Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
BBG §40Spruch
W201 2228038-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von
XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 13.01.2020, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat am 21.10.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung;
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
2. Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.12.2019 basierenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin ist (auszugsweise) im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:
"Klinischer Status -Fachstatus:
Allgemeinzustand: gut. Ernährungszustand gut. Rechtshänder. Haut:
und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose.
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute unauffällig. Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal. PR unauffällig. Rachen bland. Gebiss: Restzähne sanierungsbedürftig. Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig.
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche.
Thorax: Symmetrisch. Co: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent.
Puls: 72/min. Blutdruck: 130/80. Pulmo: Sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer.
Abdomen: Bauchdecken über Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, blande Narbenverhältnisse nach Nabelbruchop, NL bds. frei.
Obere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluss beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben. Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
Untere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Blande Narbenverhältnisse linkes Knie mit endlagiger Beugungseinschränkung, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität. Keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich. Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal. Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme. PSR seitengleich unauffällig, Nervenstämme frei, Lasegue negativ.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und Abflachung der physiologischen Lendenlordose. FBA: 5 cm, Aufrichten frei. Kein Klopfschmerz. Schober, Ott unauffällig. Endgradig eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS, altersentsprechend freie
Beweglichkeit der HWS, Kinn-Brustabstand: 1 cm. Hartspann der paravertebralen Muskulatur.
Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt mit Halbschuhen freigehend weitgehend unauffällig. Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird nicht durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen.
Status Psychicus: Bewusstsein klar, gut kontaktfähig, allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik, Antrieb unauffällig, Affekt adäquat.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Diabetes mellitus Typ 2 Heranziehung dieser Position mit dem mittleren Rahmensatz, da weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch regelmäßige Medikamenteneinnahme gewährleistet.
09.02.01
20 vH
02
Depressio mit Panikstörung Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter regelmäßiger Medikamenteneinnahme stabilisiert.
03.06.01
20 vH
03
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringe Funktionsstörungen nach Lendenwirbelsäulenoperation - ohne radikuläre Ausfälle
02.01.01
20 vH
04
Arterieller Bluthochdruck
05.01.01
10 vH
05
Kniegelenksabnützung links Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da geringe Funktionseinschränkung.
02.05.18
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
20 vH
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Leiden 2- 3 erhöhen nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht. Leiden 4 -5 erhöhen nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz. Dauerzustand."
3. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde am 16.12.2019 erteilten Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH festgestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 20 vH vorliegen würde. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.
5. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.
Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde vom Beschwerdeführer, vorgebracht, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass Panikstörung und Depressio sich sehr wohl auf den Diabetes mellitus auswirken würden. Auch würden Bluthochdruck und Diabetes sich gegenseitig beeinflussen. Er teile mit, dass er von Arbeitsassistenz begleitet werden wolle und daher um Erhöhung des Grades der Behinderung auf 30 vH ersuche.
6. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 28.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 21.10.2020 bei der belangten Behörde eingelangt.
Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 28.01.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.
Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Diabetes mellitus Typ 2 Heranziehung dieser Position mit dem mittleren Rahmensatz, da weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch regelmäßige Medikamenteneinnahme gewährleistet.
09.02.01
20 vH
02
Depressio mit Panikstörung Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter regelmäßiger Medikamenteneinnahme stabilisiert.
03.06.01
20 vH
03
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da geringe Funktionsstörungen nach Lendenwirbelsäulenoperation - ohne radikuläre Ausfälle
02.01.01
20 vH
04
Arterieller Bluthochdruck Fixposition
05.01.01
10 vH
05
Kniegelenksabnützung links Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da geringe Funktionseinschränkung.
02.05.18
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
20 vH
2.
Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel.
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des vorliegenden Sachverständigenbeweises.
Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionsein-schränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt. Der Beurteilung der Einzelleiden, deren Ausmaß und deren Zuordnung zu den Positionen der Einschätzungsverordnung ist der Beschwerdeführer auch nicht entgegengetreten.
Zum Einwand des Beschwerdeführers das Zusammenwirken der Leiden sei nicht berücksichtigt worden ist festzuhalten, dass der Zustand bei nicht insulinpflichtigem Diabetes durch die Depressio mit Panikstörung nicht erhöht wird, da einerseits unterschiedliche Organsysteme betroffen sind und es sich andererseits nicht um eine Gesundheitsschädigung von wesentlichem Ausmaß handelt. So wird im Gutachten
Dris. XXXX glaubhaft dargestellt, dass dieses Leiden unter regelmäßiger Medikamenteneinnahme stabilisiert ist und erfolgte die Einschätzung auch unter Richtsatzposition 03.06.01, welche für depressive Störungen leichten Grades heranzuziehen ist, wobei der Beschwerdeführer der Einschätzung der Einzelleiden nicht entgegengetreten ist. Auch die durch den - unter Richtsatzposition 05.01.01 als leichtgradig beurteilten - Bluthochdruck verursachten Funktionseinschränkungen sind von nur mäßiger funktioneller Relevanz und stehen nicht in ungünstiger Wechselwirkung mit dem Diabetes mellitus (siehe diesbezüglich auch die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.).
Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Der Beschwerdeführer ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Es ist vom Beschwerdeführer somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Die Gesamteinschätzung vollzieht die Verwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis, den sie im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung zu beurteilen hat (vgl. VwGH vom 01.06.1999, Zl. 94/08/0088 mit Hinweis auf E 19.11.1997, 95/09/0232, 0233).
Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. (§ 3 Abs.1 Einschätzungsverordnung)
Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen. (§ 3 Abs.2 Einschätzungsverordnung)
Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(§ 3 Abs.3 Einschätzungsverordnung)
Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine. (§ 3 Abs.4 Einschätzungsverordnung)
Auf den Fall bezogen:
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind weder das Beschwerdevorbringen noch die vorgelegten Beweismittel geeignet darzutun, dass der in Höhe von 20 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.
Die vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt.
Der Beschwerdeführer ist dem durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung basierenden medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Neue medizinische Beweismittel welche geeignet wären, eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens zu begründen, wurden nicht in Vorlage gebracht.
Ein, wie in der Beschwerde behauptetes, maßgeblich negatives Zusammenwirken der vorliegenden Leiden konnte - basierend auf der unbeeinspruchten Beurteilung der Einzelleiden im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung - nicht objektiviert werden.
Da ein Grad der Behinderung von 20 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers basierendes ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen sind, angeschlossen. Der Beschwerdeführer hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer hat auch keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2228038.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020