraussetzung für eine dauernde psychische Erkrankung müssen alle sinnvollen, verfügbaren und zumutbaren Therapiemethoden zum Einsatz gekommen und nachgewiesen sein. Dabei handelt es sich um nervenärztliche Behandlung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, zielführende Medikation, die im Falle der Wirkungslosigkeit geändert wurde sowie psychotherapeutische Methoden, die ebenfalls länger als ein Jahr angewandt wurden. Diese Voraussetzungen sind im Fall der Beschwerdeführerin nicht erfüllt. Dass sich die psychischen Störungen gebessert haben, wie im von der belangten Behörde eingeholten Gutachten festgestellt, findet auch Bestätigung in den von der Beschwerdeführerin absolvierten Langstreckenflügen.
Eine Unzumutbarkeit, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benützen, liegt sohin nicht vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass ist mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:
1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;
2. die Versicherungsnummer;
3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
4. eine allfällige Befristung.
(§ 1 Abs. 1 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
§ 46 BBG lautet:
Auf den Beschwerdefall bezogen:
In dem im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachten und dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten wurde übereinstimmend und nachvollziehbar festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer psychischen Situation ist eindeutig nicht den Tatsachen entsprechend.
Da in den beiden Gutachten übereinstimmend festgestellt wurde, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2220539.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020