Entscheidungsdatum
08.01.2020Norm
AsylG 2005 §55Spruch
G307 2219452-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Armenien, vertreten durch RA Mag. Wolfgang AUNER in 8700 Leoben, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 23.04.2019,Zahl XXXX, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid b
e h o b e n .
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG n i c h t z u l ä s s
i g .
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 11.07.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA).
Nach erfolgter Aufforderung durch das BFA brachte der BF ergänzend diverse Unterlagen in Vorlage.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) des BF zugestellt am 25.04.2019, wurde der Antrag des BF gemäß § 47 Abs. 2 NAG iVm. § 3 NAG wegen Unzuständigkeit der Behörde als unzulässig zurückgewiesen.
3. Mit per Telefax am 23.05.2019 beim BFA eingebrachtem Schreiben erhob der BF durch seinen RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurden die Behebung des angefochtenen Bescheides samt Feststellung der Zuständigkeit des BFA hinsichtlich der Entscheidung über den vom BF gestellten Antrag, in eventu die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
4. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA am 29.05.2019 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Armenien.
1.2. Der BF wurde mit Beschluss des ungarischen Innenministeriums, Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsbehörde, RZ: XXXX, vom XXXX.2003, von Ungarn als Asylberechtigter anerkannt. Der besagte Status ist weiterhin aufrecht.
1.3. Mit Formularvordruck beantragte der BF am 11.07.2017 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG persönlich beim BFA.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Identität des BF ergibt sich aus den in Vorlage gebrachten Dokumenten (Reisepass und Personalausweis), aus welchen sowohl Name und Geburtsdatum als auch die Nationalität des BF hervorgehen. Zwar wurden die besagten Ausweise vom ungarischen Staat ausgestellt, jedoch in diesen die armenische Nationalität des BF vermerkt. (siehe Reisepasskopie ".../Nationality: örmeny"; und Kopie Personalausweis:
".../Nationality: ARM") Ferner wird die armenische Staatsbürgerschaft des BF auch im oben zitierten ungarischen Asylanerkenntnis-Beschluss festgestellt. Aus dessen Inhalt erschließen sich ferner auch die ungarische Anerkennung des BF als Asylberechtigter sowie dessen aufrechter Asylstatus.
Die gegenständliche persönliche Antragstellung des BF auf Erteilung des oben genannten Aufenthaltstitels beruht auf dem Inhalt des im Akt einliegenden - mit Eingangsstempel des BFA versehenen - ausgefüllten entsprechenden Formularvordrucks sowie einer Ausfertigung eines an den BF gerichteten Verbesserungsauftrages seitens des BFA, in welchem die persönliche Einbringung festgehalten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:
3.1.1. "Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. E 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002, 0003; E 23. Juni 2015, Ra 2015/22/0040; B 16. September 2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge hätte demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschritten" (VwGH 19.10.2016, Ro 2016/12/0009).
Die belangte Behörde hat den Antrag des BF mangels Zuständigkeit zurückgewiesen und sohin keine inhaltliche Entscheidung getroffen. Demzufolge ist verfahrensgegenständlich nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu entscheiden, nicht jedoch eine inhaltliche Entscheidung über den gegenständlichen Antrag des BF zu treffen.
3.1.2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 20 a AsylG jemand gilt als Fremder, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Z 20b leg cit als Drittstaatsangehöriger, ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG lautet:
"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet:
"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige 1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.
(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."
Der mit "Allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen" betitelte § 60 AsylG lautet:
"§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde."
Gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 BFA-VG obliegt dem Bundesamt die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf die Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.
3.1.3. § 3 Abs. 2 Z 2 BFA-VG begründet die Zuständigkeit des BFA über Anträge der Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß dem AsylG zu entscheiden und werden allfällige Zurückweisungstatbestände in §§ 58 Abs. 9, 10 und 11 Z 2 AsylG aufgezählt.
Der BF hat als Drittstaatsangehöriger in Entsprechung der einschlägigen Bestimmungen persönlich beim BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG gestellt. Demzufolge wurde damit die Entscheidungspflicht des BFA als zuständige Behörde iSd. § 73 Abs. 1 AVG ausgelöst.
Dem erkennenden Gericht erschließt sich nicht, womit die belangte Behörde ihre Unzuständigkeit begründet. Ihr ist zwar im Grunde Recht zu geben, dass sie für Entscheidungen über Aufenthaltstitel nach dem NAG unzuständig ist. Jedoch wurde vom BF ein Antrag auf Erteilung eines in die Zuständigkeit des BFA fallenden Aufenthaltstitels gemäß dem AsylG gestellt und nicht nach dem NAG.
Der Entscheidung der belangten Behörde kann die rechtliche Grundlage, auf jene sich ihre gegenständliche Unzuständigkeit stützt, nicht entnommen werden. Der Verweis auf allgemeine Verfahrensgrundsätze sowie die Zitierung von gegenständlich nicht anwendbaren Bestimmungen des NAG vermögen die Entscheidung der belangten Behörde nicht zu begründen.
Wenn auch § 58 Abs. 6 AsylG unter Verweis auf die Gültigkeit des § 13 Abs. 3 AVG normiert, dass dann, wenn sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren ergäbe, der Drittstaatsangehörige benötige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel, er über diesen Umstand zu belehren sei, vermag diese Bestimmung keine Rechtsgrundlage für eine Ablehnung der Zuständigkeit der belangten Behörde über Anträge gemäß § 55 AsylG bieten.
Diese Norm lässt nicht erkennen, dass auch andere Aufenthaltstitel neben jenen der in den §§ 55 bis 57 AsylG geregelten, sohin auch jene nach dem NAG, mitumfasst wären, welche das BFA in seine Überlegungen miteinzubeziehen hätte und dieses zu einer Zurückweisung eines auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AsylG gerichteten Antrages nach allfälligem Verbesserungsauftrag iSd. § 13 Abs. 3 AVG wegen Unzuständigkeit berechtigte. Der belangten Behörde obliegt es als Fremdenbehörde nicht, über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln iSd. NAG zu entscheiden und kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, er habe mit § 58 Abs. 6 AsylG einen diesbezüglichen Kompetenzzuwachs normieren wollen. In keinem der einschlägigen fremden- und asylrechtlichen Bestimmungen finden sich Regelungen, die es dem BFA ermöglichen, über die Zu- oder Aberkennung von Aufenthaltstiteln iSd. NAG zu entscheiden. Vielmehr stellen aufenthaltsbeendende fremdenbehördliche Entscheidungen weitestgehend - einer Beurteilung als Vorfrage iSd. § 38 AVG den Boden entziehend - auf das Bestehen oder das Fehlen solcher ab und widerspräche es der Systematik derselben, Fremdenbehörden in Anwendung des AsylG - abgesehen von §§ 55 bis 57 AsylG - derartige Kompetenzen zuzusprechen.
Im Ergebnis hat die belangte Behörde den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß dem AsylG zu Unrecht wegen deren Unzuständigkeit zurückgewiesen.
Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2219452.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.04.2020