TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/12 98/08/0093

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Veröffentlicht am 12.05.1998
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch D, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1997, Zl. 3/01-13.257/5-1997, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5024 Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer einer näher bezeichneten, im Konkurs befindlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß §§ 67 Abs. 10, 83 und 59 ASVG für 90 % der im Haftungszeitraum, dies sei vom 1. März 1996 bis 31. August 1996, fälligen und derzeit rückständigen Sozialversicherungsbeiträge hafte und den mit S 658.596,10 ausgewiesenen Betrag zuzüglich Verzugszinsen ab dem 8. April 1997 binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen habe.

Nach Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen begründet die belangte Behörde ihren Bescheid wie folgt:

"Im konkreten Fall hat die Prüfung der Haftungsvoraussetzungen im Sinne des § 67 Abs 10 und § 48 Abs 1 ASVG ergeben, daß (der Beschwerdeführer) in der Zeit vom 1.3.1996 bis zum 31.8.1996 Geschäftsführer der in Liquidation befindlichen Firma G Gesellschaft mit beschränkter Haftung war.

Zum Zeitpunkt der Konkursabweisung gemäß § 75 KO am 20.2.1997 waren die im Rückstandsausweis der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 7.4.1997 enthaltenen Beiträge für den Zeitraum vom 1.3.1996 bis zum 31.8.1996, das sind insgesamt S 658.596,10 zuzüglich Verzugszinsen gerechnet ab dem 8.4.1997, fällig.

Weiters war zu prüfen, ob die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner, ... gegeben ist. Diese Uneinbringlichkeit, die eine wesentliche sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung des Geschäftsführers darstellt, ist durch die aus dem Akt hervorgehende Konkursabweisung als erwiesen anzunehmen.

In seinem Einspruch führt (der Beschwerdeführer) sinngemäß aus, daß er keine schuldhafte Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers begangen und korrekt entsprechend den kaufmännischen Sorgfaltsvorschriften gehandelt habe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein entsprechender Nachweis anhand konkreter, auf den genannten Zeitraum bezogener Berechnungsgrößen (Liquiditätsstatus) erfolgen hätte müssen. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Die vom Einspruchswerber angeführte Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen bezieht sich aufgrund der Aktenlage auf Beiträge für Beitragszeiträume vor dem 1.3.1996.

Abschließend ist dem Vorbringen des Einspruchswerbers also entgegenzuhalten, daß bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Vorlage einer Liquiditätsaufstellung vergeblich verlangt wurde.

In dem aufgrund des gegenständlichen Einspruches durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde (der Beschwerdeführer) mit hieramtlichen Schreiben vom 10.6.1997,

Zahl 3/01-7/13.257/2-1997, neuerlich aufgefordert, zum Vorlagebericht der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 23.5.1997, innerhalb von 6 Wochen nach Zustellung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und entsprechende Beweise dafür anzubieten, daß er der Verpflichtung, die Verbindlichkeiten gegenüber der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht schlechter zu behandeln als die übrigen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Verbindlichkeiten, nachgekommen ist.

Dieser Liquiditätsstatus ist dem Landeshauptmann von Salzburg bis zum heutigen Tage nicht vorgelegt worden.

Für die Frage, ob der Einspruchswerber der dargestellten Gleichbehandlungspflicht entsprochen hat oder nicht, sind daher die Ausführungen im Einspruch vom 12.5.1997, die sich auf die wirtschaftliche Situation der Beitragsschuldnerin beziehen, unbeachtlich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt die Verpflichtung des Geschäftsführers, für die rechtzeitige Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge namens der Beitragsschuldnerin Sorge zu tragen, die Verpflichtung ein, diese Schulden nicht schlechter zu behandeln als die übrigen aus den von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Verbindlichkeiten, es sei denn, es bestünde eine rechtliche Grundlage für die bevorzugte Behandlung dieser Verbindlichkeiten; eine Verpflichtung, die Beitragsschulden zeitlich oder dem Ausmaß nach bevorzugt zu erfüllen, besteht freilich nicht. Gegen die umschriebene Beitragspflicht verstößt der Geschäftsführer, der Beitragsschulden bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet, auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Beitragsschuldnerin zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, er aber diese Mittel nicht anteilig für die Begleichung aller im obigen Sinne gleichzubehandelnden Verbindlichkeiten verwendet und dadurch die Beitragsschulden im Verhältnis zu anderen Verbindlichkeiten schlechter behandelt hat; insoweit ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt.

Unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur abgabenrechtlichen Haftung (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 19. Juni 1985, VwSlg. 60122/F und vom 6. März 1989, Zl. 88/15/0063) ist es auch im sozialversicherungsrechtlichen Haftungsverfahren Sache des haftungspflichtigen Geschäftsführers darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Beitragsschulden rechtzeitig entrichtet wurden, und dafür entsprechende Beweisanbote zu erstatten. Denn ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus - die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafter Weise nicht nachgekommen ist.

Da den von den Behörden der ersten und zweiten Instanz an den Einspruchswerber ergangenen Aufforderungen zur Erstattung entsprechender Beweisanbote sowie zur Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht entsprochen wurde war die erkennende Behörde gemäß der oben dargestellten Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Annahme berechtigt, daß der Einspruchswerber seiner Pflicht in schuldhafter Weise nicht nachgekommen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zahlen 86/14/0077).

Konsequenterweise haftet der Geschäftsführer somit für die von der Haftung betroffenen Beitragsschulden zur Gänze."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Feststellung der belangten Behörde, im bisherigen Verfahren Nachweise darüber, daß er entweder keine Zahlungen geleistet oder die Gebietskrankenkasse mit anderen Gläubigern gleichbehandelt habe, nicht vorgelegt und auch - trotz gegebener Gelegenheit - zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht Stellung genommen zu haben.

Er wendet sich hingegen gegen den angefochtenen Bescheid mit der Behauptung, die belangte Behörde hätte "die betreffenden Unterlagen entweder beim Finanzamt oder bei der ... Gesellschaft selbst anfordern müssen". Damit verkennt der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht im Verfahren zur Feststellung der Beitragshaftung im Sinne des § 67 Abs. 10 ASVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die die belangte Behörde zutreffend wiedergibt und auf die näher einzugehen daher entbehrlich ist (vgl. etwa aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1997, Zl. 96/08/0264 mwH). Daran ändert auch nichts das Vorbringen in der Beschwerde, dem Beschwerdeführer habe die Möglichkeit gefehlt, die Geschäftsunterlagen zu besorgen, da er nicht einmal behauptet, sich darum bemüht zu haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, 95/08/0180).

Das zweite Argument des Beschwerdeführers - unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - liegt in der Behauptung, er sei nicht bis 31. August 1996 Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen. Dies wird damit begründet, daß die Bestellung, Abberufung oder Änderung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers von der Eintragung im Firmenbuch unabhängig sei und nur deklarativ wirke, sodaß die Behörde verpflichtet gewesen wäre, Einsicht in den Firmenbuchakt zu nehmen und sich nicht mit einem Firmenbuchauszug des zuständigen Firmenbuchgerichtes hätte begnügen dürfen. Dabei "hätte die Behörde ersehen müssen, in welchem Zeitraum der Beschwerdeführer Geschäftsführer war". Hier liege nicht nur ein Verfahrensfehler der belangten Behörde vor, sondern auch eine "unrichtige rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Dauer der Geschäftsführertätigkeit".

Entgegen diesen Ausführungen gründet die belangte Behörde ihre Feststellungen über die Dauer der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer auf Umstände tatsächlicher Art, die sie aus dem Firmenbuch entnommen hat. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, im Verfahren vorzubringen und unter Beweis zu stellen, daß er bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen worden ist oder diese Geschäftsführung zurückgelegt hat. Auch in seiner Beschwerde stellt er keine konkreten Behauptungen darüber auf, bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 31. August 1996 als Geschäftsführer der Gesellschaft ausgeschieden zu sein, und er verschweigt auch, welche Feststellungen die belangte Behörde im Falle der Einsicht in den Firmenbuchakt hätte treffen können. In der Darstellung des Beschwerdesachverhaltes wird vielmehr ausdrücklich vorgebracht, daß der Beschwerdeführer vom 1. März bis 17. Oktober 1996 Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei.

Mit seinem Vorbringen vermag er daher weder einen Verfahrensfehler, noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Behörde aufzuzeigen.

Da die Beschwerde weitere Ausführungen zur Sache nicht enthält und somit bereits aufgrund der vorliegenden Beschwerde festgestellt werden kann, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist auch der mit der Beschwerde verbundene Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998080093.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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