TE Vwgh Beschluss 2020/2/25 Ra 2020/06/0065

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Veröffentlicht am 25.02.2020
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Index

L85007 Straßen Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
LStG Tir 1989 §13 Abs1
LStG Tir 1989 §61 Abs1 lite
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2020/06/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision 1. der H B in F und 2. der M S in A, beide vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 2. Juli 2019, LVwG- 2019/25/0244-7, betreffend eine Enteignung nach dem Tiroler Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2018/06/0004, mwN).

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberinnen gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 2019, mit welchem eine Teilfläche des im Eigentum der Revisionswerberinnen stehenden Grundstückes Nr. X im Ausmaß von 150 m2 zugunsten der Gemeinde F. als Straßenverwalterin enteignet und dem öffentlichen Gut zugeschrieben worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Mit dem in der vorliegenden Revision erstatteten Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

6 Die Revisionswerberinnen führen zunächst aus, es stellten sich im vorliegenden Fall hinsichtlich der Enteignung dem Grunde nach wesentliche Rechtsfragen in Bezug auf das Erfordernis der Enteignung, den Umfang der Enteignung (die Trasse) und die Höhe der Entschädigung; zu all diesen Fragen sei das Verwaltungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Zudem liege eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung "zur Frage der Trassenführung der zu enteignenden Straßenfläche auf der Grundlage vor, dass dem Verfahren keine straßenbaurechtliche Bewilligung voran gegangen ist."

7 Dieses Zulässigkeitsvorbringen entspricht nicht den oben dargestellten Anforderungen an die gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe, weil damit nicht konkret auf den vorliegenden Revisionsfall bezogen aufgezeigt wird, welche Rechtsfrage, von deren Beantwortung das Schicksal der vorliegenden Revision abhinge, der Verwaltungsgerichtshof zu beantworten hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dies gilt auch für die bloß allgemeine Behauptung der Revisionswerberinnen, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0059, mwN).

8 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung weiters das Fehlen von Feststellungen und das Vorliegen weiterer Verfahrensmängel behauptet wird, ist auszuführen, dass bei Verfahrensmängeln nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Mangels Relevanzdarstellung genügt die vorliegende Revision diesen Anforderungen nicht.

9 Unabhängig davon ist festzuhalten, dass Zweck der im vorliegenden Fall erfolgten Enteignung der Erwerb des Eigentums an einer zur Gemeindestraße erklärten Straße gemäß § 61 Abs. 1 lit. e Tiroler Straßengesetz war, hinsichtlich welcher nach den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis keinerlei bauliche Maßnahmen erforderlich oder geplant seien, zumal die Straße bereits seit Jahrzehnten in Bestand und Betrieb sei. Da demnach keine Straßenbaubewilligung erforderlich war (vgl. § 40 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz), gelangten die für ein solches Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Straßengesetzes nicht zur Anwendung und es war insbesondere zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Enteignung auch die Durchführung der von den Revisionswerberinnen verlangten Straßenbauverhandlung nicht erforderlich.

10 Zudem trifft das Vorbringen der Revisionswerberinnen, es fehlten Feststellungen zum Vorliegen einer Verordnung nach § 13 Tiroler Straßengesetz, angesichts der Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zur Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde F. vom 3. Dezember 2015, mit welcher ua. die im Revisionsfall gegenständliche Teilfläche gemäß § 13 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz zur Gemeindestraße erklärt worden sei, nicht zu. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Revisionswerberinnen ihre Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung in ihrer Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG gegen das auch hier angefochtene Erkenntnis bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragen haben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. November 2019, E 3092/2019-14, ablehnte.

11 Soweit die Revisionswerberinnen in ihrer Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus geltend machen, dass auch die Frage "der Bewertung der Liegenschaft bei Bemessung des Ausgleiches nach Festlegung einen Zwangsrechts" unter den im Revisionsfall gegebenen Voraussetzungen eine wesentliche Rechtsfrage sei und man die Entwertung der ganzen Liegenschaft berücksichtigen müsse, übersehen sie, dass das Verwaltungsgericht auf Basis des dazu eingeholten Sachverständigengutachtens im angefochtenen Erkenntnis mit näherer Begründung festgestellt hat, dass durch die Abschreibung des gegenständlichen Grundstückstreifens weder eine Wertminderung für Haus und Restgrundstück noch eine unvorteilhaftere Bebaubarkeit gegenüber dem bisherigen Zustand eintrete und sich daraus kein zu ersetzender Wertausgleich ergebe. Diesen Feststellungen treten die Revisionswerberinnen in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060065.L00

Im RIS seit

27.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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