TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/11 98/10/0035

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Veröffentlicht am 11.05.1998
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art18 Abs1;
NatSchG Vlbg 1997 §25 Abs2;
NatSchG Vlbg 1997 §41 Abs3;
NatSchG Vlbg 1997 §41 Abs4;
NatSchG Vlbg 1997 §41;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des K in Krumbach, vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in 6870 Bezau 36, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. November 1997, Zl. IVe-151.10/1997, betreffend einen naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Oktober 1997 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft B. (BH) den Beschwerdeführer gemäß § 41 des Vorarlberger Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 (NLG) nach Maßgabe des in der Einleitung zu diesem Bescheid festgestellten Sachverhaltes sowie eines Lageplanes im Maßstab 1 : 1.000, der zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt wurde, folgende Wiederherstellungsmaßnahmen bis spätestens 1. November 1997 durchzuführen:

1. Die entlang der Grundstücksgrenzen 1017 : 1011, 1016 : 1014, 1016 : 1020 und 1017 : 1019, alle KG K., verlegten Drainageschläuche müssen ausgegraben und entfernt werden.

2. Der zur Aufschüttung der Gräben entlang der Grundstücksgrenzen 1017 : 1011, 1016 : 1014, 1016 : 1020 und 1017 : 1019, alle KG K., verwendete Sickerkies muß restlos entfernt werden.

3. Das PVC-Rohr, welches entlang der Grundstücksgrenze 1016 : 1017, alle KG K., verlegt worden ist, muß ausgegraben und entfernt werden.

4. Die durch die Entfernung der Drainageschläuche, des PVC-Rohres und des Sickerkieses entstehenden Gräben müssen mit dem bei der Verlegung dieser Drainageschläuche angefallenen Grabenaushub aufgefüllt werden.

Weiters wurde ausgesprochen, daß einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 41 Abs. 4 NLG keine aufschiebende Wirkung zukommt.

In der Einleitung zu diesem Bescheid heißt es, am 9. Oktober 1997 um 11.30 Uhr sei von der BH festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer auf den Grundstücken Nr. 1016 und 1017 Drainageschläuche zur Entwässerung dieser beiden Grundstücke ohne die hiefür erforderliche Bewilligung nach dem NLG verlegt habe. Der Sachverhalt ergebe sich aus dem Lageplan im Maßstab 1. 1.000, welcher als wesentlicher Bestandteil dem Bescheid zugrundeliege und wie folgt ergänzt werde:

Die Grundstücke 1016 und 1017 stünden im Eigentum des Beschwerdeführers. Bei diesen beiden Grundstücken handle es sich um ein landwirtschaftlich genutztes Moor im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG. Dieses landwirtschaftlich genutzte Moor weise eine Fläche von weit mehr als 100 m2 auf. Der Beschwerdeführer habe entlang der Grundstücksgrenze 1017 : 1011, 1016 : 1014, 1017 : 1029 und 1016 : 1020 Gräben mit einer Tiefe von ca. 75 cm ausgehoben und einen Drainageschlauch in diese Gräben gelegt. Im Anschluß daran habe er diese Gräben mit Sickerkies aufgefüllt. Des weiteren habe er entlang der Grundstücksgrenze 1016 : 1017 ein PVC-Rohr in einer Tiefe von ca. 75 cm zur Ableitung der sich in diesen Drainageschläuchen ansammelnden Wässer verlegt.

In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz habe in seinem Gutachten vom 9. Oktober 1997 ausgeführt, daß es sich bei den Grundstücken 1016 und 1017 um landwirtschaftlich genutzte Moore im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG handle. Die Durchführung von Entwässerungen auf diesen Grundstücken sei mit dem NLG nicht zu vereinbaren und müsse aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftsentwicklung negativ beurteilt werden. Durch die Entwässerung trete eine Austrockung und Mineralisation der obersten Torfschichte ein. Somit würde sich eine zusätzliche Düngewirkung ergeben, die sich für den Pflanzenbestand negativ auswirken würde.

Auch die Naturschutzanwältin habe in ihrer Stellungnahme vom 9. Oktober 1997 ausgeführt, daß diese Entwässerungsmaßnahmen auf den Grundstücken Nr. 1016 und 1017 mit dem NLG nicht zu vereinbaren seien.

Nach § 25 Abs. 2 NLG bedürften im Bereich von landwirtschaftlich genutzten Mooren und Magerwiesen feuchter und trockener Prägung, soweit sie größer als 100 m2 seien, die Vornahme von Kulturumwandlungen, Geländeveränderungen, Entwässerungen und Aufforstungen einer Bewilligung. Nach § 41 Abs. 4 NLG könne bei Gefahr in Verzug von der zuständigen BH die sofortige Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid aufgetragen werden. Einer gegen einen solchen Bescheid erhobenen Berufung komme keine aufschiebende Wirkung zu. Da die Entwässerungsmaßnahmen ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchgeführt worden seien und da der Beschwerdeführer am 10. Oktober 1997 telefonisch angekündigt habe, in der nächsten Woche die beiden Grundstücke umzugraben, liege nach Ansicht der BH sofortiger Handlungsbedarf vor, sodaß die Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen sei. Nach Ansicht der BH liege Gefahr im Verzug vor, da durch die Entwässerungen eine Austrocknung und Mineralisation der obersten Torfschichte eintrete, welche zur Folge habe, daß eine zusätzliche Düngewirkung, die für den Pflanzenbestand negativ sei, entstehe, was zur Folge habe, daß dieses landwirtschaftlich genutzte Moor zerstört werde.

Der Beschwerdeführer berief.

Er machte geltend, die Auffassung der BH, bei den Grundstücken 1016 und 1017 handle es sich um landwirtschaftlich genutzte Moore, sei verfehlt. Der dem Bescheid angeschlossene Lageplan mit dem dort ausgewiesenen Feuchtgebiet entspreche in keiner Weise den tatsächlichen Verhältnissen. Beim Grundstück 1016 und Teilflächen des Grundstückes Nr. 1017 handle es sich seit den Jahren vor dem 2. Weltkrieg um Ackergebiet. Diese Äcker habe die Familie des Beschwerdeführers zur Anpflanzung von Kartoffeln, Bohnen und Wintergemüse verwendet. Es handle sich somit bei den genannten Grundstücken seit mehr als 50 Jahren nicht mehr um Feuchtgebiete. Nach dem

2. Weltkrieg seien die Grundstücke 1016 und 1017 entwässert und drainagiert worden. Seither würden sie bei der Gemeinde K. als zweimähdige Wiesen gewertet und die Familie des Beschwerdeführers erhalte aus diesem Grund auch keinerlei Feuchtflächenprämien für diese Grundstücke. Ebenso werde keine Bewirtschaftungsprämie zur Auszahlung gebracht. Nach dem Krieg seien nicht nur die Grundstücke 1016 und 1017, sondern auch die daran im Osten angrenzenden Grundstücke von den jeweiligen Eigentümern drainagiert worden und würden seit diesem Zeitpunkt ebenfalls als zweimähdige Wiesen bzw. Äcker bewirtschaftet. Ein Feuchtgebiet befinde sich nur westlich der E.-Straße. Die Grundstücke 1016 und 1017 würden seit Jahren als Kartoffelacker verwendet und seien bereits vor der Befundaufnahme am 2. Oktober 1997 nach Durchführung der Ernte umgeackert worden. Offensichtlich sei dies bei der Befundaufnahme nicht festgestellt worden. Zum Beweis für seine Behauptungen beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme von Zeugen und die Einholung eines bestimmten Aktes der Gemeinde.

Die belangte Behörde beauftragte einen Amtssachverständigen für Naturschutz mit der Erstattung eines Gutachtens darüber, ob es sich bei den Grundstücken 1016 und 1017 und landwirtschaftlich genutzte Moore im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG handle und ob im vorliegenden Fall durch die Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes weitere schwere, nicht wieder gutzumachende Beeinträchtigungen von Natur oder Landschaft zu befürchten seien.

Der Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 20. November 1997 aus, bei den Grundstücken 1016 und 1017 handle es sich um geschützte Moore im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG. Das Grundstück Nr. 1017 werde extensiv als Streuwiese genutzt, was an der Vegetation eindeutig erkennbar sei. Es dominierten torfbildende Pflanzen; die Torfschicht sei im südöstlichen Teil der Fläche etwa 20 bis 30 cm stark und nehme Richtung Nordwesten auf 50 cm zu. Der Bodenaufbau sei ungestört. Daher sei eine - auch länger zurückliegende - Ackernutzung auszuschließen (Untersuchung mit Bohrstock).

Das Grundstück Nr. 1016 sei ein nasses Torfmoor, das gefräst und gedüngt worden sei. Der Bodenaufbau sei gestört, eine Grasnarbe fehle. Eine Ackernutzung sei auf Grund der nassen Bodenverhältnisse aber nicht möglich gewesen. Die Vegetation sei charakteristisch für nährstoffreiche, brachliegende Standorte (Hochstaudenflur mit Mentha longifolia). Es sei nicht exakt festzustellen, wann zum ersten Mal gefräst worden sei. Da aber noch keine Mineralisierung (Vererdung des Torfs) eingetreten sei, dürfte dies maximal 1 bis 2 Jahre zurückliegen. Die Verlegung der Drainagerohre gefährde die Moorflächen. Die Entwässerung führe - selbst bei gleichbleibender Nutzung - zu negativen Veränderungen. Durch die Zufuhr von Luftsauerstoff setze eine Vererdung des Torfs ein (Torfmineralisierung); damit verbunden seien Vegetationsveränderungen, die Freisetzung von Nährstoffen und der Nährstoffaustrag könne zur Belastung der Drainagewässer und damit der Fließgewässer beitragen. Gleichzeitig entwässerten die Drainagerohre an den Grundstücksgrenzen auch angrenzende Flächen, die teilweise extensiv als Streuwiesen genutzt würden. Somit seien hier ebenfalls negative Veränderungen zu erwarten. Es werde daher empfohlen, die Drainagerohre zu entfernen. Das Sickerkies sollte ebenfalls bestmöglich entfernt werden. Es sei darauf zu achten, daß diese Tätigkeiten zu keiner weiteren Beeinträchtigung der Moorflächen, insbesondere der noch intakten Streuwiese (Grundstück 1017) führten. Hinkünftig seien die Flächen extensiv (ohne Düngung) zu nutzen.

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. November 1997 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß die Wiederherstellungsmaßnahmen bis spätestens 1. Jänner 1998 durchzuführen seien.

In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und des eingeholten Sachverständigengutachtens, der Sachverhalt, den die BH ihrem Bescheid zugrundegelegt habe, werde auch dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegt. Weiters werde folgendes festgestellt:

Die Grundstücke 1016 und 1017 stünden je zur Hälfte im Eigentum des Beschwerdeführers und der S.St. Das Gesamtausmaß dieser beiden Grundstücke betrage 1435 m2 (Grundstück 1016: 471 m2, Grundstück 1017: 964 m2).

Bei den Grundstücken Nr. 1016 und 1017 handle es sich eindeutig um geschützte Moore im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG.

Diese Grundstücke seien im Biotop-Inventar Vorarlberg, Objekt Nr. V 2a. 8.6 als besonders schützenswertes Gebiet ausgewiesen. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, die Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt zu haben. Bei diesen Entwässerungsmaßnahmen handle es sich um ein bewilligungspflichtiges Vorhaben im Sinne des § 25 Abs. 2 NLG. Die Erstbehörde sei zu Recht auch davon ausgegangen, daß Gefahr in Verzug vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, § 25 Abs. 2 NLG sei völlig unzureichend konkretisiert, da weder der Begriff "Moor" noch jener der "Magerwiese" hinreichend definiert seien. Weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene machten konkrete Angaben zum Ausmaß der in Rede stehenden Grundstücke. Abgesehen davon sei der Beschwerdeführer aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage, die geforderten Wiederherstellungsmaßnahmen durchzuführen, da er lediglich Hälfteeigentümer der Grundstücke sei. Außerdem bedürften gemäß § 25 Abs. 4 NLG weder die Erhaltung noch die Instandsetzung rechtmäßig bestehender Entwässerungsanlagen sowie die Aufrechterhaltung der bisher ausgeübten Land- und forstwirtschaftlichen Nutzung einer Bewilligung. Beide Instanzen des Verwaltungsverfahrens hätten es unterlassen, die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 NLG aufzunehmen. Auch sei der Lageplan, der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliege, in rechtlicher Hinsicht unrichtig beurteilt worden. Dem Lageplan sei eindeutig zu entnehmen, daß ein Großteil des Grundstückes 1016 und auch Teile des Grundstückes 1017 nicht in Objekt Nr. V 2a 8.6 des Biotopinventares Vorarlberg eingetragen seien. Weiters sei außer Acht gelassen worden, daß im Bereich der Nachbargrundstücke 1019, 1024 und 1036 eine behördlich bewilligte Wassergenossenschaft bestehe.

Das Verfahren sei mangelhaft geblieben; es seien weder Zeugen gehört worden, die bestätigen könnten, daß die Grundstücke 1016 und 1017 seit jeher und jedenfalls vor Inkrafttreten des NLG über Entwässerungsanlagen verfügt hätten, noch sei der Lageplan inhaltlich entsprechend gewürdigt worden. Die belangte Behörde stütze sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides außerdem im wesentlichen auf ein von ihr eingeholtes Gutachten, ohne die in der Berufung erhobenen Einwände des Beschwerdeführers auch nur zu berühren, geschweige denn, sich mit diesen Einwänden auseinanderzusetzen. Auch sei die Leistungsfrist, die die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Durchführung der Wiederherstellungsmaßnahmen gesetzt habe, zu kurz. Die belangte Behörde sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, daß Gefahr im Verzug vorliege. Die Entwässerungsmaßnahmen seien bereits durchgeführt und die Grundstücke 1016 und 1017 seien seit jeher als Acker benutzt worden. Die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß Gefahr im Verzug vorliege.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Abs. 2 des mit "Schutz von Auwäldern, Feuchtgebieten und Magerwiesen" überschriebenen § 25 NLG bestimmt, daß im Bereich von landwirtschaftlich genutzten Mooren und Magerwiesen feuchter und trockener Prägung, soweit sie größer als 100 m2 sind, die Vornahme von Kulturumwandlungen, Geländeveränderungen, Entwässerungen und Aufforstungen einer Bewilligung bedürfen.

Keiner Bewilligung bedürfen nach § 25 Abs. 4 leg. cit. die Erhaltung und Instandsetzung rechtmäßig bestehender Entwässerungsanlagen sowie die Aufrechterhaltung der bisher ausgeübten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Bedenken des Beschwerdeführers, § 25 Abs. 2 NLG sei wegen der mangelnden Bestimmtheit der Begriffe "Moor" und "Magerwiese" nicht ausreichend determiniert.

Zwar enthält § 25 NLG keine nähere Umschreibung der Begriffe "Moor" und "Magerwiese", doch läßt sich der Inhalt dieser Begriffe aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum NLG (XXVI. LT:RV 68/1996, 42 f) entnehmen. Dort heißt es:

"Als Moore gelten Feuchtflächen mit Torf im Untergrund, und zwar sowohl solche, wo hoch anstehendes Grundwasser zumindest zeitweise zu Wasserüberschuß führt und deren Torf vorwiegend aus den unvollständig abgebauten Überresten von Röhricht- und Seggengesellschaften besteht (im allgemeinen als Flachmoore bezeichnet), als auch solche, deren Oberfläche sich durch zunehmende Dicke der Torfschicht über den Einflußbereich des Grundwasserspiegels gehoben hat und nur noch von Regenwasser gespeist wird (im allgemeinen als Hochmoore bezeichnet). Daneben gibt es aber auch Zwischenstufen."

In den Erläuterungen finden sich weiters auch Ausführungen darüber, was der Gesetzgeber unter "Magerwiesen" versteht.

§ 25 Abs. 2 NLG erfaßt landwirtschaftlich genutzte Moore, soweit sie größer als 100 m2 sind. Bereits in der Einleitung des erstinstanzlichen Bescheides findet sich die Feststellung, daß das von der Naturschutzbehörde erster Instanz als landwirtschaftlich genutztes Moor angesehene Areal auf den Grundstücken 1016 und 1017 eine Fläche von weit mehr als 100 m2 aufweist.

§ 41 NLG regelt die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes.

Nach § 41 Abs. 1 NLG hat die Behörde demjenigen, der Vorhaben, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung oder ein Vorhaben, auf das § 36 angewendet wurde, abweichend von den vorgelegten Unterlagen ausführt und, falls dieser nicht herangezogen werden kann, den Auftrag der Behörde durchzuführen, dem Grundeigentümer, sofern dieser dem Vorhaben zugestimmt hat, es geduldet hat oder aus ihm einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes anzudrohen.

Wird innerhalb eines Monats nach Zustellung der Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bei der Behörde der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gestellt, so hat nach § 41 Abs. 2 NLG die Behörde das entsprechende Verfahren einzuleiten.

Wird von der Möglichkeit des Abs. 2 kein Gebrauch gemacht oder die Bewilligung nicht erteilt, so ist nach § 41 Abs. 3 NLG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid aufzutragen. Wenn die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich ist, hat die Behörde die möglichst wirksame Beseitigung der durch die Ausführung des Vorhabens nach Abs. 1 hervorgerufenen Beeinträchtigungen der Natur oder der Landschaft aufzutragen. Hiebei sind für die Ausführung der aufgetragenen Maßnahmen angemessene Fristen festzusetzen. Der Auftrag der Behörde kann sich unter sinngemäßer Anwendung des § 37 Abs. 3 auch auf die Schaffung eines Ersatzlebensraumes beziehen. Wenn der Grundeigentümer zur Durchführung des Wiederherstellungsauftrages nicht herangezogen werden kann, hat er zu dulden, daß die Behörde auf ihre Kosten den Wiederherstellungsauftrag durchführt.

Abgesehen davon, daß es sich bei der auch ein Tatsachenelement enthaltenden Behauptung des Beschwerdeführers, er sei nicht in der Lage, den Wiederherstellungsauftrag durchzuführen, um ein erstmals in der Beschwerde erhobenes Vorbringen und damit um eine unbeachtliche Neuerung handelt, beruht dieses Vorbringen auch auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung.

Nach dem klaren Wortlaut des § 41 NLG ist ein Wiederherstellungsauftrag primär dem zu erteilen, der das Vorhaben ausgeführt hat. Nur dann, wenn dieser nicht herangezogen werden kann, d.h. tatsächlich nicht greifbar ist, ist der Auftrag an den Grundeigentümer zu richten, sofern dieser dem Vorhaben zugestimmt hat, es geduldet hat oder aus ihm einen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann. Daß demjenigen, der das Vorhaben ausgeführt hat, ein Wiederherstellungsauftrag nur dann erteilt werden dürfe, wenn er die hiefür erforderliche zivilrechtliche Verfügungsbefugnis besitzt, ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen (vgl. das zur insoweit gleichen Rechtslage nach dem Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982, ergangene Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, 97/10/0193, und die dort angeführte Vorjudikatur). Dagegen spricht auch nicht § 41 Abs. 3 letzter Satz NLG, demzufolge der Grundeigentümer, wenn er zur Durchführung des Wiederherstellungsauftrages nicht herangezogen werden kann, zu dulden hat, daß die Behörde auf ihre Kosten den Wiederherstellungsauftrag durchführt. Diese Bestimmung sieht zwar eine ausdrückliche Duldungspflicht des Grundeigentümers nur gegenüber Wiederherstellungsaufträgen vor, die die Behörde auf ihre Kosten durchführt. Das bedeutet aber nicht, daß der Grundeigentümer in jenen Fällen, in denen der Verursacher zur Durchführung des Wiederherstellungsauftrages herangezogen wird, keiner solchen Duldungspflicht unterliegt. Im § 41 Abs. 3 letzter Satz NLG hat der Gesetzgeber vielmehr jene Fälle im Auge, in denen weder der Verursacher noch - subsidiär - der Grundeigentümer zur Durchführung eines Wiederherstellungsauftrages herangezogen werden kann und in denen daher die Behörde selbst für die Durchführung zu sorgen hat. Für diese Fälle wird dem Grundeigentümer ausdrücklich eine Duldungspflicht gegenüber der Behörde auferlegt. Es ist aber kein sachlicher Grund dafür aufzufinden, die Duldungspflicht des Grundeigentümers auf Fälle zu beschränken, in denen die Behörde selbst die Maßnahme auf eigene Kosten durchführt. Vielmehr zeigt diese Bestimmung, daß der Gesetzgeber dort, wo der Verursacher zur Durchführung des Wiederherstellungsauftrages herangezogen wird, eine Duldungspflicht des Grundeigentümers als selbstverständlich voraussetzt. Die gegenteilige Auffassung führte zu dem absurden Ergebnis, daß der Grundeigentümer nicht zur Duldung der Durchführung eines Wiederherstellungsauftrages verpflichtet wäre, wenn dieser Wiederherstellungsauftrag vom durch Bescheid verpflichteten Verursacher selbst oder im Wege der Ersatzvornahme durch die Behörde auf Kosten des Verursachers durchgeführt wird, wohl aber dann, wenn die Behörde ihn selbst durchführt und auch die Kosten übernimmt. Zwischen der Kostentragung durch die Behörde und der Duldungspflicht des Grundeigentümers besteht kein Zusammenhang. Es ist daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber auf der Grundlage der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen ist, daß den Grundeigentümer bei einer Durchführung des Wiederherstellungsauftrages durch den verpflichteten Verursacher oder durch die Behörde im Wege der Ersatzvornahme jedenfalls eine Duldungspflicht trifft. Eine ausdrückliche Duldungspflicht wurde hingegen für jene Fälle vorgesehen werden, in welchen ein zur Durchführung des Wiederherstellungsauftrages durch Bescheid Verpflichteter nicht vorhanden ist, sondern die Wiederherstellung von vornherein der Behörde obliegt.

Nach § 41 Abs. 4 NLG kann bei Gefahr im Verzug auch die sofortige Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen werden. Einer gegen einen solchen Bescheid erhobenen Berufung kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

Das Vorliegen von Gefahr im Verzug wurde nachvollziehbar mit der Gefahr einer Zerstörung des Moores begründet. Es war daher zulässig, daß nach § 41 Abs. 4 NLG ohne vorherige Androhung vorgegangen wurde.

Darauf, ob und in welchem Ausmaß die Grundstücke Nr. 1016 und 1017 in das Biotopinventar Vorarlberg eingetragen sind, kommt es nicht an, da der Gesetzgeber nicht darauf abstellt.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung die im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzte Leistungsfrist nicht bekämpft, obwohl die Verpflichtung zur Befolgung des erstinstanzlichen Bescheides durch die Berufung nicht suspendiert wurde, da die Berufung keine aufschiebende Wirkung hatte. Durch den angefochtenen Bescheid wurde die Leistungsfrist verlängert, sodaß sich insgesamt eine wesentlich längere als die im erstinstanzlichen Bescheid vorgesehene Leistungsfrist ergibt. Es ist daher nicht ersichtlich, warum durch diese längere Leistungsfrist Rechte des Beschwerdeführers, der gegen die kürzere erstinstanzliche Leistungsfrist keinen Einwand hatte, verletzt werden sollten.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren behauptet, auf den in Rede stehenden Grundstücken bestünde schon seit langem eine Entwässerungsanlage (Drainagierung) und diese Grundstücke seien schon seit langem kein Feuchtgebiet mehr. Der Beschwerdeführer hat für diese Behauptungen auch Beweismittel angeboten.

Die belangte Behörde geht von der Annahme aus, die Grundstücke 1016 und 1017 stellten ein landwirtschaftlich genutztes Moor dar. Diese Annahme vermag sich aber nicht auf ein in verfahrensrechtlicher Hinsicht mängelfrei gewonnenes Ermittlungsergebnis zu stützen.

In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ist lediglich davon die Rede, der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz habe in seinem Gutachten vom 9. Oktober 1997 ausgeführt, daß es sich bei den Grundstücken Nr. 1016 und 1017 um landwirtschaftlich genutzte Moore handle. Eine nähere Begründung für diese Behauptung fehlt. Der Beschwerdeführer hat diese Behauptung in seiner Berufung als unzutreffend bezeichnet und hiezu auch ein entsprechendes Vorbringen erstattet.

Die belangte Behörde hat zwar ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz eingeholt, in welchem das Vorliegen eines Moores konstatiert wird; sie hat dem Beschwerdeführer dieses Gutachten aber nicht zur Kenntnis gebracht und ihm auch keine Gelegenheit gegeben, hiezu Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde hat es auch unterlassen, sich mit dem Einwand des Beschwerdeführers betreffend das Bestehen einer rechtmäßigen Entwässerungsanlage auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob tatsächlich auf den Grundstücken Nr. 1016 und 1017 schon vor den Maßnahmen des Beschwerdeführers eine rechtmäßig bestehende Entwässerungsanlage vorhanden war und ob die Maßnahmen des Beschwerdeführers als Erhaltung und/oder Instandsetzung dieser Entwässerungsanlagen anzusehen sind.

Die belangte Behörde hat dadurch und durch die Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. An Stempelgebühren waren nur S 2.500,-- zu entrichten. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Diverses Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100035.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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