TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/26 W268 2171037-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W268 2171037-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 06.02.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia und vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin (BF) stellte am 22.02.2016 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei der am 23.02.2016 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab die BF an, der Volksgruppe der XXXX anzugehören, verwitwet zu sein und aus XXXX in der Provinz Shabella Hoose zu stammen. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe führte sie aus, dass vor zwei Jahren die Al Shabaab zu ihrem Haus gekommen sei und dieses beschossen hätte. Sie sei dabei verletzt und ihr Sohn Mohamed vor ihren Augen getötet worden. Ihre drei anderen Söhne seien davongelaufen. Seit ca. zwei Jahren suche sie ihre Kinder.

1.3. Am 21.08.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt und gab die BF zu ihren Fluchtgründen an, dass Al Shabaab-Mitglieder von ihrem Sohn verlangt hätten, mit ihnen zusammenzuarbeiten, dieser jedoch die Al Shabaab ignoriert habe. Deshalb seien sie mitten in der Nacht angegriffen worden. Dabei sei ihr Sohn von den Al Shabaab vor ihren Augen erschossen worden und sie selbst sei durch ein Bayonett am Oberarm verletzt worden. Ferner sei sie durch einen Schuss am linken Bein verletzt worden. Sie sei dann am Boden gelegen und habe geblutet. Die Al Shabaab seien dann weggegangen und die Nachbarn hätten der BF geholfen und ihre Wunden versorgt. Sie habe von anderen Leuten erfahren, dass ihre Söhne in Kenia seien. Soldaten hätten sie schließlich aufgenommen und nach Kenia in ein Krankenhaus gebracht. Nach Mogadischu sei sie nicht gegangen, da sie dort niemanden habe. Im Falle einer Rückkehr befürchte die BF, von der Al Shabaab getötet zu werden.

1.4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der BF der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde der BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.08.2018 erteilt (Spruchpunkt III). Das Fluchtvorbringen der BF wurde als nicht glaubhaft erachtet. Der BF wurde jedoch aufgrund der allgemein schlechten Lage in Somalia, sowie insbesondere in der Heimatregion der BF, subsidiärer Schutz gewährt.

1.5. Mit Schriftsatz vom 13.09.2017 wurde fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhoben und Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. In dieser wurde unter anderem auf die Lage von alleinstehenden Frauen in Somalia verwiesen.

1.6. Die Beschwerdevorlage langte am 20.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

1.7. Am 06.02.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache sowie des Rechtsvertreters der BF statt. Am Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

1.8. Hinsichtlich des Verfahrensinhaltes sowie des Inhaltes der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin

Die BF, deren präzise Identität nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ist eine etwa 70-jährige Staatsangehörige Somalias und Angehörige des Clans der XXXX , einem Subclan der Hawiye. Sie bekennt sich zum moslemischen Glauben. Sie ist seit ca. zehn Jahren verwitwet und hat vier Söhne, von denen jedoch einer schon verstorben ist. Ein Sohn lebt glaublich in Djibouti und die anderen in Europa. Sie stammt aus dem Dorf XXXX , Verwaltungskreis XXXX , in Middle Shabelle, wo sie bis zu ihrer Ausreise aus Somalia gemeinsam mit einem ihrer Söhne und dessen Familie lebte. Dieser Sohn ist mittlerweile verstorben und die Schwiegertochter der BF ist wieder verheiratet und lebt mit ihrem neuen Ehemann und ihren Kindern zusammen in Somalia. Abgesehen davon hat die BF keine familiären und auch keine sonstigen Kontakte mehr in Somalia.

Die BF ist Analphabetin und hat keine Berufsausbildung. Sie war in Somalia Landwirtin und lebte von der Tierzucht. Sie ist aufgrund ihres höheren Alters nicht mehr arbeitsfähig.

Im österreichischen Bundesgebiet hält sich ein Enkel der BF auf, den diese erstmalig nach mehreren Jahren anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wieder traf. Die BF ist unbescholten und leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen, ist jedoch auch aufgrund ihres höheren Alters immer wieder in medizinischer Behandlung aufgrund von Bluthochdruck und Problemen mit der Lunge.

1.2. Zur den Gründen der Asylgewährung

Die BF hat keine Familienangehörigen oder konkrete Bezugspersonen in Somalia. Die BF ist eine etwa 70 Jahre alte Frau und seit etwa zehn Jahren verwitwet. Ein Sohn der BF lebt mittlerweile in Djibouti, die anderen Söhne der BF leben glaublich in Europa, jedoch weiß die BF nicht, in welchem Land sich diese aufhalten. In Somalia hat sie keine näheren persönlichen Kontakte mehr. Die BF hat somit kein verlässliches stabiles familiäres Netzwerk in Somalia, das ihr ausreichenden Schutz bieten würde. Es steht ihr auch kein Schutz durch männliche Verwandte, auf staatlicher Seite oder durch schutzfähige Clans zur Verfügung. Die BF gehört in Somalia der Gruppe der alleinstehenden Frauen an, denen geschlechtsspezifische Gewalt droht. Eine geschlechtsspezifische Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr ist damit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Somalia gegeben.

Aufgrund dieser Feststellungen erübrigt sich in weiterer Folge eine Prüfung des Vorbringens der BF im Hinblick auf eine Gefährdung ihrer Person durch die Al Shabaab bzw. des in diesem Zusammenhang vorgebrachten Fluchtvorbringens.

1.3. Zur relevanten Situation in Somalia wird festgestellt wie folgt:

Bundesstaat HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle)

Bislang ist die Macht der Regierung von HirShabelle auf Teile von Middle Shabelle bzw. Jowhar beschränkt. Sie hat Einfluss entlang der Straße von Jowhar nach Mogadischu. Zudem kann HirShabelle auch in Belet Weyne - beschränkt - Einfluss ausüben (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA 8.2017, S.78). Insgesamt sind bei den Verwaltungen von HirShabelle und Belet Weyne Verbesserungen zu verzeichnen. Zusätzlich konnte die Sicherheitslage entlang der Straße Jowhar - Buulo Barde - Belet Weyne wesentlich verbessert werden, die Straße gilt aber noch nicht als durchgehend sicher (BMLV 3.9.2019).

Hiiraan: Belet Weyne, Buulo Barde, Jalalaqsi und Maxaas befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und AMISOM (PGN 8.2019). Die beiden erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. In jüngerer Vergangenheit konnte westlich von Belet Weyne keine wesentliche Präsenz der al Shabaab verzeichnet werden. Vor allem der Bereich entlang der somalisch-äthiopischen Grenze ist aktuell als sicher anzusehen (BMLV 3.9.2019). Im April 2016 haben Gemeinden im südlichen Hiiraan al Shabaab Widerstand entgegengesetzt. Eine vereinigte Miliz von Hawadle-Subclans - die Macawuusley - haben seither al Shabaab aktiv bekämpft, um die lokalen Gemeinden vor der systematischen Ausbeutung und Gewalt durch al Shabaab zu schützen (SEMG 9.11.2018, S.99/27). In Hiiraan war es im Juni 2019 wegen Streitigkeiten um Wasser und Weide zu Auseinandersetzungen zwischen Subclans von Habr Gedir und Hawadle gekommen (UNSC 15.8.2019, Abs.8).

Belet Weyne ist vergleichsweise stabil, es kommt nur sporadisch zu Gewalt oder Attacken der al Shabaab (DI 6.2019, S.7). In Belet Weyne gibt es eine relativ starke Bezirksverwaltung und lokal rekrutierte Polizeikräfte. Clan-Konflikte werden nicht mehr in der Stadt, sondern außerhalb ausgetragen. Es gibt dort Stützpunkte dschibutischer AMISOM-Truppen, der äthiopischen Armee sowie von einer Brigade der somalischen Armee. Die in Belet Weyne vorhandene Präsenz der al Shabaab scheint kaum relevant, es kommt zu wenigen Vorfällen (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA 8.2017, S.79f). Allerdings hat al Shabaab die Präsenz in Belet Weyne verstärkt, im Bezirk gibt es vermehrt Zwischenfälle. Die Angriffe richten sich üblicherweise nicht gegen Zivilisten, wiewohl ein Risiko von Kollateralschäden besteht (LIFOS 3.7.2019, S.31).

Middle Shabelle: Jowhar, Balcad und Cadale befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und AMISOM (PGN 8.2019). Die beiden erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 3.9.2019). Der Küstenstreifen von Mogadischu nach Cadale ist frei von al Shabaab (PGN 8.2019). Adan Yabaal scheint an al Shabaab verloren gegangen zu sein und wird von ihr kontrolliert (PGN 8.2019; vgl. LI 21.5.2019a, S.2). Middle Shabelle dient al Shabaab als Angriffskorridor nach Mogadischu. Die größeren Städte befinden sich zwar unter Regierungskontrolle, diese Kontrolle ist jedoch instabil (NLMBZ 3.2019, S.26).

Al Shabaab hat im März 2019 mehrere Gebiete in der Nähe von Balcad erobert (BAMF 1.4.2019), nachdem die Armee - in Folge eines Streits um den Sold - mehrere Positionen geräumt hatte (BAMF 1.4.2019; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.8). Dieser Gebietsgewinn war aber nur vorübergehend (UNSC 15.5.2019, Abs.17). Zusätzlich war Middle Shabelle anfangs maßgeblich von der Truppenreduktion bei AMISOM betroffen (ME 14.3.2019). Die abgezogenen burundischen Truppen wurden aber zumindest teilweise durch in Mogadischu freigewordene Teile ersetzt (UNSC 15.5.2019, Abs.41). Die Straße von Mogadischu über Jowhar nach Jalalaqsi kann zumindest zeitweilig offengehalten werden (ME 14.3.2019). Aus der Stadt Jowhar selbst kommen keine relevanten Meldungen zu Aktivitäten von al Shabaab, die Stadt gilt als relativ ruhig (BMLV 3.9.2019; vgl. BFA 8.2017, S.81).

Auch in Middle Shabelle ist die Miliz der Macawuusley aktiv (Bezirk Jowhar). Sie wendet sich gegen Besteuerung und Zwangsrekrutierung durch al Shabaab. Es kam bereits zu mehreren blutigen Zusammenstößen zwischen beiden Gruppen (LIFOS 3.7.2019, S.31f).

Vorfälle: In den beiden Regionen Hiiraan und Middle Shabelle lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,04 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014, S.31f). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 62 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 44 dieser 62 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 50 derartige Vorfälle (davon 45 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfällen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in den Regionen Hiiraan und Middle Shabelle entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht berücksichtigt):

Tabelle kann nicht abgebildet werden

(ACLED 2016) (ACLED 2017) (ACLED 2019)

Dabei handelte es sich laut ACLED Datenbank bei folgenden Fällen um "violence against civilians" (es handelt sich hierbei jedoch um keine exakten Zahlen, da ACLED zahlreiche Unschärfen aufweist):

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Al Shabaab (AS)

Al Shabaab ist eine radikalislamistische, mit der al Kaida affiliierte Miliz (AA 4.3.2019, S.5). Ziel von al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren (EASO 2.2016, S.19).

Durch das geschaffene Klima der Angst kontrolliert al Shabaab die Bevölkerung, kann sie rekrutieren, Gebiete kontrollieren, Steuern eintreiben und ihre Gesetze durchsetzen. Damit erfüllt die Gruppe alle Rahmenbedingungen eines Staates. Gleichzeitig erlangt al Shabaab aufgrund ihres funktionierenden Justizwesens auch ein Maß an Unterstützung durch die Bevölkerung (Mohamed 17.8.2019).

Al Shabaab betreibt einen Staat im Staat (VOA 3.12.2018) und ist eine entwickelte, bürokratische Organisation (Maruf 14.11.2018). Die Menschen auf dem Gebiet von al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen (BS 2018, S.15). Die Gruppe versucht, alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2018, S.15; vgl. Maruf 14.11.2018). Auch Namen von Nachbarn und sogar die Namen der Verwandten der Nachbarn werden in Datenbanken geführt (Maruf 14.11.2018). Die mit der Nichtbefolgung strenger Vorschriften verbundenen harten Bestrafungen haben ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2018, S.15).

Aufgrund von Kämpfen zwischen AMISOM/Armee und al Shabaab; der Behinderung humanitärer Hilfe und der Einhebung von Steuern auf Vieh durch al Shabaab; und aufgrund fehlender Sicherheit sind viele Einwohner der von al Shabaab kontrollierten Gebiete in Flüchtlingslager nach Kenia, Äthiopien und IDP-Lager in Somalia geflohen (USDOS 13.3.2019, S.16).

Kapazitäten: Im Vergleich zum Jahr 2014 sind die Kapazitäten von al Shabaab zurückgegangen. Trotzdem hat sich die Gruppe als robust und resilient erwiesen (LIFOS 3.7.2019, S.21f). Allerdings ist al Shabaab seit 2017 wieder effektiver und potenter geworden (Mohamed 17.8.2019). Die Gruppe hat taktische Flexibilität bewiesen. Sie führt Angriffe durch, unterbricht Versorgungslinien, greift militärische Konvois an, ermordet Anführer, die mit ausländischen Kräften kooperiert haben und führt nächtliche Angriffe auf Dörfer durch (ICG 27.6.2019, S.4). Trotz anhaltender Luftangriffe und obwohl die Armee und AMISOM im Umland von Mogadischu vermehrt Operationen durchführen, konnte al Shabaab die Zahl großer Anschläge steigern. Berichten zufolge sind die Luftschläge mit dafür verantwortlich, dass al Shabaab vermehrt in Städten operiert (UNSC 15.8.2019, Abs.16/20).

Al Shabaab hat zwar seit 2011 ständig Gebiete verloren, betreibt aber auch in weiten Gebieten außerhalb ihrer direkten Kontrolle eine Art von Schattenregierung, erhebt dort Steuern und bietet Dienste an (z.B. islamische Rechtsprechung) (SEMG 9.11.2018, S.26/4).

Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al Shabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (BFA 8.2017, S.29f).

Verwaltung: Völkerrechtlich kommen al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihr kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 4.3.2019, S.5/16). Al Shabaab sorgt dort auch einigermaßen für Ordnung (ICG 27.6.2019, S.1). Die Gruppe verfügt über eine eigene Verwaltung und eigene Gerichte (LIFOS 9.4.2019, S.6). Die Gebiete von al Shabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrschen Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (BMLV 3.9.2019). Al Shabaab duldet nicht, dass irgendeine andere Institution außer ihr selbst auf ihren Gebieten Gewalt anwendet. Jene, die dieses Gesetz brechen, werden bestraft (HI 31.5.2018, S.5). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al Shabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung von al Shabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA 8.2017; vgl. BMLV 3.9.2019). Die Zivilverwaltung von al Shabaab bietet u.a. Rechtsprechung durch Schariagerichte, organisiert Treffen mit Clanältesten, unterstützt Bedürftige, führt Religionsschulen und bietet Fortbildungsmöglichkeiten - auch für Frauen (NLMBZ 3.2019, S.11). Al Shabaab versucht, zu enge Bindungen an Clans zu vermeiden, unterstützt schwächere Gruppen gegen stärkere Rivalen oder vermittelt bei Streitigkeiten (ICG 27.6.2019, S.2). Gleichzeitig wird al Shabaab als Friedensbewahrer erachtet, da sie Clankonflikte derart handhabt, dass diese auf den Gebieten unter ihrer Kontrolle nur selten in Gewalt münden (HI 31.5.2018, S.5).

Stärke: Die Größe der Miliz von al Shabaab wird auf 13.000 geschätzt. Davon stellt etwa die Hälfte den militärischen Arm (jabhat), welcher an der Front gegen die somalische Regierung und AMISOM kämpft. Die andere Hälfte sind entweder Polizisten, welche Gesetze und Gerichtsurteile durchsetzen und Verhaftungen vornehmen; sowie Richter. Außerdem verfügt al Shabaab in der Regierung, in der Armee und in fast jedem Sektor der Gesellschaft über ein fortschrittliches Spionagenetzwerk (Maruf 14.11.2018). Eine andere Quelle spricht von 7.000-9.000 Fußtruppen von al Shabaab (TIND 15.1.2019), eine weitere Quelle schätzt die Zahl auf 3.000-7.000 (LI 21.5.2019a, S.3). Wieder eine andere Quelle gibt die Zahl der aktiven Kämpfer mit 2.000-3.000 an (NLMBZ 3.2019, S.10). Die Gruppe ist technisch teilweise besser ausgerüstet als die SNA und kann selbst gegen AMISOM manchmal mit schweren Waffen eine Überlegenheit herstellen. Außerdem verfügt al Shabaab mit dem Amniyad über das landesweit beste Aufklärungsnetzwerk (BFA 8.2017, S.27/31; vgl. BMLV 3.9.2019). Der Amniyad ist die wichtigste Stütze der al Shabaab (Mohamed 17.8.2019).

Gebiete: Al Shabaab kontrolliert immer noch ca. ein Fünftel Somalias, darunter v.a. ländliche Gebiete und kleinere Städte in Süd-/Zentralsomalia (ISS 28.2.2019), u.a. Gebiete im Jubatal, darunter die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba) und Jamaame (Lower Juba). Auch größere Küstengebiete im Bereich Xaradheere (Mudug) und Ceel Dheere (Galgaduud) sowie die genannten Städte bleiben unter direkter Kontrolle von al Shabaab (SEMG 9.11.2018, S.22). Dies gilt auch für einige ländliche Gebiete im Umland von Mogadischu (ICG 27.6.2019, S.2). Zusätzlich kontrolliert al Shabaab die Bezirkshauptstädte Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur (Galgaduud) und Adan Yabaal (Middle Shabelle). Die Situation bezüglich Sablaale (Lower Shabelle) und Badhaade (Lower Juba) ist ungewiss (PGN 8.2019). Außerdem verfügt al Shabaab in Gebieten unter der Kontrolle von Regierung und/oder AMISOM über nennenswerten Einfluss (NLMBZ 3.2019, S.53; vgl. ICG 27.6.2019, S.4).

In ihrem Gebiet hält al Shabaab vor allem in Städten und größeren Dörfern eine permanente Präsenz aufrecht. Abseits davon operiert al Shabaab in kleinen, mobilen Gruppen und zielt damit in erster Linie auf das Einheben von Steuern ab und übt Einfluss aus (LI 21.5.2019a, S.3). Nominell ist die Reichweite der al Shabaab in Süd-/Zentralsomalia damit unbegrenzt. Sie ist in den meisten Landesteilen offen oder verdeckt präsent. Die Gruppe ist in der Lage, überall zuschlagen zu können (BMLV 3.9.2019), bzw. kann sie sich auch in vielen Gebieten Süd-/Zentralsomalias frei bewegen (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. LI 21.5.2019a, S.3).

Steuern: Al Shabaab wendet in ganz Süd-/Zentralsomalia ein systematisches und zentralisiertes System zur Einhebung von Steuern an, das breiter aufgestellt ist, als jenes der Bundesregierung oder der Bundesstaaten (SEMG 9.11.2018, S.25f; vgl. VOA 3.12.2018). Einkünfte werden dabei aus unterschiedlichen Quellen bezogen, v.a. aber aus der Besteuerung von: durchfahrenden Fahrzeugen (gadiid); transportierten Gütern (badeeco); landwirtschaftlichen Betrieben und Erzeugnissen (dalag); und den Verkauf von Vieh (xoolo). Hinzu kommen Einnahmen von Almosen (zakat) (SEMG 9.11.2018, S.25f). Das Steuersystem von al Shabaab wird durch systematische Einschüchterung und Gewalt gestützt (SEMG 9.11.2018, S.26/97). Die Zahlung der Abgaben erfolgt in der Form von Geld, Tieren, landwirtschaftlichen Produkten oder anderen Werten. Die Höhe der Besteuerung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen (LI 20.12.2017, S.3).

Al Shabaab erpresst Reisende entlang aller wichtigen Routen (ICG 27.6.2019, S.2). Ihre zur Steuereinnahme errichteten Straßensperren gibt es flächendeckend in ganz Süd-/Zentralsomalia. Da die Höhe der Abgaben bei al Shabaab berechenbar ist, bevorzugen kommerzielle Fahrer oftmals den Transit über von ihr kontrollierte Straßen (SEMG 9.11.2018, S.26).

Frauen:

Die Verfassung verbietet die Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019, S.30). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA 4.3.2019, S.14). Frauen werden in der somalischen Gesellschaft, in der Politik und in den Rechtssystemen systematisch Männern untergeordnet (LIFOS 16.4.2019, S.10). Sie genießen nicht die gleichen Rechte wie Männer und werden systematisch benachteiligt. Frauen leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik und Unterbringung. Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 13.3.2019, S.30f). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts, die Frauen tendenziell benachteiligen. Entsprechend gelten für Frauen andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer (z.B. halbe Erbquote). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts gelten auch in Puntland und Somaliland (AA 4.3.2019, S.14f).

Es finden sich politische Ansätze, mit denen mittel- bis langfristig eine Annäherung des Status von Mann und Frau angestrebt wird (AA 4.3.2019, S.14f). Im Mai 2016 war der National Gender Policy Plan verabschiedet worden, um Frauen in die Bereiche Politik, Wirtschaft und Bildung besser einzubinden. Daraufhin hat der Somali Religious Council die Regierung öffentlich davor gewarnt, sich derart für Frauen einzusetzen. Auch die vorgesehene 30%-Frauenquote für Abgeordnete im somalischen Parlament wurde als gefährlich bezeichnet (USDOS 13.3.2019, S.30). Andererseits ist es der Regierung gelungen, Frauenrechte etwas zu fördern: Immer mehr Mädchen gehen zur Schule, die Zahl an Frauen im öffentlichen Dienst wächst (ICG 27.6.2019, S.3). Da Frauen in den Jahren des Krieges zu den eigentlichen Brotverdienern der Familie geworden sind, ist es zudem üblich, in Städten wie Mogadischu oder Hargeysa Kleinhändlerinnen anzutreffen, die Khat, Gemüse oder Benzin verkaufen (TE 11.3.2019; vgl. LIFOS 16.4.2019, S.11; FIS 5.10.2018, S.24). Eigentlich wären für das Parlament 30% der Sitze für Frauen vorgesehen. Aktuell sind es 24% (USDOS 13.3.2019, S.26; vgl. FH 5.6.2019b, B4) im Unterhaus und 23% im Oberhaus (NLMBZ 3.2019, S.43). Damit liegt Somalia aber über dem weltweiten Durchschnitt (SRSG 13.9.2018, S.1). Außerdem sind vier von 26 Bundesministern weiblich. Im Ältestenrat von Puntland war noch nie eine Frau vertreten, im 66-sitzigen Repräsentantenhaus sind es zwei, es gibt eine Ministerin (USDOS 13.3.2019, S.26). Auch wenn Gewalt gegen Frauen laut Verfassung verboten ist (USDOS 13.3.2019, S.29), bleiben häusliche (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. AA 4.3.2019, S.14; FIS 5.10.2018, S.33) und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Bezüglich Gewalt in der Ehe - darunter auch Vergewaltigung - gibt es keine speziellen Gesetze (USDOS 13.3.2019, S.29). Sexuelle Gewalt ist v.a. für weibliche IDPs eine Gefahr (FH 5.6.2019b, G3; vgl. USDOS 13.3.2019, S.29). Auch weibliche Angehörige von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen, NGOs haben eine diesbezügliche Systematik dokumentiert (USDOS 13.3.2019, S.29). Die Vergewaltiger sind u.a. Regierungssoldaten, Milizionäre, uniformierte Männer (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. HRW 17.1.2019) und Angehörige der al Shabaab (FIS 5.10.2018, S.32). Sexuelle Gewalt - Gesetzeslage und staatlicher Schutz: Vergewaltigung ist zwar gesetzlich verboten (AA 4.3.2019, S.14), die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 13.3.2019, S.29). Ein neues, progressives "Sexual Offences Bill" wurde im Mai 2018 von der Regierung verabschiedet, allerdings danach vom Parlament noch nicht beschlossen (HRW 17.1.2019; vgl. NLMBZ 3.2019, S.45; ICG 27.6.2019, S.3). Das Gesetz steht weiterhin in der Kritik - v.a. seitens religiöser Führer (UNSC 21.12.2018, S.14). Die Regierung tut wenig, um sich des Problems der sexuellen Gewalt anzunehmen (ICG 27.6.2019, S.3). Bestehende Gesetze werden nicht effektiv durchgesetzt (USDOS 13.3.2019, S.29). Es gibt de facto keinen Rechtsschutz gegen Vergewaltigung (FIS 5.10.2018, S.32). Generell herrscht Straflosigkeit (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. TE 11.3.2019), Strafverfolgung oder Verurteilungen wegen Vergewaltigung oder anderer Formen sexueller Gewalt sind rar (AA 4.3.2019, S.14). Dabei werden Vergewaltigungen ohnehin nur selten der formellen Justiz zugeführt (USDOS 13.3.2019, S.29), denn sexuelle Gewalt ist ein Tabu-Thema, weswegen viele Opfer nicht darüber sprechen (DI 6.2019, S.9). Außerdem leiden Vergewaltigungsopfer an Stigmatisierung (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. FIS 5.10.2018, S.33). Meldet eine Person sexuelle Gewalt, dann ist es wahrscheinlicher, dass diese Person wegen Verleumdung verhaftet wird, als dass der eigentliche Täter belangt wird (NLMBZ 3.2019, S.45). Opfer, die sich an Behörden wenden, werden oft angefeindet; in manchen Fällen sogar getötet (TE 11.3.2019). Zudem untersucht die Polizei Fälle sexueller Gewalt nur zögerlich; manchmal verlangt sie von den Opfern, die Untersuchungen zu ihrem eigenen Fall selbst zu tätigen (USDOS 13.3.2019, S.29). So hat sich aufgrund von Anarchie und Gesetzlosigkeit seit 1991 eine Kultur der Gewalt etabliert, in welcher Männer Frauen ungestraft vergewaltigen können (TE 11.3.2019). Es mangelt an staatlicher Autorität, wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe ist - insbesondere in IDP-Lagern - bisher nicht gewährleistet. Frauen und Mädchen bleiben daher den Gefahren bezüglich Vergewaltigung, Verschleppung und systematischer sexueller Versklavung ausgesetzt (AA 4.3.2019, S.14). Werden Vergewaltigungsfälle bekannt, dann greifen Clanälteste auf Xeer zurück; d.h., dass der Täter Kompensation bezahlen muss, oder dass das Opfer gezwungen wird, den Täter zu ehelichen (TE 11.3.2019; vgl. USDOS 13.3.2019, S.29). Das patriarchalische Clansystem und Xeer an sich bieten Frauen keinen Schutz. Wird ein Vergehen gegen eine Frau gemäß Xeer gesühnt, dann wird zwar die Familie des Opfers finanziell kompensiert, der Täter aber nicht bestraft (SEM 31.5.2017, S.49). Sexuelle Gewalt - Maßnahmen: Positiv zu erwähnen ist, dass die Bundesregierung und Regionalbehörden Maßnahmen getroffen und Gesetze verbessert haben, um die Strafverfolgung bei Fällen sexueller Gewalt zu stärken (HRW 17.1.2019). Außerdem kommt es zu Ausbildungsmaßnahmen. So wurden etwa dutzende Soldaten und Polizisten in Baidoa, Belet Weyne und Kismayo hinsichtlich konfliktbezogener sexueller Gewalt und den damit verbundenen Menschenrechten weitergebildet; ähnliches ist für Mogadischu geplant (AMISOM 3.3.2019). Auch für Polizisten und Polizistinnen gibt es derartige Ausbildungen (UNSOM 3.2019, S.2). Bei der Armee wurden einige Soldaten wegen des Vorwurfs von Vergewaltigung verhaftet (USDOS 13.3.2019, S.29). Sexuelle Gewalt - Unterstützung: Für Opfer sexueller Gewalt gibt es von UN-Agenturen oder nationalen und internationalen NGOs organisierte Zufluchtsstätten. Angeboten werden medizinische und psycho-soziale Unterstützung, Rechtsberatung und materielle Unterstützung sowie Schutzunterkünfte (UNFPA 8.2018, S.2).

Ein Beispiel für eine NGO, die Zuflucht, Unterkunft und andere Unterstützung für Opfer anbietet, ist das Elman Peace and Human Rights Center über die Aktion "Sister Somalia". Die NGO Safe Somali Women and Children betreibt ein Krisenzentrum für Opfer sexueller Gewalt (NLMBZ 3.2019, S.45). Sexuelle Gewalt - Puntland: Im Jahr 2016 wurde ein Gesetz gegen sexuelle Gewalt in Kraft gesetzt (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. TRF 28.2.2019; ICG 27.6.2019, S.15). Darin sind etwa für Vergewaltigung unter Verwendung einer Waffe lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe vorgesehen. Die Staatsanwaltschaft hat mehrere Anwältinnen aufgenommen, um Fälle sexueller Gewalt zu bearbeiten (USDOS 13.3.2019, S.29). Im Jahr 2017 wurden fünf Männer, die ein Mädchen vergewaltigt hatten, unter diesem Gesetz mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft (TRF 28.2.2019). Weitere fünf Männer wurden wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Mädchens in Galkacyo zum Tode verurteilt (AMISOM 4.3.2019a). Insgesamt bleiben Umsetzung und Auswirkungen des Gesetzes aber beschränkt (HRW 17.1.2019), doch immerhin gibt es jetzt eine Rechtsgrundlage für die Strafverfolgung von Tätern (ICG 27.6.2019, S.15). Frauen - al Shabaab: In den von ihr kontrollierten Gebieten gelingt es al Shabaab, Frauen und Mädchen ein gewisses Maß an physischem Schutz zukommen zu lassen. Die Gruppe interveniert z.B. in Fällen häuslicher Gewalt (ICG 27.6.2019, S.2/6). Es sind Fälle bekannt, wo sich vergewaltigte Frauen an Gerichte der al Shabaab gewendet haben (FIS 5.10.2018, S.33). Al Shabaab hat Vergewaltiger - mitunter zum Tode - verurteilt (USDOS 13.3.2019, S.14; vgl. ICG 27.6.2019, S.6). Dies ist auch ein Grund dafür, warum es in den Gebieten der al Shabaab nur vergleichsweise selten zu Vergewaltigungen kommt (ICG 27.6.2019, S.6; vgl. DI 6.2019, S.9). Berichte legen nahe, dass sexualisierte Gewalt von al Shabaab gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 4.3.2019, S.14). Es kommt zu Zwangsehen (USDOS 13.3.2019, S.30), die diesbezügliche Zahl hat in jüngerer Vergangenheit zugenommen (DI 6.2019, S.9). Solche Zwangsehen gibt es nur in den von al Shabaab kontrollierten Gebieten (USDOS 13.3.2019, S.32). Das Ausmaß ist unklar. Manchmal werden die Eltern der Braut bedroht. Zwangsehen der al Shabaab in städtischen Zentren sind nicht bekannt (DIS 3.2017, S.19/25). Nach anderen Angaben werden die meisten Ehen mit Mitgliedern der al Shabaab freiwillig eingegangen (ICG 27.6.2019, S.8; vgl. DIS 3.2017, S.19), auch wenn der Einfluss von Eltern und Clan sowie das geringe Alter bei der Eheschließung nicht geringgeschätzt werden dürfen. Eine solche Ehe bietet der Ehefrau und ihrer Familie ein gewisses Maß an finanzieller Stabilität, selbst Witwen beziehen eine Rente (ICG 27.6.2019, S.8). Demgegenüber stehen Berichte, wonach viele Eltern ihre Töchter in Städte gebracht haben, um sie vor dem Zugriff durch al Shabaab in Sicherheit zu bringen (DI 6.2019, S.9). Al Shabaab schränkt die Freiheit und die Möglichkeiten von Frauen auf dem Gebiet unter ihrer Kontrolle signifikant ein (TE 11.3.2019). Die Anwendung einer extremen Form der Scharia resultiert in einer entsprechend weitergehenden Diskriminierung von Frauen (AA 4.3.2019, S.14f). Diese werden etwa insofern stärker exkludiert, als ihre Beteiligung an ökonomischen Aktivitäten als unislamisch erachtet wird (USDOS 13.3.2019, S.30f). Nach anderen Angaben hat al Shabaab einen pragmatischen Zugang. Da immer mehr Familien vom Einkommen der Frauen abhängig sind, tendiert die Gruppe dazu, sie ihren wirtschaftlichen Aktivitäten nachgehen zu lassen. Und dies, obwohl Frauen nominell das Verlassen des eigenen Hauses nur unter Begleitung eines männlichen Verwandten (mahram) erlaubt ist (ICG 27.6.2019, S.11). Eheschließung: Bei Eheschließungen gilt das Scharia-Recht. Polygamie ist somit erlaubt, ebenso die Ehescheidung (ÖB 9.2016, S.11; vgl. LI 14.6.2018, S.16/18f). Es gibt keine Zivilehe (LI 14.6.2018, S.7). Eine Ehe gilt erst dann als rechtskräftig, wenn sie vollzogen worden ist. Von daher gibt es zwar die Möglichkeit, einen Ehevertrag durch einen Stellvertreter abzuschließen; jedoch wird der Vertrag erst bei "Konsumation" (=Geschlechtsverkehr) formell rechtsgültig (LI 14.6.2018, S.16). Die Ehe ist extrem wichtig, und es ist in der somalischen Gesellschaft geradezu undenkbar, dass eine junge Person unverheiratet bleibt. Gleichzeitig besteht gegenüber der Braut die gesellschaftliche Erwartung, dass sie bei ihrer ersten Eheschließung Jungfrau ist (LIFOS 16.4.2019, S.38). Gerade bei der ersten Ehe ist die arrangierte Ehe die Norm (LI 14.6.2018, S.8f). Eheschließungen über Clangrenzen [Anm.: großer bzw. "nobler" Clans] hinweg sind normal (FIS 5.10.2018, S.26f). Ehe-Alter / Kinderehe: Gemäß somalischem Zivilrecht ist für eine Eheschließung ein Mindestalter von 15 Jahren vorgesehen. Eine geplante Anhebung auf 18 Jahre scheitert bisher an der Geistlichkeit (ICG 27.6.2019, S.8). Scharia und Tradition nehmen eine Heiratsfähigkeit bei Erreichen der Pubertät an (LI 14.6.2018, S.7). Laut Übergangsverfassung sollen beide Ehepartner das "age of maturity" erreicht haben; als Kinder werden Personen unter 18 Jahren definiert. Außerdem sieht die Verfassung vor, dass beide Ehepartner einer Eheschließung freiwillig zustimmen müssen (USDOS 13.3.2019, S.32). Trotzdem ist die Kinderehe verbreitet (USDOS 13.3.2019, S.32; vgl. FH 5.6.2019b, G3) - gerade in ärmeren, ländlichen Gebieten (ICG 27.6.2019, S.8; vgl. FIS 5.10.2018, S.27; vgl. LI 14.6.2018, S.7). Oft werden Mädchen zwischen 10 und 16 Jahren verheiratet, wobei die Eheschließung von den Eltern schon sehr früh vereinbart wird. Die eigentliche Hochzeit erfolgt, wenn das Mädchen die Pubertät erreicht (FIS 5.10.2018, S.27). Bei einer Umfrage im Jahr 2017 gaben ca. 60% der Befragten an, dass eine Eheschließung für Mädchen unter 18 Jahren kein Problem ist (AV 2017, S.33). Arrangierte Ehe / Zwangsehe: Der Übergang von arrangierter zur Zwangsehe ist fließend. Bei ersterer liegt die mehr oder weniger explizite Zustimmung beider Eheleute vor, wobei hier ein unterschiedliches Maß an Druck ausgeübt wird. Bei der Zwangsehe hingegen fehlt die Zustimmung gänzlich oder nahezu gänzlich (LI 14.6.2018, S.9f). Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 4.3.2019, S.14f). Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 gibt eine von fünf Frauen an, zur Ehe gezwungen worden zu sein; viele von ihnen waren bei der Eheschließung keine 15 Jahre alt (LIFOS 16.4.2019, S.10). Es gibt keine bekannten Akzente der Bundesregierung oder regionaler Behörden, um dagegen vorzugehen. Außerdem gibt es kein Mindestalter für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr (USDOS 13.3.2019, S.32). Gegen Frauen, die sich weigern, einen von der Familie gewählten Partner zu ehelichen, wird mitunter auch Gewalt angewendet. Das Ausmaß ist unklar, Ehrenmorde haben diesbezüglich in Somalia aber keine Tradition. Vielmehr können jene, die mit traditionellen Normen brechen, den Schutz und die Unterstützung durch Familie und Clan verlieren (LI 14.6.2018, S.10). Bereits eine Quelle aus dem Jahr 2004 besagt, dass sich die Tradition gewandelt hat, und viele Ehen ohne Einbindung, Wissen oder Zustimmung der Eltern geschlossen werden (LI 14.6.2018, S.9f). Viele junge Somali akzeptieren arrangierte Ehen nicht mehr (LIFOS 16.4.2019, S.11). Gerade in Städten ist es zunehmend möglich, den Ehepartner selbst zu wählen (LIFOS 16.4.2019, S.11; vgl. LI 14.6.2018, S.8f). In der Hauptstadt ist es nicht unüblich, dass es zu - freilich oft im Vorfeld mit den Familien abgesprochenen - Liebesehen kommt (LI 14.6.2018, S.8f). Dort sind arrangierte Ehen eher unüblich. Zusätzlich gibt es auch die Tradition der "runaway marriages", bei welcher die Eheschließung ohne Wissen und Zustimmung der Eltern erfolgt (FIS 5.10.2018, S.26f). Diese Art der Eheschließung ist in den vergangenen Jahren immer verbreiteter in Anspruch genommen worden (LI 14.6.2018, S.11). Gemäß einer Schätzung konnten sich die Eheleute in 80% der Fälle ihren Partner selbst aussuchen bzw. bei der Entscheidung mitreden (FIS 5.10.2018, S.26f). Durch eine Scheidung wird eine Frau nicht stigmatisiert, und Scheidungen sind in Somalia nicht unüblich (LI 14.6.2018, S.18f; vgl. FIS 5.10.2018, S.27f). Bereits 1991 wurde festgestellt, dass mehr als die Hälfte der über 50jährigen Frauen mehr als einmal verheiratet gewesen ist (LI 14.6.2018, S.18). Die Zahlen geschiedener Frauen und von Wiederverheirateten sind gestiegen. Bei einer Scheidung bleiben die Kinder üblicherweise bei der Frau, diese kann wieder heiraten oder die Kinder alleine großziehen. Um unterstützt zu werden, zieht die Geschiedene aber meist mit den Kindern zu ihren Eltern oder zu Verwandten (FIS 5.10.2018, S.27f). Bei der Auswahl eines Ehepartners sind Geschiedene in der Regel freier als bei der ersten Eheschließung (LI 14.6.2018, S.19). Auch bei al Shabaab sind Scheidungen erlaubt und werden von der Gruppe auch vorgenommen (ICG 27.6.2019, S.9). In Somalia gibt es keine Tradition sogenannter Ehrenmorde im Sinne einer akzeptierten Tötung von Frauen, welche bestimmte soziale Normen überschritten haben - z. B. Geburt eines unehelichen Kindes (LI 14.6.2018, S.10). Ein uneheliches Kind wird allerdings als Schande für die ganze Familie der Frau erachtet. Mutter und Kind werden stigmatisiert, im schlimmsten Fall werden sie von der Familie verstoßen (FIS 5.10.2018, S.27; vgl. LIFOS 1.6.2017, S.8ff). In Somalia herrschen zwei Formen von FGM (auf Somali: "Gudniinka" - Beschneidung) vor:

Einerseits die am meisten übliche sog. Pharaonische Beschneidung (gudniinka fircoonige), welche weitgehend dem WHO Typ III (Infibulation) entspricht. Andererseits die Sunna (gudniinka sunna), welche laut einer Quelle generell dem weniger drastischen WHO Typ I entspricht (LIFOS 16.4.2019, S.13f), laut einer anderen Quelle WHO Typ I und II umfasst (AV 2017, S.29). Die Sunna wird unterteilt in die sog. große Sunna (sunna kabir) und die kleine Sunna (sunna saghir); es gibt auch Mischformen (LIFOS 16.4.2019, S.14f). De facto kann unter dem Begriff "Sunna" jede Form - von einem kleinen Schnitt bis hin zur fast vollständigen pharaonischen Beschneidung - gemeint sein, die von der traditionellen Form von FGM (Infibulation) abweicht (FIS 5.10.2018, S.30; vgl. LIFOS 16.4.2019, S.39). Aufgrund der Problematik, dass es keine klare Definition der Sunna gibt (LIFOS 16.4.2019, S.14f; vgl. FIS 5.10.2018, S.31), wissen Eltern oft gar nicht, welchen Eingriff die Beschneiderin genau durchführen wird (LIFOS 16.4.2019, S.14f). Es gibt keine nationale Gesetzgebung, welche FGM verbieten würde (LIFOS 16.4.2019, S.28). Die Übergangsverfassung verbietet zwar weibliche Genitalverstümmelung (FGM) (USDOS 13.3.2019, S.30). Dort steht, dass eine "Beschneidung" von Mädchen Folter gleichkommt und verboten ist. Allerdings mangelt es an einer Definition von "Beschneidung", und es wird kein Strafmaß genannt. Das Strafgesetz von 1964 sieht zwar Strafen für die Verletzung einer Person vor, es sind aber keine Fälle bekannt, wo FGM dahingehend einer Strafverfolgung zugeführt worden wäre - selbst dann, wenn ein Mädchen an den Folgen der Verstümmelung verstorben ist (LIFOS 16.4.2019, S.28f). Generell mangelt es den Behörden landesweit an Integrität und Kapazität, um eine für die Beschneidung eines Mädchens verantwortliche Person rechtlich zu verfolgen. Es gibt folglich auch keine Beispiele dafür, wo eine solche Person bestraft worden wäre (LIFOS 16.4.2019, S.42). In zwei Fällen, bei denen zehn- bzw. elfjährige Mädchen an den Folgen von FGM verstorben sind, wurden zwar Untersuchungen angekündigt; bis Ende 2018 sind aber in keinem der Fälle entsprechende Anklagen ausgesprochen worden (USDOS 13.3.2019, S.30). Sowohl in Süd-/Zentralsomalia als auch in Puntland gibt es Gesetzesentwürfe, teilweise auch schon Gesetze gegen FGM; diese wurden aber bislang von traditionellen Führern blockiert (CNN 11.10.2018). Die Frage, ob nur eine bestimmte Form von FGM oder aber alle Formen von FGM verboten werden sollen, hat die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes (auf Bundesebene) seit 2016 verzögert (TRF 27.2.2019). Al Shabaab hatte ursprünglich jede Form von FGM verboten. Mittlerweile gilt das Verbot für die Infibulation, während die Sunna akzeptiert wird (LIFOS 16.4.2019, S.22/41f). Generell ist al Shabaab nicht Willens, dieses Verbot auf dem von ihr kontrollierten Gebiet auch umzusetzen. Die Gruppe unterstützt die Tradition nicht, geht aber auch nicht aktiv dagegen vor (DIS 1.2016, S.8). Verbreitung: FGM ist in Somalia auch weiterhin weit verbreitet (USDOS 13.3.2019, S.30; vgl. AA 4.3.2019, S.15). Lange Zeit wurde die Zahl betroffener Frauen mit 98% angegeben. Diese Zahl ist laut somalischem Gesundheitsministerium bis 2015 auf 95% und bis 2018 auf 90% gefallen (FIS 5.10.2018, S.29). Eine andere Quelle gibt an, dass in Somalia 95% betroffen sind (AA 4.3.2019, S.15). Eine Studie aus dem Jahr 2011 erklärt, dass 97% der Mädchen und Frauen in der Altersgruppe 15-19 Jahre von irgendeiner Form von FGM betroffen sind (LIFOS 16.4.2019, S.20). Gemäß einer neueren Studie aus dem Jahr 2017 sind rund 13% der 15-17jährigen Mädchen nicht beschnitten (STC 9.2017). Insgesamt gibt es diesbezüglich nur wenige aktuelle Daten. Generell ist von einer Rückläufigkeit auszugehen (LIFOS 16.4.2019, S.19f; vgl. STC 9.2017). Hinsichtlich geographischer Verbreitung scheint die Infibulation 2006 in Süd-/Zentralsomalia mit 72% am wenigsten verbreitet gewesen zu sein; in Puntland war sie mit 93% am verbreitetsten (LIFOS 16.4.2019, S.21). Schon 1985 hat ein Trend eingesetzt, mit dem sich die Sunna nunmehr zur üblichsten Form der Beschneidung entwickeln konnte (FIS 5.10.2018, S.30f). Bei einer landesweiten Umfrage aus dem Jahr 2017 haben 40,6% angegeben, von einer Infibulation betroffen zu sein (AV 2017, S.29). Gemäß Zahlen einer Studie aus dem Jahr 2017 ist in Mogadischu kaum ein unter 18jähriges Mädchen infibuliert; dagegen kommen sowohl große als auch kleine Sunna breitflächig zur Anwendung. Dies trifft in weniger drastischer Form auch auf die untersuchten somaliländischen Bezirke zu (siehe Grafik). Insgesamt waren bei dieser Studie rund ein Viertel der beschnittenen Unter-18-Jährigen von Infibulation, die große Mehrheit von kleiner und großer Sunna betroffen. Die Infibulation ist also insgesamt zurückgedrängt worden (STC 9.2017), dies wird von mehreren Quellen bestätigt (LIFOS 16.4.2019, S.14f/39; vgl. DIS 1.2016, S.7; FIS 5.10.2018, S.30f). Außerdem sprachen sich in einer Umfrage aus dem Jahr 2017 42,6% gegen die Tradition von FGM aus (AV 2017, S.19). Allerdings gaben nur 15,7% an, dass in ihrer Gemeinde ("community") FGM nicht durchgeführt wird (AV 2017, S.25). Bei einer Studie im Jahr 2015 wendete sich die Mehrheit der Befragten gegen die Fortführung der Infibulation, während es kaum Unterstützung für eine völlige Abschaffung von FGM gab (CEDOCA 9.6.2016, S.7). Zum Alter bei der Beschneidung gibt es unterschiedliche Angaben. Die meisten Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen ein Alter von 5-10 Jahren (LIFOS 16.4.2019, S.20/39); in Puntland und Somaliland erfolgt die Beschneidung laut einer Studie aus dem Jahr 2011 meist im Alter von 10-14 Jahren (LIFOS 16.4.2019, S.20). Eine Studie aus dem Jahr 2017 nennt für ganz Somalia die Gruppe der 10-14jährigen (STC 9.2017). Eine andere Quelle nennt ein Alter von 10-13 Jahren (AA 4.3.2019, S.15). UNICEF wiederum nennt ein Alter von 4-14 Jahren als üblich; die NGO IIDA gibt an, dass die Beschneidung üblicherweise vor dem achten Geburtstag erfolgt (CEDOCA 9.6.2016, S.6). Bei den Benadiri und arabischen Gemeinden in Somalia, wo grundsätzlich die Sunna praktiziert wird, scheint die Beschneidung bei der Geburt stattzufinden, möglicherweise auch nur als symbolischer Schnitt (DIS 1.2016, S.6). Gemäß einer Quelle werden Mädchen, welche die Pubertät erreicht haben, nicht mehr einer FGM unterzogen, da dies gesundheitlich zu riskant ist. Hat ein Mädchen die Pubertät erreicht, fällt auch der Druck durch die Verwandtschaft weg (DIS 1.2016, S.11). Im Jahr 2018 hat man über vier Mädchen erfahren, dass diese im Zuge einer FGM bzw. an deren Folgen verstorben sind. Diese Mädchen waren zehn bis elf Jahre alt. Ein weiteres Mädchen, das fast gestorben wäre, war bei der Vornahme der FGM sieben Jahre alt (CNN 11.10.2018). Internationale und lokale NGOs führen Sensibilisierungsprogramme durch (CEDOCA 9.6.2016, S.22f), landesweit bemühen sich die Regierungen, die Verbreitung von FGM einzuschränken (AA 4.3.2019, S.15) - speziell jene der Infibulation (LIFOS 16.4.2019, S.41f). Mit durch internationale Organisationen finanzierten Kampagnen wird landesweit gegen FGM angekämpft, auch einige Ministerien sind aktiv. UNFPA gibt an, dass 890 somalische Gemeinden zwischen 2014 und 2017 die Durchführung von FGM aufgegeben haben (LIFOS 16.4.2019, S.31). Der Staat und religiöse Führer haben wichtige Schritte gesetzt, um FGM zu kriminalisieren und auszurotten. Allerdings stellen Ineffizienz, Korruption und Nepotismus im Rechtsstaat bedeutende Hindernisse bei der Umsetzung dar. Außerdem gibt es nach wie vor religiöse Führer, die sich gegen ein Verbot der Sunna aussprechen (LIFOS 16.4.2019, S.41f). Auch Medien, Prominente und religiöse Persönlichkeiten werden in die Kampagnen eingebunden (CEDOCA 9.6.2016, S.24f). Üblicherweise liegt die Entscheidung darüber, ob eine Beschneidung stattfinden soll, in erster Linie bei der Mutter (FIS 5.10.2018, S.30; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S.17f). Es kann zu - teils sehr starkem - psychischem Druck auf eine Mutter kommen, damit eine Tochter beschnitten wird. Um eine Verstümmelung zu vermeiden, kommt es auf die Standhaftigkeit der Mutter an. Spricht sich auch der Kindesvater gegen eine Verstümmelung aus, und bleibt dieser standhaft, dann ist es leichter, dem psychischen Druck standzuhalten (DIS 1.2016, S.8ff). Nach anderen Angaben liegt es an den Eltern, darüber zu entscheiden, welche Form von FGM an der Tochter vorgenommen wird. Manchmal wird der Vater von der Mutter bei der Entscheidung übergangen; manchmal halten Großmütter oder andere weibliche Verwandte Mitsprache. In ländlichen Gebieten können Großmütter eher Einfluss ausüben (LIFOS 16.4.2019, S.25f/42f; vgl. FIS 5.10.2018, S.30). Dort ist es mitunter auch schwieriger, FGM in Frage zu stellen (FIS 5.10.2018, S.30f). Dass Mädchen ohne Einwilligung der Mutter von Verwandten einer FGM unterzogen werden, ist zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Keine Quelle des Danish Immigration Service konnte einen derartigen Fall berichten (DIS 1.2016, S.10ff). Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen als diesbezüglich annehmbare Ausnahme (theoretisch) den Fall, dass ein bei den Großeltern lebendes Kind von der Großmutter FGM zugeführt wird, ohne dass es dazu eine Einwilligung der Eltern gibt (LIFOS 16.4.2019, S.26). Gerade in Städten ist es heutzutage kein Problem mehr, sich einer Beschneidung zu widersetzen, und die Zahl unbeschnittener Mädchen steigt (FIS 5.10.2018, S.31). Nach anderen Angaben wird eine Familie, die sich gegen FGM entschieden hat, versuchen, die Tatsache geheim zu halten. Behörden können diesbezüglich keinen Schutz gewährleisten (FIS 5.10.2018, S.30f). Mitunter üben nicht beschnittene Mädchen selbst Druck auf Eltern aus, damit die Verstümmelung vollzogen wird (LIFOS 16.4.2019, S.42f/26). Die umfassende FGM in Form einer Infibulation stellt eine Art Garantie der Jungfräulichkeit bei der ersten Eheschließung dar. Die in der Gemeinde zirkulierte Information, wonach eine Frau nicht infibuliert ist, wirkt sich auf das Ansehen und letztendlich auf die Heiratsmöglichkeiten der Frau und anderer Töchter der Familie aus. Daher wird die Infibulation teils immer noch als notwendig erachtet (LIFOS 16.4.2019, S.38f). Die Akzeptanz unbeschnittener Frauen bzw. jener, die nicht einer Infibulation unterzogen wurden, hängt also maßgeblich von der Familie ab. Generell steht man ihnen in urbanen Gebieten eher offen gegenüber (LIFOS 16.4.2019, S.23). In der Stadt ist es kein Problem, zuzugeben, dass die eigene Tochter nicht beschnitten ist. Auf dem Land ist das anders (CEDOCA 9.6.2016, S.21). In größeren Städten ist es auch möglich, den unbeschnittenen Status ganz zu verbergen. Die Anonymität ist eher gegeben, die soziale Interaktion geringer; dies ist in Dörfern mitunter sehr schwierig (DIS 1.2016, S. 24/9; vgl. LIFOS 16.4.2019, S.39). Trotzdem gibt es sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten Eltern, die ihre Töchter nicht verstümmeln lassen (DIS 1.2016, S.9). Wird der unbeschnittene Status eines Mädchens bekannt, kann dies zu Hänseleien und zur Stigmatisierung führen (LIFOS 16.4.2019, S.39). Doch auch dabei gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land (CEDOCA 9.6.2016, S.21). Allerdings kommt es zu keinen körperlichen Untersuchungen, um den Status hinsichtlich einer vollzogenen Verstümmelung bei einem Mädchen festzustellen. Dies gilt auch für Rückkehrer aus dem Westen. In ländlichen Gebieten wird wahrscheinlich schneller herausgefunden, dass ein Mädchen nicht verstümmelt ist. Eine Mutter kann den Status ihrer Tochter verschleiern, indem sie vorgibt, dass diese einer Sunna unterzogen worden ist (DIS 1.2016, S.12f). Im Jahr 2011 erhobene Zahlen für Puntland zeigen eine rückläufige FGM-Rate. In der Altersgruppe 45-49 waren 2011 97,8% der Frauen von irgendeiner Form von FGM betroffen, in jener von 15 bis 19 Jahren waren es 97,3%, in der Gruppe 10-14 waren es 82,3% (CEDOCA 9.6.2016, S.15). Die Infibulationsrate ist von 93,2% im Jahr 2005 auf 86,7% im Jahr 2011 zurückgegangen (CEDOCA 9.6.2016, S.10; vgl. LIFOS 16.4.2019, S.14). Im Jahr 2011 waren ca. 90% der über 25jährigen, 85,4% der 20-24jährigen und 79,7% der 15-19jährigen von einer Infibulation betroffen. Auch eine Studie aus dem Jahr 2015 zeigt, dass die Infibulationsrate in Puntland zurückgeht. Die Sunna (im Sinne einer moderaten Beschneidung der Klitoris) hingegen ist auf dem Vormarsch (CEDOCA 9.6.2016, S.10). Dennoch gaben bei der Studie im Jahr 2011 immer noch 58% der Befragten an, dass die Tradition der Infibulation beibehalten werden sollte (LIFOS 16.4.2019, S.18), 37% sprachen sich für eine Einstellung der Praxis aus (CEDOCA 9.6.2016, S.6). Dementgegen gaben bei einer puntländischen Studie im Jahr 2018 nur 65% der befragten Frauen an, selbst beschnitten zu sein; nur ein Drittel gab an, dass die eigene Tochter beschnitten sei (LIFOS 16.4.2019, S.20). Mit dem noch nicht vom Parlament abgesegneten Sexual Offenses Act von Puntland würden Infibulation und Sunna verboten; allerdings ist im Gesetz kein Bestrafungsmechanismus angeführt (LIFOS 16.4.2019, S.29). Schon im Jahr 2013 veröffentlichten religiöse Führer und Akademiker eine Fatwa, wonach jede Form von FGM verboten ist (LIFOS 16.4.2019, S.29; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S.22). Zusätzlich gibt es ein Dekret, dass Ärzten die Vornahme einer FGM verbietet. Insgesamt sind aber keine Schritte gegen Täter unternommen worden (LIFOS 16.4.2019, S.29). Die Thematik der Reinfibulation (Wiederherstellung einer Infibulation, Wiederzunähen) betrifft jene Frauen und Mädchen, die bereits einer Infibulation unterzogen und später deinfibuliert wurden. Letzteres erfolgt z.B. im Rahmen einer Geburt, zur Erleichterung des Geschlechtsverkehrs (LIFOS 16.4.2019, S.35/12) oder aber z.B. auf Wunsch der Familie, wenn bei der Menstruation Beschwerden auftreten (LIFOS 16.4.2019, S.32). Eine Reinfibulation kommt v.a. dann vor, wenn Frauen - üblicherweise noch vor der ersten Eheschließung - eine bestehende Jungfräulichkeit vorgeben wollen (DIS 1.2016, S.23). Obwohl es vor einer Ehe gar keine physische Untersuchung der Jungfräulichkeit gibt (LIFOS 16.4.2019, S.40f) kann es bei jungen Mädchen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden oder welche vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten, zu Druck oder Zwang seitens der Eltern kommen, sich eine Reinfibulation zu unterziehen (CEDOCA 13.6.2016, S.9). Vergewaltigungsopfer werden oft wieder zugenäht (TRF 27.2.2019). Stellt nämlich der Ehemann in der Hochzeitsnacht fest, dass eine Deinfibulation bereits vorliegt, kann dies Folgen haben - bis hin zur sofortigen Scheidung. Letztere kann zu einer indirekten Stigmatisierung infolge von "Gerede" führen. Generell können zur Frage der Reinfibulation von vor der Ehe deinfibulierten Mädchen und jungen Frauen nur hypothetische Angaben gemacht werden, da z.B. den von der schwedischen COI-Einheit LIFOS befragten Quellen derartige Fälle überhaupt nicht bekannt waren (LIFOS 16.4.2019, S.40f). Als weitere Gründe, warum sich Frauen für eine Reinfibulation im Sinne einer weitestmöglichen Verschließung entscheiden, werden in einer Studie aus dem Jahr 2015 folgende genannt: a) nach einer Geburt: Manche Frauen verlangen z.B. eine Reinfibulation, weil sie sich nach Jahren an ihren Zustand gewöhnt hatten und sich die geöffnete Narbe ungewohnt und unwohl anfühlt; b) manche geschiedene Frauen möchten als Jungfrauen erscheinen; c) Eltern von Vergewaltigungsopfern fragen danach; d) in manchen Bantu-Gemeinden in Süd-/Zentralsomalia möchten Frauen, deren Männer für längere Zeit von zu Hause weg sind, eine Reinfibulation als Zeichen der Treue (CEDOCA 9.6.2016, S.11). Gesellschaftlich verliert die Frage einer Deinfibulation oder Reinfibulation nach einer Eheschließung generell an Bedeutung, da die Vorgabe der Reinheit/Jungfräulichkeit irrelevant geworden ist (LIFOS 16.4.2019, S.40). Für verheiratete oder geschiedene Frauen und für Witwen gibt es keinen Grund, eine Jungfräulichkeit vorzugeben (CEDOCA 13.6.2016, S.6). Wird eine Frau vor einer Geburt deinfibuliert, kann es vorkommen, dass nach der Geburt eine Reinfibulation stattfindet. Dies obliegt i.d.R. der Entscheidung der betroffenen Frau (LIFOS 16.4.2019, S.40; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S.26). Die Gesellschaft hat kein Problem damit, wenn eine Deinfibulation nach einer Geburt bestehen bleibt (CEDOCA 9.6.2016, S.26), und es gibt üblicherweise keinen Druck, sich einer Reinfibulation zu unterziehen. Viele Frauen fragen aber offenbar von sich aus nach einer (manchmal nur teilweisen) Reinfibulation (CEDOCA 13.6.2016, 9f). Ein derartiges Neu-Vernähen der Infibulation kann im ländlichen Raum vorkommen, ist in Städten eher unüblich (FIS 5.10.2018, S.29). Die Verbreitung variiert offenbar auch geographisch: Bei Studien an somalischen Frauen in Kenia haben sich 35 von 57 Frauen einer Reinfibulation unterzogen. Gemäß einer anderen Studie entscheiden sich in Puntland 95% der Frauen nach einer Geburt gegen eine Reinfibulation (CEDOCA 9.6.2016, S.13f). Freilich kann es vorkommen, dass eine Frau - wenn sie z.B. physisch nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen - auch gegen ihren Willen einer Reinfibulation unterzogen wird; die Entscheidung treffen in diesem Fall weibliche Verwandte oder die Hebamme. Es kann natürlich auch nicht völlig ausgeschlossen werden, dass Frauen durch Druck von Familie, Freunden oder dem Ehemann zu einer Reinfibulation gedrängt werden. Insgesamt hängt das Risiko eine Reinfibulation also zwar vom Lebensumfeld und der körperlichen Verfassung der Frau nach der Geburt ab, aber generell liegt die Entscheidung darüber bei ihr selbst. Sie kann sich nach der Geburt gegen eine Reinfibulation entscheiden. Es kommt in diesem Zusammenhang weder zu Zwang noch zu Gewalt (LIFOS 16.4.2019, S.40f). Keine der zahlreichen, von der schwedischen COI-Einheit LIFOS dazu befragten Quellen hat jemals davon gehört, dass eine deinfibulierte Rückkehrerin nach Somalia dort zwangsweise reinfibuliert worden wäre (LIFOS 16.4.2019, S.41).

Die somalische Regierung und Somaliland arbeiten mit dem UNHCR und IOM zusammen, um IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer und Asylwerber zu unterstützen (USDOS 13.3.2019, S.21). Die Bundesregierung und einige Bundesstaaten zeigen ihre Willigkeit, Verantwortung für IDPs zu übernehmen, und es wurden einige Gesetze erlassen, um ihren Schutz zu verbessern. Allerdings gibt es noch signifikante Lücken. Zumindest Somaliland und Puntland haben eigene Policies für IDPs (OXFAM 6.2018, S.5). UNHCR setzt sich für den Schutz von IDPs ein und gewährt etwas an finanzieller Unterstützung (USDOS 13.3.2019, S.22f). IDP-Zahlen: Schon vor dem Jahr 2016 gab es - v.a. in Süd-/Zentralsomalia - mehr als 1,1 Millionen IDPs. Viele davon waren im Zuge der Hungersnot 2011 geflüchtet und danach nicht mehr in ihre Heimat zurückgekehrt. Weitere 1,6 Millionen sind ab 2016 hinzugekommen, auch sie sind in erster Linie wegen der Dürre geflohen (OXFAM 6.2018, S.5). Gewalt, Unsicherheit und unberechenbares Wetter sorgen auch weiterhin für neue Vertreibung von Zivilisten. Die Zahl an IDPs beträgt 2,6 Millionen. Viele davon leben unter schwierigen Umständen, sind sehr vulnerabel und auf Unterstützung und Schutz angewiesen (UNSC 15.5.2019, Abs.68). Viele der im Jahr 2018 neu Vertriebenen sind zwar auf Unsicherheit zurückzuführen; ebenso viele mussten ihre Heimat aber wegen Dürre und/oder Überschwemmungen verlassen (NLMBZ 3.2019, S.49). In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 sind ca. 248.000 Menschen durch Dürre und Konflikte vertrieben worden (NRC 10.9.2019). Mit Stand Juni 2018 gab es in Somalia 1.843 IDP-Lager und -Siedlungen, knapp die Hälfte davon in der Region Benadir/Mogadischu. Fast 80% dieser Lager und Siedlungen sind spontan und ungeplant errichtet worden (CCCM 26.6.2018). Rechtswidrige Zwangsräumungen, die IDPs und die arme Stadtbevölkerung betrafen, bleiben ein großes Problem (AA 4.3.2019, S.19; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.69). Im Jahr 2018 waren 314.000 IDPs von Zwangsräumungen betroffen, 2017 waren es 200.000 gewesen (UNSC 15.5.2019, Abs.69). In den ersten acht Monaten 2019 waren davon 134.000 Menschen betroffen, davon 108.000 in Mogadischu (NRC 10.9.2019). Viele weitere Delogierungen wurden aus Baidoa gemeldet (UNSC 21.12.2018, S.14). Die Mehrheit der IDPs zog in der Folge in entlegene und unsichere Außenbezirke von Mogadischu, wo es lediglich eine rudimentäre bzw. gar keine soziale Grundversorgung gibt, und sie unter äußerst schlechten Bedingungen leben (AA 4.3.2019, S.19). Im Zuge von Zwangsräumungen kommt es mitunter auch zu unverhältnismäßiger Gewaltanwendung. Bei einer Räumung im Bereich Sinka Dheere in Mogadischu starben im Juli 2018 drei Personen, nachdem Sicherheitskräfte auf Demonstranten das Feuer eröffnet hatten (SEMG 9.11.2018, S.41). Organisationen wie IOM versuchen, durch eine Umsiedlung von IDPs auf vorbereitete Grundstücke einer Zwangsräumung zuvorzukommen. So werden z.B. in Baidoa 2019 1.000 IDP-Haushalte aus 15 Lagern auf mit der Stadtverwaltung abgestimmte Grundstücke umgesiedelt. Dort wurden zuvor Latrinen, Wasserversorgung, Straßenbeleuchtung und andere Infrastruktur installiert. Auch zwei Polizeistationen wurden gebaut. Den IDPs werden außerdem Gutscheine für Baumaterial zur Verfügung gestellt (IOM 25.6.2019).

Menschenrechte: IDPs sind andauernden schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, ihre besondere Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit werden von allerlei nichtstaatlichen - aber auch staatlichen - Stellen ausgenutzt und missbraucht. Schläge, Vergewaltigungen, Abzweigung von Nahrungsmittelhilfen, Bewegungseinschränkungen und Diskriminierung aufgrund von Clan-Zugehörigkeiten sind an der Tagesordnung (AA 4.3.2019, S.19); es kommt auch zu willkürlichen Tötungen, Vertreibungen und sexueller Gewalt (HRW 17.1.2019). Vergewaltigungen in IDP-Camps kommen häufig vor (FIS 5.10.2018, S.32). Weibliche IDPs sind hinsichtlich einer Vergewaltigung und sexueller Gewalt besonders gefährdet (USDOS 13.3.2019, S.22/29; vgl. HRW 17.1.2019), 80% der gemeldeten Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt betreffen IDPs (NLMBZ 3.2019, S.44). Zu den Tätern gehören bewaffnete Männer - darunter Regierungssoldaten und Milizionäre - und Zivilisten (HRW 17.1.2019). Andererseits stellen IDP-Lager für al Shabaab kein Ziel dar (NLMBZ 3.2019, S.24/54). Dafür flüchteten im Juli 2019 einige hundert IDPs aus Galmudug, da sie dort als angebliche Kollaborateure von al Shabaab angefeindet und angegriffen wurden (UNOCHA 31.7.2019, S.3). Versorgung: Gerade auch für IDPs hat eine Dürre schlimme Konsequenzen (UNOCHA 31.7.2019, S.1). Hier steigt die Rate akuter schwerer Unterernährung bei Kindern schnell (UNOCHA 31.5.2019, S.2). [Siehe dazu Abschnitt 21.2] Unterstützung: Die EU unterstützt über das Programm RE-INTEG Rückkehrer

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten