Entscheidungsdatum
19.09.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I415 2167086-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. SUDAN, vertreten durch: Migrantinnenverein St. Marx gegen den Bescheid des BFA RD Salzburg Außenstelle Salzburg vom 12.07.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2019, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und Altyeb Hasssan Suliman IBRAHIM gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 19.09.2020 erteilt.
IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 19.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag damit begründete, dass dort Krieg herrsche und er keine Zukunft für sich gesehen habe. Die Befragung des Beschwerdeführers wurde in Englisch geführt.
Am 21.10.2016 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde, bei der es um seinen Flüchtlingsausweis aus dem Tschad ging. Auf die Frage warum sein Nachname dort nicht angegeben sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass man im Tschad nur drei Namen angebe. Er sei 1976 in XXXX, Darfur geboren, und sei Muslim. Angaben zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit machte er keine. Seine Eltern seien nach wie vor in XXXX. 2002 sei er in den Tschad gegangen und habe dort vielleicht sieben Jahre gelebt. 2015 sei er ausgereist. Auf den Vorhalt, dass das 13 Jahre seien, antwortete der Beschwerdeführer, dass er von 2002 bis 2008 außerhalb des Flüchtlingslagers im Tschad gewesen sei. Von 2008 bis 2013 sei er im Flüchtlingslager gewesen. Auf die Frage von wann bis wann er im Flüchtlingslager gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer von 2002 bis 2008. Eine genaue Adresse könne er weder im Tschad noch im Sudan nennen, denn in Afrika würde es so etwas nicht geben. Die Einvernahme wurde abgebrochen um die Einvernahme zu einem späteren Termin in seiner Muttersprache Arabisch durchzuführen.
Am 02.12.2016 fand abermals eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Diesmal in seiner Muttersprache Arabisch. Befragt, warum er einen Asylantrag stelle, gab der Beschwerdeführer an, wegen des Krieges in seinem Land. Er sei von der Universität entlassen worden, aufgrund der Aktivität seines Cousins. Dieser habe einen internationalen Preis bekommen. Die internationalen Behörden hätten ihn legal nach Norwegen gebracht. Auf die Frage, ob es im Zuge der Entlassung von der Universität zu Übergriffen gegen seine Person gekommen sei, antwortete der Beschwerdeführer lediglich, dass es eine schlimme Lage sei im Sudan, die sich niemand vorstellen könne. Nur internationale Kräfte würden bestimmte Leute aussuchen, denen sie dann helfen. Auf die Frage warum er den Tschad nach 13 Jahren verlassen habe um in Österreich um Asyl anzusuchen, gab der Beschwerdeführer an, dass er dort schlecht gelebt hätte. Die internationale Gesellschaft sei ein Betrüger. Sie hätten nichts zu essen gehabt. Auf die Frage nach seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Angst habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.07.2017, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sudan (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Sudan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ein möglicherweise bestandenes Bedrohungs- und Verfolgungsszenario hinsichtlich des "Darfur-Konflikts" 2002 nicht mehr bestehe, da sich die Situation seither geändert habe und nicht mehr von einem asylrechtlich relevanten Bedrohungs- und Verfolgungsszenario die Person des Beschwerdeführers betreffend ausgegangen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 31.07.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag), welche im Wesentlichen mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet wurde.
Mit Schriftsatz vom 03.08.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 09.08.2017, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
Am 23.04.2019 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Der Verhandlung wurde ein Dolmetscher für die arabische Sprache beigezogen. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers sowie die belangte Behörde erschienen nicht zur Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Sudan und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht arabisch.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 19.06.2015 in Österreich auf.
Vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat lebte der Beschwerdeführer seit 2002 aufgrund des Krieges im Tschad in einem Flüchtlingslager. Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus Eltern und drei Schwestern, leben in einem Flüchtlingslager im Sudan. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt mit seiner Familie. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen familiären oder privaten Beziehungen. Er arbeitet als Zeitungsausträger und bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer besuchte von 1984 bis 2000 die Schule, über eine Berufsausbildung verfügt er nicht. Jedoch besteht kein Hindernis für den Beschwerdeführer, einfache Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten durchzuführen, weshalb er eine Chance hat, am sudanesischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.
Der Beschwerdeführer hat die Deutsch Prüfungen A1 und A2 Teil 1 bestanden. Er ist kein Mitglied von Vereinen und pflegt auch sonst keine sozialen Kontakte. Es können daher keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht festgestellt werden.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat von der Regierung und den Milizen verfolgt worden ist.
Es ist dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung glaubhaft zu machen.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Sudan:
Allgemeines
Der Sudan ist seit Loslösung des Südens im Juli 2011 und dem Verlust eines Großteils seines Öleinkommens in einer schwierigen Situation, die wiederum zu inzwischen chronischen Phasen sozialer Unruhe führt. Aufgrund der Sparpläne der Regierung kam zur Jahresmitte 2012 und im September/Oktober 2013 zu großen Protestwellen mit vielen toten Demonstranten. Weitere Sparmaßnahmen sollen folgen. Obwohl die Sudan Armed Forces (SAF) noch fast ein Viertel des Budgets in Anspruch nehmen, erscheinen sie nicht in der Lage, der bewaffneten Rebellengruppen Herr zu werden. Gleichzeitig kommt es vor allem in Darfur immer wieder zu wirtschaftlich und sozial bedingten Auseinandersetzungen zwischen Stammesmilizen. Die Rebellenbewegungen sind ihrerseits aufgrund des Verlusts ihrer ausländischen Unterstützung (Libyen, Tschad und nun zum Teil auch Südsudan) geschwächt, was sie bisher allerdings nicht daran gehindert hat, den Krieg mit Intensität fortzuführen und den Druck auf Khartum aufrecht zu erhalten. Nach Rebellen-Angriffen in Nord-Kurdufan erhöhte die SAF den militärischen Druck. Im politischen Zentrum des Landes hat die Staatspartei National Congress Party (NCP) die Geheimdienste und die Sicherheitskräfte weiterhin fest im Griff. Anzeichen für einen Umsturz bot die 8. Generalkonferenz des "Islamic Movement" (der politischen Basis der NCP) am 16.-17. November 2012, bei der offene Kritik am herrschenden Zentralismus, der weitreichenden Korruption und dem andauernden Bürgerkrieg geäußert wurde. Anfang Dezember 2012 wurden unter dem Vorwand eines angeblichen Putschversuchs der ehemalige Leiter des politischen Geheimdienstes "National Intelligence and Security Services" (NISS), Salah Gosh, und weitere Verdächtige festgenommen. Gosh wurde 2013 jedoch wieder freigelassen. Im November 2013 kam es unter dem Eindruck der Unruhen zur Abspaltung einer Gruppe von parteiinternen Reformisten unter der Führung des ehemaligen Präsidentenberaters Ghazi Salah Eddin, die die Bildung einer neuen Partei anstreben.
Im Jahr 2012 hatte der Sudan sieben ausländische Hilfsorganisationen aus dem ärmlichen Osten des Landes ausgewiesen, drei Jahre zuvor war bereits 13 in Darfur tätigen Organisationen die Arbeit verboten worden, nachdem der Internationale Gerichtshof (ICC) in Den Haag einen Haftbefehl gegen den Präsidenten Omar Al-Baschir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen hatte.
Die Verfassung und Gesetze garantieren Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Regierung schränkt diese Rechte in der Umsetzung ein. In Darfur beeinträchtigen Regierung und Rebellen die Bewegungsfreiheit von UN, humanitären Organisationen und Staatsbürgern. Während sich Staatsbürger außerhalb der Konfliktgebiete generell frei bewegen können, benötigen Ausländer eine Erlaubnis für Reisen außerhalb Khartums, welche oft schwierig zu bekommen ist. Die Infrastruktur im Sudan ist in vielerlei Hinsicht unzureichend. Versorgungsmängel sind weit verbreitet. Aufgrund der Nachwirkungen des Bürgerkriegs in Südsudan, der Stammeskonflikte und der nach wie vor angespannten Situation in manchen Teilen der südlichen und östlichen Grenzen sowie insbesondere aufgrund des Darfur-Konflikts ist eine Durchquerung des Landes weder in Nord-Süd- noch in Ost-West-Richtung gefahrlos möglich.
Im Sudan herrscht ein humanitärer Notstand.
In Sudan benötigen nach Schätzung der Vereinten Nationen im Jahr 2014 mit 6,1 Mio. etwa 40 % mehr Menschen Hilfe als im Vorjahr. Von den für Sudan dieses Jahr benötigten Hilfszahlungen in Höhe von 995 Mio. USD seien bisher erst 3 % eingegangen.
Allein in Darfur hätten nach Angaben der UN im Jahr 2013 so viele Menschen ihr Zuhause verloren wie in keinem anderen Jahr seit 2004. In den ersten Monaten des Jahres 2014 seien mehr als 200.000 Flüchtlinge hinzugekommen. UN-Vertreterin ausgewiesen Die sudanesische Regierung wies die Vertreterin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) aus. Nach Angaben eines Sprechers des Außenministeriums habe sie Gesetze nicht befolgt und sich in die inneren Angelegenheiten eingemischt.
Quellen:
Auswärtiges Amt, Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise, 16.01.2015, http://www.
auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/Sudan Sicherheit_node.html
[Zugriff 16.01.2015]; Österreichische Botschaft, Asylbericht Sudan, 12.2013, http://www.ecoi.net/
file_upload/1729_1390485117_suda-oeb-bericht-2013-12.pdf [Zugriff 14.02.2014]; Bundes-amt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_1384527785_suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 18.02.2014]; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, 20.09.2013,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch /2000/702450/683266/683355/1094994/1094995/1095013/13446325/16196686/16832226/DeutschlandBundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_30.09.2013_%28deutsch%29.pdf?nodeid=16832329&vernum=-2; USDOS: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sudan, http://www.state.gov /documents/organization/220376.pdf [Zugriff 16.01.2015];) vgl. International Crisis Group, Im Sudan hängen alle Konflikte zusammen, 07.03.2014, http://www.crisisgroup.org /en/regions/africa/horn-of-africa/sudan/op-eds/arbour-tubiana-im-sudan-hangen-alle-konflikte-zusammen.aspx [Zugriff 16.01.2015].
Politische Lage
Sudan ist offiziell eine föderale Präsidialrepublik (17 Teilstaaten). De-facto wird das Land durch die zentralistisch und islamistisch ausgerichtete NCP unter der Führung Präsident Omar Al Baschir regiert. Die auf der CPA basierende "Regierung der Nationalen Einheit" unter Beteiligung des Sudan People¿s Liberation Movement (SPLM) wurde mit der Unabhängigkeit Südsudans aufgelöst. Die letzten Wahlen erfolgten im April 2010.
Für den 2. April 2015 hat die Nationale Wahlkommission eine Wahl im Sudan angekündigt, welche seit der Machtübernahme von Omar Al Baschir erst die zweite Wahl im Sudan wäre. Gewählt werden sollen sowohl ein neuer Staatspräsident als auch Abgeordnete für das Nationalparlament und die Versammlung der Bundesstaaten.
Kandidaten könnten die ehemaligen Vizepräsidenten Nafie und Taha sein, welche bei der Regierungsumbildung vom 08.12.2013 ihre Ämter verloren haben. Möglich ist außerdem, dass Al Baschir selbst antritt, um eine drohende Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof zu verhindern.
Die auf der CPA beruhende Übergangsverfassung von 2005 soll durch eine neue Verfassung ersetzt werden.
Die legislative Gewalt liegt beim Nationalrat (wurde 2011 aufgrund der Abtrennung des Südens von 450 auf 354 Sitze reduziert) und einem Oberhaus, dem Föderationsrat (50 Sitze). Regierungsparteien sind die NCP (mit 317 Abgeordneten) und die Democratic Unionist Party (Mohamed Osman Al Mirghani, 4 Abgeordnete).
Der Oberste Gerichtshof ist oberste richterliche Instanz. Seine Mitglieder werden vom Präsidenten ernannt und entscheiden nach dem Mehrheitsprinzip. Urteile des OGH können nur dann aufgehoben werden, wenn der Präsident des OGH einen Widerspruch zur Sharia feststellt und dies durch einen Ausschuss von 5 OGH-Richtern bestätigt wird.
Laut Übergangsverfassung von 2005 gelten für den Sudan die Sharia und der "Volkswille" als Rechtsquellen. In vielen Teilen Sudans ist außerhalb der städtischen Zentren der Zugang zum staatlichen Rechtssystem sehr eingeschränkt. Es fehlt an Polizei, Richtern sowie an materiellen Ressourcen für Sicherheitsbehörden und Justiz. Es herrscht weitgehende Straflosigkeit und Korruption. Neben der staatlichen Rechtsordnung existieren vor allem außerhalb der städtischen Zentren lokale Gewohnheitsrechte. Die einzige bedeutende politische Opposition war bis 2011 die südsudanesische People¿s Liberation Movement (SPLM) mit 99 Abgeordneten. Die im Norden verbliebene SPLM-North (Malik Agar) mit 8 Abgeordneten (die größte Oppositionspartei) wurde im September 2011 verboten. Nach Sezession des Südens verbleiben in der Opposition: Popular Congress Party (PCP; Vorsitzender: Hassan Al-Turabi; 4 Abgeordnete), Umma-Partei (UP; Sadiq al- Mahdi; 1), Umma Federal Party (UFP; 3), Umma Reform and Development Party (URDP; 2), DUP-Original (DUPO; 1); Umma National Party (UNP; 1), Umma Collective Leadership Party (UCLP; 1), Moslembruderschaft (1), Unabhängige (3).
Viele enge Verwandte der jeweiligen Parteiführer arbeiten für das Regime, weshalb überall enge Verflechtungen bestehen. Trotzdem kommt es immer wieder zur Verhaftung von Vertretern der legalen politischen Parteien. Aktive Oppositionspolitik betreibt die im Parlament nicht vertretene und damit marginale Kommunistische Partei (SCP). Seit 2010 bilden PCP, Umma-Partei und Kommunistische Partei neben weiteren 16 Parteien eine Koalition, die National Consensus Forces (NCF).
Im Rahmen der NCF verpflichteten sich diese Parteien am 04. Juli 2012 zum Sturz des Regimes mit friedlichen Mitteln.
Am 11. November 2013 kündigte die NCF eine Koordination mit den bewaffneten Oppositionsbewegungen an. Die Ankündigung baut auf der, allerdings innerhalb der Opposition umstrittenen, "New Dawn Charter" vom 05. Jänner 2013 auf, in der Teile der Opposition und "Sudanese Revolutionary Front" (SRF) ein gemeinsames Reformprogramm vorstellten. Bruchlinien innerhalb der NCF (u.a. mit der Umma-Partei Al-Mahdis) könnten allerdings zu einem Auseinanderbrechen der Koalition führen.
Im Rahmen der Zivilgesellschaft kam der von Studenten 2009 gegründeten Oppositions-bewegung GIRIFNA eine wichtige Rolle zu. Die Bewegung ist durch die Verfolgung stark dezimiert und zersplittert. Insbesondere vor dem Hintergrund der Studenten-Unruhen Anfang 2012 kam es zu Festnahmen und Misshandlungen ihrer Aktivisten. Einem Teil der Gründergeneration gelang die Flucht ins Ausland.
Im August 2011 kam es zu einer losen Vereinbarung zwischen Rebellen, die gegen das Regime kämpfen: SPLM-N in Südkurdufan, Sudan Liberation Movement (SLM-Minni Menawi) und SLM-AW (Abdelwahid Nur), beide in Darfur.
Im November 2011 schloss sich, nach Beilegung eines Streits zur Rolle des Islam in einer Post-NCP-Regierung, die ebenfalls hauptsächlich in Darfur operierende Justice and Equality Movement (JEM) der SRF (Vorsitzender: Malik Agar) an.
Auch ostsudanesische Gruppierungen wie der Beja-Kongress und die United People¿s Front for Liberation and Justice (UPFLJ) schlossen sich inzwischen an.
Am 27.09.2012 unterzeichneten die Regierungen vom Sudan und Südsudan das "Vier-Freiheiten-Abkommen", welches den Bürgern des Sudan und des Südsudan garantiert, in beiden Staaten wohnen zu dürfen, Eigentum zu erwerben und wirtschaftliche Aktivitäten zu starten.
Nach Presseberichten verhaftete der Geheimdienst NISS (National Intelligence and Security Service) mehrere Mitunterzeichner eines am 03.12.2014 in Addis Abeba beschlossenen politischen Kommuniqués. Es soll sich um den Führer der NCF (National Consensus Forces, ein Zusammenschluss von Oppositionsparteien), den Vorsitzenden der Sudanese Civil Society Initiative sowie einen hochrangigen Angehörigen der SPLM-N (Sudan People's Liberation Movement-North, der in Sudan aktive Ableger der südsudanesischen SPLM) handeln. Der Präsident der Menschenrechtsorganisation SHRM (Sudan Human Rights Monitor) soll eben-falls verhaftet worden sein. (National Umma Party). Das Papier ist die Fortschreibung der sogenannten Pariser Erklärung vom August 2014. Die Opposition fordert u.a. ein Ende der inneren Auseinandersetzungen, eine demokratische Transformation des derzeitigen Einparteiensystems und eine Wiederherstellung der bürgerlichen Freiheiten.
Zu den Unterzeichnern des Kommuniqués gehören auch Minni Minawi, Vizepräsident der SRF (Sudan Revolutionary Front, Zusammenschluss der drei Rebellengruppen aus dem Darfur JEM, SLA/MM, SLA/AW mit der in den Grenzgebieten zum Südsudan kämpfenden SPLA/N) und Sadiq el-Mahdi, der Führer der NUP.
Quellen:
Amnesty International, 19.10.2014, Wahlen im Sudan, http://amnesty-sudan.de/amnesty-wordpress/wahlen-2015/ [Zugriff 15.01.2015]; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, 08.12.2014, http://www.ecoi.net/file_upload/ 4232_1418114028_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-08-12-2014-deutsch.pdf [Zugriff 15.01.2015]; Österreichische Botschaft, Asylbericht Sudan, 12.2013, http://www.ecoi.net/file upload/1729_1390485117_suda-oeb-bericht-2013-12.pdf [Zugriff 18.02.2014]; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, 14.04.2014, Sudan,
https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/ 2000/702450/683266 /683355/1094994/1094995/1095013/13446325/16998462/17166611/Deutschland___Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_14.04.2014_%28deutsch%29.pdf?nodeid=17167816&vernum=-2 , [Zugriff 16.01.2015].
Sicherheitslage
Wegen Preissteigerungen kam es in verschieden Städten (zB: Khartum, Omdruman) zu gewaltsamen Demonstrationen und wenngleich sich die Lage wieder beruhigt hat, so ist mit neuerlichem Aufkeimen der Demonstrationen zu rechen. Von Reisen in die Regionen Südkurdufan (inklusive Abyei), Darfur und Blauer Nil wird wegen umfangreicher militärischer Kampfhandlungen sowie wegen des teilweise vorherrschenden Bandenwesens und der Gefahr einer Entführung abgeraten. Ebenso sollte von Reisen in die Grenzgebiete zu Ägypten, Libyen und Tschad abgesehen werden. Die von Konflikten betroffenen Bundesstaaten Südkurdufan, Blue Nile sowie die fünf Bundesstaaten der Region Darfur befinden sich im Ausnahmezustand. Im August 2011 kam es zu einer ersten losen Vereinbarung zwischen diversen Rebellengruppen, die gegen den Sudan kämpfen: SPLM-N (Sudan People's Liberation Movement - North; Südkurdufan), SLA (Minni Menawi; SLM-MM) und SLA (Abdelwahid Nur; SLM-AW) beide Darfur. Im November 2011 schloss sich die JEM (Darfur) dieser losen Allianz an (Name der Allianz: Sudanese Revolutionary Front, SRF).
Die regionalen Entwicklungen stellen sich im Dezember 2013 wie folgt dar:
Ostsudan: Der Region kommt aufgrund des Hafens, der wichtigsten Öl-Pipeline des Sudan und der Goldminen strategische Bedeutung zu. Am 14. Oktober 2006 unterzeichneten die Regierung und die "Eastern Front" (Zusammenschluss des "Beja Congress" und der "Free Lions", die die Völker der Beja und Rashaida vertreten) unter Vermittlung Eritreas das "Eastern-Sudan-Peace-Agreement" (ESPA / Asmara-Verträge). Wegen der schleppenden Umsetzung haben sich Teile der früheren "Eastern Front" seit 2011 SRF angeschlossen. Im Juli 2013 wurde die Reintegration früherer Kämpfer ins Zivilleben abgeschlossen. Die durch die ESPA vorgesehene Versöhnungskonferenz hat aber nicht stattgefunden und nur 12 % des Entwicklungsfonds für Ostsudan (von insgesamt 600 Mio. USD) wurden implementiert. Die International Crisis Group warnte daher im November 2013 vor einem neuerlichen Aufflackern des Konflikts.
Der Ostsudan weist, wie die Region Dafür - die höchste Flüchtlingskonzentration im Sudan auf. Die Dürrekatastrophe am Horn von Afrika führte ab Jahresbeginn 2011 zu vermehrten Flüchtlingsströmen von Äthiopien in den Ostsudan. 2011 wurde von UNHCR die Zahl der Binnenflüchtlinge auf 180.000, die der Flüchtlinge auf 80.000 geschätzt.
Südkurdufan/ Blue Nile: Die Konsultationen in Blue Nile begannen Anfang 2011, wurden aber aufgrund des aufflammenden Konflikts nicht fortgesetzt. Offen ist weiterhin, welche Bindungswirkung die Ergebnisse der Konsultationen haben würden. Anfang September 2011 setzte Präsident Al Bashir den gewählten SPLM-Gouverneur Malik Agar von Blue Nile ab und erklärte das Kriegsrecht. Die Gouverneurs-Wahlen in Südkurdufan wurden Anfang Mai 2011 nachgeholt und endeten mit einem knappen Sieg des NCP-Kandidaten, Ahmed Haroun (wegen Verbrechen in Darfur vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagt), der allerdings vom Gegenkandidaten (SPLM-Nord) nicht anerkannt wird. Haroun suspendierte die auch für Südkurdufan vorgesehenen Konsultationen. Anfang Juni 2011 kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den SAF (Sudanese Armed Forces) und der SPLM-Nord.
Am 09. April 2012 nahmen reguläre Streitkräfte des Südsudan mit Unterstützung von Rebellenverbänden Heglig, eines der größten Ölfelder Sudans, ein. Im Zuge der nachfolgenden Gespräche kam es zum allmählichen Abbau der Spannungen mit dem Südsudan und zur Wiederaufnahme der Öllieferungen. Erfolge der in Südkurdufan teils gemeinsam operierenden SPLM-N und JEM (u.a. ein Angriff auf Um Ruwaba in Nordkurdufan am 27. April 2013) führten zu heftiger Kritik an der Performance des Verteidigungsministers.
Laut den UNHCR-Zahlen vom 2013 ist die Flüchtlingskrise in Südkurdufan und Blue Nile dramatisch: 200.000 Personen sind in den Süden geflohen, 275.000 wurden aus Regierungs-, 420.000 aus Rebellengebieten (intern) vertrieben. Die humanitäre Situation wird durch die Weigerung der SPLM-N verschärft, Hilfsgüter (z.B. Polio-Impfungen der WHO) aus dem Sudan zuzulassen.
Abyei: Das Gebiet mit administrativem Sonderstatus ist zwischen Sudan und dem Süden umstritten. Gemäß dem "Comprehensive Peace Agreement" (CPA - Abyei-Protokoll) wird das Gebiet sowohl Südkurdufan als auch Nord-Bahr Al-Ghazal zugerechnet und festgelegt, dass die Einwohner in einem Referendum über den Status des Teilstaates entscheiden sollen. Die Einwohner gelten bis auf Weiteres als Doppelstaatsbürger. Ab März 2008 gab es bewaffnete Auseinandersetzungen in Abyei zwischen SPLM-nahen Dinka Ngok und dem Stamm der Misseriya, die sich Mitte Mai 2008 zu den schwersten Kämpfen seit Abschluss des Comprehensive Peace Agreement (CPA) ausweiteten (mindestens 50.000 Vertriebene; schwerste Zerstörungen der Provinzhauptstadt Abyei). Am 8. Juni 08 unterzeichneten NCP und SPLM eine Übergangslösung für Abyei (inkl. Erstellung einer "Road Map"; gemeinsame Übergangsverwaltung: Leiter nominiert von SPLM; Stv. nominiert von NCP). Der durch das Abkommen vorbereitete Haager Schiedsspruch von 2009, der vorab von NCP und SPLM als bindend anerkannt wurde, legte die Grenzen von Abyei endgültig fest. Ende Mai 2011 kam es nach direkten Kampfhandlungen zwischen der SAF und der SPLM zur Besetzung des Nordens durch Sudan. Über Vermittlung der AU und nach Unterzeichnung der "Temporary Arrangements for the Administration and Security of the Abyei Area" (Interimsabkommen) am 20.06.2011, wurde am 27.06.2011 vom VN-SR eine VN-Friedensmission, "UN Interim Security Force for Abyei" (UNISFA; VN-SR-Res. 1990/2011), bestehend aus meist äthiopischen Truppen, für zunächst 6 Monate eingerichtet (zuletzt verlängert am 25.11.2013 bis 31.05.2014). Am 08. September 11 erfolgte die Einigung zwischen Juba und Khartum, ihre Truppen aus Abyei abzuziehen. Die Frage der Teilnahmeberechtigung am Abyei-Statusreferendum erschwert sich durch den nomadisierenden Charakter des Misseriya-Stammes. Teilweise setzt sich nun die Ansicht durch, dass eine Verhandlungslösung einem Referendum vorzuziehen ist. Das zuletzt für Oktober 2013 vorgesehene Referendum wurde verschoben. Die Dinka-Ngok führten ein einseitiges Referendum mit einem Ergebnis von fast 100 % für eine Vereinigung mit dem Süden durch, das vom Sudan nicht anerkannt wird (die Misseriya befinden sich zu diesem Zeitpunkt mit ihren Herden in Südsudan).Die Situation in Abyei bleibt 2013 sehr gespannt. Insbesondere trugen das einseitige Referendum, der weiterhin hohe Bewaffnungsgrad der Bevölkerung und die Tötung des Dinka- Führers Kuol Deng Kuol am 04. Mai 2013 zu erneuten Spannungen bei.
Darfur: Der Konflikt forderte geschätzte 300.000 Tote und hatte über 2 Mio. Flüchtlinge und Binnenflüchtlinge zur Folge. Auch 2013 wurden rund 460.000 Menschen in Darfur vertrieben. Seit Beginn des Konflikts gelingt es nicht, ihn nachhaltig zu lösen. Zur militärischen Befriedung und zum Schutz der Zivilbevölkerung wurde im November 2006 zunächst die AMIS (African Union Mission in Sudan), eine 20.000 Mann umfassende AU-Mission (Mission der Afrikanischen Union) gegründet. Mit der Resolution 1769 etablierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die UNAMID (United Nations Mission in Darfur), eine Hybridoperation der UNO mit der Afrikanischen Union (zuletzt verlängert bis 31. 08. 2014). Die Annäherung des Sudans an den Tschad (und später der Umsturz in Libyen) schwächt seit Mitte 2010 die Rebellenbewegungen. Gleichzeitig wurden internationale Bemühungen zur Erzielung einer politischen Lösung des Konflikts verstärkt. Die Verhandlungen zwischen Liberation and Justice Movement (LJM) und Khartum unter Mithilfe der Vermittlers der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen führten am 14.07.11 zur Unterzeichnung eines Rahmenabkommens in Doha (Durban Declaration and Programme of Action [DDPA]; Folgeabkommen zum nicht umgesetzten Abuja-Abkommen von 2006). Darin erhält Darfur einige Regierungsposten in der Zentralregierung und Zusagen für zukünftige Transfer-leistungen aus dem Staatsbudget. Auch ein Referendum über die Gestalt Darfurs (5 Teilstaaten oder eine Region) ist darin vorgesehen. Im September 2011 wird in Erfüllung des Durban Declaration and Programme of Action die "Transitional Darfur Regional Authority" in die "Darfur Regional Authority" mit exekutiven und legislativen Funktionen unter der Leitung von Tijani Sese umgeformt. Im Dezember 2011 starb JEM-Anführer Khalil Ibrahim bei Kampfhandlungen. Sein Bruder, Gibril Ibrahim, wurde Ende Jänner 2012 sein Nachfolger an der Spitze der JEM. Eine Abspaltung der JEM (JEM-Bashar) begann in Doha im Oktober 2012 und führte im April 2013 zu einem Separatfrieden mit der Splittergruppe. JEM gelang allerdings bereits im Mai 2013 die Tötung Mohamed Bashars und seines Stellvertreters. Die Lage in Darfur bleibt weiterhin aufgrund von regelmäßigen, meist wirtschaftlich motivierten, bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Nomadenstämmen, sowie zwischen lokalen regierungs- bzw. rebellennahen Milizen weiterhin instabil. Die Konflikte haben teils grenzüberschreitenden Charakter (Verbindungen nach Libyen und in den Tschad). Im November 2013 wurde ein Eingreifen von Truppen aus dem Tschad in Kämpfe zwischen Misseriya und Salamat gemeldet.
Weiterhin problematisch bleibt auch die wirtschaftliche Situation. Auf der Doha- Geberkonferenz für Darfur im April 2013 wurden Versprechen für 3,6 Mrd. USD über den Zeitraum von 6 Jahren abgegeben, wobei 7,2 Mrd. USD von Seiten der VN erhofft worden waren.
Quellen:
Österreichische Botschaft, Asylbericht Sudan; Stand 12.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1390485117_suda-oeb-bericht-2013-12.pdf [Zugriff 14.02.2014]; Blick, 01.02.2014, Sudan: Rotes Kreuz muss Arbeit im Sudan auf Druck der Behörden einstellen;
http://www.blick.ch/news/ausland/rotes-kreuz-muss-arbeit-im-sudan-auf-druck-der-behoerden-einstellen-id2649615.html [Zugriff 16.01.2015]; Sudan Tribune: Sudanese Political Leaders detained incommunicado and under threat of torture;
http://www.sudantribune.com/spip.php?article45192, 15.01.2013, [Zugriff 16.01.2015]; Sudan Tribune: Sudan arrests prominent Islamic figure, http://www.sudantribune. com/spip.php?article45524, 14.02.2013, [Zugriff 15.01.2015]; Auswärtiges Amt, Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise, 16.01.2015, http://www.
auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/Sudan Sicherheit_node.html
[Zugriff 16.01.2015]; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_ 1384527785 suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 18.02.2014], Auswärtiges Amt, Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise, 16.01.2015, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderin formationen/00-SiHi/Nodes/Sudan Sicherheit_node.html [Zugriff 16.01.2015].
Justiz/Korruption
Auch wenn die Interimsverfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, so ist diese größtenteils den Einflüssen des Präsidenten und der Sicherheitskräfte unterworfen. Dies insbesondere dann, wenn angebliche Verbrechen gegen den Staat zu judizieren sind. Die lange Herrschaft der NCP hat dazu geführt, dass die Schlüsselpositionen im Justizsektor in der Hand ihrer Parteigänger sind. Die Besetzung der Richterstellen erfolgt unter politischem Einfluss, sodass die Richter später weitgehend um regimetreue Urteile bemüht sind, wenngleich die Gerichte immer wieder einen gewissen Grad an Unabhängigkeit demonstrieren. Insgesamt ist die Justiz ineffizient und korrupt. Die eigentlich verfassungsmäßig zugesicherten Rechte auf ein faires und zügiges Gerichtsverfahren sowie auf die Achtung der Unschuldsvermutung finden nur bedingt Beachtung. Die Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich. Der Angeklagte hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, aber auch hier werden Verstöße berichtet. Militärprozesse beinhalten keine prozessualen Rechtsstandards. Sondergerichte, beruhend auf dem Special Courts Act, bestehen meist aus Zivilrichtern, behandeln jedoch oft sicherheitsrelevante Fälle. Bei diesen Gerichten gibt es nur eingeschränkte Möglichkeiten der Rechtshilfe.
Die Anwendung des Koran erlaubt in speziellen Fällen die Anwendung von Hudood-Strafen, wie zum Beispiel die Kreuzigung, die Steinigung sowie die Auspeitschung, wobei im Sudan insbesondere die Auspeitschung Anwendung findet. Einzelne Fälle von Steinigungsurteilen wurden durch die Presse bekannt, aber im Instanzenzug wieder aufgehoben. Koptische Priester ist es bei Scheidungen und Familienstreitigkeiten gestattet, den Schlussspruch zu fällen. Speziell in der Region Darfur ist der Zugang zum staatlichen Rechtssystem nur beschränkt möglich. Es fehlt an Polizei, Richtern, sowie materiellen Ressourcen für Sicherheitsbehörden und Justiz, sodass viele Delikte nicht geahndet werden.
Selbst Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden von der Justiz nicht ernsthaft verfolgt, wenn es sich um Verbrechen handelt, in die staatliche Sicherheitskräfte und deren Verbündete involviert waren.
Das Strafgesetzbuch sieht für verschiedene Delikte, einschließlich der Abwendung vom Islam, Ehebruch, homosexuelle Handlungen (bei der dritten Verurteilung) und ausgewählte Drogendelikte die Todesstrafe vor. Laut Art. 181 der sudanesischen StPO von 1991 ist allerdings jede Todesstrafe (vorwiegend durch den Strang), Amputation oder lebenslängliche Gefängnisstrafe erst vom Obersten Gerichtshof zu prüfen und zu bestätigen. Steinigungsurteile werden seit 1985 vom OGH regelmäßig aufgehoben. Todesurteile werden ansonsten auch vollzogen (laut Amnesty International fanden 2012 19 Vollstreckungen statt).
Im Sudan gibt es keine korruptionsspezifischen Gesetze. Dennoch sind öffentliche Bedienstete dem Financial Service Audit unterworfen, der einen speziellen Antikorruptionsstaatsanwalt vorsieht. Strafen sind für die Veruntreuung vorgesehen. Obwohl drei Antikorruptionsbehörden existieren, kommt es in der Praxis kaum zu strafrechtlicher Verfolgung von Korruptionsfällen. Die Korruption der Sicherheitskräfte und im Bereich der Justiz stellen ebenfalls ein massives Problem dar. Der Sudan gilt als einer der korruptesten Staaten der Welt. Er liegt im Korruptionsindex 2012 auf Platz 173 von 176 untersuchten Staaten.
Quellen:
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013,
http://www.ecoi.net/file_upload/3604138452 7785_suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 18.02.2014]; Österreichische Botschaft, Asylbericht Sudan; Stand 12.2013,http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1390485117 suda-oeb-bericht-2013-12.pdf [Zugriff 14.02.2014]; U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2012 - Sudan, (19.4.2013), http://www.ecoi.net/local_link/245111/ 368559_de.html, [Zugriff 18.02.2014]; Freedom in the World 2014 - Sudan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2014/sudan-0 [Zugriff 16.01.2015]; [Zugriff 21.02.2014); Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2014, http://www.transparency.org/country/#SDN [Zugriff 15.01.2015] - vgl. dazu Wirtschaftsblatt online, 15.01.2015, "Österreich wird immer korrupter", http://wirtschaftsblatt.at /home/nachrichten/oesterreich/1320363/Osterreich-immer-korrupter-Fiedler-fordert-Schutz-fur-Aufdecker [Zugriff: 16.01.2015].
Sicherheitsbehörden
Für die innere Sicherheit zeichnen mehrere Regierungsorganisationen verantwortlich: die Polizei, der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst NISS, das Innenministerium und das Verteidigungsministerium. Das Innenministerium kontrolliert die Central Reserve Police (CRP). Die Border Intelligence Force (border guards) des Verteidigungsministeriums, eine lose organisierte Einheit von früheren arabischen Janjaweed-Milizen, operiert in vorwiegend in der Region Darfur. Auch die CRP besteht aus zahlreichen früheren Janjaweed-Kämpfern. Die Straffreiheit von Sicherheitskräften, die Willkür der Polizei sowie weitestgehend fehlende richterliche Kontrolle stellen ernsthafte Problematiken darf. Der mächtige NISS unterliegt keinen demokratischen oder richterlichen Kontrollinstanzen. Willkürliche Verhaftungen ohne richterlichen Haftbefehl sind Praxis.
Quellen:
Auswärtiges Amt, 08.04.2014, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013,http://www.ecoi.net/ file _upload/3604_1384527785_suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 18.02.2014]; USDOS: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Sudan, http://www.state.gov /documents/organization/220376.pdf [Zugriff 16.01.2015].
Menschenrechte/Folter/unmenschliche Behandlung
Die Verfassung beinhaltet grundlegende Menschenrechte. Der Sudan ratifizierte auch einige internationale Menschenrechtsabkommen (z.B.: Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, ICCPR (ohne Zusatzprotokolle), 18.03.1986; Internationaler Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, 18.03.1986; Internationales Übereinkommen zur Abschaffung aller Formen von Rassendiskriminierung, 21.03.1977; Übereinkommen über die Rechte des Kindes, 03.08.1990 und Zusatzprotokolle zum Kinderhandel und -Prostitution (02.11.2004) und Kinder in bewaffneten Konflikten, 26.07.2005; Sklaverei-Konvention; Genozid-Konvention; Konvention über den Status von Flüchtlingen von 1951, 22.02.1974; Protokoll zum Status der Flüchtlinge von 1967, 23.05.1974; Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, 24.04.2009; Afrikanische Charta über Menschen- und Völkerrechte, 18.02.1986; Afrikanische Charta über Rechte des Kindes, 30.07.2005). Nicht alle genannten Abkommen sind vollständig in nationales Recht umgesetzt. Bei den vom Sudan unterzeichneten, aber nicht ratifizierten Abkommen handelt es sich um die UN-Konvention gegen die Folter (gezeichnet 04.06.1986), das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (gezeichnet 08.09.2000), das Protokoll zur Afrikanischen Charta über Menschen- und Völkerrechte über die Einrichtung eines Afrikanischen Gerichtshofes für Menschen- und Völkerrechte. Nicht unterzeichnet wurden die Übereinkommen zur Beseitigung jeder Diskriminierung von Frauen (CEDAW), das Zusatzprotokoll zum ICCPR, das zweite Zusatzprotokoll zum ICCPR zur Abschaffung der Todesstrafe sowie Zusatzprotokoll zur Antifolter-Konvention.
Dennoch bleibt im Sudan die Menschenrechtslage schwierig, zumal willkürliche Verhaftungen von Regimegegnern, massiver Druck auf Presse, Oppositionsparteien und Menschenrechtsaktivisten an der Tagesordnung stehen. Aber auch oppositionelle Gruppen begehen ihrerseits Menschenrechtsverletzungen in von ihnen kontrollierten Gebieten. Wie oben erwähnt, wurden Menschenrechtsorganisationen geschlossen bzw. werden an ihrer Arbeit gehindert. Trotz der formellen Aufhebung der Pressezensur besteht keine wirkliche Pressefreiheit. Der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst (NISS) überwacht politische Gegner und lässt missliebige Personen ohne richterlichen Beschluss verhaften.
In der Region Darfur wird das humanitäre Völkerrecht von allen Konfliktparteien (Armee, Milizen, Aufständische und "Banditen") regelmäßig verletzt. Grundsätze wie Rechts-staatlichkeit oder Verhältnismäßigkeit sind vielen Sicherheitskräften de facto unbekannt oder sie werden bewusst außer Acht gelassen. Übergriffe und Einschüchterungsmethoden als Ermittlungsinstrument der Polizei, Übergriffe der Armee oder der Sicherheitsdienste reichen bis hin zur Folter, mitunter auch mit Todesfolge. Von rücksichtslosem polizeilichem Handeln sind in Khartum lebende afrikastämmige Südsudanesen und Binnenvertriebene aus Darfur und den Nubabergen besonders stark betroffen. In Darfur und anderen Konfliktregionen kommt es durch Regierungstruppen, Rebellengruppen und Stammesfraktionen zu Folter und Misshandlungen. Es gibt zahlreiche Berichte, dass die Regierung und Alliierte willkürliche und ungesetzliche Tötungen begingen. Die Regierung zeichnet auch für politisch und ethnisch motivierte Entführungen verantwortlich. Die Straflosigkeit der Sicherheitskräfte ist ein ernstes Problem. Der National Security Act von 2010 sieht vor, dass Bedienstete des NISS (Nationaler Nachrichten- und Sicherheitsdienst) für Taten, die bei offiziellen Einsätzen begangen werden, nicht bestraft werden können. Verfehlungen der Sicherheitskräfte können nach dem Gesetz zwar grundsätzlich mit Disziplinarverfahren, Entlassung aus dem Dienst, Haft und in besonders schweren Fällen mit der Todesstrafe geahndet werden. Allerdings sind Ahndungen solcher Delinquenzen kaum bekannt, zumal die Sondergerichte für Sicherheitskräfte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und sohin keine gesicherten Erkenntnisse über diziplinäre oder strafrechtliche Konsequenzen vorliegen. Die Sicherheitskräfte verletzen auch regelmäßig das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung:
Arbiträre Verhaftungen von Regime-Gegnern, massiver Druck auf die Presse und Oppositionsparteien sowie Menschenrechtsaktivisten bleiben an der Tagesordnung. Insgesamt wurde die Zahl der politischen Gefangenen im April 2013 auf rund 100 geschätzt. Gleichzeitig leidet die sudanesische Bevölkerung unter der wirtschaftlichen Lage und dem mangelnden Zugang zu staatlichen Dienstleistungen. Es herrscht Diskriminierung gegen aus dem Süden stammende, nicht arabisch-stämmige Gruppen und gegen Frauen (Verhängung von Todesurteilen wegen angeblichen Ehebruchs, die erst im Berufungsweg aufgehoben werden). Im Zuge der Loslösung des Südens wird seitens der Regierung eine Politik der Arabisierung und Islamisierung vorangetrieben, der die im Sudan verbliebenen Minderheiten trifft. So kam es in Khartum bereits mehrmals zur ungestraften Stürmung und Zerstörung von Kirchen, mit Billigung durch die lokalen Behörden.
Quellen:
Human Rights Watch, 11.02.2014, Agypten/Sudan: Folter durch Menschenhändler,
http://www.hrw.org/de/news/2014/02/11/aegyptensudan-folter-durch-menschenhaendler [Zugriff 16.01.2015], Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länder-informationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_ 1384527785 _ suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 19.02.2014]; Amnesty International, Stunden ohne Anklage in Haft, 21.05.2014, sowie Verbleib der Studenten unbekannt, 13.06.2014, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-136-2014/studenten-ohne-anklage-haft ?
destination=node%2F5309%3Fsupport_type%3D%26node_type%3D%26country%3D%26topic%3D%26from_month%3D0%26from_year%3D%26to_month%3D0%26to_year%3D%26submit_x%3D52%26submit_y%3D8%26resul bzw. http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-136-2014-1/verbleib-von-studenten unbekannt?destination=node %2F5309%3Fsupport _type%3D%26node_type%3D%26country%3D%26topic%3D%26from _month%3D0%26from_year%3D%26to_month%3D0%26to_year%3D%26submit_x%3D64%26submit_y%3D11 [Zugriff 16.01.2015], Auswärtiges Amt, Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise, 16.01.2015, http://www. auswaertiges-amt.de/DE/ Laenderinform ationen/00-SiHi/Nodes/Sudan Sicherheit_node.html, [Zugriff 16.01.2015].
Armee/Wehrdienst
Die Streitkräfte der Sudanese Armed Forces (SAF) bestehen aus den Landstreitkräften, der Marine, der Luftwaffe und den Volksverteidigungskräften. Männer und Frauen im Alter zwischen 18-33 Jahren können freiwilligen bzw. müssen verpflichtenden Wehrdienst leisten. Laut dem Gesetz über den Nationalen Dienst aus dem Jahr 1992 besteht für Männer eine einjährige Dienstpflicht. Sie kann bei der Polizei oder bei den sudanesischen Streitkräften abgeleistet werden. Frauen müssen ein einjähriges "soziales Jahr" absolvieren.
Quellen:
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_ 1384527785 _suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 19.02.2014]; CIA - Central Intelligence Agency (4.11.2013): The World Factbook - Sudan, 20.06.2014, https://www.cia.gov /library/publications/the-world-factbook/geos/su.html [Zugriff 16.01.2015).
Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit
Die Verfassung gewährleistet Pressefreiheit, welche aber de facto nicht besteht. Einschüchterung von Journalisten und Herausgebern sowie administrative Reglementierung gehören zum Alltag. Der Geheimdienst NISS steht im Verdacht, im Auftrag der Regierung Journalisten und Regierungskritiker zu verhaften und zu foltern. Ausrüstungen von Journalisten werden willkürlich konfisziert und Schreibverbote werden verhängt. Gesamte Ausgaben von Zeitschriften fallen der Zensur mit der Begründung zum Opfer, dass die Inhalte die nationale Sicherheit gefährden würden. Die Regierung, einschließlich des NISS, praktiziert Vorzensur aller Medien. Journalisten praktizieren Selbstzensur. Die Programme der staatlichen Hörfunk- und Fernsehsender - in vielen ländlichen Gebieten die einzige Informationsquelle - unterliegen der inhaltlichen Steuerung durch die Regierung. Die Regierung sperrt den Zugang zu unerwünschten Internetseiten und der NISS überwacht die Internetkommunikation. Obwohl die Übergangsverfassung die Versammlungsfreiheit gewährleistet, schränkt die Regierung dieses Recht stark ein. Die Regierung hat die in den 1990er Jahren übliche Praxis, führende Repräsentanten politischer Gegner durch Hausarrest oder Inhaftierung auszuschalten oder ins Exil zu treiben, nicht endgültig aufgegeben. Beispielsweise wurde der Führer der PCP, Hassan Turabi, mehrfach, zuletzt im Januar 2011 nach kritischen Äußerungen über die Regierung Präsident Al-Baschirs inhaftiert. Ein führender Politiker der DUP, Mahmoud Hassanein, verließ 2009 nach Pressionen durch die Sicherheitsorgane das Land. Oppositionsparteien können sich jedoch in begrenztem Ausmaß kritisch äußern. Ein großer Teil steht auch in Gesprächskontakt mit der NCP. Der Nordableger des ehemaligen Bürgerkriegsgegners der Zentralregierung und Koalitionspartner der NCP in der Regierung der Nationalen Einheit (2005-2011), die SPLM, wurde nach dem Ausbruch von Feindseligkeiten in den Bundesstaaten Südkurdufan und Blauer Nil 2011 verboten. Viele ihrer Funktionäre wurden verhaftet.
Der sudanesische Anwalt und Menschenrechtsaktivist Magdi Saleem, der im September 2013 von Angehörigen des sudanesischen Geheimdienstes NISS festgenommen worden war, ist, wie erst im April 2014 bekannt wurde, bereits im Oktober 2013 aus der Haft entlassen worden. Angehörige des sudanesischen Geheimdienstes NISS hatten Magdi Saleem am 24. September 2013 festgenommen, nachdem er an Demonstrationen gegen die Aufhebung der Treibstoffsubventionen durch die sudanesische Regierung teilgenommen hatte. Drei Studenten hingegen, welche am 12.05.2014 in Khartum vor ihrer Universität von Sicherheitskräften festgenommen wurden, befinden sich laut Amnesty International noch immer in Haft und der sudanesische Geheimdienst NISS verweigert jegliche Angaben dazu.
Laut einem Bericht von Amnesty International der Oppositionsführer Farouk Abu Issa und der zivilgesellschaftliche Aktivist Dr. Amin Maki Medani wurden am 06.12.2014 von Angehörigen des sudanesischen Geheimdienstes NISS festgenommen. Sie werden seitdem ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und sind bislang nicht unter Anklage gestellt worden.
Im Urteil vom 07.01.2014, Zl. 58.802/12 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die Abschiebung eines sudanesischen Oppositionellen in den Sudan den Art. 3 EMRK verletzt. Des Weiteren stellte der EGMR fest, dass die sudanesische Regierung auch die Aktivitäten von Oppositionellen im Ausland verfolgt (vgl. dazu Mitteilung des Evidenzbüros des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.01.2014, Zl. VWGH-2460/0002-PRAES/2014).
Quellen:
Human Rights Watch :World Report 2013 - Sudan, http://www.ecoi. net/local_link/237040/359912_de.html, [Zugriff 15.01.2015], Auswärtiges Amt, 08.04.2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan; Amnesty International, Urgent Action Sudan: Oppositionsführer in Foltergefahr, https:// www.amnesty.at/de/opposition-sudan/ [Zugriff 16.01.2015]; vgl. Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Sudan, Jänner 2015, http://liportal.giz.de/sudan/alltag/ [Zugriff 16.01.2015]; Human Rights Watch, Sudan: No Justice for Protest Killings, 21.04.2014, http://www.hrw.org/news/2014/04/21/sudan-no-justice-protest-killings [Zugriff 16.01. 2015].
Haftbedingungen
Die Haftanstalten bieten den Insassen menschenunwürdige Zustände (massive Überbelegung, schwere hygienische und medizinische Mängel). Dass diese Mängel zum Tod von Häftlingen führen, ist evident. Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen erfüllt nach Angaben der Vereinten Nationen nicht die UN-Minimalstandards für die Behandlung von Gefangenen. Menschenrechtsbeobachtern wird nicht bzw. nur in eingeschränktem Umfang Zutritt zu den Gefängnissen gewährt.
Quellen:
Auswärtiges Amt, 08.04.2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_ 1384527785_suda -lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 21.02.2014].
Todesstrafe
Im sudanesischen Strafgesetzbuch ist für bestimmte Delikte die Todesstrafe vorgesehen (zB: Mord, bewaffneten Raubüberfall, Abfall vom Islam, Ehebruch, wiederholte homosexuelle Handlungen, wiederholter Betrieb eines Bordells, Vergewaltigung, Drogendelikte, Staatsschutzdelikte u.a.m.). Todesurteile sind in den letzten Jahren auch vollstreckt worden, wenngleich keine genauen Zahlen dazu vorliegen. 2012 kam es mehrmals zur Verhängung von Todesurteilen wegen angeblichen Ehebruchs, die erst im Berufungsweg aufgehoben werden konnten.
Quellen:
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 11.2013,
http://www.ecoi.net/file_upload/36041384527785_suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 21.02.2014]; Spiegel online, 17.05.2014, Schwangere Christin im Sudan: Spekulationen über Vollstreckung von Todesstrafe, http://www.spiegel.de
/politik/ausland/zum-tode-verurteilte-christin-im-sudan-erst-geburt-dann-strang-a-969972.html [Zugriff 16.01.2015] vgl. dazu Frankfurter Allgemeine online, 27.08.2014, Sudan freigelassene Christin ausgereist; http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/dem-todesurteil-entgangen-in-sudan-freigelassene-christin-ausgereist- 13074613.html [Zugriff: 16.01.2015]; FCO - UK Foreign and Commonwealth Office: Sudan - Country of Concern: latest update, 16.10.2014, http://www.ecoi.net/local_link/292377/412997_en.html [Zugriff: 16.01.2015].
Religionsfreiheit
Die von der Verfassung im Grunde gewährte Religionsfreiheit gibt es im Tatsächlichen nicht. Es herrscht der Islam. Die Scharia wird auf alle Staatsbürger des Landes angewendet, wobei gegenwärtig die in der Hauptstadt lebenden Christen davon ausgenommen werden. Nach der Loslösung des Südens ist eine Tendenz zur Diskriminierung von Andersgläubigen zu verzeichnen. Das Vorgehen gegen christliche Kirchen in Khartum dürfte auch mit dem Wunsch einhergehen, Sudan so weit wie möglich zu islamisieren und zu arabisieren. Durch die 2007 eingesetzte Nationale Kommission zum Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen in der Hauptstadt ist der Schutz der Rechte nicht-muslimischer Minderheiten jedenfalls in der Hauptstadt institutionalisiert. Die seelsorgerische und soziale Tätigkeit der christlichen Kirchen in Khartum, die vor Inkrafttreten des Friedensabkommens häufig behindert wurden, ist derzeit weitgehend frei. Apostasie, Blasphemie und Konversion zu jeder Religion außer dem Islam sind gesetzlich verboten. Auf Apostasie, insbesondere den Übertritt eines Muslims zum Christentum, steht nach der 1983 eingeführten Scharia die Todesstrafe, deren Vollstreckung bis zum Vollzug der Hinrichtung durch Sprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses abgewendet werden kann. Im Zuge der Loslösung des Südsudan wird seitens der sudanesischen Regierung eine Politik der Arabisierung und Islamisierung vorangetrieben und so kam es 2012 in Khartum mit Billigung durch die lokalen Behörden mehrmals zur ungestraften Stürmung und Zerstörung von Kirchen.
Im Sudan leben überwiegend Muslime. 97% der Bevölkerung sind Muslime, von denen fast alle Sunniten sind. Der Islam stellt die Staatsreligion dar, es gibt eine kleine christliche Minderheit. Vereinzelt kommen in südlichen Landesteilen indigene Religionen vor.
Ein Gericht in Karthum verurteilte eine hochschwangere Frau, deren Vater Muslim war, zum Tod durch Erhängen wegen Abfalls vom Islam. Der Vater hatte die Familie früh verlassen und die christliche Mutter hat ihr Kind in ihrem Glauben erzogen. Nach islamischem Recht sind Kinder eines muslimischen Mannes ebenfalls Muslime. Zudem verhängte das Gericht eine Strafe von hundert Peitschenhieben, da die Verurteilte mit einem Christen verheiratet ist und Musliminnen die Heirat mit Christen verboten ist. Einem Bericht zufolge (Die Presse, 02.06.2014, Seite 5), soll sich die Regierung des Sudan vom Schuldspruch der Apostasie in diesem Fall distanziert haben. In der Vergangenheit schob die sudanesische Regierung die Vollstreckung von Todesurteilen gegen Schwangere auf oder stillende Mütter auf, bis das Kind abgestillt war.
Quellen:
Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, http://www.ecoi.net/file_upload/3604_ 1384527785_suda-lib-2013-11-15-as.doc [Zugriff 21.02.2014]; Österreichische Botschaft, Asylbericht Sudan; Stand 12.2013, http://www.ecoi.net/file_
upload/1729_1390485117_suda-oeb-bericht-2013-12.pdf [Zugriff 21.02.2014]; CIA - Central Intelligence Agency (4.11.2013): The World Factbook - Sudan, 20.06.2014, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/su.html, [Zugriff 16.01.2015]; Freedom in the World 2014 - Sudan, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2014/sudan-0 [Zugriff 16.01.2015];
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Notes, 19.05.2014, http://www.ecoi.
net/file_upload/3714_1401891163_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-19-05-2014-deutsch.pdf, [Zugriff 01.07.2014]; Spiegel online, 17.05.2014, Schwangere Christin im Sudan: Spekulationen über Vollstreckung von Todesstrafe, http://www.spiegel.de
/politik/ausland/zum-tode-verurteilte-christin-im-sudan-erst-geburt-dann-strang-a-969972.html [Zugriff 16.01.2015] vgl. dazu Frankfurter Allgemeine online, 27.08.2014, Sudan freigelassene Christin ausgereist; http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/dem-todesurteil-entgangen-in-sudan-freigelassene-christin-ausgereist-13074613.html [Zugriff: 16.01.2015].
Ethnische Minderheiten
Es gibt keine diskriminierend und gegen ethnische Gruppen gerichtete Gesetzgebung. In der gesellschaftlichen Realität mit vielen hunderten ethnischen Gruppen arabischer und afrikanischer Prägung bei knapp 32 Mio. Einwohnern bestehen allerdings vielfältige, auf ethnischen Gründen basierende Spannungen. Nördliche Muslime dominieren traditionell die Regierung. Die Kämpfe in Darfur fanden zwischen Muslimen statt, die sich als arabisch oder nichtarabisch definieren, sowie zwischen arabischen Stämmen. Die moslemische Be-völkerungsmehrheit und die Regierung diskriminieren ethnische Minderheiten weiterhin in nahezu jedem gesellschaftlichen Bereich. Bürger in arabisch geprägten Regionen, welche nicht Arabisch sprechen, werden bei Bildung, Arbeit und in anderen Bereichen diskriminiert. Vorurteile, diskriminierendes und teilweise auch aggressives Vorgehen gegen Angehörige anderer ethnischer Gruppen ist weit verbreitet, allerdings mit erheblichen regionalen Unterschieden. Der langjährige Bürgerkrieg zwischen Nord- und Süds