TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/11 98/10/0049

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Veröffentlicht am 11.05.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
VVG §1 Abs1 impl;
VVG §10 Abs2 lita impl;
VVG §4 Abs1 impl;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des H in Wilhelmsburg, vertreten durch Dr. Martin Wandl und Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremsergasse 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Dezember 1997, Zl. LF1-Fo-238/5, betreffend forstbehördlichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1995, Zl. 93/10/0035, verwiesen. Mit dem Vorerkenntnis war ein im Instanzenzug gemäß § 172 Abs. 6 ForstG erlassener Auftrag teilweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen (Ersatz)Bescheid vom 15. Dezember 1997 trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auf,

"(1) die unbefugt errichtete Straße ist rückzubauen und anschließend zu humusieren.

(2) Die Wiederinstandsetzungsarbeiten sind mit einem Löffelbagger durchzuführen.

(3) Die Schüttungen, die durch technische Einbauten (quergelegte Stämme, Drahtgeflecht) zusätzlich hinsichtlich der Hangneigung übersteilt wurden, sind gänzlich zu entfernen.

(4) In den Unterhangbereichen ist das angelagerte Material bis auf die ursprüngliche Mineralbodenoberkante abzutragen und im Bereich der konsenslos errichteten Straße abzulagern.

(5) Das Ausmaß der zu entfernenden Massen ist in den beiliegenden Fotos erkenntlich gemacht und bilden diese einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides."

Begründend wurde nach Wiedergabe von Befund und Gutachten der Amtssachverständigen und Hinweisen auf die Rechtslage unter anderem dargelegt, der Beschwerdeführer habe auf dem näher beschriebenen Waldgrundstück etwa im Sommer 1994 eine Straße angelegt, die zuvor nicht bestanden habe. Die Straße verlaufe unmittelbar im Bereich eines ehemaligen Brückenwiderlagers mit einem Gefälle von 8 bis 12 % zu einem neu angelegten Kleinteich. An der Talseite weise die Straße Schüttungsbereiche auf, die durch die Entnahme von Böschungsmaterial auf der Bergseite angefallen seien und nunmehr in Abhängigkeit von der Menge und der Neigung des unterhalb der Straße gelegenen Hangteiles unterschiedlich große Waldbodenbereiche bedeckten. Bergseitig sei zum Teil bis zu einem Meter Niveauunterschied in die Böschung eingegriffen worden. Zudem seien im Zuge der Wegerrichtung im oberen Bereich des Weges talseitig Deponien angelegt worden, die lokal zu Trassenverbreiterungen auf bis zu 6 m führten. Vor allem die im oberen Bereich angelegten Deponien seien hochgradig abrutschgefährdet und würden nur notdürftig mit Drahtgeflechten zurückgehalten. Bereits jetzt seien Rißbildungen im Schüttungsbereich erkenntlich; es hätten Erdbewegungen eingesetzt, sodaß ein Abrutschen dieser Straßenteile zu befürchten sei. Sowohl im oberen als auch im unteren Bereich der Straße sei talseitig Material abgelagert worden, wobei der Stammfuß der dort stehenden Bäume eingeschüttet worden sei. Die Straße nehme inklusive Böschungen eine Fläche von 280 m2 Waldboden in Anspruch, erschließe jedoch lediglich eine Fläche von etwas mehr als 1000 m2. Dies entspreche einem Erschließungsgrad, der etwa 20mal höher sei als jener Wert, der für eine ausreichende Erschließung mit LKW-befahrbaren Straßen als genügend erachtet werde. All dies sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Es liege somit ein Verstoß gegen das Maßhaltegebot des § 60 Abs. 1 ForstG vor. Ebenso sei der Tatbestand des § 16 Abs. 2 lit. b ForstG verwirklicht. Die belangte Behörde habe daher nach § 172 Abs. 6 ForstG vorzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, es seien "die Aufträge nicht gesetzeskonform erteilt". So werde beispielsweise vorgeschrieben, daß die Arbeiten mit einem Löffelbagger vorzunehmen seien. Das "bevorzugte Fabrikat" werde jedoch nicht genannt; über die "weitere Form der bautechnischen Vorgangsweise" werde kein Wort verloren. Bei der Festlegung des Ausmaßes der vorzunehmenden Arbeiten beschränke sich die belangte Behörde auf ein Lichtbild, auf dem "mit Filzstift ein paar grobe Linien freihändig gezogen" worden seien.

Die Frage, ob ein Leistungsgebot den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, ist anhand des Inhaltes des Spruches des angefochtenen Bescheides gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer, einen Bestandteil des Bescheides bildender Unterlagen, wie z.B. von Plänen oder Lichtbildern, zu lösen, wobei zur Auslegung des Spruches im Zweifelsfall die Begründung des Bescheides heranzuziehen ist. Der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, muß so bestimmt gefaßt sein, daß einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen - ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten - Ersatzvornahme ergehen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 24. April 1995, Zl. 93/10/0035, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Bei Bedachtnahme auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides bestehen keine Bedenken gegen dessen Rechtmäßigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 59 Abs. 1 AVG. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß Unklarheiten über Verlauf und Ausdehnung des auf der Waldfläche angelegten Weges und über den - für die Ausführung der Wiederherstellungsmaßnahmen maßgeblichen - Verlauf der Grenze zwischen Oberhangbereich (in dem bei der Errichtung der Straße Abtragungen vorgenommen wurden) und Unterhangbereich (wo das abgetragene Material aufgeschüttet wurde) bestünden. Der Verlauf dieser Grenze im Bereich der ursprünglichen Mineralbodenoberkante im Sinne des Punktes 4. des Bescheidspruches ist auch auf den einen Bestandteil des Bescheides bildenden Lichtbildern dargestellt. Bei dieser Sachlage sind nähere vermessungstechnische Präzisierungen des Bescheides nicht erforderlich (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom 24. April 1995). Ebensowenig ist ersichtlich, daß der Beschwerdeführer dem erteilten Auftrag nur entsprechen könnte, wenn ihm die Verwendung eines Löffelbaggers bestimmter Herkunft vorgeschrieben oder betreffend die Abtragungen und Aufschüttungen nähere Anweisungen erteilt würden.

Im Zusammenhang mit ihrer Auffassung, es fehle eine nähere Begründung, von welchem "Ursprungszustand" die belangte Behörde ausgegangen sei, enthält sich die Beschwerde eines Hinweises, inwiefern der "Ursprungszustand" in Ansehung des in Rede stehenden Tatbestandes relevant wäre. Es genügt daher der Hinweis, daß § 172 Abs. 6 ForstG auf den "den Vorschriften entsprechenden Zustand" und nicht auf den "Ursprungszustand" abstellt.

Die Beschwerde macht weiters geltend, der Bescheid sei "aktenwidrig, weil die vormalige Existenz eines Weges geleugnet, dieser aber gleichzeitig vorausgesetzt" werde; bei ordnungsgemäßer Verfahrensführung hätte die belangte Behörde zur Feststellung gelangen können, daß im fraglichen Bereich seit jeher eine Straße bestanden habe.

Damit verkennt die Beschwerde den Inhalt des angefochtenen Bescheides. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Vorerkenntnis dargelegt, die belangte Behörde wäre im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und die Feststellung, es habe (offenbar: im Bereich der Wegebaumaßnahmen des Beschwerdeführers) "schon früher" ein Weg bestanden, zu Ermittlungen und Feststellungen in Richtung einer mindestens 15 Jahre (vgl. § 5 Abs. 2 ForstG; zur Berechnung des Zeitraumes vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1990, Zl. 90/10/0191) dauernden ständigen Nutzung der Fläche als Weg und der damit verbundenen Entziehung des Bodens aus der Waldkultur verpflichtet gewesen. Wäre die belangte Behörde (auf der näher dargelegten rechtlichen Grundlage) zur Auffassung gelangt, daß die vom "schon früher bestehenden Weg" in Anspruch genommenen Flächen infolge länger als 15 Jahre dauernder Entziehung aus der Waldkultur nicht (mehr) Waldeigenschaft aufwiesen, wäre es ihr verwehrt, einen auf diese Flächen bezogenen Wiederbewaldungsauftrag und dem Wiederbewaldungszweck dienende Aufträge zu erteilen. Davon unberührt bleibe allerdings Recht und Pflicht der belangten Behörde, Vorkehrungen gegen offenbare Rutsch- und Abtragungsgefahren (vgl. § 172 Abs. 6 lit. b iVm § 16 Abs. 1 lit. a und b ForstG) zu treffen, die von Baumaßnahmen des Beschwerdeführers auf Waldboden ausgingen.

Dieser Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes folgend hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides näher dargelegte Ermittlungen über den Zeitpunkt der Anlage des im Zeitpunkt der Befundaufnahme in der Natur unstrittig vorhandenen Weges und über das Bestehen einer von Baumaßnahmen auf Waldboden ausgehenden Rutschgefahr vorgenommen und entsprechende Feststellungen getroffen. Diese gehen dahin, daß der strittige Weg nach dem Sommer 1994 errichtet worden sei, zuvor - jedenfalls in dem in Betracht zu ziehenden Zeitraum - aber nicht bestanden habe. Diese Feststellungen sind weder aktenwidrig noch widersprüchlich. Die Beschwerde trägt auch nicht vor, aus welchen Gründen die belangte Behörde zu anderen Feststellungen hätte gelangen müssen. Ebensowenig werden die Feststellungen der belangten Behörde über die von Baumaßnahmen des Beschwerdeführers ausgehende Rutschgefahr bekämpft.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Unbestimmte Begriffe Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100049.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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