TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/11 98/10/0036

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Veröffentlicht am 11.05.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §29 Abs1 idF 1984/502;
ApG 1907 §29 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des Dr. pharm. H in Klagenfurt-Viktring, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien IX, Nußdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 1. Dezember 1997, Zl. 262.366/7-VIII/A/4/97, betreffend Hausapothekenbewilligung (mitbeteiligte Partei: Dr. R in Reifnitz, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Rechtsanwalt in Wels, Maria-Theresia-Straße 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 2. Dezember 1996 wurde der mitbeteiligten Partei (mP) gemäß §§ 29 Abs. 1 und 53 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG) die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in R. erteilt. Der Einspruch des Beschwerdeführers als Inhaber und Konzessionär der Apotheke V. wurde gemäß §§ 29 Abs. 1, 53 und 48 Abs. 2 ApG abgewiesen.

In der Begründung heißt es, die mP habe am 2. Februar 1996 um Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in R. angesucht. Nach dem Vorbringen der mP liege der Schwerpunkt der Ordinationstätigkeit in R. Die Ordinationszeiten seien für R. mit Montag 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Donnerstag 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr und Freitag 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr, für K. mit Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr angegeben worden. Die Ärztekammer für Kärnten habe die Ordinationszeiten der mP für R. mit Montag, 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr und Freitag, 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr, für K. mit Dienstag, Mittwoch und Donnerstag,

7.30 Uhr bis 13.00 Uhr angegeben. Gegen den Antrag der mP habe der Beschwerdeführer Einspruch wegen mangelnden Bedarfes der Bevölkerung bzw. Fehlen der gesetzlich geforderten primären Voraussetzung des Vorliegens eines Ordinationssitzes erhoben. In der Kärntner Ärztezeitung (Standesmeldungen vom 1. März 1996) sei nachstehende Änderung der Ordinationszeiten der mP bekanntgegeben worden:

K.: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr; R.: Montag 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr,

Donnerstag 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Freitag 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Die mP habe angegeben, sie entfalte das Schwergewicht ihrer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit an ihrem Berufssitz in R. Weiteres Indiz dafür, daß die mP ihre Ordination in R. als primäre Ordinationsstätte betrachte, sei, daß sie in der gleichen Ortschaft auch ihren Wohnsitz habe und dort mit ihrer Familie lebe. Der Beschwerdeführer habe sich demgegenüber dahingehend geäußert, daß die mP die Ordinationszeiten in der Kärntner Ärztezeitung nur zum Schein bekanntgegeben habe, um eine überwiegende Anwesenheit am Sitz der Zweitordination in R. darzustellen. Die österreichische Apothekerkammer habe nach Erscheinen der Meldung über die Änderung der Ordinationszeiten der mP in deren Ordination angerufen, wobei ihr folgende Ordinationszeiten bekanntgegeben worden seien:

K.: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag 7.30 Uhr bis 13.00 Uhr.

R.: Montag 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Donnerstag 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Freitag 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Auf Grund der von der Ordinationshilfe der mP erteilten Auskunft ergebe sich eindeutig ein starker Überhang an Ordinationszeiten in K. Die Ordinationsgehilfin habe in ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 1996 ausgeführt, sie erinnere sich nicht daran, von der Apothekerkammer nach den Ordinationszeiten telefonisch um Auskunft gebeten worden zu sein. Die offiziellen Ordinationszeiten am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr seien ihr seit über einem Jahr bekannt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bildeten die verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten ein taugliches Indiz dafür, wo das Übergewicht der ärztlichen Tätigkeit entfaltet werde. Wie aus den Standesmeldungen vom 1. März 1996 in der Kärntner Ärztezeitung ersichtlich sei, seien die Ordinationszeiten in der Ordination in R. länger als in K. Das Schwergewicht der entfalteten Tätigkeit liege somit am Berufssitz in R. Den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach der österreichischen Ärztekammer auf telefonische Anfrage die Ordinationszeiten in K. mit "Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 7.30 Uhr bis 13.00 Uhr" bekanntgegeben worden seien, sei die schriftliche Stellungnahme der Ordinationsgehilfin entgegenzuhalten, daß sie sich an eine diesbezügliche telefonische Anfrage nicht erinnere.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 1. Dezember 1997 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer habe einen Observierungsbericht einer Detektei vorgelegt. Die österreichische Apothekerkammer habe in ihrer Stellungnahme bestätigt, daß auf Grund der divergierenden Auskünfte über die Ordinationszeiten in K. im Auftrag der Landesgeschäftsstelle Kärnten der österreichischen Apothekerkammer eine stichprobenweise Observierung in der Zeit vom 4. bis 6. Februar 1997 durchgeführt worden sei. Aus dem Beobachtungsbericht gehe hervor, daß die mP in diesem Zeitraum um etwa 7.30 Uhr die Ordination in Klagenfurt betreten und sie erst lange nach 13.00 Uhr jeweils wieder verlassen habe. Am 4. Februar 1997 sei die mP auch noch am Nachmittag für etwa drei Stunden in der Ordination anwesend gewesen. Es müsse daher an Hand der Patientenzahlen geprüft werden, wo sich das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeit befinde.

Die mP habe Zahlen über ihren Patientenstock vorgelegt. Die erste Zusammenstellung umfasse den Zeitraum Jänner bis März 1997, wobei im Hinblick auf die Ordinationszeiten in R. von Montag 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr, Donnerstag von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr und Freitag von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr insgesamt 227 Patienten angegeben seien. Dazu kämen pro Woche ca. 8, im Extremfall 15 Akutbehandlungen bzw. Hausbesuche außerhalb der Ordinationszeit. In K. sei in diesem Zeitraum am Dienstag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr, am Mittwoch von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr und am Donnerstag von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr ordiniert und insgesamt 224 Patienten medizinisch versorgt worden. Da für diesen Zeitraum nicht alle Tage erfaßt bzw. lückenlos dokumentiert worden seien, sei um Übermittlung einer vollständigen Liste bzw. entsprechende Ergänzung ersucht worden. Diesbezüglich sei von der mP bekanntgegeben worden, daß zu den oben angeführten Ordinationszeiten von Jänner bis März 1997 in R. insgesamt 448 Patienten und in K. insgesamt 468 Patienten behandelt worden seien. In beiden Praxen würden vor allem Beschwerden am Bewegungsapparat behandelt. In R. jedoch kämen zusätzlich typische hausärztliche Beschwerdebilder zur Behandlung. Dabei ergebe sich auch die Inanspruchnahme außerhalb der Ordinationszeit, während der Woche sowie an Wochenenden und Feiertagen. Bei der Akuttherapie kämen sowohl bei Behandlungen vor Ort als auch bei Visiten Akutmedikationen aus der Phytotherapie, Homöopathie oder orthomolekularen Medizin zur Anwendung.

In weiterer Folge sei der jeweilige Patientenstock zahlenmäßig jeweils auch für die Monate April und Mai 1997 aufgelistet worden. Für die Ordination in R. seien

328 Patienten (inklusive der Akutpatienten) zu verzeichnen gewesen, für K. 235 Patienten. Die mP habe noch festgestellt, daß sich vor allem auch auf Grund der Akutfälle doch ein deutlicher Schwerpunkt für R. zeige. Die Möglichkeit des beliebigen Zuganges zur Ordination sei nur in R., wo sich das Wohnhaus mit Praxismöglichkeiten befinde, gegeben, wohingegen die mP in K. an die Ordinationszeiten gebunden sei. Es sei auch immer wieder notwendig, Akutfälle für eine Nachbehandlung zu bestellen; diese Termine wären dann auch außerhalb der Ordinationszeiten zu koordinieren. Den Angaben der mP sei auch eine Reihe von Schreiben von Patienten beigelegt, die bestätigten, daß sie die mP auch öfters außerhalb der Ordinationszeiten konsultieren müßten und daß die mP den Patienten Tag und Nacht zur Verfügung stehe.

Im Beschwerdefall sei entscheidend, wo sich das Übergewicht der ärztlichen Tätigkeit der mP befinde. Ohne daß im Detail auf die unterschiedlichen Angaben bezüglich der Ordinationszeiten bzw. den in seiner Aussagekraft nicht unmittelbar sehr ergiebigen Observierungsbericht eingegangen werden müsse, ergebe sich im Beschwerdefall auf Grund der Aussagen der mP bzw. ihrer detaillierten Listen eindeutig, daß die offizielle Ordinationszeit für R. zwölfeinhalb Stunden und für K. dreizehneinhalb Stunden betrage. Gerade deshalb komme den Patientenzahlen besondere Bedeutung zu, zeige sich doch deutlich, daß trotz geringfügiger zeitlicher Mehrbelastung am Berufssitz in K. der Hauptteil der medizinisch betreuten Patienten der mP R. zuzuordnen sei. In der Aufstellung für die Monate Jänner bis März 1997 zeige sich trotz leichtem Überhang an Ordinationszeiten in K. dennoch ein Übergewicht an Patienten in R. Wenn nämlich zu den offiziellen Ordinationszeiten in R. 448 Patienten gegenüber 468 Patienten in K. behandelt worden seien, so erscheine es absolut schlüssig, daß auf Grund von Hausvisiten, Akutfällen etc., also die medizinische Betreuung von Patienten auch außerhalb der Ordinationszeiten, das Übergewicht der ärztlichen Tätigkeit insgesamt betrachtet doch in R. liege. Dieser Aspekt werde in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vernächlässigt. Die weiteren Ermittlungsergebnisse (Patientenauflistungen für den Zeitraum April und Mai 1997) berücksichtigten auch die Akutfälle und zeigten einen deutlichen Überhang der am Berufssitz in R. betreuten Patienten und bestätigten, daß das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeit in R. liege. Der Beschwerdeführer habe zu diesen Daten zwar zunächst keine weitere Stellungnahme abgegeben, jedoch mit Schreiben vom 5. November 1997 die Patientenlisten der mP mit der Begründung bezweifelt, daß K. generell mehr Einwohner aufweise als R. und damit das Einzugsgebiet für die mP aus K. nach der Lebenserfahrung höher sei. Der Beschwerdeführer habe in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Objektivierung der Patientenzählungen durch Vorlage von Honorarrechnungen und dgl. beantragt. Zu diesen Einwänden sei zunächst festzuhalten, daß sich aus dem Umstand, daß K. mehr Einwohner aufweise als R., nicht ableiten lasse, daß die mP alleine deswegen auch mehr Patienten in ihrer Ordination in K. betreue. Die "tägliche Lebenserfahrung" zeige eher im Gegenteil, daß ein am Berufssitz wohnender, für eine Ortschaft typischer "Hausarzt", der rund um die Uhr kontaktiert werden könne, wie auch diesbezügliche Schreiben von Patienten bestätigten, wohl an diesem Berufssitz das Schwergewicht seiner ärztlichen Tätigkeit entfalte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die mP habe im Zuge des Verwaltungsverfahrens versucht, die ursprünglich richtigen Angaben über die Ordinationszeiten so abzuändern, daß sie ein "passendes" Ausmaß erreichten. Diese Angaben der mP seien durch die von der Apothekerkammer telefonisch eingeholte Auskunft einer Ordinationsgehilfin und den Observierungsbericht einer Detektei in ihrer Glaubwürdigkeit erschüttert worden. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme zu den Angaben der mP über die Patientenzahlen darauf hingewiesen, daß auf Grund dieses Verhaltens der mP auch deren Patientenzahlenangaben für sich allein nicht geeignet seien, darauf exakte Sachverhaltsfeststellungen zu gründen. Der Beschwerdeführer habe auch darauf hingewiesen, daß die von der mP bekannt gegebenen Patientenzahlen wenig plausibel seien, weil sich aus den ersten Unterlagen noch ergeben habe, daß die Anzahl der in K. behandelten Patienten höher gewesen sei als in R, was auch mit der täglichen Lebenserfahrung übereinstimme, seien doch Einwohnerzahl und Einzugsgebiet der Ordination in K. wesentlich größer als in R.; später vorgelegte Unterlagen hingegen hätten ein konträres Bild ergeben, ohne daß die von der mP angegebenen Zahlen in irgendeiner Weise belegt worden seien. Der Beschwerdeführer habe daher ausdrücklich beantragt, die mP aufzufordern, die angegebenen Patientenzahlen durch geeignete Unterlagen in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu objektivieren. Dem sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Der angefochtene Bescheid sowie das ihm zugrundeliegende Ermittlungsverfahren litten daher an schwerwiegenden Mängeln, die eine umfassende und endgültige Beurteilung der für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltselemente nicht zuließen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 29 Abs. 1 ApG ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als 6 Straßenkilometer entfernt ist.

Die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke darf bei zwei Berufssitzen im Sinne des Ärztegesetzes nur für den Berufssitz erfolgen, an dem das Übergewicht ärztlicher Tätigkeit entfaltet wird. Die verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten können ein taugliches Indiz hiefür bilden, solange sich nicht sachverhaltsbezogen ergibt, daß die Ordinationszeiten willkürlich und nicht der Zahl der behandelten Patienten entsprechend gewählt worden sind. Auf die Patientenzahl kommt es letzten Endes jedoch an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Slg. N.F. 13.248/A; vom 26. Juni 1995, 91/10/0169, u.a.).

Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß die Ordinationszeit in K. mit dreizehneinhalb Stunden zwar eine Stunde länger sei als jene in R. mit zwölfeinhalb Stunden, daß aber die für die Frage des Übergewichtes der ärztlichen Tätigkeit letztlich entscheidende Zahl der behandelten Patienten in R. höher sei als in K. Sie stützt sich dabei auf Angaben der mP. Diese gab für den Zeitraum Jänner bis März 1997 für R. 448 und für K. 468 Patienten an. Ein Überwiegen der Anzahl der behandelten Patienten in R. in diesem Zeitraum nimmt die belangte Behörde auf Grund von Hausvisiten, Akutfällen, etc. an. Für die Monate April und Mai 1997 hat die mP für R. 328 Patienten (inklusive Akutpatienten), für K. 235 Patienten angegeben. Der Beschwerdeführer hat die Angaben der mP im Zuge des Verwaltungsverfahrens bezweifelt und deren Untermauerung durch Unterlagen verlangt.

Im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke standen sich der Beschwerdeführer und die mP mit diametral entgegengesetzten Interessen gegenüber. Bei dieser Sachlage durfte sich die belangte Behörde nicht darauf beschränken, ihren Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt ausschließlich nicht belegte und daher auch nicht überprüfbare Angaben eines der beiden Kontrahenten, nämlich der mP, die vom Beschwerdeführer bestritten wurden, zugrunde zu legen. Sie hätte vielmehr die mP auffordern müssen, ihre Angaben entsprechend zu belegen. Die Annahme der belangten Behörde, ein am Berufssitz wohnender, für eine Ortschaft typischer Hausarzt, der rund um die Uhr kontaktiert werden könne, werde wohl auch an diesem Berufssitz das Schwergewicht seiner ärztlichen Tätigkeiten entfalten, ist bezogen auf den Beschwerdefall eine Vermutung, die für sich allein nicht ausreicht, unzureichende Sachverhaltsermittlungen zu ersetzen.

Die mP wendet in der Gegenschrift ein, der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, zu welchen anderen Ergebnissen die belangte Behörde gekommen wäre, falls sie die von ihm verlangten Ermittlungen durchgeführt habe.

Entscheidend ist, ob die belangte Behörde bei Durchführung ausreichender Ermittlungen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Daß dies der Fall ist, ist offenkundig. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich bei der Vorlage von Unterlagen durch die mP herausgestellt hätte, daß der Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit tatsächlich nicht in R., sondern in K. liegt. In diesem Fall hätte der mP keine Hausapothekenbewilligung erteilt werden dürfen. Vom Beschwerdeführer kann auch nicht verlangt werden, daß er genau angibt, welches genaue Ergebnis die von ihm vermißten Ermittlungen gezeitigt hätten, kann er dies doch zum derzeitigen Zeitpunkt - solange diese Ermittlungen nicht durchgeführt sind - gar nicht wissen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 1 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100036.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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