TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 I414 2223668-2

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Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §71
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §33
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §33 Abs2
VwGVG §33 Abs3
VwGVG §33 Abs4

Spruch

I414 2223668-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. am XXXX, StA. Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 24.07.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.06.2019, Zl. XXXX, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Es wurde außerdem festgestellt, dass er ab dem 9.8.2016 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht. Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der Bescheid wurde an seine Wohnadresse gemäß ZMR in Wien 15. mittels RSa-Sendung übermittelt. Das Schriftstück wurde durch Hinterlegung am 19.6.2019 zugestellt. Mit Verfahrensanordnung vom 14.6.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt und wurde ihm diese ebenso am 19.6.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

Am 19.7.2019 langte bei der belangten Behörde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 71 AVG ein und wurde gleichzeitig die versäumte Handlung, nämlich eine Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid nachgeholt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist krankheitsbedingt versäumt habe.

Mit Bescheid vom 24.7.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ab.

Dagegen wurde fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer sei aus persönlichen Gründen (Krankheit) nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig eine Beschwerde einzubringen. Der Beschwerdeführer könne zwar seine Verhinderung nicht beweisen, möchte sie aber dennoch glaubhaft machen. Aus diesem Grund sei die gegenständliche Beschwerde eingebracht worden. Der Beschwerdeführer sei durch diese Verkettung von unglücklichen Umständen von für ihn äußerst ungünstigen Umständen betroffen, die es unmöglich gemacht hätten, rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 24.9.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der Asylbescheid vom 14.6.2019 enthält eine, in seine Muttersprache übersetzte Rechtsmittelbelehrung und wurde dem zu diesem Zeitpunkt unvertretenen, aufrecht im Bundesgebiet gemeldeten Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 18.6.2019 in der Postfiliale in 1150 Wien zugestellt. Als Beginn der Abholfrist war der 19.6.2019 am Zustellscheine vermerkt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete mit Ablauf des 17.7.2019.

Zugleich mit dem Bescheid war dem Beschwerdeführer auch mittels Verfahrensanordnung mitgeteilt worden, dass er sich an die Rechtsberatung der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe wenden könnte; dieses Schreiben war ebenso in seiner Muttersprache übersetzt.

Am 19.7.2019 wurde mit Eingabe seines nunmehrigen Rechtsvertreters Beschwerde gegen den Asylbescheid vom 14.6.2019 - somit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist (17.7.2019) - eingebracht. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde gleichzeitig gestellt.

Ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf dem bisherigen Verfahrensgang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest.

Die auf der Übernahmebestätigung beruhende Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Asylbescheid vom 14.6.2019 am 19.6.2019 ordnungsgemäß zugestellt wurde und die vierwöchige Beschwerdefrist somit mit Ablauf des 17.7.2019 endete, wurde im Verfahren nicht bestritten. Auch wurde in der Beschwerde dem Umstand, dass der Beschwerdeschriftsatz samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 19.7.2019 bei der belangten Behörde einlangte, nicht entgegengetreten. Diese Punkte sind daher unstrittig und werden auch gegenständliche Entscheidung zugrunde gelegt.

Die richtige und in seine Muttersprache übersetzte Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aus dem Asylbescheid. Die Zustellung einer in seine Muttersprache übersetzte Verfahrensanordnung über die zur Seite Stellung eines Rechtsberaters wurde ebenso nicht bestritten.

Im Antrag auf Wiedereinsetzung wurde erklärt, dass der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen die vierwöchige Beschwerdefrist nicht hätte einhalten können. Dem Antrag wurden keinerlei ärztlichen Unterlagen wie z.B. Bestätigungen, Befunde, Krankmeldung, etc. beigelegt. Vielmehr wurde in der Beschwerde angegeben, dass der Beschwerdeführer seine Verhinderung zwar nicht beweisen könne, aber dennoch glaubhaft machen machte. Diesbezüglich stellte der Beschwerdeführer die bloße Behauptung einer Krankheit in den Raum, ohne auch nur ansatzweise eine Glaubhaftmachung zu versuchen. Ob die behauptete Krankheit daher ein unabwendbares oder unvorhersehbares Hindernis darstellt, konnte somit nicht festgestellt werden und wird darauf unter Pkt. 3. in der rechtlichen Beurteilung näher einzugehen sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Zunächst ist festzuhalten, dass - wie die belangte Behörde in ihrem Bescheid richtig erkannt hat - bei versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung ist und nicht §§ 71, 72 AVG, insbesondere nicht § 71 Abs. 4 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. VwGH, 28.09.2016, Ro 2016/16/0013 oder auch zuletzt VwGH, 05.12.2018, Ra 2018/20/0441).

§ 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) idgF BGBl. I Nr. 57/2018 lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1.-nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.-nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1.-nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.-nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Im gegenständlichen Fall wurde unzweifelhaft eine Frist versäumt, da die Beschwerde gegen den Asylbescheid vom 14.6.2019 verspätet eingebracht wurde. Die Beschwerde wurde zeitgleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebracht.

Als Wiedereinsetzungsgrund wurde vorgebracht, dass es dem Beschwerdeführer aus persönlichen Gründen, nämlich Krankheit, nicht möglich war, die vierwöchige Beschwerdefrist einzuhalten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verwaltungsgericht ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber vorgebrachten Gründe gebunden (vgl. VwGH 17.3.2015, Ra 2014/01/0134). Als Grund nannte er Krankheit. Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine Krankheit ein unabwendbares Hindernis für die Nichtteilnahme einer Partei bei der Verhandlung darstellte, ist nicht deren subjektive Einschätzung der Erkrankung, sondern vielmehr eine aus medizinischer Sicht objektivierbare Gebotenheit, der Verhandlung fernzubleiben (vgl VwGH 8.6.2015, Ra 2015/08/0005) (Grof in Raschauer/Wessely (Hrsg), VwGVG § 33, Rz 2).

Da der Beschwerdeführer keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt hatte und nur aus seiner Sicht angab, dass ihn die Krankheit an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert habe, liegt kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 33 Abs 1 VwGVG vor.

Die belangte Behörde hat zu Recht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und unstrittig. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Zu beurteilen war nur die Frage, ob der vom Beschwerdeführer genannte Verhinderungsgrund ein unabwendbares Hindernis darstellte. Aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber klargestellt, dass das subjektive Empfinden alleine nicht ausreicht, sondern es auf eine medizinische Einschätzung ankommt, ob die Partei aus Krankheitsgründen gehindert war. Es liegt daher auch keine strittige Rechtsfrage vor.

Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Beschwerdefrist, Fristablauf, Fristversäumung,
Glaubhaftmachung, Krankheit, Rechtzeitigkeit, unabwendbares
Ereignis, unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, Verschulden,
verspätete Beschwerde, Verspätung, Wiedereinsetzungsantrag,
Zustellung, Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2223668.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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