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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §33 Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch D, Rechtsanwalt in D, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 4. August 1997, Zl. LGSV/3/1217/1997, VSNR. 3884 180548, betreffend Zuerkennung eines Pensionsvorschusses auf der Basis einer zu gewährenden Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers "auf Zuerkennung eines Pensionsvorschusses auf der Basis einer zu gewährenden Notstandshilfe ... gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 des AlVG 1977 sowie § 33 Abs. 2 lit. a und § 34 Abs. 3 iVm § 34 Abs. 4 Z. 1 und 2 des AlVG 1977 abgewiesen". Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer zuletzt vom 1. April 1987 bis 17. Oktober 1990 für die Dauer von 1.296 Tagen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. In der Folge habe er Krankengeld und ab 1. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1995 eine Invaliditätspension bezogen. Der Beschwerdeführer sei türkischer Staatsangehöriger und habe am 6. Dezember 1996 neuerlich die Zuerkennung eines Pensionsvorschusses für eine Invaliditätspension auf der Basis einer zu gewährenden Notstandshilfe beantragt. Er habe die Weitergewährung einer Invaliditätspension über den 31. Dezember 1995 hinaus beantragt. Das diesbezügliche Pensionsverfahren sei nach wie vor anhängig. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zuerkennung des Pensionsvorschusses nicht im Besitz eines gültigen Befreiungsscheines gewesen. Er sei lediglich im Zeitraum vom 26. März 1991 bis 25. März 1996 im Besitz eines gültigen Befreiungsscheines gewesen. Da der Beschwerdeführer türkischer Staatsangehöriger sei, fänden auf ihn die gesetzlichen Bestimmungen des § 34 Abs. 3 Z. 6 iVm § 34 Abs. 4 AlVG Anwendung. Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Zuerkennung des Pensionsvorschusses auf der Basis einer zu gewährenden Notstandshilfe sei der Beschwerdeführer aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes nicht im Besitz eines gültigen Befreiungsscheines im Sinne des § 15 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gewesen. Selbst wenn der Beschwerdeführer als türkischer Staatsangehöriger die Voraussetzungen nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei und dem darauf beruhenden Beschluß des Assoziationsrates Nr. 1/80 gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich und Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich erfüllen würde und damit freien Zugang zu jeder Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis hätte, müßten dem Sinne des § 34 Abs. 4 Z. 2 AlVG fiktiv die Voraussetzungen für die Gewährung eines Befreiungsscheines im Zeitpunkt der Geltendmachung des Pensionsvorschusses überprüft werden. Der Beschwerdeführer sei jedoch im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in den letzten acht Jahren vor Geltendmachung des Anspruches, das sei seit dem 6. Dezember 1988, nicht fünf Jahre erlaubt beschäftigt gewesen. Er sei zuletzt lediglich vom 1. April 1987 bis 17. Oktober 1990 erlaubt beschäftigt gewesen, sodaß eine fiktive Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ergebe, daß dem Beschwerdeführer kein Befreiungsschein ausgestellt werden könnte. Dem Beschwerdeführer könnte somit jedenfalls kein Pensionsvorschuß auf der Basis einer Notstandshilfe gewährt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Oktober 1997, Zl. A 116/97, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 33 Abs. 2 lit. a sowie § 34 Abs. 3 und 4 Z. 1 und 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. Nr. 416/1992, als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 11. März 1998, G 363 bis 365/97 u.a. (den vorliegenden Beschwerdefall betrifft die Erledigung zu G 463/97), wurden die genannten gesetzlichen Bestimmungen als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr über die Beschwerde erwogen:
Die Zuerkennung eines Pensionsvorschusses auf der Basis einer zu gewährenden Notstandshilfe des Beschwerdeführers (eines türkischen Staatsangehörigen) wurde - gestützt unter anderem auf die nunmehr vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen des AlVG - abgewiesen.
Der vorliegende Beschwerdefall ist Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG; auf ihn ist daher das als verfassungswidrig aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden.
Damit ist dem angefochtenen Bescheid die ihn tragende Rechtsgrundlage entzogen; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998080075.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
04.08.2009