TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/10 G314 2226865-1

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Entscheidungsdatum

10.01.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch

G314 2226865-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des albanischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung eines Einreiseverbots, die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und das Absehen von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise beschlossen (A) und zu Recht erkannt (B):

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids

wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Im Übrigen wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX.2019 am Flughafen XXXX festgenommen, weil er sich vor einem Flug nach Manchester mit einem verfälschten Dokument ausgewiesen hatte. Nach seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde ihm mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Der BF wurde am XXXX.2019 in Schubhaft genommen und am XXXX.2019 nach Albanien abgeschoben.

Gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheids richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben, in eventu, das Einreiseverbot zu verkürzen. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass der BF unbescholten sei und sich - abgesehen von seinem unrechtmäßigen Aufenthalt - in Österreich nichts zuschulden kommen ließ. Aufgrund seines geringfügigen Fehlverhaltens sei ein fünfjähriges Einreiseverbot unverhältnismäßig, zumal er bereits nach Albanien abgeschoben worden sei und daher keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mehr bestünde. Der BF habe sich bei der Einvernahme geständig und reumütig gezeigt. Dem Bescheid sei keine Gefährdungsprognose zu entnehmen. Die Behörde sei zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen. Die Begründung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass der BF erneut versuchen werde, mit gefälschten Urkunden in ein anderes EU-Land weiterzureisen, überzeuge nicht, weil der verwendete gefälschte Ausweis sichergestellt worden sei. Dem BF hätte - auch aufgrund der Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Gnandi (C-181/16) - eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden müssen, was auch für einen allfälligen Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots gemäß § 60 Abs 1 FPG, der eine fristgerechte Ausreise voraussetze, relevant sei.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

Feststellungen:

Der BF kam am XXXX im albanischen Ort XXXX zur Welt. Er ist albanischer Staatsangehöriger und spricht Albanisch. In seinem Herkunftsstaat, wo seine Ehefrau, seine Eltern, seine Großmütter und seine Halbgeschwister nach wie vor leben, besuchte er neun Jahre lang die Schule, machte aber keine weiterführende Berufsausbildung.

Der BF hat einen am 23.09.2019 ausgestellten und bis 22.09.2029 gültigen (biometrischen) albanischen Reisepass, mit dem er am 01.12.2019 in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Er hatte sich in Albanien einen verfälschten rumänischen Reisepass besorgt, den er am XXXX.2019 am Flughafen XXXX vor einem Flug nach Manchester bei der Ausreisekontrolle vorwies. Er wollte in das Vereinigte Königreich reisen, um dort zu arbeiten. Bei seiner Festnahme hatte er ungefähr EUR 335 in bar bei sich; weitere finanzielle Mittel können nicht festgestellt werden.

Mit der Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2019 wurde gegen den BF wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts (§ 120 Abs 1a FPG iVm § 31 Abs 1, 1a FPG) eine Geldstrafe von EUR 600 verhängt; die gemäß § 37a Abs 1 VStG eingehobene vorläufige Sicherheit von EUR 250 wurde darauf angerechnet.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig, verheiratet und kinderlos und in strafrechtlicher Hinsicht unbescholten. Er war vor seiner Ausreise in Albanien nicht erwerbstätig und wurde von seiner Familie finanziell unterstützt. In Österreich hat er keine familiären oder sonstigen sozialen Bindungen. Er hat rudimentäre Kenntnisse der deutschen und der englischen Sprache, ist hier aber ansonsten weder beruflich noch gesellschaftlich integriert.

Albanien ist seit 2009 NATO-Mitglied und seit 2014 EU-Beitrittskandidat. Die Todesstrafe ist abgeschafft. In Albanien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Rückgeführte Staatsangehörige werden nicht diskriminiert und haben nicht mit staatlicher Repression zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt. Eine Festnahme erfolgt nur, wenn gegen eine Person aufgrund anderer Delikte ermittelt wird. Albanien kommt seinen im Rücknahmeabkommen mit der EU kodifizierten Verpflichtungen nach.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor. Die Angaben des BF bei der Einvernahme vor dem BFA waren grundsätzlich schlüssig und können der Entscheidung daher zugrunde gelegt werden.

Die Identität des BF wird anhand der vorliegenden Kopie aus seinem Reisepass festgestellt. Albanischkenntnisse sind aufgrund seiner Herkunft und der in Albanien absolvierten Schulbildung plausibel. Die Feststellungen zu seiner Ausbildung und seinen familiären Anknüpfungen in Albanien basieren auf seiner Darstellung vor dem BFA. Seine Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich aus dem entsprechenden Einreisestempel in seinem Reisepass, der im Einklang mit seinen Angaben dazu steht.

In Bezug auf die Verwendung eines verfälschten rumänischen Reisepasses für die Weiterreise in das Vereinigte Königreich war der BF geständig; die entsprechenden Feststellungen ergeben sich auch aus dem polizeilichen Amtsvermerk vom XXXX.2019. Seine Unbescholtenheit in Österreich geht aus dem Strafregister hervor; Anhaltspunkte für strafgerichtliche Verurteilungen in anderen Staaten bestehen nicht.

Die Strafverfügung vom XXXX.2019 liegt vor.

Der BF bezeichnete sich vor dem BFA als gesund; Indizien für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit fehlen. Er erklärte außerdem, mit einer in Albanien lebenden Frau verheiratet und kinderlos zu sein, und schildete die finanzielle Unterstützung durch seine Familie und die Schwierigkeiten, in Albanien eine Arbeit zu finden. Es ist glaubhaft, dass er während der Schulzeit Grundkenntnisse der deutschen und englischen Sprache erwarb, wobei er zugab, dabei nicht viel gelernt zu haben.

Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich zutage getreten, zumal er ohnehin am Tag nach seiner Einreise nach Manchester weiterreisen wollte. Da auch der Beschwerde keine weiteren relevanten privaten oder familiären Bindungen des BF in Österreich oder anderen Vertragsstaaten zu entnehmen sind, ist von deren Fehlen auszugehen.

Bei der Einvernahme gab der BF Barmittel von 200 Pfund (entspricht umgerechnet ca. EUR 235) und von EUR 50 bis 100 an. Beweisergebnisse für weitere finanzielle Mittel liegen nicht vor, zumal er die Frage nach Vermögen und Ersparnissen verneinte.

Die Feststellungen zur Lage in Albanien beruhen auf den vom BF nicht beanstandeten Länderinformationen, die im angefochtenen Bescheid unter Angabe konkreter Quellen angegeben wurden. Die Behörde hat dabei Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Es wurden im Verfahren keine Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit dieser Informationen Bedenken aufkommen ließen. Auch in der Beschwerde werden weder die Aktualität noch die inhaltliche Richtigkeit dieser Informationen in Zweifel gezogen.

Rechtliche Beurteilung:

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein Einreiseverbot erlassen, also die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Zu den Voraussetzungen für den visumfreien Aufenthalt des BF im Schengengebiet gehört gemäß Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex [SGK]; vgl. § 2 Abs 4 Z 22a FPG) und Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ; vgl. § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.

Gemäß Art 6 Abs 4 SGK werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Die Einschätzung des BFA, der BF habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, ist nicht zu beanstanden, zumal er bei der Festnahme nur über finanzielle Mittel von ca. EUR 335 verfügte und keine weiteren Mittel nachwies. Da der BF volljährig und als selbsterhaltungsfähig anzusehen ist, besteht kein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern oder andere Angehörige. Er hat daher keinen Rechtsanspruch auf eine finanzielle Unterstützung durch sie. Außerdem hatte er gar nicht vor, nach Albanien zurückzukehren, sondern wollte ohne eine entsprechende Erlaubnis nach Manchester weiterreisen und dort arbeiten, sodass EUR 335 für die Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung während der beabsichtigten Aufenthaltsdauer und für die Rückreise nach Albanien nicht als ausreichend anzusehen sind, zumal er keine Möglichkeit hatte, weitere Unterhaltsmittel auf legalem Weg zu erwerben.

Aus der Mittellosigkeit des BF resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs 2 FPG gerechtfertigt ist (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309). Da dem BF neben dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel auch zur Last fällt, dass er durch die Verwendung gefälschter Dokumente eine Straftat (Fälschung besonders geschützter Urkunden, §§ 223 f StGB) beging und so versuchte, eine unrichtige Identität als EWR-Bürger vorzutäuschen, um unbehelligt in das Vereinigte Königreich weiterzureisen, geht von ihm eine signifikante Gefährdung öffentlicher Interessen aus. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass für ihn keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann und Wiederholungsgefahr besteht.

Mangels entgegenstehender familiärer oder privater Interessen des BF sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines maximal fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt. Dessen Dauer ist aber - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - auf zwei Jahre zu reduzieren, was dem Fehlverhalten des strafgerichtlich (noch) unbescholtenen BF entspricht, zumal nur ein Tatbestand des § 53 Abs 2 FPG erfüllt ist. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Gemäß § 55 Abs 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Da keine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung erhoben wurde und diese somit rechtskräftig ist, kommt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht in Betracht. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Da sich der BF einen gefälschten Reisepass beschaffte und ihn dazu verwenden wollte, um ohne ausreichende finanzielle Mittel über Österreich in das Vereinigte Königreich, weiterzureisen, um dort eine Arbeit aufzunehmen, ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG unabhängig davon auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG liegen nicht vor. Daran anknüpfend ist gemäß § 55 Abs 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen; dies gilt unabhängig von einem später allenfalls geplanten Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots. Daher ist Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids zu bestätigen, zumal die in der Beschwerde angesprochenen Überlegungen im Urteil EuGH 19.6.2018, Gnandi, C-181/16, bei der hier vorliegenden Rückkehrentscheidung "außerhalb asylrechtlichen Kontextes" nach § 10 Abs 2 AsylG bzw. § 52 Abs 1 FPG und der Anwendung von § 18 Abs 2 BFA-VG von vornherein nicht zum Tragen kommen (siehe VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).

Zum Entfall einer Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal davon keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Die Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots können jeweils nur im Einzelfall vorgenommen werden (siehe VwGH 17.09.2019, Ra 2019/18/0358).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot, Herabsetzung,
Milderungsgründe, Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2226865.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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