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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAO §115 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache der b Ltd in Gibraltar, vertreten durch die Arnold Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 8. Mai 2017, Zl. RV/7100024/2015, betreffend Wettgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug Wettgebühren nach § 33 TP 17 des Gebührengesetzes für den Zeitraum Jänner bis März 2011 gegenüber der revisionswerbenden Gesellschaft (Revisionswerberin) fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Die Revisionswerberin, ein international agierendes Unternehmen im Bereich Onlinewetten und -spiele mit Sitz in Gibraltar und Betreiber der Plattform www...... habe u.a. im für das Revisionsverfahren maßgeblichen Zeitraum im Internet Sportwetten und Spiele angeboten. Voraussetzung für die Teilnahme an den Wetten und Spielen sei die Registrierung als User. Anlässlich der Registrierung habe der Wettteilnehmer der Revisionswerberin seine Wohnadresse bekannt zu geben. Im Anmeldeformular zur Registrierung seien Vor- und Nachname, Wohnadresse, E-Mail Adresse, Geburtsdatum, Geschlecht usw. auszufüllen. Jeder User dürfe nur ein Konto führen. 3 In der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Bekanntgabe der Wetteinsätze nach dem Registrierungsort des Users mit einer inländischen Wohnanschrift sei ein Indiz dafür, dass sich in diesen Fällen der Wettteilnehmer im Inland befunden habe. Die Revisionswerberin habe keine konkreten, dem entgegenstehende Indizien angeführt. Dass generell IP-Adressen nicht mit Sicherheit einem geografischen Ort zugewiesen werden können, sei kein konkretes, diesem Beweisergebnis entgegenstehendes Indiz.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 24. September 2018, E 2251/2017-15, die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat mit Beschluss vom 16. Oktober 2018, E 2251/2017-17, über nachträglichen Antrag die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
5 Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
6 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht auf "Unterbleiben der Vorschreibung von Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Gebührengesetz", im Recht auf "richtige (korrekte, fehlerfreie und nicht überhöhte) und dem Gesetz entsprechende Vorschreibung bzw Festsetzung von Rechtsgebühren (in concreto von Rechtsgebühren nach § 33 TP 17 GebG)" sowie im Recht "auf Unterbleiben einer Schätzung nach § 184 BAO" verletzt. 7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des vom Revisionswerber durch den Revisionspunkt selbst definierten Prozessthema stellt. Die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses, auch die Zulässigkeit einer Revision, hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlichen ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. in ständiger Rechtsprechung für viele VwGH 10.9.2019, Ra 2019/16/0138, mwN).
10 Ein abstraktes Recht auf richtige und dem Gesetz entsprechende Vorschreibung von Gebühren besteht nicht (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/16/0054, und VwGH 17.11.2010, 2007/13/0153). Soweit ein Recht auf Unterbleiben einer Schätzung angesprochen wird, verwechselt die Revisionswerberin den Revisionspunkt mit den Revisionsgründen des § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG (vgl. etwa VwGH 6.7.2011, 2007/13/0118), wobei zu bemerken ist, dass das angefochtene Erkenntnis keinen Hinweis darauf enthält, dass das Bundesfinanzgericht die Bemessungsgrundlagen geschätzt hätte.
11 Hinsichtlich der in der Zulässigkeitsbegründung der Revision aufgeworfenen Frage, inwieweit die Einbeziehung von "Freebets" in die Bemessungsgrundlage für die Rechtsgebühr zulässig sei, wozu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle, spricht die Revisionswerberin damit die Höhe der Bemessungsgrundlage an und bewegt sich außerhalb des im Rahmen des Revisionspunktes tauglich geltend gemachten subjektiven Rechtes auf Unterbleiben der Vorschreibung von Rechtsgebühren. Im Rahmen dieses durch den Revisionspunkt abgesteckten Prozessthemas, welches eine Bestreitung der Gebührenfestsetzung für einzelne Wetten dem Grunde nach erfasst, stellt sich die von der Revisionswerberin im Zusammenhang mit der Höhe der Bemessungsgrundlage aufgeworfene Rechtsfrage nicht (vgl. auch VwGH 14.1.2020, Ro 2018/16/0046).
12 Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit ihrer Revision aus, soweit erkennbar bestehe zur Frage, inwieweit gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG eine Teilnahme vom Inland aus vorliege, keine (jedenfalls auch keine gesicherte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof gerade gegenüber der Revisionswerberin mit dem Erkenntnis vom 20. November 2014, 2013/16/0085, (Vorerkenntnis) klargestellt, dass die Frage, ob eine Wette im Inland abgeschlossen wurde oder ob dem gleichkommend (§ 33 TP 17 Abs. 2 GebG) an einer Wette vom Inland aus teilgenommen wurde, ein als Ergebnis der Beweiswürdigung festzustellender Sachverhalt ist, der den zur Gebührenpflicht führenden Tatbestand verwirklicht, und dass zu einer solchen Sachverhaltsfeststellung sowohl die Registrierung des Users mit einer inländischen Wohnanschrift als auch die Zuordnung der Wette zu einer inländischen IP-Adresse als Indiz dienen dafür können, dass sich der Wettteilnehmer dabei im Inland befunden habe (vgl. auch VwGH 14.1.2020, Ro 2018/16/0045 und neuerlich VwGH 14.1.2020, Ro 2018/16/0046).
13 Die Revisionswerberin hält es in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision auch für noch nicht geklärt, ob es zulässig sei, die Teilnahme vom Inland aus auf nur ein Indiz (im Revisionsfall auf die Registrierungsadresse) zu stützen. Die Gewichtung einzelner Indizien und somit auch die Sachverhaltsfeststellung auf ein Indiz zu stützen und ein anderes Indiz im Wege der Beweiswürdigung zu verwerfen, geht in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus. Dass das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall die konkrete Beweiswürdigung in einer unvertretbaren, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revisionswerberin nicht auf. Dies gilt auch für die von der Revisionswerberin gestellten Fragen, welche Indizien bei der Ermittlung der Teilnahme vom Inland aus zu ermitteln seien, welche der vorliegenden Indizien bei der Ermittlung zu berücksichtigen seien und welches Gewicht den einzelnen, vorliegenden Indizien im Rahmen dieser Bemessung jeweils zukommen solle (vgl. abermals VwGH 14.1.2020, Ro 2018/16/0046).
14 Die von der Revisionswerberin in den Raum gestellte Frage der Unionsrechtskonformität von § 33 TP 17 Abs. 2 GebG erläutert nicht konkret, welche Umstände im Revisionsfall eine Verletzung welcher Bestimmungen des Unionsrechts bewirken sollten oder welche Tatbestandsteile des § 33 TP 17 Abs. 2 des Gebührengesetzes welchen Bestimmungen des Unionsrechtes zuwider liefen. 15 Soweit die Revisionswerberin schließlich umfangreich eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu tragenden Verfahrensgrundsätzen, nämlich zur Begründungspflicht und zur Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung vorbringt, erschöpft sie sich in allgemeine Ausführungen. Dem Einwand, sie habe eine DVD mit umfangreichen Grundaufzeichnungen über die abgeschlossenen Wetten überreicht, lässt offen, welche konkreten Angaben diese Aufzeichnungen enthalten hätten, worin der von der Revisionswerberin angebotene Beweis, welchen das Bundesfinanzgericht vermisst habe, gelegen wäre und bei welchen konkreten Wetten (betreffend welche konkreten Wettteilnehmer) demnach keine Teilnahme vom Inland aus vorgelegen hätte. 16 Letztlich ist zu bemerken, dass die in der Zulässigkeitsbegründung der Revision enthaltenen Verweise auf die vor dem Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde und auf die Begründung der Revision für die Zulässigkeit einer Revision unbeachtlich sind (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2017/16/0163, und VwGH 4.10.2016, Ra 2016/16/0088).
17 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160060.L00Im RIS seit
19.05.2020Zuletzt aktualisiert am
19.05.2020