TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/21 W216 2228254-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W216 2228220-1/3E

W216 2228254-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , 1. gegen den Behindertenpass, OB: XXXX , in dem ein Grad der Behinderung von 60 vom Hundert (60 v.H.) eingetragen wurde, und 2. gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 09.01.2020, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist seit 15.12.1998 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

2. Am 14.05.2019 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, (im Folgenden: belangte Behörde) unter Vorlage medizinischer Beweismittel Anträge auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

3. In der Folge holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers vom 17.07.2019 erstatteten - Gutachten wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Myocardinfarkt und Stenting, Bluthochdruck oberer Rahmensatz, da Zustand nach Myocardinfarkt ohne Dokumentation einer maßgeblichen Beeinträchtigung der Linksventrikelfunktion

05.05.02

40

2

Degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation mit geringem sensomotorischen Defizit unterer Rahmensatz, da keine maßgeblichen motorischen Defizite fassbar; inkludiert Interkostalneuralgie

02.01.02

30

3

Posttraumatische Gonarthrose links mit Bewegungseinschränkung fixer Rahmensatz; Wahl dieser Position, da Streckstörung und Bandinstabilität, jedoch Flexion über 90° möglich

02.05.09

30

4

Geringgradiges Streckdefizit des rechten Ellbogengelenkes nach Olekranonfraktur fixer Rahmensatz

02.06.11

20

5

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus obere Rahmensatz, da Dauermedikation, jedoch ohne signifikante Klinik und ohne Dokumentation einer maßgeblichen Beeinträchtigung der respiratorischen Leistungsreserven; inkludiert Rundherd im Mittellappen in Observatio

06.06.01

20

6

Zustand nach operiertem Akustikusneurinom mit an Taubheit grenzender Hörstörung rechts und nur minimale Hörstörung links Tab. Kolonne 5, Zeile 1

12.02.01

20

7

Zustand nach operiertem Carpaltunnelsyndrom links unterer Rahmensatz, da geringe Residualsymptomatik ohne Atrophiezeichen

04.05.06

10

8

Divertikulose, Zustand nach Polypektomie unterer Rahmensatz, da keine maßgeblichen entzündlichen Schleimhautveränderungen dokumentiert

07.04.04

10

9

Nasenseptumdeviation, intermittierende Rhinoliquorrhoe unterer Rahmensatz, da keine maßgebliche Atembehinderung fassbar

12.04.03

10

10

Harnröhrenenge, Mikrohämaturie unterer Rahmensatz, da keine maßgebliche Restharnmenge dokumentiert

08.01.06

10

11

Restsymptomatik nach postoperativer Facialisparese rechts unterer Rahmensatz, da geringe Ptose des rechten Mundwinkels und des rechten Oberliedes, wobei der Lidschluss vollzogen werden kann

04.04.03

10

12

Abnützungserscheinungen am rechten Kniegelenk unterer Rahmensatz, da zwar morphologische Veränderungen beschrieben, jedoch keine Funktionsstörung ermittelt werden kann

02.05.18

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt.

Begründend wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die Gesundheitsschädigung unter Leiden 2 und 3 um jeweils eine Stufe erhöht werde, da eine wechselseitige negative Leidensbeeinflussung vorliege. Leiden 4 bis 6 würden nicht erhöhen, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken bestehe. Die übrigen Leiden würden nicht erhöhen, da sie von zu geringer funktioneller Relevanz seien. Im Vergleich zum Vorgutachten ergebe sich hinsichtlich der dauernden Gesundheitsschädigungen unter Leiden 2 und 3 kein abweichendes Kalkül, wobei unter erstmaliger Anwendung der aktuellen Einschätzungsverordnung das vormals unter Leiden 2 erfasste Leiden nunmehr in Leiden 1 miteinfließe und nicht mehr gesondert gelistet werde. Leiden 4 werde unter erstmaliger Anwendung der aktuellen Einschätzungsverordnung um eine Stufe höher bewertet. Durch die Neuaufnahme des Leidens 1 sei eine Änderung der Gesamteinschätzung gerechtfertigt. Die Leiden 5 bis 12 würden ebenfalls neu in das Gutachten aufgenommen werden, würden jedoch keine weitere Änderung in der Gesamteinschätzung bewirken.

Es handle sich um einen Dauerzustand.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom befassten Sachverständigen ausgeführt, dass die anerkannten Gesundheitsschädigungen keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zufolge hätten. Im Gutachten sei festgestellt worden, dass bei dem Beschwerdeführer keine höhergradige Funktionsstörung der unteren Extremitäten vorläge. Es hätten sich im klinischen Befund keine signifikanten motorischen Ausfälle gefunden. Der Beschwerdeführer könne auch unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe eine kurze Wegstrecke von mehr als 300 m zu Fuß ohne Unterbrechung, ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Es seien keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen würden. Ein Herzleiden, welches eine hochgradige Einschränkung der Auswurfleistung zufolge habe und eine signifikante Belastungsstörung verursache, könne bei der klinischen Untersuchung und aufgrund der vorliegenden Befunde nicht ermittelt werden. Es bestehe keine massive hochgradige Atemnot schon bei geringster Belastung und keine Indikation für eine Langzeitsauerstofftherapie. Es lägen keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen und intellektuellen Funktionen vor; die Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum sei gegeben. Ein nachweislich therapierefraktäres schweres Anfallsleiden sei nicht dokumentiert. Von den anerkannten Leiden 1 bis 12 gehe keine hochgradige Schwäche mit einer Belastungsstörung aus, die eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde. Weiters lägen auch keine erheblichen Einschränkungen des Immunsystems vor.

4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 30.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 10.10.2019 - unter Vorlage eines medizinischen Attestes - eine Stellungnahme, in der er sich mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als nicht einverstanden zeigte.

5. Zur Überprüfung der Einwendungen des Beschwerdeführers wurde seitens der belangten Behörde eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.12.2019 erstatteten Gutachten vom 09.01.2020 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Keine Änderung zu Gutachten vom 17.7.2019

Stellungnahme des AW vom 10.10.2019 (die Einschätzungen der Leiden seien nicht korrekt durchgeführt worden. Trotz Verschlechterung des Wirbelsäulenleidens sei Leiden 1 und 2 des Gutachtens aus 1998 herabgestuft worden. Hinzugekommen seien Schädigungen im Nackenbereich sodass eine Einschätzung von 60 % vorzunehmen sei.

Das Knieleiden habe sich verschlechtert, es sei daher eine Erhöhung vorzunehmen.

[E]s sei das Hüftgelenk bewertet worden, es handle sich jedoch um ein Kniegelenk. Dies sei mit 50 % zu bewerten, da eine Streckhemmung von mehr als 10 % vorliege.

Leiden 4 sei in der Ermittlung des Gesamtgrad[es] der Behinderung nicht berücksichtigt worden. Bei der Gesamteinschätzung sei außerdem zu berücksichtigen:

Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen besonders bei Belastung, Lähmungserscheinungen, Verlust des Gehörs die falsch zusammen geheilten Nerven die beim Essen das rechte Auge und das rechte Nasenloch zum Rinnen bringt, wurden nicht in der Gesamtbewertung der Schädigung [...] berücksichtigt. Wobei der Rahmensatz bei Verlust des Gehörs einseitig schon eine[n] GdB von 30 v.H. laut Einschätzungsverordnung verursacht.

Leiden 12 sei mit 30-40 % zu bewerten, da eine chronische Überbelastung und Fehlbelastung vorliege.

Beim Benützen öffentlicher Verkehrsmittel habe er das Problem, dass beim Fahren Schmerzen in Wirbelsäule und Kniegelenken auftreten würden, er nur auf dem rechten Fuß stehe und der linke nur zum Austarieren des Gleichgewichts verwendet werden könne. Das Gleichgewichtsgefühl sei erheblich belastet und führe zu Kopfschmerzen und Nackenschmerzen. Das Festhalten könne nur von der rechten Hand durchgeführt werden, da er im linken Handgelenk Schmerzen habe. Es läge ein Attest eines Gutachters, [...], vor.

Es müsste ein Gesamt-GdB von 80 bis 90 % vorliegen und die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liege vor.)

Stellungnahme zu Beschwerdevorbringen vom 10.10.2019:

Das Wirbelsäulenleiden wird entsprechend den aktuell feststellbaren mittelgradigen Funktionseinschränkungen ohne Hinweis für Wurzelreizzeichen oder radikuläres Defizit bei nachgewiesenen fortgeschrittenen Veränderungen in der bildgebenden Diagnostik korrekt eingestuft. Insbesondere wird auf den unauffälligen neurologischen Status verwiesen.

Das Kniegelenksleiden links wird in korrekter Position entsprechend der mittelgradigen Funktionseinschränkung eingestuft.

Im Bereich des rechten Ellbogens liegt eine geringgradige Streckhemmung vor, welche sich nicht maßgeblich negativ auf das führende Leiden 1 auswirkt, daher keine Auswirkung auf die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat.

Kopfschmerzen sind nicht durch entsprechende Behandlungsdokumentationen belegt.

Gleichgewichtsstörungen sind weder durch entsprechende Befunde belegt noch objektivierbar.

Insbesondere konnten keine Lähmungserscheinungen festgestellt werden. Die Hörminderung wird in korrekter Höhe eingestuft.

Die Restsymptomatik nach Facialisparese rechts wird in korrekter Höhe eingestuft.

Leiden 12, geringgradige Abnützungserscheinungen rechtes Kniegelenk, wird in korrekter Höhe eingestuft.

Trotz der Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, Kopfschmerzen und Nackenschmerzen und Schmerzen im linken Handgelenk ist das zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300-400 m und Überwinden von Niveauunterschieden sowie der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, nicht erheblich erschwert.

Insbesondere wird auf das aktuell festgestellte Gangbild verwiesen, eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung ist nicht objektivierbar.

Die vorgebrachten Argumente beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis vom 17.10.2019 entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird."

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.01.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 14.05.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

7. Am 10.01.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.

8. Mit Eingabe vom 28.01.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht unter einem Beschwerde gegen den Bescheid mit dem sein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde als auch gegen den Bescheid in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses.

9. Die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 31.01.2020 und am 05.02.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Er verfügt seit 15.12.1998 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

Der Beschwerdeführer stellte am 14.05.2019 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

In den gegenständlichen Beschwerdeverfahren wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Eintragung des Grades der Behinderung von 60 v.H. in dem am 09.01.2020 ausgestellten Behindertenpass sowie gegen die Abweisung seines Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Myocardinfarkt und Stenting, Bluthochdruck, Pos.Nr. 05.05.02, Grad der Behinderung (GdB): 40%;

2) Degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Thorakolumbalsyndrom,

Pos.Nr. 02.01.02, GdB: 30%;

3) Posttraumatische Kniegelenksarthrose links, Pos.Nr. 02.05.20,

GdB: 30%;

4) Geringgradiges Streckdefizit des rechten Ellbogengelenkes nach Olekranonfraktur, Pos.Nr. 02.06.11.; GdB: 20%;

5) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus, Pos.Nr. 06.06.01, GdB: 20%;

6) Zustand nach operiertem Akustikusneurinom mit an Taubheit grenzender Hörstörung rechts und nur minimaler Hörstörung links, Pos.Nr. 12.02.01., GdB: 20%;

7) Zustand nach operiertem Carpaltunnelsyndrom links, Pos.Nr. 04.05.06., GdB: 10%;

8) Divertikulose, Zustand nach Polypektomie, Pos.Nr. 07.04.04., GdB:

10%;

9) Nasenseptumdeviation, intermittierende Rhinoliquorrhoe, Pos.Nr. 12.04.03., GdB: 10%;

10) Harnröhrenenge, Mikrohämaturie, Pos.Nr. 08.01.06., GdB: 10%;

11) Restsymptomatik nach postoperativer Facialisparese rechts, Pos.Nr. 04.04.03., GdB: 10%;

12) Abnützungserscheinungen am rechten Kniegelenk, Pos.Nr. 02.05.18., GdB: 10%.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 60 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß und medizinischer Einschätzung sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.09.2019 und einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 09.01.2020 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Beim Beschwerdeführer liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vor. Kognitive Defizite sind nicht fassbar.

Beim Beschwerdeführer bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und der unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Es sind belastungsabhängige Probleme im Bereich der Wirbelsäule und Kniegelenke im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden; das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. An den oberen Extremitäten sind keine höhergradigen Funktionsbehinderungen fassbar. Die Kraft ist seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist. Kraft und Koordination sind auseichend. Es liegt kein Hinweis für eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor. Darüber hinaus liegen, hinsichtlich der eingestuften Herzerkrankung, medikamentös, für leichte Belastungen, kompensierte Herzkreislaufverhältnisse vor.

Es liegt keine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, Be- und Einsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor.

Es bestehen anhand der Befundlage auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Ebenso wenig liegt beim Beschwerdeführer eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.2. Die Feststellungen über den Gegenstand der Beschwerdeverfahren basieren auf dem Akteninhalt.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.09.2019 und einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 09.01.2020. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden von den befassten Sachverständigen die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zu den gutachterlichen Beurteilungen stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtungen festgestellt werden konnte.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 30.09.2019 und vom 09.01.2020 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in den Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass im Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin angesichts der beim Beschwerdeführer bestehenden koronaren Herzkrankheit bei Zustand nach Myocardinfarkt und Stenting, Bluthochdruck, (Leiden 1) korrekt die Positionsnummer 05.05.02 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 40 v.H. gewählt wurde. Die konkret vorgenommene Einschätzung wurde von der befassten Fachärztin für Unfallchirurgie schlüssig damit begründet, dass keine Dokumentation einer maßgeblichen Beeinträchtigung der Linksventrikelfunktion vorliege.

Hinsichtlich der unter Leiden 2 berücksichtigten degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, Thorakolumbalsyndrom, wurde von der Sachverständigen die Positionsnummer 02.01.02 mit einem Rahmensatz von 30 v.H. (unterer Rahmensatz) herangezogen. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten auf die rezidivierenden Beschwerden bei fortgeschrittenen radiologischen Veränderungen ohne Wurzelreizzeichen verwiesen.

Die in Leiden 3 erfasste posttraumatische Kniegelenksarthrose links wurde unter Positionsnummer 02.05.20 korrekt mit einem Rahmensatz von 30 v.H. bewertet, da beim Beschwerdeführer eine mittelgradige Streckhemmung und eine geringgradige Bandinstabilität besteht und eine Flexion über 90 Grad möglich ist.

Dem in Leiden 4 eingeschätzten geringgradigen Streckdefizit des rechten Ellbogengelenkes nach Olekranonfraktur wurde zutreffend die Positionsnummer 02.06.11 mit dem fixen Rahmensatz von 20 v.H. zugeordnet.

Die unter Leiden 5 erfasste chronisch obstruktive Lungenerkrankung bei Nikotinabusus wurde im Sachverständigengutachten aufgrund der Dauermedikation, jedoch ohne signifikante Klinik und ohne Dokumentation einer maßgeblichen Beeinträchtigung der respiratorischen Leistungsreserven unter Heranziehung der Positionsnummer 06.06.01 mit dem oberen Rahmensatz von 20 v.H. eingeschätzt.

Hinsichtlich dem unter Leiden 6 berücksichtigten Zustand nach operiertem Akustikusneurinom mit an Taubheit grenzender Hörstörung rechts und nur minimaler Hörstörung links wurde von der Sachverständigen korrekt die Positionsnummer 12.02.01 mit einem Rahmensatz von 20 v.H. (Tab. Zeile 5, Kolonne 1) herangezogen.

Der in Leiden 7 erfasste Zustand nach operiertem Carpaltunnelsyndrom links wurde unter Positionsnummer 04.05.06 korrekt mit einem Rahmensatz von 10 v.H. mit dem unteren Rahmensatz bewertet, da beim Beschwerdeführer eine geringe Residualsymptomatik ohne Atrophiezeichen besteht.

Die unter Leiden 8 erfasste Divertikulose, Zustand nach Polypektomie, wurde im Sachverständigengutachten aufgrund des Fehlens dokumentierter maßgeblicher entzündlicher Schleimhautveränderungen unter Heranziehung der Positionsnummer 07.04.04 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. eingeschätzt.

Die in Leiden 9 erfasste Nasenseptumdeviation, intermittierende Rhinoliquorrhoe, wurde unter Positionsnummer 12.04.03 korrekt mit einem Rahmensatz von 10 v.H. (unterer Rahmensatz) bewertet, da beim Beschwerdeführer keine maßgebliche Atembehinderung feststellbar ist.

Die in Leiden 10 erfasste Harnröhrenenge, Mikrohämaturie, wurde unter Positionsnummer 08.01.06 korrekt mit einem Rahmensatz von 10 v. H. mit dem unteren Rahmensatz bewertet, da beim Beschwerdeführer keine maßgebliche Restharnmenge dokumentiert ist.

Hinsichtlich der unter Leiden 11 berücksichtigten Restsymptomatik nach postoperativer Facialisparese rechts wurde von der Sachverständigen korrekt die Positionsnummer 04.04.03 mit einem Rahmensatz von 10 v.H. (unterer Rahmensatz) herangezogen, da beim Beschwerdeführer eine geringe Ptose des rechten Mundwinkels und des rechten Oberliedes feststellbar ist, wobei der Lidschluss vollzogen werden kann.

Schließlich wurde hinsichtlich der unter Leiden 12 berücksichtigten Abnützungserscheinungen am rechten Kniegelenk von der Sachverständigen die Positionsnummer 02.05.18 mit einem Rahmensatz von 10 v.H. (unterer Rahmensatz) herangezogen. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten darauf verwiesen, dass geringgradige Aufbrauchszeichen mit geringen funktionellen Einschränkungen vorliegen.

2.4. Die Feststellungen zum Nichtvorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich ebenfalls auf die im Auftrag der belangten Behörde eingeholten, als schlüssig erkannten Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.09.2019 und einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 09.01.2020.

In diesen Gutachten wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände nachvollziehbar dargelegt, warum dem Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Hinsichtlich der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde von der Sachverständigen ausführlich und schlüssig begründet, warum dem Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Die in den Gutachten auf Basis klinischer Untersuchungen des Beschwerdeführers festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ergaben ebenso wie die von ihm vorgelegten Befunde keine Hinweise auf erhebliche Einschränkungen der unteren und oberen Extremitäten, auf erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten sowie auf das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems und einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit, die eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnten.

2.5. Auch die Einwendungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Befunde, die das Ergebnis der vorliegenden Gutachten widerlegen hätten können, wurden anlässlich der Beschwerdeerhebung bzw. im Zuge des Beschwerdeverfahrens nicht vorgelegt. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen ist - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 vH vorliegt und dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, zu entkräften. Vom Beschwerdeführer ist kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit der letzten sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist von diesem ebenso wenig substantiiert dargelegt worden. Die vom Beschwerdeführer im angefochtenen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel und die geschilderten Leidenszustände sind eingehender Überprüfungen unterzogen und im Rahmen der beiden Gutachtenserstellungen berücksichtigt worden, soweit einschätzungsrelevante Aspekte davon betroffen gewesen sind.

Der Beschwerdeführer hat es im Ergebnis nicht vermocht, durch ein substantiiertes Vorbringen aufzuzeigen, wie sich im Lichte der bestehenden Funktionseinschränkungen eine Erhöhung des Grades der Behinderung auf über 60 v.H. und die Feststellung erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen ergeben sollten.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die vorliegenden Sachverständigenbeweise vom 30.09.2019 und vom 09.01.2020 für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Sie werden der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus § 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

Die gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Zu A)

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen."

3.4.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körper

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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