Entscheidungsdatum
25.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W127 2163031-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. FISCHER-SZILAGYI über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. 1082818010-151104940, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 17.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.08.2015 gab der damals noch minderjährige Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seinem Fluchtgrund an, er habe Afghanistan aufgrund des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen. Sein Wohnort in Kabul gelte als unsichere Gegend und gebe es dort immer wieder Selbstmordattentate. Der Vater des Beschwerdeführers sei LKW-Fahrer gewesen und in Maidan Wardak getötet worden. Die Sicherheitslage in Kabul werde immer schlechter und herrsche dort außerdem Arbeitslosigkeit. Der Beschwerdeführer fühle sich dort nicht mehr sicher. Weitere Fluchtgründe habe er nicht.
3. Der Beschwerdeführer wurde am 31.05.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari und einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen. Über Befragen, ob sich an den Gründen für seine Ausreise etwas geändert habe, gab der Beschwerdeführer an, am 25.06.2015 um Mitternacht seien vier unbekannte, maskierte Männer zu ihm nach Hause gekommen. Seine Mutter sei gerade auf der Toilette gewesen und habe sie geschrien, als sie die Männer gesehen habe. Die Nachbarn hätten dies gehört und seien nach draußen gekommen. Die Männer seien dann - ohne etwas zu machen - geflüchtet.
Der Beschwerdeführer gab zu dem Ableben seines Vaters an, dass dieser von Taliban getötet worden sei, weil er Waren für "die Amerikaner" transportiert habe. Zu dem Vorfall am 25.06.2015 führte er weiter aus, er glaube, dass die Männer ihn hätten töten wollen. Er wisse es nicht, aber etwa sechs Monate vor dem Vorfall habe er einen Anruf erhalten, bei dem ein Mann sich am Telefon als Freund seines Vaters vorgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe ihm seine Adresse gegeben. Vielleicht hätten die Männer den Beschwerdeführer wegen der Tätigkeit seines Vaters für die Amerikaner töten wollen.
4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).
In der Begründung wertete das Bundesamt das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als unglaubhaft und sei überdies aufgrund der angegebenen Verfolgungshandlungen der Taliban eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht nachvollziehbar. Bei dem Beschwerdeführer handle es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann, dem eine Rückkehr nach Kabul zumutbar sei.
5. Hiegegen wurde Beschwerde erhoben und der gesamte Bescheid bekämpft. In der Begründung wurde im Wesentlichen das bei der Erstbefragung sowie vor dem Bundesamt erstattete Fluchtvorbringen wiederholt und auf eine Gefährdung aufgrund der Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit hingewiesen. Dem Beschwerdeführer sei eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Kabul aufgrund der Sicherheitslage nicht zuzumuten, weiters verfüge er in Kabul über keine familiären Anknüpfungspunkte mehr.
6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 30.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Am 22.05.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari insbesondere zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt, durch Befragung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Dokumente sowie durch Einsicht insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 26.03.2019; UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018; EASO, Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018; EASO, Country of Origin Information
Report Afghanistan: Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, April 2019; ACCORD,
Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, 12.10.2018 sowie Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage in Herat-Stadt und Mazar-e-Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018.
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Hazara zugehörig und bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17.08.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan in der Provinz Parwan geboren, ist jedoch in der Folge mit seiner Familie in die Stadt Kabul übersiedelt, wo er aufgewachsen ist und bis zu seiner Ausreise nach Österreich gelebt hat. Er hat in Kabul neun Jahre lang die Schule besucht, kann in der Sprache Dari lesen und schreiben und hat etwa seit seinem zehnten Lebensjahr gelegentlich mit verschiedenen Hilfstätigkeiten Geld verdient.
Die Mutter des Beschwerdeführers lebt mit zwei seiner Schwestern in Kunduz, eine weitere Schwester des Beschwerdeführers lebt in Pul-e Khumri, die vierte Schwester lebt in Ghazni. Alle Schwestern des Beschwerdeführers sind bereits verheiratet. Der Vater des Beschwerdeführers wurde im Jahr 2011 in der Provinz Maidan Wardak getötet, ein Bruder des Beschwerdeführers ist bereits verstorben, als der Beschwerdeführer noch ein kleines Kind war. Der Beschwerdeführer hat weiterhin Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan und telefoniert etwa alle zwei Monate mit seiner Mutter. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt ein Haus in Kabul, das seit der Ausreise des Beschwerdeführers vermietet wird.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren Erkrankungen, ist volljährig, arbeitsfähig, ledig und hat keine Kinder. Er hat in Österreich keine nahen Familienangehörigen oder sonstige enge Bindungen. Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes. Er hat in Österreich einen Werte- und Orientierungskurs sowie Deutschkurse besucht, die Prüfung ÖSD Zertifikat A1 bestanden und verfügt über rudimentäre Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer macht seit dem 30.09.2017 eine Lehre als Koch, darüber hinaus ist er in Österreich aber noch keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat Leistungen aus der Grundversorgung bezogen. Insbesondere in seinem beruflichen Umfeld hat der Beschwerdeführer auch österreichische Bekannte bzw. Freunde. Er ist nicht legal in das Bundesgebiet eingereist und hatte nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich.
1.2. Zum Fluchtvorbringen:
Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung durch Taliban aufgrund einer früheren beruflichen Tätigkeit seines Vaters ausgesetzt. Auch im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohen dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine Verfolgungshandlungen seitens der Taliban.
Dem Beschwerdeführer droht auch aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. aufgrund seiner Religionszugehörigkeit weder Gewalt noch Diskriminierung von erheblicher Intensität. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.
Der Beschwerdeführer hat bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine sonstige konkret gegen seine Person gerichtete Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Privatpersonen zu erwarten.
1.3. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Paschtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.
Die schiitische Minderheit der Hazara besiedelt traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert, gesellschaftliche Spannungen bestehen aber fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Ungefähr seit dem Jahr 2016 wurden insbesondere von Taliban und dem IS vermehrt terroristische Angriffe auf schiitische kulturelle und religiöse Einrichtungen bzw. Veranstaltungen verübt, bei denen zahlreiche schiitische Muslime - überwiegend ethnische Hazara - verletzt oder getötet wurden.
Etwa 99,7 % der Bevölkerung Afghanistans sind Muslime, der Großteil davon sind Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen etwa 0,3 % der Bevölkerung aus.
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt. Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber.
Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u.a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30 %. Rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, die aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, tagen regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern. Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - gelegentlich kommt es dabei aber zu Auseinandersetzungen mit Paschtunen. Ungefähr seit dem Jahr 2016 wurden insbesondere von Taliban und dem IS vermehrt terroristische Angriffe auf schiitische kulturelle und religiöse Einrichtungen bzw. Veranstaltungen verübt, bei denen zahlreiche schiitische Muslime - überwiegend ethnische Hazara - verletzt oder getötet wurden.
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.
Regierungsfeindliche Kräfte haben Berichten zufolge Familienangehörige von Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen als Vergeltungsmaßnahme und gemäß dem Prinzip der Sippenhaft angegriffen. Insbesondere wurden Verwandte, darunter Frauen und Kinder, von Regierungsmitarbeitern und Angehörigen der afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte Opfer von Schikanen, Entführung, Gewalt und Tötung.
Regierungsfeindliche Kräfte nutzen in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang. Da Taliban im Allgemeinen keinen Mangel an Freiwilligen bzw. Rekruten haben, kommt es allerdings nur in Ausnahmefällen zu Zwangsrekrutierungen. Personen, die sich der Rekrutierung widersetzen, sind ebenso wie ihre Familienmitglieder gefährdet, getötet oder bestraft zu werden.
Für als "verwestlicht" wahrgenommene Männer besteht in Afghanistan generell nur ein geringes Verfolgungsrisiko - insbesondere im urbanen Bereich.
Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen sicher zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.
Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif ist über einen internationalen Flughafen sicher zu erreichen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.
Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt sicher erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.
Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, Schulbildung und Berufstätigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seinen Aufenthaltsorten, seinen Verwandten in Afghanistan und dem Haus der Familie in Kabul beruhen auf den diesbezüglich plausiblen und im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Asylverfahrens. Auch die Feststellungen zum Alter, Familienstand, zur Arbeitsfähigkeit sowie zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen plausible Angaben.
Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und den damit in Einklang stehenden Angaben des Beschwerdeführers.
Hinsichtlich der Feststellungen zu dem aktuellen Privat- und Familienleben sowie insbesondere der Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie die vorgelegten Nachweise und Empfehlungsschreiben den Feststellungen zugrunde gelegt. Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung geht aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS) hervor. Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
2.2. Zum Fluchtvorbringen:
Der Beschwerdeführer begründete seine Antragstellung in Österreich zunächst lediglich mit dem Krieg und der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan. In der Einvernahme durch das Bundesamt am 31.05.2017 steigerte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen und gab über Befragen nach einer Änderung seiner Gründe für die Ausreise nunmehr einen Vorfall am 25.06.2015 an, bei welchem vier unbekannte, maskierte Männer in das Haus seiner Familie gekommen seien. Der Beschwerdeführer brachte diesen Vorfall darüber hinaus mit dem Tod seines Vaters in Verbindung, von dem er nun angab, das dieser aufgrund einer Tätigkeit als LKW-Fahrer für die Amerikaner von Taliban getötet worden zu sein. Darüber hinaus brachte er in der Einvernahme erstmals vor, etwa sechs Monate vor dem Vorfall im Jahr 2015 einen Anruf von einem angeblichen Freund seines Vaters erhalten zu haben, dem er seine Adresse mitgeteilt habe.
Wenngleich die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. zu Widersprüchen zur Erstbefragung VwGH 24.02.2015, Ra 2014/19/0171 mwN), ist auch unter Berücksichtigung der damaligen Minderjährigkeit des Beschwerdeführers und der von ihm vor dem Bundesamt über entsprechenden Vorhalt ins Treffen geführten Müdigkeit zum Zeitpunkt der Erstbefragung nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer auf die Frage nach seinem Fluchtgrund auf die Sicherheitslage in Afghanistan, Selbstmordattentate in Kabul, den Tod seines Vaters in Maidan Wardak und die herrschende Arbeitslosigkeit in Kabul einging, den fluchtauslösenden Vorfall am 25.06.2015, einen Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters und eine Bedrohung durch Taliban aber nicht erwähnte.
Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch nicht plausibel erklären, warum vier Männer, die in der Nacht in das Haus seiner Familie eingedrungen seien, weglaufen würden, nur weil seine Mutter zu schreien begonnen habe und damit die Nachbarn aufmerksam gemacht habe, zumal diese Männer nicht nur bewaffnet, sondern auch maskiert gewesen seien. Insbesondere da es sich bei diesem Vorfall um einen gezielten Angriff von Taliban gegen den Beschwerdeführer gehandelt haben soll, ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum die genannten Männer unter diesen Umständen von ihrem Vorhaben hätten ablassen sollen, obwohl sie sich nach den Angaben in der Einvernahme vom 31.05.2017 bereits in Sichtweite des Beschwerdeführers befunden hätten.
Des Weiteren ist auch unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers betreffend eine Tötung seines Vaters durch Taliban, einen Anruf eines angeblichen Freundes seines Vaters und dem sechs Monate danach erfolgten Vorfall im Haus der Familie nicht von einer aktuellen Bedrohung des Beschwerdeführers in Afghanistan auszugehen:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, sein Vater habe lediglich zwei- bzw. dreimal Waren für die Amerikaner transportiert. Der Beschwerdeführer vermutete lediglich, dass dies der Grund für eine Tötung seines Vaters im Jahr 2011 in der Provinz Maidan Wardak durch Taliban gewesen sei, konkrete Anhaltspunkte konnte er hierfür nicht nennen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer angegeben, seit dem Tod seines Vaters im Jahr 2011 bis zu dem Vorfall im Jahr 2015 keine Probleme gehabt zu haben. Ein Zusammenhang des Todes seines Vaters in Maidan Wardak mit einem Vorfall etwa vier Jahre später im Haus der Familie des Beschwerdeführers in der Hauptstadt Kabul ist daher keineswegs naheliegend. Auch wenn der Vater des Beschwerdeführers, als er angeblich von Taliban getötet worden sei, ein Mobiltelefon mit der gespeicherten Telefonnummer des Beschwerdeführers bei sich geführt hätte, ist nicht nachvollziehbar, warum die Täter etwa vier Jahre lang hätten warten sollen, bis sie den Beschwerdeführer kontaktieren, um seine Adresse herauszufinden. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einen Telefonanruf ins Treffen geführt hat, bei dem sich sechs Monate vor dem genannten Vorfall im Jahr 2015 eine dem Beschwerdeführer unbekannte Person als Freund seines Vaters ausgegeben und er dieser Person seine Adresse genannt habe, hat der Beschwerdeführer lediglich vage Vermutungen geäußert, die er durch keinerlei konkrete Anhaltspunkte untermauern konnte. Schließlich sind auch weder substantiierten Hinweise darauf hervorgekommen, dass die angeführten bewaffneten und maskierten Männer tatsächlich den Taliban zuzurechnen wären, noch dass diese vorgehabt hätten, den Beschwerdeführer aufgrund der Tätigkeit seines Vaters zu bedrohen bzw. zu töten. In der Gesamtbetrachtung stützt sich die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Furcht vor Verfolgung sohin auf eine Verkettung von vagen Vermutungen, die sich mangels eines nachvollziehbaren zeitlichen Zusammenhanges zu dem auslösenden Vorfall im Jahr 2011 überdies sehr unplausibel darstellt.
Der Beschwerdeführer kann darüber hinaus einer allfälligen Bedrohung in seiner Heimatregion in der Stadt Kabul auch durch eine Neuansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif entgehen, da jedenfalls keine Hinweise hervorgekommen sind, dass in ganz Afghanistan nach dem Beschwerdeführer gesucht wird. Aufgrund der eher untergeordneten Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers für "die Amerikaner" handelte es sich bei diesem nicht um ein "high-profile target" der Taliban und ist vor dem Hintergrund der amtsbekannten Gegebenheiten in Afghanistan (Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister; vgl. auch EASO COI Report Afghanistan: Networks (Arbeitsübersetzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl), Stand Jänner 2018) nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mehr als acht Jahre nach dem Tod seines Vaters in einer anderen afghanischen Großstadt gesucht bzw. gefunden würde (vgl. EASO, Country Guidance:
Afghanistan, Juni 2018: "When assessing the availability of IPA in case of persecution or serious harm by the Taliban, particular consideration should be given to the individual circumstances of the applicant, the capacity of the Taliban to track and target individuals in the cities, the way the applicant is perceived by the Taliban (see next point) and whether or not a personal enmity is at stake [...] For individuals who fear persecution or serious harm by other armed groups, the reach of the particular group should be assessed, e.g. the operational presence of ISKP in Kabul and Herat should be taken into account; in most cases IPA could be available."; vgl. auch EASO Country of Origin Information Report,
Afghanistan: Recruitment by armed groups, September 2016; EASO
Country of Origin Information Report, Afghanistan: Insurgent strategies, intimidation and targeted violence against Afghans, Dezember 2012; ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan [a-8282] vom 15.02.2013). Dies gilt umso mehr, wenn das Motiv für den vorgebrachten Angriff nicht die frühere Berufstätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers gewesen wäre, zumal der Beschwerdeführer keinerlei persönliche Feindschaften oder Hinweise auf sonstige Gründe für eine gezielte Verfolgung durch Angehörige einer regierungsfeindlichen Gruppierung angegeben hat.
Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner rechtswidrigen Ausreise, seiner Asylantragstellung sowie aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten bzw. wurde auch kein Vorbringen zu bereits erfolgten oder konkret drohenden Diskriminierungen oder Übergriffen erstattet. Konkrete Anhaltpunkte für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers sind auch sonst nicht hervorgekommen.
2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet - und dem EASO-Bericht "Country Guidance:
Afghanistan" vom Juni 2018 (vgl. auch den Folgebericht aus dem Juni 2019).
Im Ergebnis ist auch nicht zu erkennen, dass sich seit der mündlichen Verhandlung am 22.05.2019 und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, den EASO-Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2019, den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 02.09.2019 und das ecoi.net-Themendossier "Überblick über die Sicherheitslage in Afghanistan" vom 02.10.2019) versichert hat.
Der Beschwerdeführer ist den im Rahmen der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebrachten Länderberichten nicht entgegengetreten und hat lediglich auf die Anträge in der Rechtsmittelschrift sowie darauf hingewiesen, dass Afghanistan nach wie vor kein stabiles oder sicheres Land sei. In den aktuellen UNHCR-Richtlinien werde auch immer wieder auf die schlechte Sicherheitslage in Kabul und in den anderen Städten verwiesen.
Auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des UNHCR in den Richtlinien vom 30.08.2018 betreffend eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul ("UNHCR ist der Auffassung, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist.") ist allerdings im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass Rückkehrern bei einer Neuansiedlung in der Stadt Kabul jedenfalls ernsthafter Schaden droht. Wenngleich den Richtlinien des UNHCR besondere Beachtung zu schenken ist ("Indizwirkung"; vgl. etwa VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103-0106, und 22.09.2017, Ra 2017/18/0166, jeweils mit weiteren Nachweisen), folgt das erkennende Gericht diesbezüglich der etwas differenzierteren Beurteilung des EASO in dem Bericht "Country Guidance: Afghanistan" vom Juni 2018 (vgl. auch den Folgebericht vom Juni 2019, dessen gegenständlich relevante Kernaussagen vergleichbar sind und nicht auf eine wesentliche Lageänderung hinweisen), in dem für Kabul hinsichtlich einer möglichen ernsthaften individuellen Bedrohung im Sinne von Artikel 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (Statusrichtlinie) ausdrücklich auf das Vorliegen besonderer persönlicher Umstände abgestellt und darüber hinaus hinsichtlich alleinstehender leistungsfähiger erwachsener Männer ("single able-bodied adult men") von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul ausgegangen wird.
Die Beurteilung des EASO ist mit dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und auch mit den Ausführungen in den UNHCR-Richtlinien betreffend einen UNAMA-Bericht vom Juli 2018 in Einklang zu bringen, in dem 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 genannt werden (eine Steigerung von 5 % im Vergleich zum Vorjahr), zumal diese Zahlen im Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung der Provinz Kabul von rund 4,6 Millionen Einwohnern zu betrachten sind, wobei von einer erhöhten Gefährdung für Staatsbedienstete und Ausländer auszugehen ist. Auch UNHCR hat in den Richtlinien vom 30.08.2018 den EASO-Bericht vom Juni 2018 herangezogen; soweit UNHCR darauf hingewiesen hat, dass EASO zu der Einschätzung gekommen sei, dass "in der Provinz Kabul, einschließlich der Hauptstadt, willkürliche Gewalt herrscht" (S. 127 der deutschen Fassung, Fn. 688), ist festzuhalten, dass EASO in unmittelbarem Zusammenhang mit der von UNHCR zitierten Aussage zur Sicherheitslage in Kabul näher ausführt, dass eine tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne von Artikel 15 lit. c der Statusrichtlinie bestehen kann, wenn der Antragsteller aufgrund seiner persönlichen Umstände konkret betroffen ist. Hinsichtlich der Würdigung der EASO-Leitlinien ist festzuhalten, dass in Artikel 8 Abs. 2 der Statusrichtlinie hinsichtlich der für die Prüfung der Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers einzuholenden Informationen aus relevanten Quellen gleichermaßen auf Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wie auch des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) verwiesen wird. Den Berichten mit Herkunftsländerinformationen (Country of Origin Information - COI) des EASO, die nach den Grundsätzen der Neutralität und Objektivität erstellt werden und darüber hinaus qualitätssichernden Verfahren unterliegen (vgl. EASO, Methodik für das Erstellen von COI-Berichten des EASO, Juli 2012; vgl. auch
Artikel 4 lit. a und b der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 vom 19.05.2010), wird daher seitens des erkennenden Gerichts ein ebenso hoher Beweiswert wie den Richtlinien des UNHCR beigemessen, zumal auch das Unionsrecht der vom EASO herausgegebenen "Country Guidance" - vergleichbar Informationen des UNHCR - eine besondere Bedeutung zumisst (VwGH 28.08.2019, Ra 2018/14/0308). Im Übrigen ist festzuhalten, dass es sich bei der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative um eine rechtliche Beurteilung handelt und darüber hinaus auch in den UNHCR-Richtlinien nicht davon ausgegangen wird, dass eine interne Schutzalternative in Kabul keinesfalls bestehe, sondern dass diese "grundsätzlich" nicht verfügbar sei (vgl. hiezu auch VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Betreffend den vorliegenden Fall ist weiters darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer aus Kabul stammt und daher - auch nach mehrjähriger Abwesenheit - zumindest über grundlegende Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten verfügt.
Auch hinsichtlich der Städte Herat und Mazar-e Sharif stützen sich die getroffenen Feststellungen neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation insbesondere auf die EASO-Leitlinien vom Juni 2018 (vgl. auch in diesem Zusammenhang den Folgebericht vom Juni 2019, S. 125 ff), denen etwa bezüglich der Stadt Herat Folgendes zu entnehmen ist (hinsichtlich der im Wesentlichen gleichlautenden Ausführungen betreffend die Provinz Balkh - einschließlich der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif - siehe Seite 79 des Berichtes):
"For Herat city, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place at such a low level, that in general there is no real risk for a civilian to be personally affected by reason of indiscriminate violence."
Für die Städte Herat und Mazar-e Sharif geht EASO hinsichtlich "single able-bodied adult men" ebenfalls von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative aus.
Im Hinblick auf die Auswirkungen der insbesondere im Jahr 2018 auch die Provinzen Herat und Balkh betreffenden Dürre auf die dortige Versorgungslage (vgl. auch UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, S. 125 f) ist den vorliegenden Länderberichten nicht zu entnehmen, dass die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in den Provinzhauptstädten Mazar-e Sharif und Herat nicht als zumindest grundlegend gesichert anzusehen wäre, zumal die von der Dürre betroffenen Menschen von nationaler und internationaler Seite insbesondere mit Nahrungsmitteln und sauberem Trinkwasser unterstützt werden bzw. die Nahrungsmittelpreise - insbesondere die Preise für Getreide und Brot - relativ stabil geblieben sind (vgl. ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan "Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif" vom 12.10.2018 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage in Herat-Stadt und Mazar-e-Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu A)
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).
Wie oben ausgeführt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete, aktuelle Bedrohung konnte nicht festgestellt werden.
Zu einer möglichen Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara bzw. zur Religionsgemeinschaft der Schiiten ist festzuhalten, dass sich die Situation der Hazara seit dem Ende der Talibanherrschaft verbessert hat, wenngleich es in den letzten Jahren vermehrt zu Anschlägen auf schiitische Einrichtungen und Veranstaltungen gekommen ist. Aus den herangezogenen Länderberichten geht nicht hervor, dass Angehörige dieser Volksgruppe im gesamten Staatsgebiet Afghanistans - ohne Hinzutreten weiterer, gefahrenerhöhender Umstände - mit systematischer Diskriminierung von erheblicher Intensität rechnen müssen (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018). Auch in der aktuellen Rechtsprechung der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wird keine Gruppenverfolgung der den Hazara zugehörigen Schiiten in Afghanistan judiziert (vgl. etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0277, mwN; EGMR 05.07.2016, Zl. 29094/09, A.M. gg. die Niederlande).
Den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, dass "verwestlichten" Rückkehrern alleine aufgrund dieses Umstandes Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018). Auch in den UNHCR-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass je nach den Umständen des Einzelfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann. Dies gilt umso mehr bei einer Rückkehr in eine afghanische Großstadt.
Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Da sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter
Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.
Darüber hinaus ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 auch dann abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (vgl. die unten stehen Ausführungen zu § 8 Abs. 3 AsylG 2005).
Selbst wenn man dem Vorbingen des Beschwerdeführers betreffend eine Bedrohung durch ihm unbekannte, maskierte Männer in seinem Haus in Kabul folgt, ist unter Berücksichtigung der Länderberichte und der Umstände des vorliegenden Falles nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer etwa vier Jahre nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsland in anderen Teilen Afghanistans - insbesondere in Großstädten wie Herat oder Mazar-e Sharif - gesucht bzw. gefunden würde.
Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.
Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).
Gemäß Artikel 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.
§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, verwies auf § 57 Fremdengesetz, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).
Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 17.07.2008, 2007/21/0366). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).
Es bedarf im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz - bezogen auf den Einzelfall - nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, jeweils mit mwN).
Nach einer Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, darauf hingewiesen, dass weder in den UNHCR-Richtlinien vom April 2016 noch in den dazu ergangenen Anmerkungen vom Dezember 2016 die Rede von einem "gesicherten" Zugang zu den genannten Kriterien ist und völlig offen bleibt, worin ein solcher besteht oder von wem ein solcher erteilt werden könnte. Weiters mag es zutreffen, dass alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt sowie finanzieller Unterstützung in Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert seien. Jedoch entsprechen die konkret auf die Person des Mitbeteiligten (im entsprechenden VwGH-Verfahren) bezogenen Feststellungen den von UNHCR geforderten "bestimmten Umständen", nach denen es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben.
Gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, widerspricht es der Statusrichtlinie, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Artikel 3 EMRK gestützt sind. Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, ist (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Artikel 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht. Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Artikel 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Artikel 3 Statusrichtlinie entgegen der Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.
Mit Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof halte daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von
Artikel 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann.
Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses bei der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan. Nach den Ergebni