Entscheidungsdatum
07.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G305 2193015-1/14E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 13.01.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE RECHTSBERATUNG, Wattgasse 48, 1170 Wien und Dr. Andreas WALDHOF, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom XXXX03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: so oder kurz: BF) ist Staatsangehöriger der Republik Irak und stellte am 18.09.2015 um 15:00 Uhr einen Antrag auf internationalen Schutz.
Noch am selben Tag fand beginnend mit 18:39 Uhr eine Erstbefragung des BF vor Organen der LPD Steiermark statt.
Dabei sagte er zur Reiseroute befragt, im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass er gemeinsam mit anderen Personen am 21.08.2015 mit einem Flugzeug nach XXXX geflogen sei. Von hier aus sei er mit einem Reisebus nach XXXX gefahren und sei er ausgehend von XXXX auf die Insel XXXX (Griechenland) übergesetzt. In der Folge sei er über Athen zur griechisch-mazedonischen Grenze gelangt und von hier - schlepperunterstützt - über die Balkanroute nach Österreich [BF in der Niederschrift über seine Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 4 oben]. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er Angst hätte, auch im Irak entführt zu werden. Sein Bruder sei bereits am XXXX2015 entführt worden, weshalb er gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Brüdern geflohen sei [BF, ebda., S. 5 Mitte].
2. Am 17.11.2017 wurde er von der RD Wien des BFA niederschriftlich einvernommen. Da gab er an, dass sie am 28.05.2015 einen Drohbrief von der BADR Miliz erhalten hätten. Sie hätten diesen Vorfall der Polizei des Herkunftsstaates gemeldet; dort sei das Original des Drohbriefs entgegengenommen und ihnen eine Kopie ausgehändigt worden. Man habe ihnen gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen müssten. Am XXXX06.2015 sei sein Bruder verschwunden. Sie seien wieder zur Polizei gegangen und habe man dort gesagt, dass man sich um die Angelegenheit kümmern werde. Die familieninterne Suche nach seinem Bruder sei erfolglos geblieben, weshalb seine Mutter beschlossen habe, mit ihm und Bruder XXXX aus dem Irak auszureisen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht [BF in Niederschrift des BFA vom 17.11.2017, S. 6].
3. Mit Bescheid vom XXXX03.2018, Zl. XXXX, dem BF am 15.03.2018 durch Hinterlegung zugestellt, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien (in der Folge kurz: BFA oder: belangte Behörde) den Antrag des BF auf Gewährung von internationalem Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen werde (Spruchpunkt IV.), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
4. Seine am 09.04.2018 bei der belangten Behörde im Wege seiner Rechtsvertretung eingebrachte Beschwerde stützte der BF auf die Beschwerdegründe "inhaltliche Rechtswidrigkeit" und "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" und verband sie mit den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts, auf Behebung des angefochtenen Bescheides und Gewährung von Asyl gemäß § 3 AsylG, in eventu auf Behebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze und Zurückverweisung der Angelegenheit an das BFA zur Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides, für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrages möge gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG festgestellt werden, dass ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Irak zukomme und möge festgestellt werden, dass die gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. In eventu möge die ordentliche Revision zugelassen werden.
5. Am 19.04.2018 legte die belangte Behörde die gegen den vorbezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vor und wurde die Beschwerdesache hier der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.
6. Am 07.11.2018 brachte der Rechtsvertreter des BF einen Urkundenkonvolut vor, darunter insb. eine zum 29.05.2019 datierte, als "Übertrag der Mietrechte" bezeichnete (lediglich teilweise unterzeichnete) Vereinbarung; mehrere Auszahlungsjournale betreffend die Monate Februar 2019, März 2019, April 2019, Mai 2019, Juni 2019, August 2019, eine von der SVA ausgestellte "Erklärung zum Kontoauszug vom 20.07.2019", eine Rechnung der Firma XXXX vom 01.04.2019, eine Bestätigung der Firma XXXX vom 09.04.2019, eine Wohnrechtsvereinbarung vom 11.05.2019.
7. Am 16.05.2019 brachte der Rechtsvertreter des BF ein (bereits einmal vorgelegtes) Auszahlungsjournal für den Februar 2019 zur Vorlage und eine Wohnrechtsvereinbarung vom 11.05.2019, die er bereits am 07.11.2018 vorgelegt hatte.
8. Am 25.11.2019 brachte der BF über seine Rechtsvertretung mit E-Mail einen Fristsetzungsantrag beim erkennenden Gericht ein.
9. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 22.11.2019 wurde für den 13.01.2020 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Die Ladung an den BF erging zu Handen seiner beiden (im Spruch näher bezeichneten) Rechtsvertretungen.
10. Mit einer weiteren Verfahrensanordnung vom 02.12.2019 wurde er im Wege seines Rechtsvertreters über die geltende Rechtslage aufgeklärt, dass Schriftsätze an das Bundesverwaltungsgericht entweder im elektronischen Datenverkehr (ERV) oder im Postwege einzubringen sind und dass Rechtsanwälte sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet sind.
11. Darüber belehrt, was schon aus dem Gesetz zu entnehmen ist, brachte der außen ausgewiesene Rechtsvertreter des BF neuerlich am 03.12.2019, diesmal elektronisch, einen Fristsetzungsantrag ein.
12. Am 13.01.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF und eines Dolmetschers für die Muttersprache des Beschwerdeführers, jedoch in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde, die einen zur OZ 9 erfassten Teilnahmeverzicht abgegeben hatte, und beider Rechtsvertretungen des Beschwerdeführers.
Im Anschluss an die durchgeführte mündliche Verhandlung erfolgte die mündliche Verkündung des nun in Vollschrift verfassten Erkenntnisses.
13. Am 20.01.2020 beantragte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung via ERV die Ausfertigung des am 13.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der im Spruch genannte, am XXXX geborene Beschwerdeführer XXXX ist Staatsangehöriger der Republik Irak. Bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat lebte auch er in der XXXX [BF in Niederschrift über seine Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 1 oben].
Er gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Seine Muttersprache ist arabisch [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 4 unten].
Er war im Herkunftsstaat mit einer Frau verheiratet, die mit den gemeinsamen Kindern, einer Tochter (XXXX, geb. zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres XXXX) und einem Sohn (XXXX, geb. XXXX) im Herkunftsstaat des BF, in XXXX lebt. Die Behauptung des BF, dass die Ehe geschieden sei, ist nicht belegt. Die beiden Kinder des BF besuchen in XXXX die Grundschule. Für den Kindesunterhalt kommen die (vormalige) Ehegattin und sein Schwiegervater auf, der gleichzeitig sein Onkel mütterlicherseits ist [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 5; PV in Niederschrift des BFA vom 17.11.2017, S. 3 Mitte]. Bei der Ehegattin des BF handelt es sich um seine Cousine und steht er mit ihr und den Kindern in Kontakt [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 6 oben].
1.2. Zur Reiseroute und Einreise des BF in das Bundesgebiet und zu seiner persönlichen Situation im Irak:
Der BF ist am XXXX2015 in Begleitung von anderen Personen mit einem Flugzeug nach XXXX geflogen und von hier aus mit dem Reisebus nach XXXX gereist. In der Folge setzte er von XXXX nach XXXX über und gelangte über XXXX zur XXXX, von wo aus er - schlepperunterstützt - mit diversen Fahrzeugen über die Balkanroute nach Österreich gelangte [BF in der Niederschrift über seine Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 4 oben] Am XXXX2015 ist er in Österreich eingereist [BF in der Niederschrift über seine Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 4 Mitte].
Im Herkunftsstaat besuchte der BF sechs Jahre lang die Grundschule und drei Jahre lang die Mittelschule. Anschließend belegte er einen Frisierkurs und arbeitete in der Folge als Friseur. Als Friseur verdiente er - trotz schwankender Einkünfte - so viel, dass es ihm wirtschaftlich gut ging [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 6 Mitte]. Bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat lebte er im Einfamilienhaus der Familie in der XXXX [BF in Niederschrift des BFA vom 17.11.2017, S. 4 oben].
Der BF ist gesund und grundsätzlich arbeitsfähig [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 4 oben]. Er betreibt nach eigenen Angaben seit einem Jahr einen XXXX in Österreich und geht einer selbständigen Erwerbstätig nach. Sein monatliches Einkommen beträgt ca. EUR 1.200,00 netto [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 12 oben].
Die Mutter des BF (XXXX, geb. XXXX) ist gemeinsam mit diesem und den XXXX des BF, XXXX, geb. XXXX, und XXXX, geb. XXXX, aus dem Herkunftsstaat ausgereist. Auch diese Personen haben je einen Asylantrag in Österreich gestellt, der vom BFA in Ansehung des XXXX mit Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, in Ansehung des XXXX mit Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, und der XXXX mit Bescheid vom XXXX, Zl. XXXX, gemäß § 3 Abs. 1 und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen wurde. Zwar erhoben die namentlich angeführten Mitglieder der Kernfamilie des BF Beschwerde gegen die obangeführten Bescheide. Infolge ihrer freiwilligen Ausreise in den Herkunftsstaat (XXXX kehrte am 31.10.2018, XXXX am 22.03.2018 und die Mutter XXXX am 10.12.2018 in den Irak zurück) stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16.11.2018, GZ: G302 192376-1/3E, das Beschwerdeverfahren hinsichtlich XXXX, mit Beschluss vom 09.04.2019, GZ: G302 2191963-1/5E, das Beschwerdeverfahren hinsichtlich XXXX und mit Beschluss vom 03.01.2019, GZ: G302 2191960-1/5E, das Beschwerdeverfahren hinsichtlich XXXX ein.
Die Genannten halten sich seit ihrer Rückkehr unbehelligt im Herkunftsstaat auf und wohnen sie wieder im Einfamilienhaus in der XXXX. Mit ihnen steht der BF über WhatsApp bzw. Viber in regelmäßigen Kontakt [BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 7 Mitte]. Die finanzielle Lage der in den Herkunftsstaat zurückgekehrten, dort wieder aufhältigen Angehörigen seiner Kernfamilie ist gut. Sie erfährt selbst dadurch keine Einbuße, dass die Brüder derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 8 oben].
Die in den Irak zurückgekehrten Angehörigen seiner Kernfamilie haben nach ihrer Rückkehr weder mit den Milizen noch mit sonstigen bewaffneten Gruppierungen des Herkunftsstaates Probleme gehabt. Sie waren auch nie Adressaten einer gegen sie gerichteten Drohung. Auch mit den staatlichen Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates hatten bzw. haben die Angehörigen seiner Kernfamilie kein Problem [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 10 Mitte]. Die Angehörigen seiner Kernfamilie gehörten bzw. gehören weder einer politischen Partei, noch einer politischen oder bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates an [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, verso]. Die Familie des BF wie auch dieser selbst hatte weder vor noch haben die Angehörigen seiner Kernfamilie nach erfolgter Rückkehr in den Herkunftsstaat ein Problem mit den Nachbarn [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 11 oben].
In der näheren Umgebung des Einfamilienhauses der Familie des BF gibt es Einkaufsmöglichkeiten, über die der Bedarf an Lebensmitteln und Wasser gedeckt werden kann [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 8 Mitte].
In der Heimatstadt des BF gibt es ein größeres Krankenhaus, das die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellt. In jener Straße, in der sich das Einfamilienhaus der Familie des BF befindet, liegt ein kleines medizinisches Institut. Dort bestehen auch Apotheken, über die Medikamente bezogen werden können [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 8 unten].
Auch der BF war weder Mitglied einer politischen Partei, noch einer politisch aktiven Bewegung, noch einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates. Auch er hatte weder mit der Polizei, noch mit den Verwaltungsbehörden, noch mit den Gerichten des Herkunftsstaates, noch mit einer politischen Partei oder mit einer politischen bzw. bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates Probleme. Er hatte auch kein Problem mit den Nachbarn bzw. mit sonstigen Personen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 6 unten; S. 11 Mitte].
Der BF hatte auch, als er den Herkunftsstaat verließ, kein Problem.
1.3. Zur persönlichen Situation des BF in Österreich:
Der BF behauptet, einer irakischen Staatsangehörigen, die seine Cousine ist, verheiratet gewesen zu sein und mit ihr zwei Kinder zu haben. Die Ehe soll nach seinen Angaben geschieden sein [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 5 f].
Er hat in Österreich weder hier lebende Familienangehörige oder Verwandte [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 11].
Er hat nie einen Deutschkurs besucht und hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an ihn herangetragenen Fragen, die er in der deutschen Sprache beantworten sollte, nur teilweise verstanden und dementsprechend beantwortet [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 11 unten].
Nach eigenen Angaben führt der BF seit einem Jahr einen Friseursalon und geht einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach. Monatlich erzielt er nach eigenen Angaben Einkünfte in Höhe von EUR 1.200 netto. Er wohnt in einer Unterkunft, die er mit anderen Mitbewohnern teilt [vorgelegte Wohnrechtsvereinbarung vom 11.05.2019].
Derzeit besucht er in Österreich weder einen Kurs, noch eine Schule, noch eine Universität. Er ist auch kein (aktives) Mitglied in einem Verein [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S 12 Mitte].
Er hat zwar kein Sprachzertifikat erworben und verfügt über rudimentäre Kenntnisse der deutschen Sprache [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 11 unten].
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.4. Zu den Fluchtgründen des BF:
1.4.1. Bis zu seiner am 21.08.2015 erfolgten Ausreise aus dem Herkunftsstaat lebte der Beschwerdeführer in XXXX und wohnte mit seiner Kernfamilie (der XXXX, geb. XXXX, den Brüdern XXXX, geb. XXXX und XXXX, geb. XXXX), mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern in einem Einfamilienhaus der Familie in der XXXX.
Im Herkunftsstaat arbeitete der BF, der weder einer politischen Partei, noch einer politischen Partei oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates angehörte, zuletzt als Friseur und verdiente in dieser Eigenschaft nach eigenen Angaben "viel" [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 6 Mitte].
Er selbst hatte weder mit der Polizei, noch mit den Verwaltungsbehörden noch mit den Gerichten des Herkunftsstaates ein Problem. Er hatte auch kein Problem mit den im Herkunftsstaat tätigen Milizen oder mit einer anderen politisch aktiven Bewegung oder bewaffneten Gruppierungen. Er hatte auch keinen Kontakt zu einer Miliz oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder bewaffneten Gruppierung und/oder deren Angehörigen Kontakt. Er wurde auch nie von einer Miliz oder dem IS für Kriegsdienste angeworben [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 6]. Er hatte auch mit den Nachbarn, die in der Umgebung seiner Wohnung lebten, kein Problem. Auch mit sonstigen dritten Personen hatte er kein Problem [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 11 Mitte].
Wie seine in Österreich aufhältig gewesenen Angehörigen seiner Kernfamilie, die zwischenzeitig wieder freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt sind und seit ihrer Rückkehr unbehelligt im Einfamilienhaus in XXXX leben, war der BF zu keinem Zeitpunkt Adressat einer gegen ihn gerichteten Drohung [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 10 unten und S. 14 unten].
Der BF war wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den sunnitischen Muslimen keinen Diskriminierungen ausgesetzt.
Am 06.06.2015 soll einer der Brüder des BF, XXXX, spurlos verschwunden sein, nachdem er nach Arbeitsende einkaufen ging. Die Ursache seines Verschwindens ist ungeklärt.
Im Herkunftsstaat war er nach eigenen Angaben weder politisch, noch militärisch aktiv.
1.5. Zur allgemeinen Situation des BF im Herkunftsstaat:
1.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat:
Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, z.B. den sogenannten Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite geprägt. Dabei stand vor allem die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt MOSSUL der Provinz NINAVA im Fokus. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen ANBAR, DIYALA und SALAH AL-DIN im Zentral- und Südirak voraus.
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, gemeinsam mit schiitischen Milizen, den Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte die Einheiten des IS sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz AL ANBAR bzw. deren Metropolen FALLOUJA und RAMADI als auch aus den nördlich an BAGDAD anschließenden Provinzen DIYALA und SALAH AL DIN zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz NINAVA, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul.
Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht. Im Westteil der Stadt wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von MOSSUL eingekesselt.
Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine, wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren.
Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Haider al-Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden von der Militärallianz auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz ANBAR sowie eine Enklave südlich von KIRKUK. So gab der Premierminister Al-Abadi im Dezember 2017 bekannt, dass der IS besiegt sei.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordirak, nämlich DOHUK, ERBIL und SULEIMANIYA, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte, sowie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt KIRKUK betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen.
Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz BASRA, war als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in ANBAR und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad ist im Wesentlichen nicht unmittelbar beeinträchtigt durch die genannten Ereignisse. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu dienen sollte, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden.
Offiziell ist nach wie vor das ca. 70.000 Mitglieder umfassende und sich aus Soldaten der regulären Armee, der Militärpolizei, der normalen Polizei und den Geheimdiensten zusammensetzende "Baghdad Operations Command" (BOC) für die Sicherheit in der Stadt zuständig. Seitdem der IS im Juli 2017 zurückgedrängt wurde, nahmen die auf Bagdad gerichteten Anschläge kontinuierlich ab. Dennoch kommt es immer wieder zu Selbstmordanschlägen, vor allem in schiitisch dominierten Vierteln, wie Sadr City, Shula und Ha al-Amel als auch an den Checkpoints und militärischen Einrichtungen. Bagdad erlebte im Jahr 2017 einen Rückgang der Gewalt. Diese Entwicklung wird vor allem dem BOC zugeschieben.
Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.
Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Leitung des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks sowie in und um Bagdad und im Umkreis von Kirkuk. Wesentlich ist dabei die Befriedigung der elementaren Lebensbedürfnisse sowie Dokumentation und Relokation der Binnenvertriebenen (IDP). Ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Insgesamt wurden sei 2014 über drei Millionen Binnenvertriebene sowie über eine Million Rückkehrer innerhalb des Irak registriert. Für das Jahr 2017 wurden erstmals mehr Rückkehrer als Vertriebene registriert.
Quellen:
BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 26.02.2019)
Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 26.02.2019)
Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:
July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 26.02.2019).
1.5.2. Zur Lage der Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft im Irak. Seitens des irakischen Staates liegt keine systematische Verfolgung und Misshandlung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vor.
Seit dem Jahr 2003 nahm die Dominanz der schiitischen Gemeinschaft in Bagdad zwar stets zu, doch lassen den Länderberichten keine Anhaltspunkte dahin entnehmen, dass die Angehörigen der sunnitischen Glaubensrichtung systematischen Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt wären.
Quellen:
BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Zugriff am 10.01.2019)
UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Zugriff am 10.01.2019)
1.5.3. Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous) ist eine der unter der PMF zusammengefassten Milizen. Diese Miliz wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die USamerikanischen Truppen im Irak. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist wie die Badr-Oganisation und Kata'ib Hizbullah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet. Seitens der Regierung wurde 2016 der Versuch unternommen, Teile der PMF in die staatliche Sicherheitsstruktur einzugliedern und unter die Kontrolle des Premierministers zu stellen - ein Die Badr-Organisation ist die älteste schiitische Miliz im Irak und gleichermaßen die mit den längsten und engsten Beziehungen zum Iran. Hervorgegangen ist sie aus dem Badr-Korps, das 1983/84 als bewaffneter Arm des "Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak" gegründet wurde und von Beginn an den iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) unterstellt war [Anm. der "Oberste Rat für die Islamische Revolution im Irak" wurde später zum "Obersten Islamischen Rat im Irak" (OIRI), siehe Abschnitt "Politische Lage"]. Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt und gilt heute als die bedeutendste Teilorganisation und dominierende Kraft der PMF. Sie ist besonders mächtig, weil sie Kontrolle über das irakische Innenministerium und damit auch über die Polizeikräfte besitzt; ein Großteil der bewaffneten Kräfte der Organisation wurde ab 2005 in die irakische Polizei aufgenommen. Sie soll über etwa 20.000 bis 50.000 Mann verfügen und ist Miliz und politische Partei in einem (Süß 21.8.2017). Projekt, dessen Ausgang noch immer unklar ist.
Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht.
Obwohl die sunnitische Glaubensgemeinschaft in Bagdad gegenüber der schiitischen Gemeinschaft die Minderheit darstellt, ist sie nach wie vor in der Gesellschaft und in der Regierung präsent.
In Bagdad gibt es Bezirke und Stadtteile, in denen überwiegend Sunniten leben. Als solche werden Adhamiya, Mansour und Abu Ghraib genannt.
1.5.4. Zur innerstaatlichen Fluchtalternative für arabische Sunniten im Irak:
Für den Süden des Iraks (Babil, Basra, Kerbala, Najaf, Missan, Muthanna, Qaddissiya, Thi-Qar und Wassit) liegen generell nur wenige Berichte über Menschenrechtsverletzungen von schiitischen Milizen an Sunniten vor. Weitere Regionen, in denen vor allem Sunniten leben, sind Mosul, Tikrit, Al Faluja oder Anbar.
Im Süden des Iraks leben ca. 400.000 Sunniten sowie Angehörige anderer Minderheiten. Die Region Südirak hat ca. 200.000 flüchtende irakische Staatsangehörige aufgenommen. Im Regelfall können sich irakische Staatsangehörige mit einer irakischen ID-Karte in den Gebieten des Südiraks frei und ohne Einschränkungen bewegen. Basra betreffend besteht Berichten zufolge grundsätzlich auch für Binnenflüchtlinge die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems. Laut eines Berichtes der IOM haben in Basra zudem 80% der Binnenflüchtlinge die Möglichkeit am örtlichen Bildungssystem und am Arbeitsmarkt teilzuhaben. In den meisten Gemeinden ist es auch für Frauen möglich, Berufen nachzugehen, allerdings vor allem solche, die von zuhause aus ausgeübt werden können.
Quellen:
Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,
http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (letzter Zugriff am 11.01.2019).
BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (letzter Zugriff am 11.01.2019)
IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,
http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf, (letzter Zugriff am 11.01.2019)
UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, Juni 2017
https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)
Es ist möglich, ohne Bürgschaft in die AUTONOME REGION KURDISTAN einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen ERBIL als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu KURDISTAN oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in ERBIL frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einreisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragen. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der AUTONOMEN REGION KURDISTAN bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann ein Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.
Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region SULAIMANIYYA zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodann den Daueraufenthalt beantragen. In SULAIMANIYYA ist nach Berichten der UNHCR kein Bürge notwendig, um sich niederzulassen oder eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Berichten der IOM zufolge leben 90 % aller Binnengeflüchteten in SULAIMANIYYA in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83 % Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in SULAIMANIYYA am Bildungssystem teilhaben. Binnengeflüchtete haben dort die Möglichkeit, in den verschiedensten Berufsfeldern zu denselben Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.
Quellen:
IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,
http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12. 4. 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)
1.5.5. Behandlung nach der Rückkehr
Aus Österreich kehrten in der ersten Jahreshälfte 2017 in etwa 346 Iraker freiwillig in den Irak zurück - von diesen fast alle im Zuge einer sogenannten unterstützten Rückkehr (BFA 11.8.2017). Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort (AA 7.2.2017).
Quelle:
AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upöoad/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakk-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, (letzter Zugriff am 18.10.2018)
BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.8.2017): IRAK Ausreise Quartalsweise, per E-Mail
1.5.6. Zur persönlichen Ausgangssituation des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer war bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat in seiner Heimatstadt XXXX als XXXX tätig und konnte von den erzielten Einkünften sehr gut leben. Er gehörte sohin keiner als gefährdet beschriebenen Berufsgruppen des Herkunftsstaates an. Nach eigenen Angaben war er nie Mitglied einer politischen Partei und/oder politischen Bewegung und/oder bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates. Selbst mit seinen Nachbarn hatte er zu keinem Zeitpunkt ein Problem. Auch sind weder er, noch die in den Herkunftsstaat zurückgekehrten Mitglieder seiner Kernfamilie je ins Visier einer Miliz geraten, noch sind weder er noch die zurückgekehrten Mitglieder seiner Kernfamilie je Adressaten eines Drohschreibens gewesen.
Selbst bei Wahrunterstellung, dass sein XXXXam 06.06.2015 spurlos verschwand, ist es ihm nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass für das Verschwinden des Bruders eine Entführung ursächlich sein könnte.
Ihm gelang es auch nicht, aus dem Verschwinden seines Bruders ein reales Bedrohungsszenario, das sich gegen ihn oder gegen die Angehörigen seiner Kernfamilie richten würde, glaubhaft zu machen.
Aus den Länderberichten zum Herkunftsstaat ergibt sich lediglich, dass das Motiv für eine Entführung im Irak in der Erpressung von Lösegeld dient und sich Entführungen in erster Linie gegen wohlhabende Personen richten. Bei dem Entführten soll es sich um seinen XXXX handeln, der in einem Restaurant als Verkäufer für Döner-Kebap arbeitete [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 14 unten]. Hinzu kommt, dass auch der angeblich verschwundene XXXX des BF keiner politischen Partei angehörte und selbst nie ein Problem mit einer Miliz hatte, auch nicht mit der BADR-Miliz [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 15f]. Mit einer Lösegeldforderung wurde die Familie des BF jedoch nie konfrontiert. Auch sonst fehlen konkrete Anhaltspunkte, die auf eine Entführung seines Bruders hindeuten würden [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 16 oben].
Der BF, der vor seiner Ausreise kein Problem hatte, wird bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat, weder einer asylrelevanten Bedrohung noch Verfolgung ausgesetzt sein. Noch besteht die Gefahr, dass er entführt werden oder einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Verwaltungsgerichtsaktes und aus der am 13.01.2020 vor dem BVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung.
2.2. Zur Person und zu den Reisebewegungen des BF:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität XXXX, zur Staats- und Religionszugehörigkeit sowie zur Muttersprache getroffen wurden, beruhen diese auf den diesbezüglichen Angaben des BF in der Erstbefragung vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde und dessen Einvernahme vor der belangten Behörde, sowie auf seiner Kenntnis und Verwendung der Sprache Arabisch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA und in der vom erkennenden Gericht am 13.01.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Auf seinen Angaben beruhen auch die Konstatierungen, dass er im Irak verheiratet ist bzw. war und mit seiner Ehegattin - einer Cousine - XXXX hat, die im Irak leben.
2.2.2. Die Konstatierungen zur Reiseroute und zum Zeitpunkt seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in seiner Erstbefragung, die im Wesentlichen mit seinen vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben in Einklang stehen und daher als glaubwürdig angesehen werden konnten [BF in Niederschrift über die Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 4].
2.3. Zur persönlichen Situation des BF im Herkunftsstaat:
Dass der BF im Herkunftsstaat die Grund- und in der Folge die Mittelschule besucht sowie dann als Friseur gearbeitet hat, konnte als glaubwürdig eingestuft werden, zumal seine vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde im Rahmen seiner Erstbefragung diesbezüglich gemachten Angaben mit seinen Angaben vor der belangten Behörde im Wesentlichen übereinstimmen und die belangte Behörde diesen nicht entgegengetreten ist.
Die Feststellungen zu seinen Wohn- und Lebensverhältnissen des BF im Herkunftsstaat und zu seinen familiären Verhältnissen beruhen auf seinen diesbezüglich als glaubwürdig zu wertenden Angaben in der mündlichen Verhandlung. Auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung und auf der amtlichen Kenntnis des erkennenden Gerichts beruhen auch die Konstatierungen, dass die Mutter des BF sowie dessen beiden XXXX, die allesamt einen Asylantrag in Österreich gestellt hatten, freiwillig in den Irak zurückgekehrt sind und dort unbehelligt im Einfamilienhaus der Familie in XXXX leben. Auf den glaubwürdigen Angaben des BF beruhen weiters die Konstatierungen zu den Lebensumständen und zur Versorgungslage der in den Herkunftsstaat zurückgekehrten Kernfamilie, und die getroffenen Feststellungen, dass es ihr wirtschaftlich gut geht, sie dort unbehelligt lebt und die Brüder derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 10]. Auf derselben Quelle beruhen weiters die Konstatierungen, dass gegen keines der Mitglieder seiner Kernfamilie eine Drohung gerichtet war bzw. kein Mitglied dieser Familie Probleme mit den Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates hatte bzw. hat und kein Mitglied seiner Kernfamilie eine politischen Partei, einer politischen Gruppierung oder bewaffneten Gruppierung des Irak angehört.
2.4. Zur persönlichen Situation des BF im Bundesgebiet:
Die Feststellungen, dass der BF im Bundesgebiet keine Familienangehörigen hat, beruhen auf den Angaben des BF in der vor dem BVwG stattgehabten mündlichen Verhandlung sowie auf den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.11.2018, 09.04.2019 und 03.01.2019, mit denen die beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahren der Mutter und der beiden Brüder des Beschwerdeführers infolge deren freiwilliger Rückkehr in den Herkunftsstaat zur Einstellung gebracht wurden.
Dass der BF in Österreich seit einem Jahr einen XXXX führt, beruht ebenfalls auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben und auf den zur Vorlage gebrachten Auszahlungsjournalen die Gehälter seiner Mitarbeiter betreffend. Auf seinen Angaben beruhen auch die getroffenen Feststellungen zu seinen monatlichen Einkünften. Die Konstatierung, dass er seit einem Jahr keine Leistung aus der staatlichen Grundversorgung mehr bezieht, gründet im Wesentlichen auf seinen Angaben und auf dem diesbezüglichen Amtswissen. Ebenfalls auf seinen Angaben beruhen auch die Konstatierungen zu den derzeitigen Wohnverhältnissen des BF im Bundesgebiet.
Die Konstatierungen dazu, dass er keinen Deutschkurs besucht hat und keine Deutschsprachprüfung abgelegt hat, beruhen seinen auf seinen Angaben und darauf, dass er die in deutscher Sprache an ihn herangetragenen Fragestellungen, die er ebenfalls in Deutsch zu beantworten gehabt hätte, nur teilweise verstand und auch nur teilweise zu beantworten vermochte.
Die zu seiner (strafrechtlichen) Unbescholtenheit (in Österreich) getroffenen Konstatierungen beruhen auf dem amtswegig eingeholten (aktuellen) Strafregisterauszug.
2.5. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Anlässlich seiner Erstbefragung durch Organe der öffentlichen Sicherheitsbehörde gab der BF an, dass sein Bruder am 06.06.2015 im Irak entführt worden sei und dass er gemeinsam mit seiner Mutter und den beiden Brüdern aus Angst geflohen sei, dass auch er im Irak entführt werden könnte [BF in Niederschrift über die Erstbefragung vom 18.09.2015, S. 5, Pkt. 11].
Vor der belangten Behörde gab er zu den Gründen für seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat an, dass seine Familie am XXXX2015 einen Drohbrief der BADR-Miliz bekommen hätte. Danach seien sie zur Polizei gegangen, um diesen Vorfall zu melden. Dort sei das Original entgegengenommen und ihnen eine Kopie ausgehändigt worden. Seitens der Polizei sei ihnen gesagt worden, dass alles in Ordnung sei und sie sich keine Sorgen machen müssten. Als sein Bruder am 06.06.2015 zum Supermarkt zum Einkaufen ging, sei dieser nicht mehr zurückgekommen. Nachdem sie festgestellt hätten, dass dessen Handy abgedreht war, seien sie wieder zur Polizei gegangen. Nachdem sie den Vorfall gemeldet hatten, wurde ihnen von der Polizei mitgeteilt, dass "sie sich darum kümmern würden" und mit ihnen in Kontakt bleiben würden. Sie hätten Angst gehabt. Da habe die Mutter XXXX als ersten aus dem Irak geschickt. Seine Familie und er hätten in der Zwischenzeit weiter nach dem Bruder gesucht, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin habe die Mutter beschlossen, alles hinter sich zu lassen und mit ihm und seinem Bruder XXXX aus dem Irak auszureisen [BF in Niederschrift des BFA vom 17.11.2017, S. 5].
Wenngleich sich die Angaben des BF, die er vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde und den Organen der belangten Behörde gemacht hatte, fällt ein entscheidender Widerspruch eklatant auf. Berücksichtigt man den Umstand, dass der BF stets von drei Brüdern sprach, von denen einer, nämlich sein XXXX, entführt worden sei, fällt auf, dass sich die Versionen über den Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftsstaates durch seine Familie wesentlich voneinander unterscheiden. So hatte er vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde angegeben, dass er, seine Mutter und die beiden Brüder gleichzeitig den Herkunftsstaat verlassen hätten. Vor der belangten Behörde hatte er dagegen angegeben, dass XXXX über Veranlassung durch die Mutter als erster den Irak verließ, während er gemeinsam mit Bruder XXXX und der Mutter den Herkunftsstaat erst später verließen.
Zwar wird nicht übersehen, dass er vor dem BFA und auch vor dem Bundesverwaltungsgericht von einem Drohbrief der BADR-Miliz sprach und im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren auch die Kopie eines solchen vorlegte. Doch fällt auch hier auf, dass sich der BF hinsichtlich der Adressaten des Drohschreibens widersprach. So hatte er vor der belangten Behörde wörtlich angegeben: "Am 28.05.2015 bekamen wir einen Drohbrief von der Badr Miliz." [BF in Niederschrift des BFA vom 17.11.2017, S. 5 oben]. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass seine gesamte Kernfamilie Adressaten eines Drohschreibens gewesen seien. Dagegen hatte er im Rahmen seiner vor dem erkennenden Gericht stattgehabten PV angegeben, dass ausschließlich sein XXXX Adressat eines Drohschreibens gewesen sei, während seine Mutter, die beiden XXXX und XXXX und er zu keinem Zeitpunkt ein Drohschreiben erhalten hätten [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 15 und S. 16].
Auch was den Zeitpunkt des Verschwindens von XXXX betrifft, weisen die unterschiedlichen Einvernahmen Ungereimtheiten auf. So hatte der BF sowohl vor der belangten Behörde als auch vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde den XXXX2015 als Datum des Verschwindens bzw. als Datum der behaupteten Entführung seines XXXX angegeben. Anlässlich seiner stattgehabten PV vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er an, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, wann sein Bruder entführt wurde, dass es im Juni 2015 gewesen sei [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.10.2019, S. 15 oben]. Stellt man auf die Angaben vor der belangten Behörde und auf die Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde ab, ist der Zeitpunkt der behaupteten Entführung seines Bruders auf den 06.06.2015, jedoch auf einen Zeitpunkt Anfang Juni 2015 zu verorten.
Nach seinen Angaben vor der belangten Behörde soll der Drohbrief der BADR-Miliz am 28.05.2015, sohin Ende Mai 2015 gekommen sein. Stellt man auf den Zeitpunkt der behaupteten Entführung des BF ab, liegt zwischen dem Einlangen des Drohschreibens und der behaupteten Entführung ein Zeitraum von knapp über einer Woche. Anlässlich seiner PV vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte er dagegen angegeben, dass sein Bruder drei Wochen nach dem Empfang des Drohschreibens entführt worden sei [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 15 unten].
Dass der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht noch angab, dass die Familie nie mit Lösegeldforderungen konfrontiert wurde [PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 13.01.2020, S. 16 oben] und er zudem die Frage, ob es - außer dem Drohschreiben - konkrete Anhaltspunkte auf eine Entführung durch die BADR-Miliz gibt, verneinte [Ebda., S. 16 verso], macht die Geschichte von einer Entführung seines XXXX in höchstem Maße unglaubwürdig. Auch sind sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die für eine allfällige Entführung seines XXXXsprechen könnten. Demnach war der Bruder als Verkäufer in einem Restaurant tätig; er wie auch die gesamte Kernfamilie des BF (und auch dieser selbst) waren politisch nie tätig und gehörte auch niemand von ihnen einer politischen Partei, politischen Bewegung oder bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates an. Darüber hinaus hatte der BF in seiner stattgehabten PV vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, dass weder er, noch alle Angehörigen seiner Kernfamilie ein Problem mit einer Miliz des Herkunftsstaates, darunter der BADR-Miliz, oder mit dritten Personen gehabt hätten. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, die für eine Entführung des Bruders des BF sprechen können.
Dass er - wie auch die in den Herkunftsstaat zurückgekehrten Angehörigen seiner Kernfamilie - keine Angst vor einer eigenen Entführung haben können, ergibt sich einerseits aus dem Ausreisezeitpunkt, andererseits aus dem Umstand, dass die beiden XXXXsowie die Mutter freiwillig im Jahr 2018 in den Herkunftsstaat zurückkehrten und seit ihrer Rückkehr dort im Einfamilienhaus der Familie in XXXX unbehelligt leben.
Schon in Anbetracht der aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten war davon auszugehen, dass die Geschichte des BF über eine angebliche Entführung seines Bruders durch die BADR-Miliz ein tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt darstellt.
Der BF vermochte die vorgebrachten Fluchtgründe weder glaubhaft zu machen, noch war vor dem Hintergrund der individuellen Rückkehrsituation und der familiären Verhältnisse und der allgemeinen Sicherheitslage ein Abschiebungshindernis erkennbar.
2.6. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchpunkt I.) des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK) ist somit, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also