TE Vwgh Beschluss 2020/2/26 Fr 2019/13/0005

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Veröffentlicht am 26.02.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §2a
BAO §200 Abs2
BAO §50
VwGG §38 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über den Fristsetzungsantrag des F G H in W, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53, gegen das Bundesfinanzgericht betreffend Einkommensteuer 2008, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Antragsteller setzte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 außergewöhnliche Belastungen unter anderem im Zusammenhang mit Begräbniskosten an. Mit vorläufigem Einkommensteuerbescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO vom 18. August 2009 wurde die Einkommensteuer 2008 erklärungsgemäß veranlagt. 2 In weiterer Folge erließ die belangte Behörde mit 19. September 2012 einen Wiederaufnahmsbescheid zur Einkommensteuer 2008, einen neuen Einkommensteuerbescheid 2008, in dem die beantragten Begräbniskosten nicht mehr berücksichtigt wurden, sowie einen Anspruchszinsenbescheid.

3 Gegen diese Bescheide wurden am 5. Oktober 2012 Beschwerden (vormals Berufungen) erhoben und deren Aufhebung beantragt. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. Dezember 2015 wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid als unbegründet abgewiesen. Mit Vorlageantrag vom 27. Jänner 2016 begehrte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht über seine am 5. Oktober 2012 erhobenen Beschwerden. In einer Ergänzung zum Vorlageantrag wurde am 1. Juni 2016 ein Antrag auf Feststellung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 18. August 2009 als endgültiger Bescheid eingebracht. Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 22. März 2017 wurde die Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes hinsichtlich der Behandlung der Beschwerde über den Wiederaufnahmsbescheid erklärt, da von Seiten der belangten Behörde noch keine entsprechende Beschwerdevorentscheidung ergangen war. In der Folge wurde vom Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde erhoben, die belangte Behörde wurde vom Bundesfinanzgericht zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung aufgefordert. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. April 2017 wurde die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid als unbegründet abgewiesen. Mit Vorlageantrag vom 12. Mai 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid durch das Bundesfinanzgericht, wobei neuerlich ein Antrag auf Erklärung der Endgültigkeit des Einkommensteuerbescheides vom 18. August 2009 gestellt wurde. Mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2017 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 Folge gegeben. Der angefochtene Wiederaufnahmsbescheid wurde ersatzlos aufgehoben. Mit Beschluss vom selben Tag wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 19. September 2012 als gegenstandslos erklärt.

4 In weiterer Folge setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 29. November 2017 die Einkommensteuer 2008 endgültig ohne Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung fest. Der Antragsteller erhob dagegen fristgerecht Beschwerde. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 2. Juli 2018 als unbegründet abgewiesen. Der Antragsteller stellte rechtzeitig einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Mit Erkenntnis vom 29. Oktober 2018 wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom 29. November 2017 als unbegründet abgewiesen. Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, woraufhin das Bundesfinanzgericht, wegen Nichtbeachtung eines Antrags auf Senatsentscheidung, das Erkenntnis gemäß § 289 BAO aufhob.

5 Mit Fristsetzungsantrag vom 21. August 2018 begehrte der Antragsteller, dem Bundesfinanzgericht eine Frist zur Entscheidung über seinen Antrag auf Endgültigerklärung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 18. August 2009 zu setzen, weil er diesen erstmals am 1. Juni 2016 in einer Ergänzung zum Vorlageantrag betreffend die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 19. September 2012 gestellt hatte.

6 Mit Beschluss vom 2. September 2019 wies das Bundesfinanzgericht diesen Fristsetzungsantrag als unzulässig zurück. Begründend führte es aus, dass beim Bundesfinanzgericht eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 18. August 2009 niemals anhängig gewesen sei. Eine Säumnis setze voraus, dass das Verwaltungsgericht zur Entscheidung zuständig gewesen sei. Weiters sei durch die Abgabenbehörde eine endgültige Festsetzung der Einkommensteuer 2008 mit Bescheid vom 29. November 2017 erfolgt.

7 Dagegen richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag, aufgrund dessen der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über den Fristsetzungsantrag berufen ist (§ 30b Abs. 1 VwGG). 8 Gemäß § 38 Abs. 1 VwGG kann ein Fristsetzungsantrag gestellt werden, wenn das Verwaltungsgericht die Rechtssache - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nicht binnen sechs Monaten entschieden hat. Voraussetzung für eine Säumnis ist, dass das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung in dieser Rechtssache, im vorliegenden Fall über den Antrag auf Endgültigerklärung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 8. August 2009, zuständig ist, wobei sich die Säumnis auch aus einer nicht wahrgenommenen Zuständigkeit zur Zurückweisung eines unzulässigen Antrags ergeben kann (vgl. VwGH 6.4.2016, Fr 2015/03/0011, VwSlg. 19337/A).

9 Das Bundesfinanzgericht ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt, einen vorläufigen Bescheid im Falle der Beseitigung der Ungewissheit (vgl. § 200 Abs. 2 BAO) für endgültig zu erklären (vgl. zur in diesem Punkt im Wesentlichen gleichen Rechtslage vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit VwGH 27.4.2016, 2013/13/0045). 10 Der vorläufige Bescheid betreffend die Einkommensteuer 2008 vom 18. August 2009 ist allerdings - nachdem der Antragsteller keine Berufung dagegen erhoben hat - auch in Bezug auf den Ausspruch der Vorläufigkeit unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Der Antrag auf Endgültigerklärung des Einkommensteuerbescheides 200 8 vom 18. August 2009 wurde erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Wiederaufnahmsbescheid betreffend die Einkommensteuer 2008 und den Einkommensteuerbescheid 2008, jeweils vom 19. September 2012, gestellt.

11 Das Bundesfinanzgericht war zur Entscheidung über diesen die Sache des Beschwerdeverfahrens überschreitenden und insofern unzulässigen Antrag nicht zuständig und hatte ihn auch nicht etwa zurückzuweisen. Es wäre zumindest bis zur Erlassung des endgültigen Bescheides vom 29. November 2017 verpflichtet gewesen, den Antrag gemäß § 2a iVm § 50 BAO an das für seine Erledigung zuständige Finanzamt weiterzuleiten. Die Verletzung der Pflicht zur Weiterleitung stellt aber keine Verletzung der Entscheidungspflicht dar, die mittels Fristsetzungsantrag durchsetzbar wäre (vgl. VwGH 23.10.2015, Fr 2015/21/0012, VwSlg. 19227/A).

12 Ob nach der Erlassung des endgültigen Bescheides vom 29. November 2017 noch eine Verpflichtung zur Weiterleitung des damit gegenstandslos gewordenen Antrags bestand, bedarf unter diesen Umständen keiner weiteren Erörterung.

13 Der Fristsetzungsantrag war aus diesen Gründen gemäß § 38 Abs. 4 erster Satz iVm § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Diese Entscheidung tritt an die Stelle des erstinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses.

Wien, am 26. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:FR2019130005.F00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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