TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/29 I411 2201854-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 2201854-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, alias XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge auch BF) stellte am 14.03.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: Da er seit 2007 als irakischer Soldat bei der Armee war, sei er bei einer Autobombe am linken Bein verletzt worden. Der BF habe die Behandlung seiner Verletzungen selber bezahlen müssen und habe er heute noch Narben und Schmerzen. Es sei nicht mehr sicher genug gewesen und habe der BF die Armee nicht so einfach verlassen können, da ein Ausstieg unmöglich sei. Daher beschloss der BF zu fliehen. Er habe Angst vor der Armee und um sein Leben.

2. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX, vom XXXX, wegen §§ 28a Abs 1 5. Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG sowie wegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, teils Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Als mildernd erachtete das Gericht bei der Strafzumessung das umfassende Geständnis sowie die Unbescholtenheit des BF, als erschwerend griff es jedoch das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen sowie die mehrfache Qualifikation des Verbrechens auf.

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 28.03.2018 gab der BF als Fluchtgrund an, dass er nicht auf Zivilisten habe schießen wollen, weshalb er für einen Monat in Militärhaft gekommen sei. Nach der Haft habe der BF wieder arbeiten dürfen, doch habe er in der Kaserne schlafen müssen; er habe auch seine Familie besuchen dürfen. Nach dem zweiten Tag seiner Freilassung sei der BF von der Kaserne nach Al-Mansour gegangen, dort habe er in einem Reisebüro ein Flugticket in die Türkei gebucht. Danach sei der BF zu seiner Familie nach Al-Hindiya gefahren, wo er die Nacht verbracht habe und sei er am nächsten Tag in die Türkei geflogen.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX, vom XXXX, rechtskräftig mit 24.04.2018, wurde der BF wegen § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs 1 3. Fall, Abs 2 Z 2 SMG, § 15 StGB gem. §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX zu XXXX zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

5. Mit Bescheid des BFA vom XXXX, XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde aberkannt (Spruchpunkt VI.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt VII.). Der BF hat sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 17.03.2017 verloren (Spruchpunkt VIII.). Außerdem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

6. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge auch BVwG, erkennendes Gericht) vom XXXX, XXXX, als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

7. Am 05.07.2019 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz, wobei er bei seiner Ersteinvernahme am 09.07.2019 angab, der Grund für seinen neuerlichen Asylantrag sei, dass er im Irak große Schwierigkeiten habe. Sieben Monate nach der Ankunft des BF in Österreich sei sein Bruder im November 2015 seinetwegen im Irak von den irakischen Milizen getötet worden. Der BF könne dies auch nachweisen, er habe Fotos und auch die Sterbeurkunde seines Bruders. Die Eltern des BF seien zuhause im Irak informiert worden, dass die irakische Miliz den BF suche.

8. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 16.07.2019 gab er, befragt zu den Gründen seiner neuerlichen Asylantragsstellung, an, die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren zu haben und dass seine neuen Angaben in Zusammenhang mit seinen Angaben im Erstverfahren stehen. Andere Fluchtgründe habe er nicht. Dass sein Bruder im Irak getötet worden sei, habe er sieben Monate nach seiner Ankunft in Österreich am 14.03.2015 erfahren. Vor vier Monaten habe ein anderer irakischer Häftling dem BF im Gefängnis erzählt, dass sein Bruder getötet worden sei.

9. Mit gegenständlich angefochtenen Bescheid vomXXXX, XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurück.

10. Gegen diesen Bescheid vom XXXX, XXXX, richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 29.07.2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am 31.07.2019); moniert wurde inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

11. Mit Schriftsatz vom 31.07.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.08.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger des Irak und bekennt sich zum islamischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 14.03.2015 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinem Vater, seiner Mutter, drei Brüdern und einer Schwester, leben im Irak. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte neun Jahre lang die Schule und arbeitete anschließend als Verkäufer für Autoteile bei seinem Vater sowie später im Textilladen seines Onkels. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung im Irak hat er eine Chance, auch hinkünftig am irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, XXXX, vom XXXX, wegen §§ 28a Abs 1

5. Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG sowie wegen §§ 27 Abs 1 Z 1 1. und 2. Fall, teils Abs 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Weiters wurde er mit Urteil des Landesgerichtes XXXX, vom XXXX, wegen § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs 1 3. Fall, Abs 2 Z 2 SMG, § 15 StGB gem. §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX zu

XXXX zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht auch keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung. Er befand sich bis zum 25.07.2019 in Haft. Eine aktuelle Wohnsitzmeldung liegt seither nicht auf.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der erste Asylantrag des Beschwerdeführers vom 14.03.2015 wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX, XXXX, abgewiesen; auch die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Beim gegenständlichen Folgeantrag vom 05.07.2019 hielt der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe aufrecht; weiters gab er an, dass er sieben Monate nach seiner Ankunft in Österreich erfahren habe, dass sein Bruder im Irak getötet worden sei. Dieser Folgeantrag wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX, wegen entschiedener Sache gem. § 68 AVG zurückgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des gegenständlichen Folgeantrages ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden und sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Irak nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit dem Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, zB den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der Stadt MOSUL, Hauptstadt der Provinz NINAWA, im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit den schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz ANBAR als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL-DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt MOSUL sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von MOSUL.

Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in BAGDAD und anderen Städten im Südirak und im Zentralirak seine - wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte - Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.

Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premierminister Haider AL-ABADI die Stadt MOSUL für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von MOSUL in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie einer Enklave südlich von KIRKUK, doch gab der Premierminister AL-ABADI im Dezember 2017 bekannt, dass der IS, auch in diesen Gebieten, besiegt sei. Seitdem befindet sich der IS in einem taktischen Wandel, indem er sich auf die ländlichen Regionen des Landes fokussiert und dort versucht die Kontrolle zurückzuerlangen. Zugleich verstärkt er seine Konfrontation mit Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden IS-Angriffe vermehrt in Bagdad statt, wobei eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben festzustellen ist (Joel Wing 6.10.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren irakische Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang, mit dem Ziel, eine Etablierung des IS zu verhindern und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Betreffend vormals von IS kontrollierte ländliche Gebiete, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu IS-Angriffen (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018) und zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. In vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen, als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung bezüglich der Frage der Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und seit 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen.

Die sicherheitsrelevante Situation im Großraum BAGDAD ist durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte zu richten um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.

Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten ebenso wenig, wie Hinweise auf eine Säuberung von durch ethnische oder religiöse Gruppierungen bewohnten Gebieten.

Beim Unabhängigkeitsreferendum bezüglich der Frage der Loslösung Irakisch Kurdistans (KRI) vom irakischen Staat stimmten am 25.09.2017 92,7 Prozent der Stimmberechtigten für einen eigenen Staat (Wahlbeteiligung: 72 Prozent) (ORF 27.9.2017). Irakische Regierungskräfte haben als Reaktion auf das Kurdenreferendum beinahe alle Gebiete eingenommen, die zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählen, einschließlich Kirkuk und die dort befindlichen Ölquellen. Die zentral-irakische Armee hat nunmehr die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).

Im Zentralirak stehen Städten und größere städtische Agglomerationen unter staatlicher Kontrolle, während in ländlichen Gebieten - obwohl nicht mehr unter Kontrolle des IS - mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Der Zentralirak ist nach wie vor ein Stützpunkt für den IS. In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018). Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018). Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Dennoch blieb die Sicherheitslage im November 2018 relativ stabil (Joel Wing 16.11.2018). Nach jüngsten Berichten nahm die Gewalt in der letzten Novemberwoche 2018 deutlich ab. Auch im Zentralirak nahm die Zahl der Vorfälle signifikant ab (Joel Wing 30.11.2018).

Quelle:

-

Joel Wing, 30.11.2018, Security In Iraq Nov 22-28, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/security-in-iraq-nov-22-28-2018.html

-

Joel Wing, 16.11.2018, Security In Iraq Nov 8-14, 2018, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/security-in-iraq-nov-8-14-2018.html

-

CIA Factbook, Iraq,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html Länderinformationsblatt für den Irak

Samarra ist die wichtigste Stadt innerhalb des Salah al-Din-Gouvernements, welches nördlich von Bagdad liegt. Dieses Gouvernement liegt im sog Sunniten-Dreieck, einer dicht bevölkerten Region nördlich von Bagdad, in welchem überwiegend Araber sunnitisch-muslimischen Glaubens leben. Die Stadt Samarra liegt innerhalb dieses Gebiets. Die Region war das Zentrum der Unterstützung des früheren irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein, welcher, wie zahlreiche politische und militärische Führer dieses Regimes aus dieser Gegend stammte. Nach 2003 wurde diese Gegend bekannt als Gebiet der bewaffneten sunnitischen Opposition gegen die internationale Koalition. Obwohl Samarra für seine schiitischen Heiligtümer bekannt ist - die Stadt beherbergt die Grabstätten einiger schiitischer Imame - wird die Stadt traditionell und auch heute noch von sunnitischen Arabern dominiert. Während des irakischen Krieges entstanden Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten. Am 22.02.2006 wurde die goldene Kuppel der al-Askari Moschee bombardiert, welche zu einer Periode der Repression und der Plünderungen führte, die mutmaßlich zu hunderten Todesopfern führte. Am 13.06.2007 wurde die Moschee erneut attackiert und die Minarette zerstört. Am 12.07.2007 wurde schließlich auch der Uhrturm dieser Moschee zerstört. Todesopfer wurden keine verzeichnet. Der schiitische Führer Muqtada al Sadr rief zu friedlichen Demonstrationen und zu einer dreitägigen Trauer auf. Er gab öffentlich seine Meinung bekannt, dass kein arabischer Sunnit hinter diesen Anschlägen stehe, obwohl Hinweise auf sunnitische Attentäter von Al-Quaida gemäß der New York Times bestanden. Seit diesen Anschlägen ist die Moschee geschlossen. In der Stadt wurde von der irakischen Polizei eine Ausgangssperre verhängt. Seit dem Ende des irakischen Bürgerkrieges im Jahr 2007, wuchs die schiitische Bevölkerung in der heiligen Stadt überproportional. Gewalttätigkeiten, mit Bombenattentaten in den Jahren 2011 und 2013, setzten sich fort. Im Juni 2014 wurde die Stadt vom Islamischen Staat des Iraks und der Levante (ISIL, später IS) als Teil seiner Nordirakoffensive angegriffen. Die ISIL Kräfte bemächtigten sich des Rathauses und der Universität, wurden aber später zurückgeschlagen. Es existieren keine Berichte, die eine Rückkehr des IS nach Samarra belegen würden. Staatliche Kräfte sind in Samarra fähig und willens Bürger vor Übergriffen zu schützen.

Quellen:

-

CIA Factbook Iraq, Karte,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html

-

Thomas E. Ricks (6 January 2010). The Gamble: General Petraeus and the American Military Adventure in Iraq. Penguin Publishing Group.

         p.       228. ISBN 978-1-101-19206-1

-

Radio Free Europe, Explosion Destroy Minarets At Iraqui Sh'ite Schrine, 13.06.2007, https://www.rferl.org/a/1077098.html

-

J. Burns, J. Elsen, Several Mosques Attacked, but Iraq Is Mostly Calm, Teh New York Times 14.06.2007.

https://www.nytimes.com/2007/06/14/world/middleeast/14cnd-iraq.html?pagewanted=all

-

BBC, 13.06.2007, Blast hits key Iraq Shia shrine, news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/6747419.stm

-

G. Hassan, Iraq dislodges insurgents from city of Samarra with airstrikes, Reuters, 05.06.2014, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraq-dislodges-insurgents-from-city-of-samarra-with-airstrikes-idUSKBN0EG1RG20140605

Die Verfassung des Iraks gewährt das Recht auf freie Meinungsäußerung, sofern die Äußerung nicht die öffentliche Ordnung oder die Moral verletzt, Unterstützung für die Baath-Partei ausdrückt oder das gewaltsame Verändern der Staatsgrenzen befürwortet. Der größte Teil der Einschränkungen dieses Rechts kommt durch Selbstzensur auf Grund von glaubhafter Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden zustande. Bestimmte Berufsgruppen sind im Irak einem hohen Risiko, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden, ausgesetzt. Zu diesen Berufsgruppen zählen Künstler, Schriftsteller, Musiker und Poeten. Der Beschwerdeführer übt keinen Beruf aus, der ihm einem Risiko aussetzen würde, Opfer konfessioneller oder extremistischer Gewalt zu werden.

Quelle: Länderinformationsblatt zu Irak

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren.

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort.

Quelle: Länderinformationsblatt Irak

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Irak.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll des Erstverfahrens vom 28.03.2018 sowie Protokoll des gegenständlichen Folgeverfahrens vom 09.07.2019). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF zwar angibt, eine Freundin in Österreich zu haben; da die Beziehung mit dieser jedoch erst begann, als der BF bereits in Haft war und er somit mit seiner Freundin bisher keine typische Lebensgemeinschaft führen konnte, ist von einem maßgeblichen Familienleben nicht auszugehen.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 29.08.2019.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 29.08.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Asylantrag im Zuge seiner Ersteinvernahme am 14.03.2015 mit politischen Problemen, nämlich mit Schwierigkeiten mit der irakischen Miliz. Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glauben zu schenken ist und keine asylrelevanten Fluchtgründe vorliegen; darüber hinaus befand die belangte Behörde die Schilderungen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig und das Vorbringen als nicht glaubhaft. Der Antrag wurde daher mit Bescheid vom XXXX, abgewiesen; auch die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge auch BVwG, erkennendes Gericht) vom XXXX, als unbegründet abgewiesen und erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Im Zuge des gegenständlichen Folgeantrages hielt der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe aufrecht. Er fügte jedoch im Rahmen der Erstbefragung am 09.07.2019 hinzu, dass sieben Monate nach seiner Einreise in Österreich sein Bruder seinetwegen von irakischen Milizen getötet worden sei (Protokoll vom 09.07.2019). Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde gab er außerdem an, die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren zu haben und dass seine neuen Angaben in Zusammenhang mit seinen Angaben im Erstverfahren stehen. Andere Fluchtgründe habe er nicht. Dass sein Bruder im Irak getötet worden sei, habe er sieben Monate nach seiner Ankunft in Österreich am 14.03.2015 erfahren (Protokoll vom 16.07.2019).

Hierzu ist festzuhalten, dass es sich dabei um kein neues Fluchtvorbringen handelt; so ist dem BF der Umstand, dass sein Bruder getötet wurde, bereits im Rahmen des ersten Asylverfahrens bekannt gewesen. Wenn der BF nämlich angibt, sieben Monate nach seiner Einreise in Österreich am 14.03.2015 vom Tod seines Bruders erfahren zu haben, hätte er dies bereits im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.03.2018 wissen müssen und angeben können.

Hingegen ist es für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als bereits rechtskräftig entschiedene Sache einstuft und davon ausgeht, dass es sich um ein gesteigertes Vorbringen handelt, dem es insgesamt an einem glaubhaften Kern fehlt. Die Beschwerde zeigt keinerlei Gründe auf, die für die Rechtswidrigkeit des Ermittlungsverfahrens oder für die Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde sprechen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

Zusammengefasst wird daher festgestellt, dass der Beschwerdeführer kein neues Fluchtvorbringen erstattete und es sich vielmehr um ein gesteigertes Vorbringen handelt, wenn er berichtet, dass sein Bruder seinetwegen im Irak getötet worden sei und er davon erst sieben Monate nach seiner Einreise nach Österreich erfahren habe. Überhaupt gestaltet sich die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers als äußerst detailarm und emotionslos, sodass das erkennende Gericht davon ausgeht, dass das Fluchtvorbringen vom Beschwerdeführer lediglich für die Asylerlangung konstruiert wurde und unglaubhaft ist.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine Änderung der Situation im Irak wurde in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe. Auch in Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers ist daher keine Änderung des Sachverhaltes erkenntlich, zumal das vorangegangene Asylverfahren vor kurzer Zeit beendet wurde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat im Irak ergeben sich zweifelsfrei aus den im Rahmen der Feststellungen zitierten Meldungen und Berichten sowie dem in der mündlichen Verhandlung erörterte Länderinformationsblatt für den Irak.

Auf Basis der vorzitierten, unbestrittenen Quellen und Berichten ergibt sich eine deutliche Entspannung der Sicherheitslage und der allgemeinen Lage im Irak. Es ist von einem Konsolidierungsprozess der Ordnung im Irak nach Ausschaltung des IS und Etablierung erster Schritte einer politisch wie ethnisch ausgewogeneren Regierung im Irak auszugehen, sodass die allgemeine Lage, die Sicherheitslage, aber auch die humanitäre und wirtschaftliche Lage im Irak nicht mehr mit der Situation zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vergleichbar ist. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass der IS im dünn besiedelten, ländlichen Raum operiert, wo keine oder wenige staatliche Kräfte bestehen. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus aber für städtische Regionen, dass die vom IS ausgehende Gefahr für die Beeinträchtigung der Sicherheit nicht erheblich ist. Insgesamt ergibt sich daher aus einer Zusammenschau der Quellen eine Sicherheitslage, die es auch im Zentralirak Personen erlaubt, relativ unbehelligt in den dortigen Städten zu leben, ohne damit zwingend rechnen zu müssen, Opfer von Verfolgung, Willkür oder kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden. Daher ist daher davon auszugehen, dass eine in den Irak zurückkehrende Person nicht aufgrund der Lage im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, der Todesstrafe oder einem bewaffneten innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt ausgesetzt ist. Es war daher die diesbezügliche Feststellung zu treffen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Die Behörde hat sich bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.8.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.2.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie bereits oben näher ausgeführt, fehlt es dem Vorbringen des Beschwerdeführers einerseits an einem glaubhaften Kern und andererseits an einem neuen Fluchtgrund, da er seine Fluchtgründe bei der Folgeantragsstellung aufrechterhielt.

Da der Beschwerdeführer somit keinen neuen Sachverhalt darzustellen vermochte, liegt entschiedene Sache vor. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 AVG im Hinblick auf Spruchpunkt I. und II. des bekämpften Bescheides abzuweisen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf, vielmehr ist der Sachverhalt aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylverfahren, entschiedene Sache, Folgeantrag, Identität der Sache,
Rechtskraftwirkung, res iudicata, subsidiärer Schutz, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I411.2201854.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten