TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/12 W251 2154658-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2019
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Entscheidungsdatum

12.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W251 2154658-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2017, Zl. 1102970105 - 160107018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 20.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 21.01.2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass der IS in seinem Dorf sei. Er sei Soldat gewesen und mehrmals bedroht worden, daher sei er geflüchtet.

3. Am 16.01.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er angefangen habe beim Militär zu arbeiten, die Taliban seien damit jedoch nicht einverstanden gewesen. Er habe seine Familie nicht bzw. nur versteckt besuchen können. Seine Eltern haben daher entschieden, dass er Afghanistan verlassen müsse. Die Daesh seien zudem zum Haus der Familie des Beschwerdeführers gekommen um diesen zu suchen, insgesamt seien diese 5 mal zur Familie gekommen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass ihm in Afghanistan eine Verfolgung durch die Taliban bzw. durch regierungsfeindliche Kräfte drohen würde, da er für das afghanische Militär tätig gewesen sei. Der afghanische Staat sei nicht schutzfähig und auch nicht schutzwillig. Er könne zudem nicht in seine Herkunftsprovinz Nangarhar zurückkehren, da diese besonders volatil sei. Es stehe dem Beschwerdeführer weder in Khost, noch in Logar oder Kabul eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

6. Der Beschwerdeführer entzog sich 2018 dem Beschwerdeverfahren, er reiste nach Frankreich aus. Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Beschluss vom 10.07.2018 eingestellt.

Der Beschwerdeführer wurde im September 2019 von Belgien nach Österreich abgeschoben. Das eingestellte Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 02.10.2019 fortgesetzt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.11.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers, des Beschwerdeführervertreters und eines Vertreters des Bundesamtes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung im Wesentlichen an, dass er in Afghanistan von den Taliban und den Daesh verfolgt werde, da er für das afghanische Militär gearbeitet habe. Da er über keine Ausbildung verfüge, könne er sich nicht außerhalb seines Heimatdorfes niederlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben (AS 5; Verhandlungsprotokoll vom 11.11.2019, OZ 23, S. 6). Der Beschwerdeführer spricht Paschtu als Muttersprache sowie Dari (OZ 23, S. 23).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Nangarhar geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinem Bruder aufgewachsen (OZ 23, S. 6; AS 7), er hat zumindest teilweise in der Stadt Jalalabad bei seinem Onkel gelebt (AS 51). Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht. Der Beschwerdeführer hat keinen Beruf gelernt. Der Beschwerdeführer hat mehrere Jahre auf Baustellen, in der Landwirtschaft und in einem Restaurant gearbeitet (OZ 23, S. 7). Der Beschwerdeführer hat nicht für das afghanische Militär oder für ausländische Streitkräfte gearbeitet.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet, er hat vier Kinder (OZ 23, S. 6; AS 39; AS 7).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Eltern, die Ehefrau, die Kinder, der Bruder des Beschwerdeführers, dessen Frau und Kinder, sowie zwei Onkel mütterlicherseits und zwei Tanten mütterlicherseits leben noch in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie (OZ 23, S. 12).

Der Beschwerdeführer reiste im Dezember 2015 aus Afghanistan aus (AS 9; OZ 23, S. 7). Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist. Er stellte am 20.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat sich im Mai 2018 dem Asylverfahren entzogen und er ist nach Frankreich gereist. Um einer Abschiebung von Frankreich nach Österreich zu entgehen, ist der Beschwerdeführer nach Belgien weitergereist. Von Belgien wurde der Beschwerdeführer im September 2019 nach Österreich abgeschoben (OZ 23, S. 15).

Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 in Österreich besucht, der Beschwerdeführer verfügt nur über sehr geringe Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer hat noch keine Deutschprüfung abgelegt (OZ 23, S. 13f; OZ 6).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung. Er geht derzeit keiner ehrenamtlichen Arbeit nach. Der Beschwerdeführer ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert. Er besucht weder eine Schule, noch Kurse, noch ist er Mitglied in einem Verein (OZ 23, S. 14). Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kinder, etc.) in Österreich. Er hat zu anderen Iranern bzw. Afghanen in seinem Asylheim Kontakt (OZ 23, S. 15).

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. (OZ 23, S. 14)

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund. Er nimmt gelegentlich Tabletten, falls er an Magenschmerzen leidet (OZ 23, S. 16).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Der Beschwerdeführer hat nicht für das afghanische Militär oder ausländische Streitkräfte gearbeitet.

Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban, den Daesh oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlasen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban, der Daesh oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan weder wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Sunniten noch wegen seiner Volksgruppezugehörigkeit zu den Paschtunen konkret und individuell physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt (AS 47).

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Nangarhar aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in den Städten Herat und Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 04.06.2019 - LIB 04.06.2019, S. 65).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 04.06.2019, S.65).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 04.06.2019, S. 68).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 04.06.2019, S. 76).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 04.06.2019, S. 69).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 04.06.2019, S. 69). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 04.06.2019, S. 70 ff).

Rekrutierung durch die Taliban:

Die Taliban waren mit ihrer Expansion noch nicht genötigt Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden. Zwangsrekrutierung ist noch kein herausragendes Merkmal für den Konflikt. Die Taliban bedienen sich nur sehr vereinzelt der Zwangsrekrutierung, indem sie männliche Dorfbewohner in von ihnen kontrollierten Gebieten, die mit der Sache nicht sympathisieren, zwingen, als Lastenträger zu dienen (Beilage ./IV, S. 18). Die Taliban betreiben eine Zwangsrekrutierung nicht automatisch. Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, werden keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Es kommt nur in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Ausmaß zu unmittelbaren Zwangsrekrutierungen durch die Taliban. Die Taliban haben ausreichend Zugriff zu freiwilligen Rekruten. Zudem ist es schwierig einen Afghanen zu zwingen, gegen seinen Willen gegen jemanden oder etwas zu kämpfen (Beilage ./IV, S. 19).

Nangarhar:

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt 1.573.973 Einwohner.

In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar verschlechtert. Nangahar war seit dem Sturz des Taliban-Regimes eine der relativ ruhigen Provinzen im Osten Afghanistans, jedoch versuchen bewaffnete Aufständische in den letzten Jahren ihre Aktivitäten in der Provinz auszuweiten. In den letzten Jahren versuchen Aufständische der Taliban und des IS in abgelegenen Distrikten Fuß zu fassen. Befreiungsoperationen, in denen auch Luftangriffe gegen den IS getätigt werden, werden in den unruhigen Distrikten der Provinz durchgeführt. Nangarhar war die Provinz mit den meisten im Jahr 2017 registrierten Anschlägen. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Nangarhar 862 zivile Opfer (344 getötete Zivilisten und 518 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen (LIB 04.06.2019, S. 194ff).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 04.06.2019, S.108).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 04.6.2019, S. 109).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan und ist unter Kontrolle der Regierung (EASO Country Guidance - Afghanistan, Juni 2019, S. 89, S. 92f). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 04.06.2019, S. 109).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 04.06.2019, S. 108f).

Herat:

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen, ein internationaler in der Provinzhauptstadt Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt

1.967.180 Einwohner, Herat-Stadt hat 506.900 Einwohner.

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, in dem Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz.

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Nach zehn Jahren der Entminung sind 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher. In diesen Gegenden besteht keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen in den Distrikte Gulran und Shindand wurden diese noch nicht von Minen geräumt (LIB 04.06.2019, S. 144f; (EASO Country Guidance - Afghanistan, Juni 2019, S. 89, S. 100).

Medizinische Versorgung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 04.06.2019, S. 362 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 06.04.2019, S. 364 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 04.06.2019, S. 364).

Wirtschaft

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 04.06.2019, S. 358).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 04.06.2019, S. 358).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./V, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./V, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 04.06.2019, S. 371).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 04.06.2019, S. 372f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 04.06.2019, S. 373f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 04.06.2019, S. 374).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 04.06.2019, S. 375f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 04.06.2019, S. 376).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 04.06.2019, S. 376).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 04.06.2019, S. 319).

Paschtunen sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 04.06.2019, S. 309).

Sunniten sind allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./V (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 04.06.2019, Beilage ./II; Bericht Landinfo, Afghanistan, der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne, 23.08.2017, Beilage ./III; Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017, Beilage ./IV; Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage

./V).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2019 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu seiner Muttersprache gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer noch Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Afghanistan hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich stringenten Angaben vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer noch zwei Onkel mütterlicherseits in der Stadt Jalalalabad hat und beide Onkel noch am Leben sind. Da der Beschwerdeführer zu Beginn der Verhandlung angab, dass seine Onkel ms. (beide) derzeit noch in der Stadt Jalalabad leben würden (OZ 23, S. 13) und nur sein Onkel väterlicherseits bereits verstorben sei, geht das Gericht davon aus, dass beide Onkel ms noch am Leben sind und diese in Jalalabad wohnen. Der Beschwerdeführer gab zwar am Schluss der Verhandlung an, dass ein Onkel 2019 ermordet worden sei (OZ 23, S. 20), dies ist jedoch als Schutzbehauptung zu qualifizieren und für das Gericht nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zumindest teilweise in Jalalabad gelebt hat, ergibt sich aus seinen Angaben beim Bundesamt, wonach er bereits bei einem seiner Onkel in Jalalabad gelebt hat (AS 51). Ihm sind daher städtische Strukturen bereits bekannt.

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, er hat dort eine eigene Familie gegründet und viele Jahre in Afghanistan gearbeitet.

2.1.2. Das Gericht geht jedoch aufgrund der widersprüchlichen und unplausiblen Angaben des Beschwerdeführers davon aus, dass dieser noch nie beim Militär war und er auch noch nicht für dieses oder für ausländische Streitkräfte gearbeitet hat.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert seine Tätigkeit beim Militär genau zu beschreiben:

R: Bitte beschreiben Sie ganz detailliert, welche Aufgaben Sie beim Militär ausgeübt haben.

BF: Am Anfang haben wir gemeinsam Dienst geleistet, mit ausländischen Kräften als auch mit afghanischen. Wir hatten Stützpunkte. Wir haben auf den Straßen Dienst geleistet, haben für die Sicherheit der Menschen gesorgt. Wir hatten auch Stützpunkte. Z.B. sind wir auch zu den Ortschaften gefahren, z.B. als wir Informationen bekommen haben, wo die Taliban sind, sind wir hingefahren. Wir haben auch nachts patrouilliert, zwecks Sicherheit. Als ich in der Garnison gearbeitet habe, war unsere Aufgabe, dass wir zuständig für die Sicherheit in der Brigade waren, besonders für die Eingangstüren namens Qarawol." (OZ 23, S. 8)

Die Angaben des Beschwerdeführers waren zu seiner militärischen Tätigkeit, die er angeblich 6 Jahre lang ausgeübt hätte, sehr vage und unkonkret. Das Gericht hat aufgrund der Schilderungen nicht den Eindruck, als hätte der Beschwerdeführer tatsächlich jemals für das Militär gearbeitet.

Der Beschwerdeführer wurde auch aufgefordert eine Kampfhandlung zu schildern, auch diesbezüglich waren die Angaben des Beschwerdeführers sehr vage und gänzlich detaillos:

"R: Bitte beschreiben Sie eine Kampfhandlung ganz detailliert.

BF: Ich erzähle eine Kampfhandlung von der Provinz Khost, Bezirk XXXX . Wir sind zu einem Dorf namens XXXX gefahren, gemeinsam mit ausländischen Kräften. Die ausländischen Kräfte wollten die Dorfbewohner sprechen, wir haben für die Sicherheit gesorgt. Nach diesen Gesprächen, als wir zurückfahren wollten, haben Sie auf uns gewartet. Als wir zurück wollten, sind sie auf uns losgegangen, es ist zu einer heftigen Kampfhandlung gekommen. Bei dieser Kampfhandlung sind zwei Kameraden der ANA ums Leben gekommen und drei der ausländischen Kräfte wurden verletzt. Das war die schwierigste Kampfhandlung, die ich erlebt habe, es passierte tagsüber." (OZ 23, S. 8).

Das Gericht geht auch aufgrund dieser vagen Angaben davon aus, dass der Beschwerdeführer noch nie an einer Kampfhandlung teilgenommen hat und er tatsächlich kein Mitarbeiter des Militärs gewesen ist. Auch wenn der Beschwerdeführer keine Schulbildung erhalten hat, müsste er in der Lage sein, einprägsame Kampfhandlungen, an denen er beteiligt gewesen wäre, detailliert zu schildern. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer konnte in der mündlichen Verhandlung keine konkreten Angaben zur verwendeten Munition bzw. zum Kaliber machen (OZ 23, S. 7-8). Die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers waren vage und ausweichend:

"R: Welche Munition braucht man für diese Waffen?

BF: Die beide brauchen 30 Munitionen, sie sind beide gleich.

R: Können Sie das genauer erklären?

BF: Die Patronen vom M-16 sind etwas kleiner als die Munition der Kalaschnikow, die Patronen des M-16 haben gelbe Farbe, die russischen Patronen bestehen aus zwei Teilen, der obere Teil waren in Grün und Rot.

R: Mit welchem Kaliber haben Sie geschossen?

BF: Ich kann es so sagen, die beiden sind ziemlich gleich, die Patronen vom M-16 sind etwas dünner, von der Kalaschnikow sind sie etwas dicker."

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan nicht zur Schule gegangen ist und über ein geringes Bildungsniveau verfügt. Da der Beschwerdeführer jedoch angab, dass er sechs Jahre lang beim Militär gedient habe und er auf den Waffen auch ausgebildet worden wäre, wäre jedenfalls anzunehmen, dass der Beschwerdeführer zumindest grundlegende Kenntnisse über diese hätte haben müssen.

Einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung war die Teilnahme an einem 12stündiges Sicherheitstraining zu entnehmen (AS 67). Einer weiteren Bestätigung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 20.02.2008 zum Scharfschützen ausgebildet worden sei (AS 66). Einer weiteren vom Beschwerdeführer vorgelegte Urkunde ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vom 13.11.2007 (22.08.1386) bis zum 03.02.2008 (14.11.1386) einen Militärkurs besucht hätte (AS 63; OZ 23, S. 17). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung dazu im Widerspruch an, dass er beim Militär zwei Monate lang eine Einschulung betreffend Waffen erhalten habe, sonst habe er beim Militär jedoch keine Ausbildung gemacht (OZ 23, S. 7). Die vorgelegten Unterlagen sind nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen.

Beim vorgelegten Militärbuch fällt auch auf, dass der Vorname des Beschwerdeführers mit dem im Militärbuch angeführten Vornamen nicht in Einklang zu bringen ist (OZ 23, S. 18). Dass sich der Kommandant des Beschwerdeführers verschrieben habe und dies nicht habe korrigieren wollen, ist nicht plausibel und als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Auch dies wirft erhebliche Zweifel betreffend die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen auf. Zudem ist dem Militärbuch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Paktia und in Khost Militärdienst geleistet habe (OZ 23, S. 18), der Beschwerdeführer gab jedoch in der mündlichen Verhandlung an, dass er zunächst drei Jahre in Khost beim Militär gedient habe, danach sei er drei Jahre in Logar beim Militär gewesen (OZ 23, S. 7), die Provinz Paktia erwähnte der Beschwerdeführer jedoch überhaupt nicht. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass er ausschließlich in den Provinzen Khost und Logar gewesen wäre (AS 51). Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Tätigkeit beim Militär sind nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer gab mehrfach an, dass er keinen Rang beim Militär bekleidet habe (OZ 23, S. 7; S. 10), es ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nach einer sechsjährigen Tätigkeit beim Militär keinen militärischen Rang gehabt haben soll. Dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Militärausweis ist als Rang auch die Bezeichnung XXXX zu entnehmen (AS 69). Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Tätigkeit beim Militär sind nicht glaubhaft, dass Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nicht beim Militär war.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er zunächst in einem Hotel (von Afghanischen Staatsangehörigen wird ein Restaurant manchmal auch als Hotel bezeichnet), dann auf der Baustelle und zuletzt beim Militär gearbeitet habe (AS 45). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er zuerst 10 Jahre auf einer Baustelle, dann in einem Restaurant und anschließend beim Militär gearbeitet habe (OZ 23, S. 7). Der Beschwerdeführer änderte seine Angaben in der mündlichen Verhandlung dahingehend ab, dass er tatsächlich bereits drei Jahre vor dem Militärdienst, von 1383 - 1386 (ca. 2005 - 2008), in einem Restaurant gearbeitet habe, auch nach dem Militärdienst habe er einige Monate in Jalalalbad in einem Restaurant gearbeitet (OZ 23, S. 20). Der Erstbefragung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise als Landarbeiter gearbeitet habe (AS 5). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer zu seinem beruflichen Lebenslauf derart divergierende Angaben gemacht hat. Auch Personen ohne schulische Bildung müsste es möglich sein, die von ihnen ausgeübten beruflichen Tätigkeiten, mit denen sie sich und die eigene Familie ernährt habe, stringent und gleichbleibend anzugeben.

Das Gericht verkennt zwar nicht, dass der Beschwerdeführer Unterlagen über die behauptete militärische Tätigkeit vorgelegt hat, diesen ist jedoch aufgrund der oben aufgezeigten Widersprüche und Unplausibilitäten kein Glaube zu schenken. Den Länderberichten ist zudem zu entnehmen, dass die Korruption in der afghanischen Gesellschaft verbreitet ist. Bestechung bleibt im öffentlichen Sektor weiterhin verbreitet und Schmiergeldzahlungen können direkt oder indirekt von Beamten gefordert oder auch von den Bürgern und Bürgerinnen selbst angeboten werden (LIB 04.06.2019, S. 289). Es ist afghanischen Staatsangehörigen daher möglich echte und unechte Dokumente, mit unrichtigem Inhalt zu besorgen.

Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht beim Militär, sondern ausschließlich in einem Restaurant, in der Landwirtschaft und im Bausektor gearbeitet hat, wobei die genaue Reihenfolge aufgrund der divergierenden Angaben nicht festgestellt werden kann.

2.1.3. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner geringen Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 23, S. 13ff) sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (OZ 6).

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen konnten auch vom Gericht getroffen werden, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten Fragen nicht bzw. kaum verstanden hat und er diese auf Deutsch auch nicht bzw. kaum beantworten konnte (OZ 23, S. 13f).

Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung (AS 35; OZ 23, S. 4, S. 14, S. 16) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er sich in Österreich an sich zurechtfindet bzw. er sich auch in Frankreich und Belgien zurechtfinden konnte. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer Arbeit nachgehen zu können und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen (OZ 23, S. 14).

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban, bzw. die Daesh, weil er beim Militär gearbeitet habe, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen umfassend, konkret und detailliert zu gestalten (OZ 23, S. 5. S. 16). Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können sowie, dass der Beschwerdeführer nur über ein geringes Bildungsniveau verfügt. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

Der Beschwerdeführer machte beim Bundesamt in der freien Erzählung zu seinen Fluchtgründen nachstehende vage und detaillose Angaben:

"Ich habe angefangen beim Militär und die Taliban sind dagegen, wenn dort jemand tätig ist, sind die dagegen. Als ich frei hatte, nach 4-5 Monaten, wollte ich meine Familie besuchen und ich konnte nicht normal nach Hause fahren. Ich habe mich versteckt und habe dann bei meinen Eltern 2-3 Nächte verbracht und bin dann in der Nacht wieder zur Dienststelle gefahren. Das war ein sehr großes Problem für mich, ich konnte nicht normal meine Familie besuchen. Ich bin immer versteckt zu ihnen gekommen. Zuletzt haben meine Eltern entschieden, dass ich weg muss. Ich kann nicht so zur Familie kommen. Es kann nicht sein, dass ich nur auf meiner Dienststelle bleibe. Die Daesh sind zu uns nach Hause gekommen und haben mich gesucht, ich war nicht zu Hause, sie haben das Haus durchsucht. Auf Nachfrage, das genaue Datum weiß ich nicht. Die waren schon dort, aber ich war in der Arbeit. Insgesamt waren die 5 Mal bei uns zu Hause." (AS 47-49).

Auch in der mündlichen Verhandlung bleiben die Angaben des Beschwerdeführers vage und detaillos, obwohl der Beschwerdeführer mehrfach aufgefordert wurde detaillierte Angaben zu machen:

"R: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend und detailliert alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können. Sie haben nun ausreichend Zeit Ihre Fluchtgeschichte detailliert zu erzählen (freie Erzählung):

BF: Ich wurde drei Mal von den Taliban angegriffen. Hätten Sie mich erwischt hätten ich das nicht überlebt. Der Grund warum ich angegriffen wurde ist, dass ich für die ANA Dienst geleistet habe. Mein Leben war dort in Gefahr darum habe ich das Land verlassen.

BF: Schweigt.

BFV deutet dem BF fortzufahren.

BF: Wie gesagt ich habe für die ANA Dienst geleistet, hätten Sie mich erwischt hätten sie mich sofort umgebracht." (OZ 23, S. 16).

Diese Angaben machen nicht den Eindruck, als würde es sich um tatsächlich erlebte Ereignisse handeln.

2.2.2. Zudem geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht beim Militär gearbeitet hat. Auch dies steht einer Glaubhaftmachung seiner Fluchtgründe entgegen (siehe Ausführungen zu Punkt II. 2.1.2.).

2.2.3. Zudem sind in den Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Widersprüche enthalten, die sein Fluchtvorbringen, wonach er doch von den Taliban bzw. den Daesh mit dem Umbringen bedroht worden sei, gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an: "Ich bin dann nach Jalalabad gegangen und habe in einem Restaurant gearbeitet und gelebt, für ca. fünf Monate. Dann bin ich ins Heimatdorf zurückgekehrt, war aber nur eine Nacht zu Hause. In dieser Nacht wurde mein Haus angegriffen, ich habe es aber geschafft zu flüchten" (OZ 23, S. 11). Aufgrund dieser Angaben wäre davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über Nacht zuhause geblieben wäre und er auch in dieser Nacht angegriffen worden wäre. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung jedoch auf Vorhalt an (OZ 23, S. 21f), dass sein Sohn am späten Nachmittag, als es noch hell gewesen sei, die Taliban gesehen und den Beschwerdeführer sofort gewarnt habe, der Beschwerdeführer sei daraufhin sofort geflohen. Wenn der Beschwerdeführer bereits bei Tageslicht am späten Nachmittag geflohen wäre, ist dies nicht mit den bisherigen Angaben, wonach er eine Nacht zuhause verbracht habe und in dieser Nacht angegriffen worden sei in Einklang zu bringen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass die Daesh insgesamt fünfmal bei seiner Familie zuhause gewesen wären (AS 49). In der mündlichen Verhandlung sprach der Beschwerdeführer jedoch ausschließlich von einem Aufsuchen bzw. Angreifen durch die Taliban (OZ 23, S. 16). Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich beim Militär gewesen, wäre anzunehmen, dass er zwischen den Daesh und den Taliban differenzieren würde. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer einmal von fünf Angriffen spricht und einmal von drei Angriffen. Der Beschwerdeführer gab nach Vorhalt zwar an, dass er in der Verhandlung nur von drei Angriffen gesprochen habe, da sich die anderen beiden Angriffe nach seiner Ausreise ereignet habe (OZ 23, S. 19), aber auch das ist nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen. So gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass die Taliban zuletzt vor 5 Monaten (sohin fünf Monate vor der Einvernahme beim Bundesamt) die Familie des Beschwerdeführers aufgesucht hätte, in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass seine Familie zuletzt im 9. Monat im Jahr 2015 von den Taliban aufgesucht worden wäre, also zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer noch in Afghanistan war. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht in Einklang zu bringen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass die Bedrohungen gegen ihn ca. ein Jahr vor seiner Ausreise aus Afghanistan (sohin ca. im Dezember 2014) begonnen hätten (AS 49). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass der erste Angriff bzw. das erste Aufsuchen 10.08.1394 (dies entspricht dem 01.11.2015) gewesen wäre, der dritte Angriff sei im September 2015 erfolgt. Die Angaben des Beschwerdeführers zu den behaupteten Angriffen sind nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er bei seinem Onkel in Jalalabad gelebt habe nachdem er den Militärdienst beendet habe (AS 51). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er nach dem Militärdienst in einem Hotel gearbeitet habe und auch dort gewohnt habe (OZ 23, S. 12). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht in Einklang zu bringen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er nach dem Militärdienst in Jalalabad in einem Hotel gearbeitet habe, er sei einmal pro Woche zu seiner Familie nach Hause gefahren (AS 51). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, seine Familie in diesem Zeitraum nur zwei Mal besucht zu haben (OZ 23, S. 12).

2.2.4. Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers konnte auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Taliban, die Daesh oder andere Personen drohen würde.

2.2.5. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt selber an, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den sunnitischen Paschtunen keine Probleme in Afghanistan hatte, sodass die entsprechenden Feststellungen getroffen wurden (AS 47).

2.2.6. Es ist auch nicht ersichtlich, dass beim Beschwerdeführer aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes die Gefahr besteht als "verwestlicht" angesehen zu werden. Es ist nicht ersichtlich wodurch sich ein "westlicher Lebensstil" äußern würde. Aufgrund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der Beschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.

2.2.7. Es ist weder den Angaben des Beschwerdeführers noch den beigezogenen Länderberichten zu entnehmen, dass Rückkehrer aus Europa in besondere Form von Gewalt und Bedrohung betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-)Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte.

Der Beschwerdeführer gab selber in der Verhandlung an (außer dem vorgebrachten Fluchtgrund der Verfolgung durch die Taliban bzw. die Daesh, der jedoch nicht glaubhaft ist) keine weiteren Probleme bei einer Rückkehr zu haben (OZ 23, S. 17). Es ist daher auch kein weiteres Verfolgungsrisiko betreffend den Beschwerdeführer feststellbar.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Nangarhar ergeben sich aus den o.a. Länderberichten. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers volatil ist.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in außerhalb seiner Herkunftsprovinz g

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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