TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W207 2227221-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W207 2227221-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.12.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 01.10.2019 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf "Feststellung des Grades der Behinderung für Zwecke des Finanzamtes", der von der belangten Behörde zutreffend als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde. Diesem Antrag legte die Beschwerdeführerin ein umfangreiches Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 03.12.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 28.11.2019, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese:

3x Sectio

Hypertonie

CHE

08/2018 Kahnbeinfraktur rechts, konservative Therapie

degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikalsyndrom Abnützungserscheinungen im Bereich beider Kniegelenke

Zustand nach Eisenmangelanämie, parenterale Eisensubstitution

Derzeitige Beschwerden:

"Beschwerden habe ich vor allem in der Halswirbelsäule mit Verspannungen und Ausstrahlung der Schmerzen in den rechten Arm, die Finger rechts kribbeln, die rechte Hand schläft immer wieder ein, seit etwa einem Jahr. Beschwerden in der Halswirbelsäule habe ich schon seit langem.

Von Seiten des Kahnbeinbruchs habe ich immer wieder Beschwerden und Schwellung im rechten Handgelenk, Deflamat ist teilweise erforderlich. Immer wieder habe ich Beschwerden im Bereich beider Kniegelenke. Habe schon viermal eine Eiseninfusion bekommen wegen der Eisenmangelanämie, eine Ursache ist nicht bekannt. Habe Gastritis und von Seiten der Galle immer wieder Beschwerden, kann nicht alles essen."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Atenolol, Amlodipin, Deflamat bei Bedarf

Allergie:0

Nikotin:0

Hilfsmittel:0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. M., 1140

Sozialanamnese:

Geschieden, 3 erwachsene Söhne, lebt in Wohnung im 3. Stockwerk mit

Lift. Berufsanamnese: Büroangestellte

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Dr. K. Unfallchirurgisches Gutachten 08.08.2019 (Handgelenk rechts:

Dieses diffus verdickt, nicht überwärmt oder gerötet. Kein Erguss tastbar. Es besteht keine Fehlstellung des Handkorpus. Die Beweglichkeit noch deutlich eingeschränkt. Deutlicher Druckschmerz in der Tabatiere mit Stauchungsschmerz des Daumens, kein Schmerz in Höhe des SL- Bandes. Über dem Carpalkanal kein elektrisierendes Gefühl. Keine Atrophie der Handmuskulatur, keine Schwielen, Fingernägel unauffällig. Kein vermehrtes Schwitzen, Puls der Art. radialis kräftig tastbar. Normale periphere Rekapillarisation. In der Hohlhand keine Verhärtungen oder Knötchen entlang der Beugesehnen tastbar. Tinel-Hoffmann negativ.

Die Finger sind frei beweglich. Sensibilität und Durchblutung o.B.

Im Sinne der Bestimmungen der privaten Unfallversicherung, beurteile ich die Dauerinvalidität bezogen auf das gegenständliche Ereignis vom 20.08.2018 mit 10% (zehn Prozent) vom aktuellen Armwert rechts

MRT Knie rechts 07.07.2017 (Meniskusruptur medial ohne Dislokation. Chondropathie femorotibial. Lateralisation der Patella. Kniegelenkserguß.)

Bericht Therme K. 30.05.-20.06.2017 (Cervicalsyndrom bei Spondylosis deformans C5- C7 Anterolisthese C4/ C5 Retrolisthese C2/ C3 Rez. Lumbalsyndrom Gonarthrosis sin. Eisenmangelanämie unklarer Genese Arterielle Hypertonie Rez. Panikattacken)

Bericht Gynäkologische Abteilung 25.10.2016 (Rezidivierende Metrorrhagien Rezidivierende Ovarialzysten 25.10.2016: HSK und frakt. Curettage einschließlich Thermoablation mittels Cavaterm)

Befund I. Medizinische Abteilung XXX Krankenhaus 28.04.2016 (V.a. submucöse RF im Duodenum Orale Endosonografie keine pathologischen Gastroskopie am 27.04.2016)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut, 49 Jahre

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 163,00 cm Gewicht: 92,00 kg Blutdruck: 140/90

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut.

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.

Abdomen: klinisch unauffällig

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, Radialispulse beidseits tastbar, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Handgelenk rechts: äußerlich unauffällig seitengleiche Silhouette, Druckschmerzen über dem Kahnbein.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung frei, Handgelenke rechts endlagig eingeschränkt, links frei, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 2/3 möglich.

Die Beinachse ist gerade. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenke beidseits: unauffällig

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann im Bereich der Schulter-und Nackenmuskulatur. Klopfschmerz über der unteren HWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

BWS/LWS: FBA: 15 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich

Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Schuhen mit hohen Absätzen, das Gangbild ist hinkfrei und unauffällig.

Bewegungsabläufe nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zervikobrachialsyndrom Oberer Rahmensatz, da rezidivierende Beschwerden bei deutlichen Verspannungen und geringen funktionellen Einschränkungen.

02.01.01

20

2

Abnützungserscheinungen des Bewegungsapparates Unterer Rahmensatz, da Beschwerden vor allem im Bereich beider Kniegelenke ohne relevante funktionelle Einschränkung.

02.02.01

10

3

Funktionseinschränkungen rechtes Handgelenk geringen Grades bei Zustand nach Kahnbeinfraktur

02.06.20

10

4

Bluthochdruck

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

kein Vorgutachten vorliegend

[X] Dauerzustand

Frau B. kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X] JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

..."

Mit E-Mail vom 28.11.2019 gab die Beschwerdeführer bei der belangten Behörde bekannt, dass sie seit Februar eine von der Krankenkasse genehmigte Gesprächstherapie mache, da sie seit Jahren an Panikattacken und Existenzängsten leide. Sie habe leider vergessen, dies bei der stattgehabten Untersuchung zu erwähnen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.12.2019 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das eingeholte Gutachten vom 03.12.2019 wurde ihr mit diesem Schreiben übermittelt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Mit E-Mail vom 12.12.2019 brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme folgenden Inhalts bei der belangten Behörde ein:

"...

Vielen Dank für Ihr Schreiben. Mir ist aufgefallen, dass die Gallenoperation nicht erwähnt wurde. Ich habe immer noch starke Verdauungsprobleme und muss daher Diät halten. (Beilage 1)

Auf Seite 5 bei Ergebnis der durchgeführten Begutachtungen wurden die Galle und das Verdauungssystem nicht angeführt. Weiteres habe ich leider vergessen. dass ich eine Fettleber habe, den Befund reiche ich jetzt nach. (Beilage 3)

Am 28.11.2019 habe ich ein E-Mail gesendet, wo ich die Rückmeldung bekam, dass es an die Ärztin weitergeleitet wird. Ich bin seit Februar in einer Gesprächstherapie wegen widerkehrenden Panikattacken und Existenzängsten, die von der Krankenkasse bewilligt wurde. Mag. B. ist zur Zeit krank und hat mir die Unterlagen leider nicht übermittelt. (Beilage 4)

Auf Seite 6 bei folgenden Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor - Bei Gallen- und Leberkrankheiten und Erkrankungen des Verdauungssystems wurde mit nein angekreuzt. Bitte um Korrektur. (Beilage 1 und Beilage 2)

Becken und unteren Extremitäten: Beinlänge ident - es besteht eine Längendifferenz von ca. 2cm.

Gesamtmobilität - Gangbild: Ich kann leider fast nur mehr Schuhe mit Absatz tragen, weil meine Sehnen verkürzt sind und ich Schmerzen habe, wenn ich niedrige Schuhe trage. Der Fersensporn macht mir auch oft Probleme und mir wurde dafür auch schon eine Bestrahlungstherapie verschrieben worden.

..."

Der Stellungnahme wurden die erwähnten medizinischen Unterlagen - die teilweise von der Beschwerdeführerin bereits im Rahmen der Antragstellung vorgelegt worden waren und daher bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt wurden - beigelegt. Dies gilt nicht für allfällige Belege für die Durchführung einer Gesprächstherapie wegen widerkehrenden Panikattacken und Existenzängsten; eine Beilage 4 liegt nicht im Verwaltungsakt der belangten Behörde auf.

Aufgrund des Inhaltes der Stellungnahme bzw. aufgrund der nachgereichten medizinischen Unterlage holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme der Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, welche das Gutachten vom 03.12.2019 erstellt hatte, vom 18.12.2019 ein. In dieser Stellungnahme wird - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

"...

Die Antragstellerin erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 28.11.2019 nicht einverstanden und bringt in der Stellungnahme vom 10.12.2019 vor, dass die Gallenblasenoperation nicht erwähnt worden sei.

Sie habe immer noch starke Verdauungsprobleme und müsse Diät halten. Sie habe eine Fettleber.

Sie sei seit Februar in einer Gesprächstherapie wegen wiederkehrender Panikattacken und Existenzängsten, von der Krankenkasse bewilligt.

Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung bei Gallen- und Leberkrankheiten und Erkrankungen des Verdauungssystems seien anzukreuzen.

Sie habe eine Beinlängendifferenz von ca. 2 cm. Sie könne nur Schuhe mit Absatz tragen und habe Beschwerden durch den Fersensporn.

Befunde:

Histologischer Befund 13.5.2019 (Magenschleimhaut: kein behinderungsrelevantes Leiden objektivierbar)

Befund XXX 9.5.2019 (Erosionen im distalen Antrum und Cardia, keine Hiatushernie)

Histologischer Befund 30.5.2018 (reguläre Schleimhaut in Duodenum, im Magen leichte chronische Entzündung)

Befund XXX 29.5.2018 (1.) bekannte Schleimhautvorwölbung peripapillär 2.) atrophe Pangastritis bei bekannter A-Gastritis 3.) Hiatushernie)

Sonografie Abdomen 3.8.2017 (mäßiggradiger diffuser Leberparenchymschaden wie bei Steatose/Fibrose, Zustand nach CHE)

Befund chirurgische Abteilung XXX Krankenhaus 17.6.2014 (laparoskopische CHE)

Stellungnahme:

Die bei der Begutachtung am 28.11.2019 anhand einer gründlichen allgemeinmedizinischen und orthopädischen Untersuchung festgestellten Behinderungen und Leidenszustände wurden in der Beurteilung hinsichtlich Einstufung nach der EVO in vollem Umfang berücksichtigt.

Bzgl. Magen, Darm und Gallenblase konnte kein behinderungsrelevantes Leiden dokumentiert werden, ein Zustand nach Gallenblasenentfernung, ohne befundbelegte relevante Verdauungsstörung, bewirkt keinen Grad der Behinderung.

Eine behinderungsrelevante Beinlängendifferenz konnte nicht festgestellt werden. Rezidivierende Beschwerden durch Fersensporn stellen kein behinderungsrelevantes Leiden dar, da einer Behandlung zugänglich und vorübergehend.

Ein behinderungsrelevantes psychiatrisches Leiden ist nicht durch fachärztliche Befunde belegt.

Die vorgelegten Befunde stehen nicht in Widerspruch zu getroffener Einstufung.

Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen könnten, wurden nicht vorgelegt.

Die vorgebrachten Argumente beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird."

Mit E-Mail vom 19.12.2019 reichte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde eine Bestätigung eines näher genannten Gesundheitspsychologen, Klinischen Psychologen, Psychotherapeuten (Verhaltenstherapie) vom 17.12.2019 folgenden Inhaltes nach:

"BESTÄTIGUNG

Zu Beginn der Psychotherapie wurde die Diagnose F41.2 (Angst und depressive Störung, gemischt) gestellt.

Unterschrift des Gesundheitspsychologen"

Mit Bescheid vom 19.12.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 01.10.2019 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 20 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die ergänzende Stellungnahme der Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, welche das medizinische Sachverständigengutachten vom 03.12.2019 erstellt hatte, vom 18.12.2019 wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Mit E-Mail vom 02.01.2020 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 19.12.2019, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen worden war, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde, in der in inhaltlicher Hinsicht Folgendes ausgeführt wird:

"...

Nachdem ich jetzt nochmals eine Ablehnung bekommen habe, möchte ich eine Beschwerde einbringen. Mir ist von einem Juristen von der Gewerkschaft gesagt worden, dass ich einen Antrag für das Finanzamt stellen soll.

Die Punkte, die ich im Schreiben vom 10.12.2019 aufgezählt habe, wurden wieder nicht berücksichtigt. Die Gallenoperation wurde wieder nicht erwähnt. Ich habe immer noch starke Verdauungsprobleme und muss daher Diät halten. Muss ich neue Befunde dazu bringen?

Auf Seite 5 bei Ergebnis der durchgeführten Begutachtungen wurden die Galle und das Verdauungssystem nicht angeführt.

Am 28.11.2019 habe ich ein E-Mail gesendet, wo ich die Rückmeldung bekam, dass es an die Ärztin weitergeleitet wird. Ich bin seit Februar in einer Gesprächstherapie wegen widerkehrenden Panikattacken und Existenzängsten, die von der Krankenkasse bewilligt wurde. Herr Mag. B. hat mir die Bestätigung geschickt und ich habe sie am 18.12.2019 per E-Mail an sie gesendet. Im Schreiben wurde es nicht berücksichtigt.

...."

Der Beschwerde wurden keine medizinischen Unterlagen beigelegt.

Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.01.2020 von der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 01.10.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zervikobrachialsyndrom; rezidivierende Beschwerden bei deutlichen Verspannungen und geringen funktionellen Einschränkungen

2. Abnützungserscheinungen des Bewegungsapparates; Beschwerden vor allem im Bereich beider Kniegelenke ohne relevante funktionelle Einschränkung

3. Funktionseinschränkungen rechtes Handgelenk geringen Grades bei Zustand nach Kahnbeinfraktur

4. Bluthochdruck

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 20 v.H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2019 sowie in der ergänzenden sachverständigen Stellungnahme vom 18.12.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2019 sowie auf die ergänzende sachverständige Stellungnahme dieser Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.12.2019.

Im medizinischen Sachverständigengutachten vom 03.12.2019 wird in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 18.12.2019 auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 28.11.2019 und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen (auch der erst nach der persönlichen Untersuchung von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen) auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 18.12.2019 schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Das Vorliegen allfälliger weiterer einschätzungsrelevanter Funktionseinschränkungen vermochte von der Beschwerdeführerin nicht belegt und damit nicht objektiviert zu werden. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 20 v.H. objektiviert werden.

Insoweit in der Beschwerde vorgebracht wird, die Punkte, die die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 10.12.2019 aufgezählt habe, seien wieder nicht berücksichtigt worden, die Gallenoperation sei wieder nicht erwähnt worden, die Beschwerdeführerin habe immer noch starke Verdauungsprobleme und müsse daher Diät halten, so ist darauf hinzuweisen, dass in der ergänzenden sachverständigen Stellungnahme vom 18.12.2019, die von der belangten Behörde deshalb eingeholt wurde, weil die Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen medizinischen Untersuchung "leider vergessen" habe, bei ihr vorliegende Leiden zu erwähnen oder durch medizinische Unterlagen zu belegen, ausdrücklich auf die Frage der Gallenblasenoperation eingegangen und u.a. ausgeführt wurde, bezüglich Magen, Darm und Gallenblase habe kein behinderungsrelevantes Leiden dokumentiert werden können, ein Zustand nach Gallenblasenentfernung - ohne befundbelegte relevante Verdauungsstörung - bewirke keinen Grad der Behinderung. Diese zutreffenden Ausführungen der medizinischen Sachverständigen können nicht als rechtsunrichtig erkannt werden. Selbiges gilt für die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen, dass eine behinderungsrelevante Beinlängendifferenz - die Beschwerdeführerin gab in ihrer Stellungnahme vom 10.12.2019 selbst eine Differenz von lediglich ca. 2 cm an - im Sinne einer einstufungsrelevanten Funktionseinschränkung nicht festgestellt werden konnte, was auch für die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten rezidivierenden Beschwerden durch Fersensporn gilt, die kein behinderungsrelevantes Leiden darstellen, weil sie einer Behandlung zugänglich und vorübergehend sind.

Was nun letztlich die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18.12.2019 betrifft, dass ein behinderungsrelevantes psychiatrisches Leiden nicht durch fachärztliche Befunde belegt sei, so wird ein solches im Sinne des Vorliegens einer einstufungsrelevanten psychischen Störung maßgeblicher Intensität auch nicht durch die Bestätigung eines näher genannten Gesundheitspsychologen vom 17.12.2019, die vollständig wiedergegeben "Zu Beginn der Psychotherapie wurde die Diagnose F41.2 (Angst und depressive Störung, gemischt) gestellt." lautet, belegt, da dieses völlig unkonkret gehaltene Schreiben keinerlei fachspezifischen Hinweise und Aufschlüsse auf Ursachen, Dauer, Intensität, Symptomatik sowie Auswirkungen einer allfälligen Störung auf soziale Fähigkeiten bietet.

Der Beschwerde wurden, wie bereits erwähnt, keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Die Beschwerdeführerin ist daher dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten und dessen Ergänzung in der Beschwerde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2019 sowie der ergänzenden sachverständigen Stellungnahme dieser Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.12.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 03.12.2019 sowie deren ergänzende Stellungnahme vom 18.12.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 20 v. H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 03.12.2019 in Verbindung mit der Ergänzung vom 18.12.2019 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Zustandes zu belegen. Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W207.2227221.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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