Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, durch sexuelle Belästigung durch Dritte und mangelnde AbhilfeText
GBK I/800/17
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 26. November 2019 über den am 19. Dezember 2017 eingelangten Antrag von A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) und des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des/der ArbeitgeberIn im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch die X GmbH (1. Antragsgegnerin) sowie des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch B (2. Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/800/17, zu folgendem
PRÜFUNGSERGEBNIS:
A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.
A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen der Arbeitgeberin, X GmbH, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG diskriminiert worden.
A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch B diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
VORBRINGEN
Im Antrag der GAW wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin habe seit 2. November 2015 bei der 1. Antragsgegnerin im Customer Service in der Exportabteilung gearbeitet und großteils Kunden/innen aus den sogenannten ex-jugoslawischen Ländern betreut. Die Antragstellerin stamme selbst aus … und beherrsche neben ihrer Muttersprache … auch weitere … Sprachen. Sie habe in Wien und … Betriebswirtschaft studiert und habe bereits etwa zwei Jahre Berufserfahrung im Export gehabt, als sie bei der 1. Antragsgegnerin begonnen habe. Dementsprechend sei sie vom Unternehmen in das dritte Berufsjahr eingestuft worden (Beilage 2: Unterlage „Berufsjahre“, X GmbH, 20.10.2015).
Zu Beginn sei die Antragstellerin allerdings, da die betreffenden Kolleginnen Unterstützung benötigt hätten, für die Betreuung der Länder Slowakei, Griechenland und Bulgarien eingesetzt worden, danach für Serbien und Bosnien. Nachdem die Antragstellerin die ihr zugewiesenen Tätigkeiten sehr engagiert und erfolgreich erfüllt habe, sei ihr Zuständigkeitsbereich sukzessive ausgeweitet worden und sie habe zunächst Kroatien sowie im Weiteren den Kosovo und Montenegro als zu betreuende Gebiete dazu erhalten. Der Antragstellerin habe die Tätigkeit Freude bereitet und sie habe von Kunden/innenseite wie auch von ihrer Vorgesetzten, C, die die Funktion Head of Customer Service innegehabt habe, durchwegs positives Feedback erhalten (Beilage 3: Beurteilung der Tätigkeit von A durch C für das Jahr 2016). Auch mit fast allen Kolleginnen habe sich die Antragstellerin sehr gut verstanden.
Gegen Ende des Jahres 2016 habe die Antragstellerin bemerkt, dass der 2. Antragsgegner, der die Funktion Director of Sales innegehabt habe und Vorgesetzter der Chefin der Antragstellerin gewesen sei, auf sie aufmerksam geworden sei. Dies habe damit begonnen, dass er sie beauftragt habe, neue Kunden/innen aus Südkorea und Japan anzulegen. Dies sei an sich nicht der Tätigkeitsbereich der Antragstellerin gewesen, trotzdem habe der 2. Antragsgegner in einem Meeting angekündigt, dass er das Geschäft in dieser Region mit ihr vorantreiben wolle. Die Antragstellerin sei darüber verwundert gewesen, habe es jedoch als Wunsch ihres Vorgesetzten akzeptiert und sei bemüht gewesen, ihr Engagement auch hier zu zeigen. Von diesem Zeitpunkt an sei sie auch per „Du" mit dem 2. Antragsgegner gewesen.
In weiterer Folge habe der 2. Antragsgegner in einer Weise begonnen, die für die Antragstellerin unangenehm gewesen sei, immer wieder ihre Nähe zu suchen und die üblichen Grenzen einer beruflichen Arbeitsbeziehung zu überschreiten. Bei einer Messe in …, die von 15. bis 17. März 2017 stattgefunden habe, bei der viele Mitarbeiter/innen der 1. Antragsgegnerin teilgenommen hätten, sei es zu mehreren für die Antragstellerin unangenehmen Vorfällen gekommen. Der 2. Antragsgegner habe sie ständig in seiner Nähe haben wollen und habe gegenüber anderen Personen so getan, als hätten die Antragstellerin und er ein enges persönliches Naheverhältnis, was in keiner Weise der Wahrheit entsprochen habe. So habe der 2. Antragsgegner an einem Abend versucht, nach Ende eines Abendessens mit Kunden/innen, die Antragstellerin und eine Kollegin zu überreden, zu einem weiteren Abendtermin mit den Herstellern, mit denen die 1. Antragsgegnerin zusammenarbeite, zu gehen, bei dem auch der Geschäftsführer der 1. Antragsgegnerin, D, anwesend gewesen sei. Die Kollegin habe mit Hinweis auf Müdigkeit abgelehnt, da es bereits gegen Mitternacht gewesen sie. Die Antragstellerin aber sei vom 2. Antragsgegner bedrängt worden, mitzugehen, was sie dann auch getan habe. Der 2. Antragsgegner habe die Antragstellerin bei diesem Termin wie eine enge Bekannte präsentiert, sei kaum von ihrer Seite gewichen und habe nach einiger Zeit auch angekündigt, dass er und die Antragstellerin nun gemeinsam gehen würden. Die Antragstellerin habe dies keinesfalls wollen und habe daher gesagt, dass sie noch bleiben würde. Daraufhin habe der 2. Antragsgegner zu ihr bemerkt: „Du darfst aber nicht die ganze Nacht mit xxxx (einem Vertreter einer Herstellerfirma) bleiben!“. Der Antragstellerin sei dies und die ganze Situation sehr unangenehm gewesen, sie habe auch nicht gewusst, wie sie sich der Vereinnahmungen durch den 2. Antragsgegner erwehren sollte.
Kurz darauf, am 20. März 2017, habe die Antragstellerin eine einwöchige Dienstreise nach … mit dem Antragsgegner antreten müssen. Kurz davor habe der 2. Antragsgegner die Antragstellerin gefragt, ob sie einen Freund habe bzw. ob sie „flexibel“ sei. Auf ihre Rückfrage, was er damit meine, habe der 2. Antragsgegner gesagt, dass er frage, weil er bereits am Sonntag losfahren wolle. Am ersten Tag der Dienstreise habe der 2. Antragsgegner die Antragstellerin in sein Hotelzimmer eingeladen und habe wollen, dass sie dort am Laptop arbeite. Dies sei für die Antragstellerin sehr unangenehm gewesen, sie sei gestresst und nervös gewesen und habe weitere unerwünschte Annäherungen durch den 2. Antragsgegner gefürchtet. Sie habe daher ihre Mutter angerufen, die in der Nähe gewohnt habe und diese sei kurz danach auf Ersuchen der Antragstellerin in die Hotellobby gekommen. Mit der Ausrede, dass sie ihre Mutter treffen müsse, sei die Antragstellerin dieser Situation entflohen. Bei einem Kundengespräch habe der 2. Antragsgegner unbedingt einen Kuchen mit der Antragstellerin teilen wollen. Sie habe dies nicht wollen, er habe jedoch darauf bestanden. Daraufhin habe die Antragstellerin den Kellner in … gebeten, den Kuchen auf zwei Teller aufzuteilen. Die Antragstellerin habe den 2. Antragsgegner zu Beginn dieser Dienstreise die Nummer ihres privaten … Handys gegeben, um für ihn auf der Dienstreise erreichbar zu sein. Seine erste Kontaktaufnahme an sie per WhatsApp ihres Privathandys habe in der Bemerkung „schönes Profilfoto“ bestanden (Beilage 4: WhatsApp des 2. Antragsgegners an die Antragstellerin vom 20. März 2017).
Während der gemeinsamen Autofahrten mit dem 2. Antragsgegner auf dieser Dienstreise habe dieser mehrmals das Knie der Antragstellerin berührt, während er ihr etwas erzählt habe. Dies sei für die Antragstellerin sehr unangenehm gewesen und sie habe versucht, sich am Beifahrersitz so weit wie möglich weg zu setzen und auch zu beugen und habe ihre Handtasche auf den Knien gehalten, um weitere Berührungen durch den 2. Antragsgegner zu vermeiden. Mehrmals seien auch Bemerkungen von ihm gefallen wie „Wow, unsere Zimmer sind so nah" oder „Ich könnte ja unabsichtlich unsere Zimmer vertauschen"; weiters habe er ihr um Mitternacht Kundendaten geschickt (Beilage 5: WhatsApp des 2. Antragsgegners an die Antragstellerin vom 21. März 2017 um 23.54 Uhr).
Jeden Abend auf dieser Dienstreise habe der 2. Antragsgegner mit der Antragstellerin verbringen wollen. So habe er sie auch nach dem erwähnten Kundengespräch bedrängt, das während eines Abendessens stattgefunden habe, etwa gegen 23 Uhr, mit ihm noch einen Cocktail zu trinken. Dabei habe er sie dann gefragt, was sie zu ihm sagen würde, wenn „ich dich heute Abend in mein Zimmer einladen würde?" Die Antragstellerin sei entsetzt gewesen und habe die Einladung abgelehnt. Sie habe nicht fassen können, dass ihr Vorgesetzter dies zu ihr gesagt habe und habe versucht, dem auch auszuweichen, in dem sie gezeigt habe, dass sie diese Einladung als Scherz verstanden habe. An einem anderen Abend habe die Antragstellerin privat Freunde treffen wollen. Der 2. Antragsgegner habe sie jedoch nicht gehen lassen und habe unbedingt in der Hotelbar mit ihr etwas trinken wollen. Der Antragstellerin sei es nicht möglich gewesen, sich dagegen zu wehren. Sie habe sich extrem unter Druck gesetzt gefühlt und habe ihren Freunden abgesagt. Nach einer Flasche Wein habe der 2. Antragsgegner auch Schnaps bestellt.
Insgesamt sei die Dienstreise mit dem 2. Antragsgegner für die Antragstellerin sehr belastend gewesen, sie habe sich permanent gestresst gefühlt, unter Druck und in Angst vor seinen unangebrachten Bemerkungen, Berührungen und Annäherungen. Sie habe auch das Gefühl gehabt, dass sie ihm sehr ausgeliefert sei, da es der 2. Antragsgegner verstanden habe, großen Druck auf sie auszuüben und sie ihn daher kaum zurückweisen habe können. Der 2. Antragsgegner habe einfach nicht auf Bemerkungen von der Antragstellerin reagiert und habe ihr in jeder Weise gezeigt, dass er ihre Wünsche nach Abgrenzung, Ruhe und Privatleben nicht ernst nehme. Während dieser Dienstreise habe die Antragstellerin zwei Mal an Personen, mit denen sie privat befreundet gewesen sei, per WhatsApp geschrieben, dass sie sich durch ihren Chef belästigt fühle.
Nach dieser Dienstreise habe sich die Antragstellerin sehr belastet und auch gesundheitlich beeinträchtigt gefühlt. Hinzu sei gekommen, dass E, eine Kollegin, die Antragstellerin zunehmend schlecht behandelt habe. Im Unternehmen sei das Gerücht gegangen, dass E und der 2. Antragsgegner eine intime Beziehung hätten. Jedenfalls habe die Antragstellerin bemerkt, dass sie fast immer zugleich in Urlaub gegangen seien. Bereits bei dem Meeting im Jahr 2016, als der 2. Antragsgegner angekündigt habe, mit der Antragstellerin den asiatischen Bereich bearbeiten zu wollen, habe die Antragstellerin bemerkt, dass dies E überhaupt nicht recht gewesen sei. E habe sich zu der Antragstellerin in der Folge zunehmend unfreundlich, herablassend und feindselig verhalten und habe sie zuletzt regelrecht beschimpft. So habe E etwa gemeint, als die Antragstellerin ihren 30. Geburtstag gefeiert habe, dass sie nun „eine alte Frau" sei. Sie habe sie immer wieder angeschrien und habe auch die Zusammenarbeit verweigert. Beschwerden der Antragstellerin bei ihrer Vorgesetzten hätten keine Besserung gebracht, da offenbar E in ihrer Position unterstützt worden sei — jedenfalls habe sich deren Verhalten gegenüber E nicht geändert. Im Juli 2017 habe E der Antragstellerin gesagt, dass sie „nicht normal" sei und eine von ihnen beiden die Firma verlassen müsse.
Bereits einmal habe die Antragstellerin wegen der Beschimpfungen durch E den Betriebsrat zur Beratung aufgesucht. Im Juli 2017 habe sich die Antragstellerin derart beeinträchtigt von der Gesamtsituation gefühlt, dass sie neuerlich ein Gespräch mit dem Betriebsrat, F, gesucht und diesen um Hilfe gebeten habe. Dieses Gespräch habe am 28. Juli 2017 stattgefunden und die Antragstellerin habe die Belästigungen durch den 2. Antragsgegner und die Behandlung durch E geschildert. Der Betriebsratsvorsitzende, F, habe der Antragstellerin erzählt, dass sie „nicht die erste Frau" sei, die vom 2. Antragsgegner belästigt werde. Die Betroffenen seien aber alle nicht mehr im Unternehmen. Auch die Vorgesetzte der Antragstellerin, C, sei zu diesem Gespräch gestoßen, sie habe allerdings nur die Beschwerden der Antragstellerin über E gehört. Beide hätten der Antragstellerin versichert, dass sie ihr weiterhelfen würden. F habe sie zusätzlich an die Arbeiterkammer verwiesen. Danach habe die Antragstellerin seitens ihrer Arbeitgeberin allerdings keine Unterstützung erhalten, sondern, ganz im Gegenteil, wenige Tage nach diesem Gespräch, am 3. August 2017, die Kündigung, verbunden mit einer sofortigen Freistellung (Beilage 10: Kündigung vom 3. August 2017). Begründet sei dies mit mangelnder Arbeitsleistung worden. Die Antragstellerin habe sich die Kündigung aber nur im Zusammenhang mit der Weiterleitung ihrer Beschwerden durch den Betriebsrat an ihren Arbeitgeber erklären können. Nach ihrer Kündigung hätten mehrere Kunden/innen der Antragstellerin mit Unverständnis reagiert und hätten der Antragstellerin Rückmeldungen geschickt, dass sie mit ihrer Betreuung sehr zufrieden gewesen seien (Beilage 11: WhatsApp von … an die Antragstellerin; Beilage 12: WhatsApp von … an die Antragstellerin, Beilage 13: WhatsApp von … an die Antragstellerin).
Daraufhin habe sich die Antragstellerin an die Arbeiterkammer und Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) gewandt.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der 1. Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 18. Jänner 2018 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Richtig sei, dass die Antragstellerin seit 2. November 2015 bei der 1. Antragsgegnerin im Kundenservice in der Exportabteilung im Innendienst angestellt gewesen sei. Aufgrund ihrer Berufserfahrung im Export sei sie in das 3. Berufsjahr eingestuft worden. Eine räumliche Beschränkung ihres Tätigkeitsbereiches auf die Betreuung von Kunden/innen aus den „sogenannten ex-jugoslawischen Ländern" sei weder vereinbart, noch praktiziert worden.
Richtig sei, dass die Antragstellerin 2016 zunächst die an sie gestellten Anforderungen erfüllt und zum Teil auch übererfüllt habe (Beilage 3), jedoch sei ab Anfang 2017 ein deutliches Nachlassen ihres Engagements feststellbar gewesen, indem sie z.B. für die Mittagspause „ausstempelte", Ihre Mittagsmahlzeit jedoch erst nach ihrer Rückkehr (und somit während der Dienstzeit) zu sich genommen habe oder mit verschiedenen Kollegen/innen ausgedehnte Kaffeepausen in Anspruch genommen habe. Hinzu sei gekommen, dass die Antragstellerin ihre Aufgaben zunehmend mangelhaft erfüllt habe. So sollten beispielsweise von den Mitarbeiter/innen der Exportabteilung von den Kunden/innen, mit denen die 1. Antragsgegnerin zusammenarbeite, verschiedene Unterlagen (unterschriebener Vertriebsvertrag, Fragebögen) eingeholt und EDV-mäßig erfasst werden. Trotz mehrfacher Urgenzen durch C sei dies von der Antragstellerin für die von ihr zu bearbeitenden Kunden/innen wochenlang nicht erledigt worden. Ebenso hätten sich verschiedene Kundinnen und Mitarbeiterinnen bei C über die verzögerte Bearbeitung von Anfragen durch die Antragstellerin bzw. die fehlerhafte Erfassung von Kundenaufträgen im EDV-System beschwert (Beilage B: Konvolut Kunden- und Kollegenbeschwerden). Diese — sich im Juni und Juli 2017 häufenden — Vorfälle hätten schließlich dazu geführt, dass sich die Geschäftsleitung entschlossen habe, das Dienstverhältnis zu der Antragstellerin am 3. August 2017 mit Wirkung zum 30. September 2017 zu kündigen. Bei Ausspruch der Kündigung habe die 1. Antragsgegnerin keine Kenntnis von den von der Antragstellerin gegen den 2. Antragsgegner erhobenen Vorwürfen wegen sexueller Belästigung gehabt. Von diesen Vorwürfen habe die 1. Antragsgegnerin erstmals durch das Schreiben der Arbeiterkammer (AK) Wien vom 20. September 2017 Kenntnis erlangt.
Wie die GAW in ihrem Antrag richtig schreibe, treffe den Arbeitgeber eine Verpflichtung zur angemessenen Abhilfe, wenn er von der (sexuellen) Belästigung erfahre. Ohne Kenntnis von den von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfen, habe die 1. Antragsgegnerin weder deren Berechtigung prüfen, noch Abhilfe schaffen können. Nachdem die 1. Antragsgegnerin durch das Schreiben der AK Wien Kenntnis von den Vorwürfen gegen den 2. Antragsgegner erfahren habe, habe die 1. Antragsgegnerin sowohl den 2. Antragsgegner als auch C und F befragt und aufgrund dieser Auskünfte das Schreiben der AK Wien beantwortet. Bei der 1. Antragsgegnerin bestehe — wie im gesamten Konzern — ein Code of Conduct, der in Abschnitt 7 ausdrücklich vorsehe, dass die 1. Antragsgegnerin „von jedem Mitarbeiter objektives, respektvolles und faires Verhalten im Umgang mit Kollegen und Dritten [erwartet]. Niemand darf aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Alter, Familienstand, Abstammung, nationaler Herkunft, Gesundheitszustand, Behinderung, sexueller Orientierung, Aussehen oder aus anderen gesetzlich normierten Gründen diskriminiert, bevorzugt, belästigt oder gebrandmarkt werden.
Wenn zwischen Mitarbeiter/innen Konflikte auf zwischenmenschlicher Ebene existieren würden, die sich zwar auf die berufliche Beziehung der Mitarbeiter/innen auswirken würden, aber nicht gegen die vorgenannte Richtlinie verstoßen würden, und wenn diese Konflikte fortbestehen, obwohl die Beteiligten versucht hätten, sie selbst zu lösen, sollten sowohl der Vorgesetzte als auch die Personalabteilung eingeschaltet werden, damit diese eine angemessene Lösung finden. Die Belästigung eines/r Mitarbeiters/in aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Alter, Familienstand, Abstammung, nationaler Herkunft, Gesundheitszustand, Behinderung, sexueller Orientierung, Aussehen oder aus anderen gesetzlich normierten Gründen sei strengstens untersagt. Belästigung aufgrund der politischen Meinung oder der sozialen Herkunft sei ebenso verboten. Jede/r Mitarbeiter/in habe das Recht, vor Belästigung durch Worte, Gesten oder Geschriebenes geschützt zu werden, und solle sich darauf verlassen können, dass kein/e andere/r Mitarbeiter/in sein natürliches Anstandsgefühl verletze oder ihm unerwünschten Kontakt aufzwinge. In diesem Zusammenhang spiele es keine Rolle, ob der/die belästigende Mitarbeiter/in das Verhalten für akzeptabel halte oder lediglich scherzhaft meine. Sowohl das scheinbar als auch das tatsächlich belästigende Verhalten seien zu vermeiden. Kurz gesagt seien Anstand und gegenseitiger Respekt bei den Beziehungen oder den Mitarbeitern/innen stets genau einzuhalten. E-Mails und andere Kommunikationsarten dürften niemals für Belästigungen jeglicher Art, um jemandem nachzustellen oder für andere unangemessene Zwecke genutzt werden. Alle E-Mails und andere Kommunikation belästigender, nachstellender oder anderweitig unangemessener Art sollten umgehend der Personalabteilung gemeldet werden.“ Dieser Code of Conduct werde allen Mitarbeiterinnen zu Beginn des Dienstverhältnisses übergeben. Alle Mitarbeiter/innen hätten jährlich ein Code of Conduct-Training zu absolvieren. Die Antragstellerin habe diesen Code of Conduct zur Kenntnis genommen und der 2. Antragsgegner habe 2017 das vorgeschriebene Training absolviert. Zudem stehe allen Mitarbeitern/innen neben den im Code of Conduct genannten Kontakten zu Geschäftsleitung und Personalabteilung eine (konzernweite) Mitarbeiter/innen-Hotline zur Verfügung, auf die im Intranet hingewiesen werde. Entgegen der Meinung der GAW werde der Code of Conduct von der 1. Antragsgegnerin ernst genommen und auch entsprechend umgesetzt. Das setze allerdings voraus, dass die betroffenen Mitarbeiter/innen die 1. Antragsgegnerin von allfälligen Verstößen gegen den Code of Conduct in Kenntnis setzen würden.
Zu den von der Antragstellerin gegen den 2. Antragsgegner erhobenen Vorwürfen der sexuellen Belästigung:
Da die Exportabteilung den Raum EMEA/APAC (Europe Middle East Africa/Asia Pacific) betreue, sei es nicht verwunderlich, dass die Antragstellerin vom 2. Antragsgegner beauftragt worden sei, auch Kunden/innen in Südkorea und Japan anzulegen. In der Exportabteilung würden jährlich rund 2.000 Kunden/innen im Computersystem angelegt werden, wobei sich der 2. Antragsgegner (aber auch andere Außendienstmitarbeiter/innen) an jene Innendienst Mitarbeiter/innen wenden würden, die gerade Zeit hätten. Der 2. Antragsgegner bestreite, in einem Team-Meeting geäußert zu haben, dass er das Geschäft in dieser Region (APAC) mit der Antragstellerin vorantreiben wolle. Eine derartige Aussage sei auch von anderen Mitarbeitern/innen nicht wahrgenommen worden. Sie sei auch deshalb nicht plausibel, weil die 1. Antragsgegnerin Kunden/innen in dieser Region nur im Rahmen eines Rahmenvertrages mit …-Organisationen betreue und daher das Geschäft in dieser Region nicht aktiv „vorantreibt". Die Darstellung der Messe in … durch die Antragstellerin sei unzutreffend:
Diese Veranstaltung habe vom 15. bis 17. März 2017 im … Hotel in … stattgefunden. Sie sei von der Schwestergesellschaft der 1. Antragsgegnerin in … organisiert und für deren Kunden/innen abgehalten worden. Die Lieferanten/innen der 1. Antragsgegnerin seien auf der Messe mit eigenen Ausstellungsständen vertreten gewesen. Da die Lieferanten/innen für alle Gesellschaften der 1. Antragsgegnerin identisch seien, sei die Messe vom Exportteam der 1. Antragsgegnerin dazu genützt worden, auch Kunden/innen aus dem Exportgebiet der 1. Antragsgegnerin einzuladen und Trainings für die Mitarbeiter/innen und Kunden/innen durchzuführen. Die Veranstaltung habe mit einem gemeinsamen Abendessen am 15. März im Restaurant … begonnen, welches sich direkt im Tagungshotel befand. Am 16. März hätten tagsüber für die Mitarbeiter/innen verschiedene Trainingssitzungen stattgefunden. Am Abend sei für die österreichischen Mitarbeiter/innen und Kunden/innen die Abholung mit dem Bus vom Hotel mit anschließender Stadtführung und gemeinsamen Abendessen auf einem Schiff auf der … organisiert worden. Im Anschluss an dieses Abendessen seien alle Teilnehmer/innen gemeinsam mit dem wartenden Bus in das Hotel zurückgebracht worden. Dort habe parallel zu dem von der 1. Antragsgegnerin organisierten Ausflug zum Abendessen ein von … organisiertes Galadiner für die Lieferanten/innen der 1. Antragsgegnerin sowie die Kunden/innen von der 1. Antragsgegnerin in … stattgefunden. Die Mitarbeiter/innen hätten dadurch Gelegenheit gehabt, mit den Lieferanten/innen, mit denen sie regelmäßig zusammenarbeiten würden, außerhalb des normalen Geschäftsalltags in Kontakt zu kommen. Der 2. Antragsgegner habe daher nicht versucht, „nach Ende eines Abendessens mit Kunden/innen die Antragstellerin und eine Kollegin zu überreden, an einem weiteren Abendtermin teilzunehmen“, sondern alle Mitarbeiter/innen der 1. Antragsgegnerin seien gemeinsam mit dem bereitstehenden Bus von dem Schiff zur Galaveranstaltung im Hotel aufgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt sei es auch nicht „gegen Mitternacht“, sondern kurz nach 22 Uhr gewesen. Die Galaveranstaltung, die direkt im Tagungshotel stattgefunden habe, sei von den Teilnehmern/innen, die alle im selben Hotel genächtigt hätten, zu unterschiedlichen Zeiten verlassen worden. Der 2. Antragsgegner habe sich als Sales Director bei dieser Veranstaltung für Kunden/innen und Lieferanten/innen vor allem um Kunden/innen-Kontakte gekümmert und nicht um A oder andere Mitarbeiter/innen. Da diese Veranstaltung direkt im Tagungshotel, in dem auch alle Mitarbeiter/innen genächtigt hätten, stattgefunden habe, sei hier auch nicht extra ein Transport vom 2. Antragsgegner organisiert worden, um zu dieser Veranstaltung zu gelangen. Er habe auch nicht angekündigt, dass er die Veranstaltung mit der Antragstellerin gemeinsam verlassen würde, was aufgrund der Tatsache, dass die Veranstaltung direkt im Hotel stattgefunden habe auch aus Transportgründen nicht nötig gewesen wäre; er habe auch nicht angemerkt, dass sie nicht die ganze Nacht mit einem Lieferanten bleiben dürfe.
Die Darstellung der Dienstreise nach …, … und … durch die Antragstellerin sei ebenfalls unrichtig:
Der 2. Antragsgegner habe die Antragstellerin nicht gefragt, ob sie „einen Freund habe bzw. ob sie „flexibel“ sei", sondern habe sie lediglich gefragt, ob sie bereits am Sonntag nach … aufbrechen könne, da aufgrund des dichten Programms (erster Kundentermin in … am Montag um 09:00 Uhr) und der doch längeren Strecken eine Anreise am Montag zu kurzfristig gewesen wäre. Da die Antragstellerin keinen Firmenlaptop besessen habe, habe sie dem 2. Antragsgegner den Zugriff auf ihr Firmen-Emailpostfach erteilt, damit sie während der Dienstreise über das Email-Programm, welches auf dem Laptop vom 2. Antragsgegner installiert gewesen sei, auch Zugriff auf ihre Firmen-Emails erhalten konnte. Für den Abruf ihrer Emails sei es daher notwendig gewesen, dies über den Laptop vom 2. Antragsgegner zu tun. Da die Antragstellerin auch über kein Diensthandy verfügt habe, habe sie dem 2. Antragsgegner ihre private Handynummer mitgeteilt. Der Grund für die Kommunikation am 20. März 2017 sei gewesen, dass sich die Antragstellerin und der 2. Antragsgegner nach ihrer Ankunft im Hotel zunächst frisch machen und dann einen weiteren gemeinsamen Termin wahrnehmen wollten. Die Aussage „schönes Profilfoto“ in der Nachricht vom 2. Antragsgegner erkläre sich daraus, dass sich die Antragstellerin kurze Zeit vorher bei ihm beschwert habe, dass ihr ihr Profilfoto auf der Website der 1. Antragsgegnerin nicht gefalle. Wenn der Antragstellerin diese Anmerkung damals so unangenehm gewesen sei, wie sie nunmehr behaupte, wäre es wohl nicht notwendig gewesen, diese Nachricht mit „danke“ zu kommentieren, sondern sich lediglich darauf zu beschränken, dass sie gleich kommen werde. Es sei auch nicht ungewöhnlich, Nachrichten mit Kunden/innendaten (oder sonstigen beruflichen Inhalten) zu später Stunde zu versenden. Der 2. Antragsgegner habe am Abend noch gearbeitet und von der Antragstellerin nicht erwartet, dass sie auf diese Kundendaten um diese Uhrzeit reagiere, sondern dass Sie diese Kunden/innen am nächsten Tag anlege. Es wäre rein technisch auch gar nicht möglich gewesen, da die Antragstellerin, wie bereits erwähnt, über keinen Firmenlaptop verfügt habe. Da der 2. Antragsgegner als Sales Director auch außerhalb „normalen Arbeitszeiten“ arbeite, versende er häufig E-Mails (nicht nur an Mitarbeiter/innen, sondern auch an Kunden/innen, Lieferanten/innen und Vorgesetzte) außerhalb der „Dienstzeit". Es sei nicht nachvollziehbar, was an der vom 2. Antragsgegner anlässlich der Erstellung der Reisekostenabrechnung gestellten Anfrage, ob es sich bei einem Beleg in … Schrift um die (…) Autobahnmaut handle, eine Belästigung sein soll. Der 2. Antragsgegner sei auf Facebook und Instagram mit sehr vielen aktiven und ehemaligen Mitarbeitern/innen der 1. Antragsgegnerin, insbesondere den Mitarbeiter/innen seiner Abteilung, befreundet.
Sowohl E als auch der 2. Antragsgegner würden bestreiten, eine intime Beziehung zu haben. E und der 2. Antragsgegner seien auch nicht „fast immer zugleich im Urlaub“ gewesen. Tatsächlich hätten sich Urlaubstage von E und dem 2. Antragsgegner 2016 vom 4. bis 8. Jänner (wobei am 4. und 5. mehr als 60 Mitarbeiterinnen und am 7. und 8. Jänner 39 Mitarbeiter/innen auf Urlaub gewesen seien) sowie im Zeitraum vom 25. bis 29. Juli überschnitten (auch hier seien jeweils mehr als 30 Mitarbeiter/innen auf Urlaub gewesen). Am 24. und 25. Oktober hätten E und der 2. Antragsgegner ebenfalls gleichzeitig Urlaub gehabt, das verlängerte Wochenende vom 22. Oktober bis 26. Oktober sei aber von insgesamt 18 Mitarbeitern/innen in Anspruch genommen worden.
2017 habe es Überschneidungen im Urlaub von E und dem 2. Antragsgegner vom 3. bis 5. April gegeben, wobei dieser auch am 6. und 7. April Urlaub gehabt habe. Eine weitere Überschneidung habe es vom 28. August bis 8. September gegeben, wobei auch hier zwischen 16 und 23 Mitarbeiter/innen gleichzeitig auf Urlaub gewesen seien.
Zum Vorwurf des Mobbings durch E:
Die Antragstellerin habe ab Frühjahr 2017 ein gespanntes Arbeitsverhältnis zu Ihrer Kollegin E unterhalten. So habe sich diese mehrfach gegenüber ihrer Vorgesetzten C über das Verhalten von E beschwert, wie sich umgekehrt E bei C mehrfach über das Verhalten der Antragstellerin beschwert habe, E habe für ihre Kritik an der Antragstellerin allerdings sachliche Gründe anführen können, da sie mehrfach hinter der Antragstellerin „nacharbeiten" musste. Sowohl C als auch der 2. Antragsgegner hätten versucht, zwischen den beiden Kontrahentinnen (allerdings erfolglos) zu vermitteln. Die Antragstellerin habe wegen ihres gespannten Verhältnisses zu E im Juli 2017 insgesamt auch dreimal den Betriebsratsvorsitzenden F aufgesucht. Eine Information der Geschäftsleitung oder der Personalabteilung sei von der Antragstellerin — trotz diesbezüglicher Nachfrage durch C und F — ausdrücklich abgelehnt worden. Gemeinsam sei überlegt worden, die Arbeitsplätze der beiden Mitarbeiterinnen so zu verlegen, dass sie einander möglichst nicht begegnen. Bei dem Gespräch am 28. Juli 2017 habe die Antragstellerin F neuerlich ihre Probleme mit E geschildert, eine — nunmehr behauptete — Belästigung durch den 2. Antragsgegner sei bei diesem Gespräch gegenüber F und auch C, die später zu dem Gespräch gestoßen sei, nicht erwähnt worden. F habe gegenüber der Antragstellerin bei diesem Gespräch daher auch nicht erwähnt, dass sie „nicht die erste Frau" sei, die vom 2. Antragsgegner belästigt werde. Bei diesem Gespräch sei F gemeinsam mit der Antragstellerin die Mobbing-Checklist auf der AK-Website durchgegangen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Mobbing vorliege.
F und C hätten die Geschäftsleitung der 1. Antragsgegnerin über das Gespräch bzw. die Beschwerde der Antragstellerin über deren ausdrücklichen Wunsch nicht In Kenntnis gesetzt. Bei Ausspruch der Kündigung am 3. August 2017 hätten weder D noch … Kenntnis von diesen (angeblichen) Vorfällen gehabt.
Es sei unrichtig, wenn die GAW behaupte, dass F die Antragstellerin informiert habe, dass sie nicht die erste von sexueller Belästigung durch den 2. Antragsgegner betroffene Frau sei und die Betroffenen alle nicht mehr im Unternehmen seien. Es treffe auch nicht zu, dass die 1. Antragsgegnerin „Offenbar keinerlei Bedarf sieht, den Sachverhalt aufzuklären, sondern die Verneinung der Vorfälle durch B als völlig ausreichend sieht". Die 1. Antragsgegnerin habe nicht nur den 2. Antragsgegner, sondern auch F und C zum Inhalt des Gesprächs am 28. Juli 2017 befragt. Selbst wenn die von der Antragstellerin behauptete sexuelle Belästigung durch den 2. Antragsgegner vorliegen sollte (wovon die 1. Antragsgegnerin ihren Informationen nach nicht ausgehe), sei der 1. Antragsgegnerin jedenfalls kein Verstoß gegen die Bestimmungen des GlBG vorzuwerfen. Auch nach dieser Dienstreise habe der 2. Antragsgegner ungefragt weiterhin das Privathandy der Antragstellerin zur Weiterleitung von Arbeitsaufträgen auch weitab ihrer Arbeitszeit genutzt und habe ihr auch eine Anfrage geschickt, ob er ihr „Follower" auf Instagram werden könne, die sie unbeantwortet gelassen habe
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom 2. Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 18. Jänner 2018 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Der Vorgänger der Antragstellerin habe das komplette Gebiet „Ex-Yugoslawien“ betreut, dies habe neben Serbien auch Kroatien, Bosnien, Montenegro, Kosovo und Mazedonien inkludiert. Daher sei es nur logisch gewesen, dass auch die Antragstellerin, als Nachfolgerin die gleichen Gebiete im Rahmen Ihrer Kundenbetreuung übernommen habe. Da die Antragstellerin aber wenig Erfahrung im Export gehabt habe, habe der 2. Antragsgegner gemeinsam mit C beschlossen, mit Serbien und Kroatien zu beginnen und zu einem späteren Zeitpunkt dann weitere Länder dazuzugeben. Eine Kollegin aus dem Team habe vorerst die anderen Länder zusätzlich übernommen. Dies sei aber leider nicht so schnell wie gewünscht gegangen und sei dann erst Jahre später erfolgt. Mazedonien sei weiterhin von der anderen Kollegin betreut worden. Betreffend Japan & Korea, hier habe er die Antragstellerin Mitte November 2016 ersucht, Kataloge an zwei Händler in diesen Ländern zu senden. Allerdings sei es hier um keinen Aufbau der Region gegangen. Dies sei auch ein ganz normaler Vorgang gewesen, da sie immer wieder Anfragen/Aufträge aus Ländern bekommen würden, die nicht in das „normale“ Verkaufsgebiet fallen. Diese würden dann entweder von C oder dem 2. Antragsgegner abwechselnd an die 3 Kolleginnen verteilt werden, die den NON-EU Bereich abwickeln würden. Er habe dann auch der Antragstellerin, an ihrem Arbeitsplatz im Beisein ihrer beiden Zimmerkollegen, das „Du" angeboten. Dies sei zum einen in der Firma durchaus üblich und weit verbreitet und sei auch gerade in der englischen Kommunikation für ihre Kunden/innen logischer gewesen. Der von der 1. Antragsgegnerin in … veranstaltete Event habe in einem Eventhotel stattgefunden. Im Zuge dieser Veranstaltung hätten sie eine Sightseeing-Tour in … organisiert mit anschließendem Essen während einer Bootsfahrt. Nach Ende dieser seien sie (Exporthändler und Mitarbeiter/innen der 1. Antragsgegnerin) gemeinsam mit dem Bus retour ins Hotel (ca. 22 Uhr) gefahren. Noch im Bus habe der 2. Antragsgegner alle Kunden/innen und Kollegen/innen informiert, dass im Hotel noch die Veranstaltung der 1. Antragsgegnerin stattfinde und jede/r gerne daran teilnehmen könne. Dies sei auch von vielen in Anspruch genommen worden. Er habe hier aber weder die Antragstellerin noch die Kunden/innen oder andere Kollegen/innen dazu gedrängt oder gar gezwungen. Er sei an diesem Abend die meiste Zeit mit georgischen Kunden und danach noch mit weißrussischen Kunden zusammengesessen. Zwischendurch habe der 2. Antragsgegner auch Lieferanten/innen und seine Kollegin, …, sowie seinen direkten Vorgesetzten, D, getroffen. Hierbei sei aber die Antragstellerin nicht in seiner Nähe gewesen, daher könne er ihre angeführten Punkte hier nicht nachvollziehen.
Er sei oft im Ausland unterwegs und auf Grund von Flugverbindungen bzw. unterschiedlichen Feiertagen in den Ländern komme es regelmäßig vor, dass er bereits am Sonntag abreise bzw. ganze Wochenenden oder Feiertage in den Ländern bleibe. Ihm sei klar, dass die Privatzeit für viele Kollegen Zeit mit der Familie sein soll, deswegen versuche er bei Dienstreisen mit seinen Kollegen Sonn- und Feiertage auszulassen bzw. kläre dies vorher mit den Kollegen ab. Ebenso habe er hier die Antragstellerin an Ihrem Arbeitsplatz gefragt, da der Plan mehrere Städte in 3 Ländern vorgesehen habe. Einige Tage vor Abreise habe er die Antragstellerin darauf angesprochen, dass diese Ihre Mails während der Dienstreise lesen und bearbeiten wolle. Da sie im Kundenservice für die Mitarbeiter/innen keine Notebooks einsetzen würden, sei dies allerdings so nicht möglich. Allerdings lasse sich ein Zugriff von einem anderen Notebook einrichten, dies habe er der Antragstellerin, wieder an Ihrem Arbeitsplatz, erklärt. Daraufhin habe die Antragstellerin dem 2. Antragsgegner persönlich den Zugang zu Ihren Mails eingerichtet. Sie habe diese dann auch teils während der Fahrt bzw. in den Hotellobbys und auch einmal vor einem Kundentermin am Nachmittag in seinem Hotelzimmer gemacht. Während dieser Zeit habe er inzwischen die Kataloge und Unterlagen für den bevorstehenden Termin vorbereitet. Sie hätten dann nach ca. 5 Minuten wieder das Zimmer verlassen, seien in die Hotellobby gegangen und zum Kunden gefahren. Ihre Mutter sei zu diesem Zeitpunkt nicht da gewesen. Allerdings habe die Antragstellerin in der Früh beim Frühstück im Hotelrestaurant gesagt, dass sie kurz weg müsse, da Ihre Mutter da sei, um Ihre Kleidung zu bügeln. Bei der Anreise nach …, Sonntagabend, habe sich die Antragstellerin noch ein Treffen mit einer Freundin für den selben Abend ausgemacht. Am Montag im Rahmen der Mittagspause habe die Antragstellerin ein bestimmtes Lokal aufsuchen wollen, da dort Freunde von ihr gewesen seien. Montagabend hätten sie dann eine Einladung eines Kunden zum Abendessen gehabt. Und Dienstagabend habe der 2. Antragsgegner die Antragstellerin zu Ihrer Mutter gefahren, bevor sie dann weiter nach … gefahren seien.
Die Behauptung, dass der 2. Antragsgegner von der Antragstellerin verlangt habe, jeden Abend mit ihm zu verbringen und sie keine Freunde treffen habe können, stimme nicht, genauso wie jene, dass der 2. Antragsgegner während der Autofahrten ihr Knie berührt hätte bzw. Kommentare wie „ich könnte ja die Zimmer vertauschen" gemacht habe. Da er regelmäßig unterwegs sei und tagsüber oft in Kundenmeetings sei, sei es für ihn normal, Emails und Aufgaben zu eventuell untypischen Arbeitszeiten zu erledigen. Daher komme es laufend vor, dass er auch Aufgaben und E-Mails zu Nachtstunden an Kollegen/innen verteile, genauso aber auch an Kunden/innen und Lieferanten/innen sende. Allerdings habe dieser nicht um Mitternacht den Kommentar betreffend das schöne Profilfoto gemacht, sondern nachmittags um 16.15 Uhr. Der Hintergrund hierzu sei, dass die Antragstellerin mit dem Profilfoto auf der Firmenhomepage unzufrieden gewesen sei und sie nochmals einige Fotos von ihr gemacht hätten, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden gewesen sei.
Was das von der Antragstellerin angesprochene Teilen eines Kuchen betrifft, habe dies ein Essen mit Kunden betroffen, wo es üblich sei, die Gäste immer auch alle Spezialiäten (Vor-, Haupt- und Nachspeisen) kosten zu lassen – hier habe er die Antragstellerin gefragt, nicht gedrängt, ob sie sich den Kuchen teilen könnten, da es sonst zuviel sei.
Zum Punkt der Kündigung, hier habe es bereits mehrmals Gespräche von C mit der Antragstellerin bzw. dann auch gemeinsam von C und ihm sowie mit der Antragstellerin gegeben, dass die Arbeitsleistung nicht ausreichend sei und verbessert werden müsse.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der 1. Antragsgegnerin sowie des 2. Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von D (als informierten Vertreter der 1. Antragsgegnerin) sowie dem 2. Antragsgegner vom 24. September 2019. Als weitere Auskunftspersonen wurden C und Betriebsrat F am 24. September 2019 sowie G und H am 22. Oktober 2019 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den Code of Conduct, Konvolut an Kunden/innenbeschwerden, WhatsApp-Kommunikation Antragstellerin-XY vom 21. und 22. März 2017, WhatsApp-Kommunikation Antragstellerin--Z vom 22. März 2017, WhatsApp Kommunikation 2. Antragsgegner-Antragstellerin vom Samstag, 1. April 2017, Instagram-Anfrage von 2. Antragsgegner an das Handy der Antragstellerin.
BEGRÜNDUNG2
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. “
§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person
1.vom/von der Arbeitgeber/in selbst sexuell belästigt wird,
2.durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,
3.durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder
4.durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 4) belästigt wird.
(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und
1.eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder
2.der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass gemäß § 12 Abs. 12 GlbG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der § 3 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.
Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei in ihrem Arbeitsverhältnis von ihrem Vorgesetzten (2. Antragsgegner) sexuell belästigt worden, die 1. Antragsgegnerin habe als Arbeitgeberin nicht ausreichende Abhilfemaßnahmen gesetzt und die Antragstellerin sei aufgrund des Geschlechtes bei der Kündigung diskriminiert worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Antragstellerin hat von November 2015 bis zu ihrer Kündigung am 3. August 2017, bei der sie sofort freigestellt wurde, bei der 1. Antragsgegnerin im Bereich Customer Service in der Exportabteilung gearbeitet. Aufgrund persönlicher Schwierigkeiten mit ihrer Arbeitskollegin, E, kam es zu mehreren Gesprächen mit dem Betriebsrat, F. Zu einem dieser Gespräche (am 28.07.2017) kam C, die Vorgesetzte der Antragstellerin, hinzu. In diesem Gespräch wurde vereinbart, dass E in ein anderes Büro wechseln sollte, um weitere Konflikte hintanzuhalten. Zu diesem Bürowechsel ist es zu einem späteren Zeitpunkt gekommen. In diesem Gespräch war weiters die mangelnde Arbeitsleistung der Antragstellerin (seitens C) und das Gehalt (seitens der Antragstellerin) Thema. Festgestellt werden konnte, dass es, beginnend mit November 2016, Aufforderungen seitens C an die Antragstellerin gab, dass diese sorgfältiger arbeiten solle. Im Juni 2017 wurde bezugnehmend auf die mangelnde Arbeitsleistung der Antragstellerin in einem Email (B an C) festgehalten, dass jemand Neuer gesucht werden sollte und die Arbeitsleitung der Antragstellerin noch bis Ende Juni beobachtet werden solle.
Am Tag der Kündigung hat die Antragstellerin gegenüber ihrem Kollegen H gemeint, dass sie ihre Arbeitsleistung ihrem Gehalt anpasse und „nur so viel arbeite, wie sie verdiene“, was dieser der Arbeitgeberin berichtet habe und was den Ausschlag zur Kündigung gegeben hat.
Der 2. Antragsgegner hat, nachdem die Antragstellerin ihm im Zuge der Dienstreise nach … ihre private Handynummer mitgeteilt hatte, das WhatsApp Profilfoto der Antragstellerin kommentiert („schönes Profilfoto“). Auf diesem Foto ist die Antragstellerin im Mexikourlaub beim Paragliding zu sehen, wobei sie einen Bikini anhatte.
In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG vor.
Die Antragstellerin brachte auch in der mündlichen Befragung vor, aufgrund der Beschwerde über die sexuelle Belästigung durch B gekündigt worden zu sein. Die 1. Antragsgegnerin machte als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die nachlassende Arbeitsleistung der Antragstellerin geltend.
Die Auskunftspersonen G und H bzw. der 2. Antragsgegner bestätigten die Angaben der Antragstellerin bzgl. ihrer Arbeitsleistung dahingehend, dass sie mit den Kunden/innen gut umgehen konnte. Auch C, ihre direkte Vorgesetzte, bestätigte die anfänglich gute Arbeitsleistung der Antragstellerin. Alle genannten Auskunftspersonen berichteten aber auch, dass die Arbeitsleistung im Laufe der Zeit nachgelassen hatte. Es kam zu Mängeln in der Arbeitsmoral bzw. in der technischen Abwicklung der Aufträge. Vorgelegt wurden Mails der Vorgesetzten an die Antragstellerin, aus denen hervorgeht, dass sie trotz mehrmaliger Aufforderungen ihrer Arbeit nicht rechtzeitig nachgekommen ist. Auch liegt dem Senat ein Mailverkehr zwischen B und C vor, in dem bezugnehmend auf die mangelnde Arbeitsleistung der Antragstellerin, besprochen wird, jemanden neuen für diese Stelle zu suchen.
Die Schilderungen der Auskunftspersonen waren überaus glaubwürdig und in sich schlüssig. Es ist davon auszugehen, dass die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vorhandene große Motivation nachgelassen hat und es zu einer mangelnden Arbeitsleistung gekommen ist.
Die gegenüber H getätigte Äußerung, die Antragstellerin „arbeite nur so viel, wie sie verdiene“, wurde von der 1. Antragsgegnerin glaubwürdig als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die sofortige Freistellung der Antragstellerin geschildert. Es ist der 1. Antragsgegnerin im Ergebnis gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu widerlegen und sachliche Motive für die Kündigung der Antragstellerin nachzuweisen.
Zum Vorwurf der sexuellen Belästigung durch den 2. Antragsgegner ist festzuhalten, dass eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG vorliegt.
Die Antragstellerin schilderte in ihrem Antrag und ihrer Befragung mehrere Überschreitungen der in einem Arbeitsverhältnis üblichen Grenzen und Verletzungen ihrer Intimsphäre. Sie schilderte das sexuell konnotierte Kommentieren ihres WhatsApp Profilfotos, das Auffordern, ihre Nachspeise gemeinsam von einem Teller zu essen, Berührungen im Auto während der Dienstreise durch …, diverse Annäherungsversuche bzw. die Äußerung, dass der 2. Antragsgegner im betrunkenen Zustand schon einmal „die Zimmer verwechseln könnte“.
Der 2. Antragsgegner bestritt die Vorwürfe, bis auf den Umstand, dass er beim Kommentieren des WhatsApp Profilfotos die zulässigen Grenzen der Intimsphäre der Antragstellerin verletzt habe. Das Teilen eines Kuchens im Zuge eines Essens bei Kunden erklärte er damit, dass er als Gast immer alle Spezialitäten angeboten bekommen würde und hier die Antragstellerin gefragt, nicht gedrängt, habe, ob sie sich diese Nachspeise teilen könnten.
Die Angaben der Antragstellerin waren für den Senat I der GBK glaubhaft und nachvollziehbar. Der 2. Antragsgegner gab selbst zu, dass er die Grenzen eines korrekten Verhältnisses zwischen einem Vorgesetzten und einer Mitarbeiterin hinsichtlich dem Whatsapp Profilfoto verletzt hat. Es ist für den Senat im Ergebnis schlüssig, dass der 2. Antragsgegner durch Annäherungsversuche gegenüber der Antragstellerin versucht hat auszuloten, ob sich zwischen den beiden mehr als Kollegialität entwickeln könnte, was von Seiten der Antragstellerin stets zurückgewiesen wurde. Selbst in ihrer Befragung zeigte sich die Antragstellerin selbst nach so lange Zeit immer noch erschüttert und verletzt. Dem gegenüber ist es dem 2. Antragsgegner nicht gelungen, den Senat I der GBK vom Gegenteil zu überzeugen.
Es liegt im Weiteren keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 GlBG vor.
Das Ermittlungsverfahren ergab, dass sich die Antragstellerin mehrfach über ihre Kollegin, E, beschwert hat. Es gab zwischen beiden persönliche Differenzen. Zu diesem Thema gab es einige Gespräche mit dem Betriebsratsvorsitzenden und der Vorgesetzten. Die Antragstellerin gab an, dass sie die Vorfälle, die sich seitens des 2. Antragsgegners ereignet hatten, gegenüber dem Betriebsrat erwähnte. Dieser bestritt das. Es wurde nach seiner Darstellung als ein Nebenthema bloß die angebliche Liebesbeziehung zwischen dem 2. Antragsgegner und E angesprochen. Auch der unmittelbaren Vorgesetzten, C, ist keine Beschwerde der Antragstellerin über den 2. Antragsgegner erinnerlich. Es wurde insbesondere das schlechte Verhältnis E besprochen. Probleme mit dem 2. Antragsgegner hinsichtlich sexueller Belästigung gegenüber Mitarbeiterinnen seien weder dem Betriebsrat noch dem Personalverantwortlichen der 1. Antragsgegnerin bekannt. Der Geschäftsführer verwies in seiner mündlichen Befragung neben dem Code of Conduct des Unternehmens auf einen Fall der sexuellen Belästigung im Unternehmen und erläuterte daran, wie die 1. Antragsgegnerin in solchen Vorfällen agiere. Der Senat I der GBK hält die Angaben der 1. Antragsgegnerin für glaubwürdig, dass diese auf Grund ihres amerikanischen Mutterkonzernes strengen Richtlinien bei einer sexuellen Belästigung unter Mitarbeiter/innen unterliege und diesen Verpflichtungen auch nachgekommen ist. Das ist auch an der Vorgehensweise in Bezug auf den Konflikt mit E erkennbar.
Die Behauptung der Antragstellerin, ihre Kündigung stehe in Zusammenhang mit der Meldung der sexuellen Belästigung durch den 2. Antragsgegner an den Betriebsrat, konnte durch die glaubhaften Aussagen des Betriebsrates und C zu dem Gespräch am 28.07.2017 widerlegt werden. Durch die Aussagen der Auskunftspersonen in Zusammenschau mit den im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Emailkorrespondenz zur Arbeitsleistung der Antragstellerin) ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus Sicht des Senates I der GBK sachlich nachvollziehbar und birgt keine diskriminatorischen Elemente. Auch die sofortige Freistellung der Antragstellerin wurde seitens der 1. Antragsgegnerin schlüssig und nachvollziehbar erklärt: demnach komme es bei der 1. Antragsgegnerin immer wieder vor, dass Mitarbeiter/innen gleich freigestellt würden – im Fall der Antragstellerin habe deren Verhalten, ihre Aussage „sie arbeite nur so viel, wie sie verdiene“, die sofortige Freistellung bedingt.
VORSCHLAG
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der 2. Antragsgegner, B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
Leistung eines angemessenen Schadenersatzes
Wien, 26. November 2019
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.
3 Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.
Zuletzt aktualisiert am
09.04.2020