TE Vwgh Beschluss 2020/2/27 Ra 2019/10/0007

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
80/02 Forstrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
ForstG 1975 §170 Abs1
ForstG 1975 §60 Abs1
ForstG 1975 §62
ForstG 1975 §62 Abs2 lita
ForstG 1975 §62 Abs2 litb
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des A F in S, vertreten durch Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Mühlgasse 11/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. November 2018, LVwG-2018/44/1933-5, betreffend forstrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Antrag des Revisionswerbers auf (nachträgliche) Erteilung einer forstrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße auf näher bezeichneten Grundstücken wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 20. Juli 2018 mit Spruchpunkt I. als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig mit Spruchpunkt II. gemäß §§ 60 und 62 iVm 170 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG ) als unbegründet abgewiesen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. Folge, behob diesen Spruchpunkt ersatzlos und wies die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. ab. Weiters erklärte es eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht unter Berufung auf entsprechende Ausführungen eines Amtssachverständigen aus, die beantragte Forststraße sei zur forstwirtschaftlichen Nutzung des Waldes nicht erforderlich und führe zu einer Übererschließung des Waldes, zumal der Abstand der beantragten Forststraße zur bestehenden Forststraße maximal 80 m betrage. Bereits ohne die antragsgegenständliche Forststraße betrage die maximale Bringungsdistanz im zu erschließenden Waldbereich 250 m. Der gesamte gegenständlich zu erschließende Waldbereich könne auch ohne die beantragte Forststraße mittels Kurzstreckenseilkränen technisch und wirtschaftlich sinnvoll erschlossen werden. Osttirol weise im Ertragswald eine durchschnittliche Erschließungsdichte von 55 m Forststraße pro ha auf. Im gegenständlichen Fall würde die beantragte Forststraße zu einer Erschließungsdichte von 160 m pro ha führen. Aufgrund der aus forstfachlicher Sicht objektiv vorliegenden Übererschließung sei die beantragte Bewilligung auf der Grundlage von § 62 Abs. 2 lit. a iVm § 60 Abs. 1 ForstG zu versagen.

4 Die beantragte Forststraße entspreche auch nicht dem Stand der Forsttechnik und sei nicht betriebssicher, weil sie mit einer Fahrbahnbreite von 240 bis 270 cm zu schmal für die Benützung mit dem Stand der Forsttechnik entsprechenden Bringungsfahrzeugen sei. Erforderlich sei eine Mindestplanumbreite von 400 cm. Darüber hinaus seien die talseitigen Böschungen teilweise mit viel zu steilen Böschungswinkeln (bis zu 1:1 anstatt 4:5) konzipiert und daher nicht ausreichend tragfähig. Auch die Maximalsteigung forstlicher Bringungsanlagen von 12 % werde zum Teil mit bis zu 22 % deutlich überschritten. Daher sei die Bewilligung auch nach § 62 Abs. 2 lit. b ForstG zu versagen.

5 Gegen die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer forstrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Forststraße richtet sich die vorliegende Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die wesentlichen Rechtssätze zu den §§ 60 und 62 ForstG fänden sich im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Oktober 1992, 92/10/0024, welches auf das Erkenntnis vom 12. September 1985, 85/07/0087, verweise. Danach sei zunächst überhaupt die (technische und wirtschaftliche) Machbarkeit der Bringungsvariante der Seilbringung zu überprüfen, sodann, so die Seilbringung technisch möglich sei, zu erheben, welche konkreten Auswirkungen eine Forststraße und eine Seilbringung auf den Waldboden hätten und dann ein Kostenvergleich der beiden Bringungsvarianten unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit anzustellen. Von dieser Rechtsprechung sei das Verwaltungsgericht abgewichen.

10 Damit nimmt der Revisionswerber nicht auf die im zitierten Erkenntnis vom 29. Oktober 1992, 92/10/0024, auch enthaltenen Aussagen Bedacht, wonach eine Bringungsvariante, die nur unter Verletzung der Vorschriften des § 60 ForstG verwirklicht werden kann, unberücksichtigt zu bleiben hat, wobei ein unzulässiger Eingriff in den Wald dann vorliegt, wenn eine Bringungsanlage in unmittelbarer Nähe einer bereits behördlich bewilligten Forststraße angelegt werden soll (Hinweis auf VwGH 12.9.1985, 85/07/0087). Ausgehend von den oben (Rz 3) wiedergegebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes (Abstand der beantragten Forststraße zur bestehenden Forststraße maximal 80 m, maximale Bringungsdistanz im zu erschließenden Waldbereich 250 m, ...), aus denen eine Übererschließung des Gebietes im Sinne des § 60 Abs. 1 ForstG gefolgert wurde, weshalb das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzung des § 62 Abs. 2 lit. a iVm § 60 Abs. 1 ForstG verneinte, vermag das auf diese Beurteilung nicht eingehende Zulassungsvorbringen eine Abweichung von der genannten Rechtsprechung nicht darzutun.

11 Darüber hinaus geht das Zulassungsvorbringen nicht auf die oben (Rz 4) wiedergegebene (tragfähige) Alternativbegründung des Verwaltungsgerichtes ein, wonach die beantragte Forststraße nicht dem Stand der Forsttechnik entspreche und nicht betriebssicher sei, weshalb die Bewilligung auch nach § 62 Abs. 2 lit. b ForstG zu versagen sei. Beruht ein angefochtenes Erkenntnis jedoch auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so ist die Revision unzulässig (vgl. VwGH 28.5.2019, Ra 2019/10/0049).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100007.L00

Im RIS seit

29.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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