Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** M*****, vertreten durch die Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei N***** Aktiengesellschaft *****, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 7.993,23 EUR sA, über die ordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2018, GZ 53 R 204/18h-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 22. Juni 2018, GZ 17 C 202/18w-10, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
I. Das Revisionsverfahren wird fortgesetzt.
Die Zurückziehung der Revision der klagenden Partei wird zur Kenntnis genommen.
II. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil – unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Begehrens von 1.889,80 EUR – insgesamt zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 7.993,23 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. Februar 2018 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.781,88 EUR (darin 653,98 EUR USt und 1.858 EUR an Gerichtsgebühren) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger unterfertigte am 19. September 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Ab- und Erlebensversicherung ab 1. Oktober 2006 bis 1. Oktober 2029. Im Antrag finden sich „erläuternde Hinweise“ wie folgt:
„Rücktrittsrechte
(…)
Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zugang der Polizze sowie einer Belehrung über das Rücktrittsrecht. Die Frist beginnt nach Erfüllung der Mitteilungspflichten und Ausfolgung der Polizze inklusive Versicherungsbedingungen und einer Belehrung über das Rücktrittsrecht zu laufen.
Der Rücktritt bedarf zu seiner Wirksamkeit jeweils der Schriftform. Es genügt, wenn die Erklärung innerhalb der genannten Fristen abgesendet wird.
Gemäß § 165a Versicherungsvertragsgesetz ist der Versicherungsnehmer berechtigt, binnen 30 Tagen nach dem Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrages von diesem zurückzutreten.“
Mit Schreiben vom 10. August 2017 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen fehlerhafter Belehrung unter Berufung auf § 165a VersVG. Die Beklagte wies die Rücktrittserklärung als verspätet zurück, führte die Kündigung per 1. Oktober 2017 durch und zahlte dem Kläger den Rückkaufswert.
Der Kläger begehrt die von ihm gezahlten Prämien einschließlich Versicherungsteuer zuzüglich Zinsen und abzüglich des Rückkaufswerts samt Zinsen und abzüglich eines Entgelts für den Risikoschutz. Ihm stehe zu, zeitlich unbefristet zurückzutreten, weil er unrichtig über das – richtigerweise formfrei zustehende – Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG belehrt worden sei.
Die Beklagte wandte ein, die Belehrung sei zutreffend sowie gesetzes- und richtlinienkonform vor Abschluss des Versicherungsvertrags erfolgt. Es sei keine Schriftlichkeit für den Rücktritt nach § 165a VersVG gefordert worden. Die 30-tägige Rücktrittsfrist des § 165a VersVG sei abgelaufen, das Rücktrittsrecht sei verjährt und werde rechtsmissbräuchlich geltend gemacht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung in Ansehung von 1.889,80 EUR im klagsabweisenden Sinne ab, bestätigte im Übrigen aber den Zuspruch von 6.103,43 EUR sA. Es ließ die ordentliche Revision unter anderem zur Frage der Rechtsfolgen einer falschen Belehrung zu.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die Revisionen beider Parteien mit den Anträgen, der Klage zur Gänze stattzugeben bzw sie zur Gänze abzuweisen; hilfsweise wird jeweils die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt. Der Kläger beantragt die Abweisung, die Beklagte die Zurück-, hilfsweise die Abweisung der Revision der Gegenseite.
Zu I.:
1. Der Senat hat aus Anlass der Revision mit Beschluss vom 30. Jänner 2019, AZ 7 Ob 10/19z, das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über das Vorabentscheidungsersuchen vom 12. Juli 2018 des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien (GZ 13 C 738/17z-12 [13 C 8/18y, 13 C 21/18k und 13 C 2/18s]), Rechtssache C-479/18, UNIQA Österreich Versicherungen ua, unterbrochen.
Der EuGH hat mit Urteil vom 19. Dezember 2019 in den verbundenen Rechtssachen C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, auch über dieses Vorabentscheidungsersuchen entschieden.
Das Revisionsverfahren ist daher fortzusetzen.
2. Der Kläger zog seine Revision gegen die Abweisung von 1.889,80 EUR durch das Berufungsgericht mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2019 zurück.
Die Zurückziehung der Revision ist nach §§ 484, 513 ZPO bis zur Entscheidung über diese zulässig (RS0118330) und mit deklarativer Wirkung zur Kenntnis zu nehmen (RS0042041 [T3]).
Zu II.:
Die Revision der Beklagten ist zulässig und aus den folgenden Gründen auch berechtigt.
A. Vorlagefragen und Beantwortungen:
1. Die vorlegenden Gerichte haben dem EuGH (ua) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.1. Vorlagefrage 1: Sind „Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 90/619 in Verbindung mit Art. 31 der Richtlinie 92/96, Art. 35 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83 in Verbindung mit deren Art. 36 Abs. 1 und Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie 2009/138 in Verbindung mit deren Art. 186 Abs. 1 dahin auszulegen (...), dass die Rücktrittsfrist bei einem Lebensversicherungsvertrag auch dann ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, wenn in den Informationen, die dem Versicherungsnehmer vom Versicherer mitgeteilt werden, entweder nicht angegeben ist, dass die Erklärung des Rücktritts nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht keiner besonderen Form bedarf, oder eine Form verlangt wird, die das auf den Vertrag anwendbare nationale Recht nicht vorschreibt“? (EuGH 19. 12. 2019, C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, Rn 60).
1.2. Diese Vorlagefrage 1 hat der EuGH wie folgt beantwortet:
„1. Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG in der durch die Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 31 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung), Art. 35 Abs. 1 der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen in Verbindung mit deren Art. 36 Abs. 1 und Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) in Verbindung mit deren Art. 186 Abs. 1 sind dahin auszulegen, dass die Rücktrittsfrist bei einem Lebensversicherungsvertrag auch dann ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, wenn in den Informationen, die der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt,
– nicht angegeben ist, dass die Erklärung des Rücktritts nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht keiner besonderen Form bedarf, oder
– eine Form verlangt wird, die nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht oder den Bestimmungen des Vertrags nicht vorgeschrieben ist, solange dem Versicherungsnehmer durch die Informationen nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben. Die vorlegenden Gerichte werden im Wege einer Gesamtwürdigung, bei der insbesondere dem nationalen Rechtsrahmen und den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen sein wird, zu prüfen haben, ob den Versicherungsnehmern diese Möglichkeit durch den in den ihnen mitgeteilten Informationen enthaltenen Fehler genommen wurde.“
B. Belehrung über das Rücktrittsrecht:
1. Zum nationalen (österreichischen) Recht bei Abschluss des Versicherungsvertrags:
1.1. Der bei Vertragsabschluss geltende § 165a VersVG (idF BGBl I 2004/62) lautete soweit hier relevant:
„(1) Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, binnen 30 Tagen nach dem Zustandekommen des Vertrags von diesem zurückzutreten. …“
1.2. Der bei Vertragsabschluss geltende § 178 VersVG (idF BGBl 1994/509) lautete:
„(1) Auf eine Vereinbarung, die von den Vorschriften der §§ 162 bis 164, der §§ 165, 165a und 169 oder des § 171 Abs 1 Satz 2 zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweicht, kann sich der Versicherer nicht berufen. Jedoch kann für die Kündigung, zu der nach § 165 der Versicherungsnehmer berechtigt ist, die Schriftform ausbedungen werden.“
1.3. § 9a Abs 1 VAG in der bis 9. Dezember 2007 geltenden Fassung (BGBl 1996/447) lautete auszugsweise:
„(1) Der Versicherungsnehmer ist bei Abschluss eines Versicherungsvertrages über ein im Inland belegenes Risiko vor Abgabe seiner Vertragserklärung schriftlich zu informieren über
...
6. die Umstände, unter denen der Versicherungsnehmer den Abschluss des Versicherungsvertrages widerrufen oder von diesem zurücktreten kann.“
2. Zur Rechtsbelehrung der Beklagten:
2.1. Das Antragsformular der Beklagten enthielt in der Rechtsbelehrung über die Rücktrittsrechte des Versicherungsnehmers den Hinweis:
„Gemäß § 165a Versicherungsvertragsgesetz ist der Versicherungsnehmer berechtigt, binnen 30 Tagen nach dem Zustandekommen des Lebensversicherungsvertrages von diesem zurückzutreten.“
2.2. Die Rechtsbelehrung über das Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers durch die Beklagte entsprach inhaltlich dem seinerzeit geltenden Unionsrecht sowie der österreichischen Rechtslage und war daher – nach ihrem Inhalt – nicht fehlerhaft, sondern richtig.
2.3. Der bei Vertragsabschluss geltende § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) verlangte für die Erklärung des dem Versicherungsnehmer eingeräumten Rücktritts keine Schriftform. Auf eine davon zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichende Vereinbarung einer Schriftform konnte und kann sich der Versicherer nach § 178 VersVG (idF BGBl 1994/509) nicht berufen.
2.4. Die Beklagte vertritt in ihrer Revision unter anderem die Rechtsansicht, dass das Schriftformerfordernis nicht schade, keine fehlerhafte Belehrung vorliege und diese keinesfalls zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht führe.
Dem ist aus den folgenden Überlegungen zuzustimmen:
C. Schriftformerfordernis und Wahrnehmung des Rücktrittsrechts
1. Die oben B.2.1. dargelegte Belehrung findet sich unter der Überschrift „Rücktrittsrechte?, unter welcher sich – der Belehrung vorangehend – folgender Hinweis findet:
„Der Rücktritt bedarf zu seiner Wirksamkeit jeweils der Schriftform. Es genügt, wenn die Erklärung innerhalb der genannten Fristen abgesendet wird.“
Sollten diese Hinweise der Beklagten tatsächlich dem Kläger (Versicherungsnehmer) den Eindruck einer notwendigen Schriftform für die Ausübung des Rücktrittsrecht nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) vermittelt haben, dann läge betreffend die Form dieser Rücktrittserklärung insoweit eine unvollständige bzw unrichtige Belehrung durch die Beklagte vor, als „nicht angegeben ist, dass die Erklärung des Rücktritts nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen (österreichischen) Recht keiner besonderen Form bedarf“ und „eine Form verlangt wird, die nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen (österreichischen) Recht … nicht vorgeschrieben ist“.
2. Aus der Beantwortung der Vorlagefrage 1 folgt allerdings, dass die Rücktrittsfrist bei einem Lebensversicherungsvertrag auch dann ab dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist, wenn in den Informationen, die der Versicherer dem Versicherungsnehmer mitteilt, nicht angegeben ist, dass die Erklärung des Rücktritts nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht keiner besonderen Form bedarf, oder eine Form verlangt wird, die nach dem auf den Vertrag anwendbaren nationalen Recht nicht vorgeschrieben ist, solange dem Versicherungsnehmer durch die Informationen nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben.
3. Der Fachsenat hat im Licht dieser EuGH-Rechtsprechung bereits wiederholt ausgeführt (insb 7 Ob 3/20x, 7 Ob 4/20v, 7 Ob 16/20h), dass dem Versicherungsnehmer durch das Verlangen des Versicherers nach Einhaltung der Schriftform für die Ausübung seines Rücktrittsrechts nach § 165a Abs 1 VersVG (hier idF BGBl I 2004/62) nicht die Möglichkeit genommen wurde, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben, und aus einer Belehrung, es sei für die Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 165a Abs 1 VersVG die Schriftform erforderlich, keine relevante Erschwernis dieses Rücktrittsrechts folgt. Auf die Einhaltung der Schriftform konnte sich die Beklagte zufolge § 178 VersVG in allen bis zum Zeitpunkt des Rücktritts geltenden Fassungen nicht berufen, sodass ein allfälliger Rücktritt des Klägers in jeder beliebigen Form wirksam gewesen wäre. Die Schriftform steht im gegebenen Kontext nicht mit europarechtlichen Vorgaben im Widerspruch, ist eine im Alltag für eine Vielzahl von (rechtsgeschäftlichen) Erklärungen die Schriftform auch bei Privaten (Verbrauchern) geradezu typische und faktisch regelmäßig praktizierte Mitteilungsform, die für jedermann einfach und ohne besonderen Aufwand durchzuführen ist, sodass keine für ihre Effektivität relevanten Hürden entgegenstehen. Sie dient im vorliegenden Zusammenhang auch dem Schutz des Versicherungsnehmers bei der Wahrnehmung des Nachweises eines erhobenen Rücktritts.
D. Ergebnis:
1. Die dem Kläger von der Beklagten erteilte Belehrung über sein Rücktrittsrecht nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) war inhaltlich richtig.
2. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Rechtsbelehrung der Beklagten dem Kläger den Eindruck einer notwendigen Schriftform für die Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) vermittelt hat, folgt daraus keine relevante Erschwernis dieses Rücktrittsrechts. Auf die Einhaltung der Schriftform konnte sich die Beklagte nicht berufen, sodass ein allfälliger Rücktritt des Klägers in jeder beliebigen Form wirksam gewesen wäre. Die Schriftform steht im gegebenen Kontext nicht mit europarechtlichen Vorgaben im Widerspruch, ist eine auch für Private (Verbraucher) ohne praktische Hürden wahrnehmbare und faktisch regelmäßig praktizierte Mitteilungsform und dient im vorliegenden Zusammenhang dem Schutz des Versicherungsnehmers bei der Wahrnehmung seiner Beweispflicht. Ausgehend von der Beantwortung der Vorlagefrage 1 durch den EuGH ist daher ein allfälliges Verlangen der Beklagten nach einer schriftlichen Ausübung des Rücktritts nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) keine relevante Erschwernis dieses Rücktrittsrechts, die dessen unbefristete Ausübung erlauben würde.
3. Die Rücktrittsfrist nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 2004/62) hat im vorliegenden Fall mit dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, zu dem der Beklagte davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen ist. Der im Jahr 2017 erklärte Vertragsrücktritt ist daher längst verfristet. Weitere Fragen zur Verjährung von Zinsen im Fall eines berechtigten Rücktritts des Versicherungsnehmers und zur Rückforderbarkeit der Versicherungssteuer stellen sich somit nicht.
4. Es ist daher der Revision Folge zu geben und es sind die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die Klage insgesamt – unter Einschluss der zufolge Zurückziehung der Revision des Klägers in Rechtskraft erwachsenen Abweisung von 1.889,80 EUR – abgewiesen wird.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.
Textnummer
E127756European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00017.20F.0219.000Im RIS seit
14.04.2020Zuletzt aktualisiert am
14.04.2020