TE Vwgh Beschluss 2020/2/26 Ra 2019/13/0098

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Veröffentlicht am 26.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
61/01 Familienlastenausgleich

Norm

B-VG Art133 Abs4
FamLAG 1967 §42
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamts Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 2. August 2019, Zl. RV/7104988/2018, betreffend u.a. Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2003 (mitbeteiligte Partei: W GmbH in W, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 19. Jänner 2004 beantragte u.a. die mitbeteiligte Partei (damals noch in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft) die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2003 mit Null. Sie machte dazu geltend, sie bzw. die Gemeinde Wien hätten für Bedienstete der Gemeinde Wien, die u. a. der Mitbeteiligten (im Rahmen der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke, vgl. hiezu BGBl. I Nr. 68/1999 sowie das Wiener Stadtwerke - Zuweisungsgesetz, LGBl. Nr. 17/1999) zur Dienstleistung zugewiesen worden seien, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag entrichtet. Es habe jedoch für diese Bediensteten weder die Pflicht zur Abfuhr des Dienstgeberbeitrages noch die zur Abfuhr des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bestanden.

2 Mit Bescheid vom 3. April 2017 wies das Finanzamt u. a. diesen Antrag als unbegründet ab.

3 Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.

4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27. April 2018 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Es liege ein Betrieb iSd § 42 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) vor, sodass die Dienstgeberbeiträge zu Recht erklärt und abgeführt worden seien; dem Antrag auf Festsetzung der Dienstgeberbeiträge gemäß § 201 BAO mit Null habe daher nicht Folge gegeben werden können.

5 Die mitbeteiligte Partei beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde u.a. betreffend Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2003 Folge und änderte den Bescheid ab; es setzte den Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2003 mit einem näher genannten Betrag fest und sprach aus, dass betreffend das Jahr 2003 eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Begründend führte das Bundesfinanzgericht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen aus, die Mitbeteiligte sei hinsichtlich der ihr zugewiesenen Bediensteten nicht Dienstgeber. Sie treffe daher hinsichtlich der ihr zugewiesenen Beamten und Vertragsbediensteten der Stadt Wien keine Verpflichtung zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen. Sie hätte daher den Dienstgeberbeitrag nur für die eigenen Bediensteten selbst berechnen und entrichten müssen. Da auf dem Abgabenkonto der Mitbeteiligten sowohl die Dienstgeberbeiträge für die zugewiesenen Bediensteten als auch für die eigenen Bediensteten gemeldet und entrichtet worden seien, sei der Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2003 dem Grunde und der Höhe nach mit jenem Betrag festzusetzen, der ausschließlich auf die eigenen Bediensteten entfalle.

8 Die Rechtsfrage der Dienstgeberbeitragspflicht der ausgegliederten Rechtsträger für die zugewiesenen Bediensteten sei in gleich gelagerten Fällen vom Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden (VwGH 28.3.2012, 2008/13/0092; VwGH 29.4.2015, 2012/13/0099; VwGH 23.10.2013, 2009/13/0160, 2010/13/0090). Die Revision sei daher nicht zulässig.

9 Gegen dieses Erkenntnis - betreffend das Jahr 2003 - wendet sich die Revision des Finanzamts.

10 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 Zur Zulässigkeit wird in der Revision dargelegt, für die hier relevante Frage, ob ein Betrieb gewerblicher Art im Sinne des KStG 1988 einen Betrieb im Sinne des FLAG begründen könne, fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Das Bundesfinanzgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, warum im konkreten Fall kein Betrieb iSd FLAG vorliegen solle. Auch habe sich das Bundesfinanzgericht nicht mit dem Vorbringen beschäftigt, dass das Personal nach Ansicht der Mitbeteiligten keinerlei Vermögenswert darstelle. Bei Personalleasingunternehmen werde aber der Wert des Unternehmens nicht nur durch den Kundenstock, sondern vorwiegend durch das Personal repräsentiert. Auch liege eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht vor, weil sich das Bundesfinanzgericht nicht mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des Betriebs iSd FLAG auseinandergesetzt habe.

15 Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung nicht auf den Befreiungstatbestand des § 42 FLAG (in der hier noch anwendbaren Fassung vor BGBl. I Nr. 103/2007), sondern darauf gestützt hat, dass die Mitbeteiligte entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht Dienstgeberin der von der Gemeinde Wien zugewiesenen Beamten sei. Zu dieser das angefochtene Erkenntnis insoweit tragenden Begründung nimmt die Revision in keiner Weise Stellung.

16 Die Revision zeigt damit nicht auf, dass sie von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge. Die Revision war daher zurückzuweisen.

17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 26. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019130098.L00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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