Entscheidungsdatum
07.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G303 2228202-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2019,
Zl.XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, zu Recht:
A) Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt IV. des angefochtenen
Bescheides wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 26.11.2019 im Zuge einer Personenkontrolle durch Beamte der Polizeiinspektion XXXX angehalten. Es wurde dabei festgestellt, dass sein Reisepass abgelaufen war.
2. Am selben Tag wurde der BF seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Erlassung der Schubhaft einvernommen.
3. Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, Zl.XXXX, vom 26.11.2019, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
4. Mit dem im Spruch angeführten, verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Vereinigten Staaten von Amerika zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht vorliegen, der BF in Österreich über keine sozialen Anknüpfungspunkte und keine ausreichenden finanziellen Mittel verfüge. Der BF führe lediglich EUR 300,00 mit sich, sei meldeamtlich nicht erfasst und reise mit einem abgelaufenen Reisepass. Der BF halte sich wissentlich illegal im Bundesgebiet auf und sein weiterer Aufenthalt gefährde in Österreich die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass das Einreiseverbot notwendig sei.
5. Mit dem am 05.12.2019 bei der belangten Behörde eingebrachten und mit dem selben Tag datierten Schriftsatz erhob die bevollmächtigte Rechtsvertretung des BF Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid. In der Beschwerde wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) möge den gegenständlichen Bescheid zur Gänze aufheben; in eventu den Spruchpunkt IV. aufheben oder dahingehend abändern, dass die Dauer des Einreiseverbotes reduziert wird; in eventu den Bescheid zur Gänze beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückverweisen.
Begründet wurde die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die belangte Behörde bei der Erlassung des Einreiseverbotes nicht berücksichtigt habe, dass der BF über ausreichend finanzielle Mittel verfüge, obwohl er angegeben habe, dass er noch EUR 2.000 habe. Der BF habe sich nach der erlassenen Rückkehrentscheidung sofort bereit erklärt freiwillig auszureisen. Aus diesem Grund habe auch nie die Gefahr bestanden, dass ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt werde.
6. Am 06.12.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und durch den VMÖ zur freiwilligen Ausreise abgeholt. Am Flughafen Wien Schwechat hat sich der BF durch Flucht seiner freiwilligen Ausreise entzogen.
7. Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt und sind am 31.01.2020 eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Es konnte nicht festgestellt werden, wann der BF zuletzt ins Bundesgebiet bzw. in den Schengen-Raum eingereist ist. Am 26.11.2019 wurde er seitens Organe der PI Baden einer Personenkontrolle unterzogen. Der Reisepass des BF hat mit Ablauf des 25.03.2019 seine Gültigkeit verloren. Der BF verfügt in Österreich über keinen gültigen Aufenthaltstitel.
Der BF verfügte abgesehen von seiner Anhaltung im PAZ XXXX über keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich.
Der BF beantragte die freiwillige Ausreise, welche seitens des BFA genehmigt wurde. Es wurde ein Heimreisezertifikat sowie ein Flugticket nach New York ausgestellt. Der BF ist am Ausreisetag, 06.12.2019, am Flughafen untergetaucht und ist derzeit unbekannten Aufenthaltes.
Der BF verfügt über ca. 300,00 Euro an Bargeld und eine Bankomatkarte. Er konnte jedoch nicht belegen, über welche weiteren finanziellen Mittel er insgesamt verfügt.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig, ging in Österreich aber keiner Erwerbstätigkeit nach.
Der private Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der BF verfügt über keine nennenswerten familiären Bindungen in Österreich. Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Identität des BF (Name und Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit werden durch den (in Kopie im Akt einliegenden) Reisepass der Vereinigten Staaten von Amerika belegt, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht. Dieser Reisepass ist zwar bereits abgelaufen, jedoch wurde für den BF für seine freiwillige Ausreise ein bis zum 01.01.2020 befristetes Reisedokument ausgestellt.
In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2019 gab der BF auf die Frage wie lange er sich im Schengenraum aufhalte, keine Antwort. Seine Aussage gegenüber den Sicherheitsbeamten der PI XXXX, wonach er vor ca. 14 Tagen mit dem Flugzeug von den U.S.A. nach Amsterdam eingereist sei, widerspricht seinen Angaben gegenüber dem BFA, wonach er zuletzt im Jahr 2016 bzw. 2017 in den Vereinigten Staaten von Amerika gewesen sein soll. Aufgrund dieser widersprüchlichen und unglaubhaften Aussagen des BF konnte keine Feststellung über seine Einreise in das Schengengebiet getroffen werden. Auch ergibt sich dies nicht aus dem vorgelegten ungültigen Reisepass.
Die Feststellung, dass der BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt, konnte durch Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und aufgrund seiner eigenen Angaben vor der belangten Behörde getroffen werden.
Aus dem Zentralen Melderegister ergeben sich bis auf seine Anhaltung keine Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet.
Anhaltspunkte für eine Erkrankung oder Einschränkung der Arbeitsfähigkeit liegen nicht vor. Es konnte auch durch Einsichtnahme in die Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nicht festgestellt werden, dass der BF in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachging.
Die getroffenen Feststellungen zu seiner beantragten freiwilligen Ausreise ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere ist das unterfertigte Antragsformular für die unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe im Akt einliegend. Zudem befindet sich im Akt eine Kopie des bis zum 01.01.2020 ausgestellten Reisedokuments (HRZ) sowie ein E-Ticket mit den Flugdaten.
Der Umstand, dass der BF am Tag seiner Ausreise am Flughafen untergetaucht ist, beruht auf das E-Mail des bevollmächtigten Rechtsvertreters vom 06.12.2019.
Die Feststellungen zu seinen finanziellen Mitteln (Bargeld in Höhe von ca. 300 Euro) beruhen auf seinen eigenen Angaben vor dem BFA und konnten durch Einsichtnahme in die Anhaltedatei, worin eine Bargeldaufstellung vom 06.12.2019 vermerkt ist, getroffen werden. Dass der BF darüber hinaus über weitere finanzielle Mittel verfügt, konnte er in keiner Weise belegen.
Die Feststellung der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF basiert auf dem eingeholten Strafregisterauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
3.1.1. Zu den Spruchpunkten I. bis III. des angefochtenen Bescheids:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat Vereinigte Staaten von Amerika festgestellt.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG festzustellen, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK ist die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Zl. Ra 2016/21/0198).
Gemäß Art. 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.
Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.
Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.
Gemäß Art. 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.
Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:
Der BF ist als Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Amerikanische Staatsangehörige, die Inhaber eines gültigen biometrischen Reisepasses sind, sind nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 4 Abs. 1 Visumpflicht-Verordnung für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.
Der BF besitzt keinen gültigen Reisepass. Es konnte auch nicht festgestellt werden, wann der BF nach Österreich eingereist ist bzw. wie lange er sich im Bundesgebiet bzw. im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten aufgehalten hat.
Zudem konnte der BF nicht nachweisen, dass er über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt.
Das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel für die beabsichtigte Aufenthaltsdauer hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, wobei insoweit auch die Verpflichtung besteht, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mitteln nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 21.12.2010, Zl. 2009/21/0157).
Basierend auf diesen Grundsätzen ist die Einschätzung der belangten Behörde, der BF habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, nicht zu beanstanden. Der BF hat nämlich keine Bescheinigungsmittel in Vorlage gebracht, dass ausreichend Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen. Die vorliegenden Barmittel in Höhe von 300,00 Euro sind jedenfalls als nicht ausreichend zu qualifizieren.
Es ist auch der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht beizutreten, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat, da er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokumentes war.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.
Der BF verfügt in Österreich über keine berücksichtigungswürdigen familiären Anknüpfungspunkte. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht sind nicht erkennbar.
Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Fremden als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Die Voraussetzungen dafür liegen im gegenständlichen Fall vor.
Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).
Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.
Da ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen war, alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen und sich auch die Abschiebung in den Herkunftsstaat als zulässig erweist, war gemäß § 57 AsylG 2005 und § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 FPG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.1.2. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:
(Einreiseverbot)
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot explizit auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt, und mit dem Umstand begründet, dass der BF aufgrund seiner Mittellosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache einer allfälligen Verurteilung oder Bestrafung des Fremden an, sondern auf das dieser zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl VwGH 19.2.2013, Zl. 2012/18/0230).
Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt ist noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebietet. Wenn sich das Fehlverhalten darauf beschränkt und ausnahmsweise nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens vorliegt, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen (VwGH 15.05.2012, Zl. 2012/18/0029).
Die belangte Behörde hat gegenständlich das Vorliegen der Voraussetzung des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG zu Recht bejaht, weil der BF - abgesehen von einem Bargeldbetrag in Höhe von ca. EUR 300,00 - nicht nachweisen konnte, dass er über weitere Mittel, welche zur Bestreitung seines Unterhalts notwendig sind, verfügt. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt in Österreich ist daher indiziert, zumal die Mittellosigkeit des BF die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft mit sich bringt.
Dass der BF, der zwar im Besitz einer Bankomatkarte war, über 2.000,00 Euro - wie in der Beschwerde vorgebracht - verfügt, und weiters 20.000,00 bis 30.000,00 Dollar geerbt hätte, konnte er durch kein einziges Bescheinigungsmittel nachweisen.
Der BF hielt sich aufgrund des Fehlens eines gültigen Reisedokuments nicht rechtmäßig in Österreich auf. Trotz seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist die Erlassung eines Einreiseverbots zusätzlich zur Rückkehrentscheidung geboten, weil sein Aufenthalt aufgrund der Missachtung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und seine Mittellosigkeit die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.
Auch ist zu berücksichtigen, dass der BF eine Zusage zur freiwilligen Ausreise nicht eingehalten hat und am Flughafen am Tag seiner Ausreise untergetaucht und derzeit unbekannten Aufenthaltes ist.
Durch dieses Verhalten am Flughafen hat der BF gezeigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Daher ist (ua aufgrund des Fehlens einer geregelten Beschäftigung und eines regelmäßigen Einkommens) auch zukünftig eine Einreise des BF ohne Beachtung der Vorschriften dafür - zu denen im Allgemeinen neben einem gültigen Reisedokument auch ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts und für die Rückreise gehören, vgl Art 6 Abs 1 lit a, b und c Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) - konkret zu befürchten.
Familiäre, private oder berufliche Kontakte in andere vom Einreiseverbot umfasste Staaten sind nicht hervorgekommen und werden vom BF auch nicht behauptet.
Die Bemessung des Einreiseverbotes mit einer Dauer von fünf Jahren erscheint jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass der BF strafrechtlich unbescholten und nicht gänzlich mittellos ist, nicht geboten. Das Einreiseverbot wurde aus diesen Gründen mit zwei Jahren befristet. Eine weitere Herabsetzung kam aufgrund des beschriebenen Verhaltens nicht in Betracht.
3.1.3. Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Aufgrund des nicht rechtmäßigen Aufenthalts des BF und des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel ist die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu beanstanden. Es gibt auch keinerlei Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG. Dies wird auch durch das Beschwerdevorbringen nicht indiziert.
3.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Zudem wurde auch keine mündliche Verhandlung in der Beschwerde beantragt.
3.3. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2228202.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.04.2020