TE Vwgh Beschluss 2020/3/3 Ra 2019/04/0088

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §5
VStG §9
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Dr. E D in L, vertreten durch Mag. Markus Dutzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. April 2019, Zl. LVwG-800305/9/Re/Rd, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Rohrbach), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wurde in der Sache der Revisionswerberin vorgeworfen, sie habe § 114 GewO 1994 iVm § 8 Abs. 1 Oberösterreichisches Jugendschutzgesetz 2001 verletzt, weil sie es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der S Tankstellen GmbH am näher bezeichneten Tankstellenstandort zu verantworten habe, dass am 3. November 2017, um 14:55 Uhr, durch eine in ihrem Betrieb beschäftigte Person an einen näher genannten damals vierzehnjährigen Jugendlichen alkoholische Getränke, und zwar eine Flasche Wodka (0,7l) der Marke "Eristoff" (37,5% Vol.), abgegeben worden seien, obwohl es nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen verboten sei, alkoholische Getränke an Jugendliche abzugeben. Über die Revisionswerberin wurde gemäß § 367a GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt und die Revisionswerberin zu einem Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren in der Höhe von EUR 20,-- sowie für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren in der Höhe von EUR 40,-- verpflichtet. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, an den jugendlichen Testkäufer, der zum Tatzeitpunkt das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, sei eine Flasche Wodka (0,7l) der Marke "Eristoff" (37,5% Vol.) im näher beschriebenen Tankstellenbetrieb durch einen näher genannten Mitarbeiter trotz Kontrolle des Ausweises abgegeben worden.

Die Revisionswerberin sei handelsrechtliche und gewerberechtliche Geschäftsführerin der S Tankstellen GmbH, die mehrere Tankstellen betreibe. Verantwortlicher im Unternehmen unter anderem für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen sei Herr T, dem fünf Gebietsleiter unterstünden. Den Gebietsleitern seien wiederum Gruppenleiter unterstellt, die für drei bis fünf Tankstellen verantwortlich seien und denen die einzelnen Tankstellenleiter unterstünden.

Im Unternehmen der S Tankstellen GmbH sei insofern ein Kontrollsystem installiert, als der von der Wirtschaftskammer ausgegebene Folder "Wir halten uns an den Jugendschutz" (Ampelsystem) sichtbar im Arbeits- bzw. Kassenbereich aufliege, um an die Verpflichtung nach dem Jugendschutzgesetz hinsichtlich des Verkaufs von Alkoholika zu erinnern. Die Mitarbeiter würden bei Einstellung geschult und regelmäßig auf die Einhaltung ihrer Pflichten hingewiesen. In Betriebsstätten mit Vorfällen erfolgten wöchentliche Schulungen, in jenen Betriebsstätten ohne Probleme quartalsweise Schulungen. Bei Vorfällen werde die Auflösung des Dienstverhältnisses angedroht. Da bislang betreffend die Nichteinhaltung des Jugendschutzgesetzes keine Häufung erkennbar sei, habe es noch keine Entlassungen gegeben.

In den an den Tankstellen verwendeten Kassen sei nach dem Vorfall vom 3. November 2017 ein Alarmsystem installiert worden. Dabei scheine bei Verkauf von beispielsweise hochprozentigem Alkohol ein Balken auf, der auf das Verkaufsverbot an Jugendliche hinweise. Ein vorgelagerter Vorfall vom 25. Juli 2017 sei zum Anlass genommen worden, neuerlich auf die Vorschriften hinzuweisen und einen Verteiler an die Gebietsleiter auszusenden, worin auf die Verpflichtungen nach dem Jugendschutzgesetz ausdrücklich hingewiesen worden sei. Überdies sei ein Überwachungssystem in Auftrag gegeben worden, das sicherstelle, dass unabhängig von allfälligen Vorfällen Schulungsprozesse in regelmäßigen Abständen vorgenommen würden, andernfalls eine Rückmeldung an den nächsthöheren Vorgesetzten ergehe.

3 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 114 GewO 1994 iVm § 8 Abs. 1 Oberösterreichisches Jugendschutzgesetz der Revisionswerberin auch subjektiv vorwerfbar sei. Das von der Revisionswerberin dargelegte allgemeine Schulungsprogramm sei für ein effizientes Kontrollsystem mit lückenlosen Kontrollvorgängen nicht ausreichend.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es gebe keine abschließende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gestaltung eines wirksamen Kontrollsystems. Überdies habe das Verwaltungsgericht die Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem gar nicht bzw. grob fehlerhaft beurteilt. Vor allem habe das Verwaltungsgericht nicht dargelegt, wie ein Kontrollsystem ausgestaltet sein könnte, das die Einhaltung der hier wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen garantiere. Die Revisionswerberin habe alle rechtlich und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen, wie Schulungen, Belehrungen, arbeitsrechtliche Sanktionen, unangekündigte betriebliche Kontrollen, Softwaresperren, Aushänge, Ausweiskontrollen und Informationsgespräche umgesetzt bzw. umsetzen lassen. 8 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon ab, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2019/04/0010, Rn. 8, vgl. ferner VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, mwN).

9 (Betriebliche) Kontrollsysteme gleichen sich in der Regel nicht und unterliegen daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2017/04/0144, Rn. 9, mwN).

10 Entgegen den bloß pauschalen Ausführungen im Zulässigkeitsvorbringen zum konkreten Kontrollsystem wurde im Unternehmen der S Tankstellen GmbH erst nach dem gegenständlichen Vorfall vom 3. November 2017 in Bezug auf den Verkauf von alkoholischen Getränken in den Kassen ein entsprechendes Alarmsystem installiert. Überdies wurde ein System, das sicherstellen soll, dass unabhängig von allfälligen Vorfällen Schulungsprozesse in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden, andernfalls eine Rückmeldung an den nächsthöheren Vorgesetzten ergeht, erst in Auftrag gegeben und war somit nicht bereits im Tatzeitpunkt vorhanden.

11 Bereits aufgrund dieser Umstände ist nicht zu sehen, dass die einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts des von der Revisionswerberin eingerichteten Kontrollsystems grob fehlerhaft ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führte. Die Revisionswerberin hat somit den Nachweis der Einrichtung einer qualitätsgesicherten Organisation, die durch externe Prüfung oder durch interne Überwachung regelmäßig kontrolliert wird, nicht erbracht.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040088.L00

Im RIS seit

03.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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