TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/11 G313 2162740-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.02.2020
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Entscheidungsdatum

11.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G313 2162740-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Caritas Flüchtlingshilfe Vorarlberg, Mag. Paul ZEITLHOFER, Wichnergasse 22, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.05.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 09.09.2016 wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 14.03.2017 wurde dem BF die Absicht, seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzulehnen und mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, mitgeteilt und ihm die Möglichkeit gegeben, dazu und zu seinen individuellen Verhältnissen Stellung zu nehmen.

2. Mit Schreiben des Rechtsvertreters des BF vom 24.04.2017 wurde im Wesentlichen vorgebracht, der BF sei im März 1974 in Österreich geboren worden, habe aufgrund eines schweren Unfalls während seiner Kindheit keinen Schulabschluss im Bundesgebiet machen können und aus einer bei diesem Unfall erlittenen Kopfverletzung bleibende Schäden davongetragen, wobei ihm der Besuch der Sonderschule nahgelegt worden sei. Der BF leide nach wie vor an den Folgen seines Unfalls. Es sei zudem vor längerer Zeit beim BF eine Hepatitits C-Erkrankung festgestellt worden. Nach der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Jahr 1994 habe sich der BF bis zu dessen Aufhebung am 23.10.2003 in seinem Herkunftsstaat aufgehalten. Derzeit habe der BF keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet und wohne bei Besuchen im Bundesgebiet bei seiner Mutter. Er spreche sehr gut Deutsch, habe den Großteil seiner Familie in Österreich - auch eine Tochter, demgegenüber noch seinen Bruder, einen Onkel und einen Cousin in Bosnien.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 09.09.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen, und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 12 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt V.).

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot zu beheben und die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und dem BF einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen, festzustellen, dass die Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina nicht zulässig ist, in eventu das Einreiseverbot zu verkürzen, festzustellen, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise verlängert wird, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

5. Am 28.06.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

6. Mit Schreiben des BVwG vom 12.06.2019 wurde der Rechtsvertreter des BF ersucht, binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dem BVwG bekanntzugeben, ob mittlerweile Änderungen in den individuellen Verhältnissen eingetreten sind, und bejahendenfalls, Unterlagen dazu zu übermitteln.

7. Bis dato ist keine Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF dazu beim BVwG eingelangt.

8. Es wurde für 15.01.2020 eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG anberaumt, diese jedoch mit Schreiben des BVwG vom 14.01.2020 wieder abberaumt, nachdem der Rechtsvertreter des BF einen Teilnahmeverzicht abgegeben hatte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.

1.2. Er wurde im März 1973 in Österreich geboren, ist in Österreich aufgewachsen und hat nachweislich im Bundesgebiet die Volks-, Haupt- und dann die Sonderschule besucht, wofür die Folgeschäden aus den bei einem schweren Unfall im Jahr 1985 in der Kindheit erlittenen schweren Kopfverletzungen verantwortlich waren. Der BF beendete seinen Schulbesuch im Sommer 1989, demnach im Alter von 25 Jahren. Eine Berufsausbildung hat er nicht absolviert. In der damaligen entwicklungsbedingten Krise war er wenig an einer beruflichen Eingliederung interessiert. Der BF konnte im Bundesgebiet im Zeitraum von 1989 bis 1994 insgesamt bei fünf Betrieben zwischen sechs Tage und sechs Monate dauernden Beschäftigungen nachgehen.

1.3. Der BF wurde im Bundesgebiet im Zeitraum von April 1991 bis Mai 1994 insgesamt sieben Mal strafrechtlich verurteilt und zwar mit

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Urteil von April 1991, rechtskräftig mit April 1991, wegen Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz, Einbruchsdiebstahls und unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im Juni 1993 die Probezeit auf die Dauer von fünf Jahre verlängert und im Dezember 1993 der bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe widerrufen wurde, mit

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Urteil von März 1993, rechtskräftig mit April 1993, wegen Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je 30,00 ATS (1.800 ATS), im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im August 1993 die Probezeit auf fünf Jahre und im Dezember 1993 der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe widerrufen wurde, mit

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Urteil von Juni 1993, rechtskräftig mit Juli 1993, wegen Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je 50,00 ATS (3.500,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 35 tag Ersatzfreiheitstrafe, mit

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Urteil von Oktober 1993, rechtskräftig mit November 1993, wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je 200,00 ATS (18.000,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 45 Tage Ersatzfreiheitstrafe, wobei der Juli im Juli 1994 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren unter Beigebung eines Bewährungshelfers, und im August 1008 endgültig aus der Freiheitsstrafe entlassen wurde, mit

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Urteil von Dezember 1993, rechtskräftig mit Dezember 1993, wegen versuchten Einbruchsdiebstahls und Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten unbedingt und sechs Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, wobei im Mai 1994 die Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und im November 1999 die Freiheitsstrafe des BF endgültig nachgesehen wurde, mit weiterem

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Urteil von Dezember 1993, rechtskräftig mit Jänner 1994, wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je 50,00 ATS (3.500,00 ATS), im Nichteinbringungsfall 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und mit

-

Urteil von Mai 1994 wegen Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz und Veruntreuung zu einer Freiheitstrafe von 14 Monaten.

1.3.1. Der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von Mai 1994 lagen folgende strafbare Handlungen des BF im Bundesgebiet zugrunde:

I. Der BF hat im Bundesgebiet den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, und zwar von Mai bis Dezember 1993 durch die Vermittlung von insgesamt 10 Gramm Heroin an ca. zehn bis 15 Drogenkonsumenten;

II. in Verletzung von Suchtgiftbestimmungen Suchtgift erworben und besessen und zum Teil anderen überlassen, und zwar

1. von Mai 1993 bis Ende 1993 Heroin konsumiert;

2. im Jahre 1993 Kokain konsumiert;

3. von Mai bis Dezember 1993 Cannabisharz konsumiert und einer bestimmten im Strafrechtsurteil namentlich genannten Person 4 Gramm Cannabisharz überlassen;

III. im Sommer 1993 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten zu bereichern, eine weitere im Strafurteil namentlich genannte Person durch die Behauptung, er besorge ihr für S 1.000.- Heroin, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Hingabe eines Betrages von S 1.000,-. Ohne ihr Heroin zu liefern, sohin zu einer Handlung verleitet, welche diese an ihrem Vermögen schädigte, wobei der Schaden S 25.000,- nicht überstieg

1.3.2. Der BF gab im Zuge von polizeilichen Einvernahmen im Jahr 1993 und 1994 an, seinen Heroinkonsum über Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und über Suchtgiftvermittlung bzw. Suchtgiftverkäufen finanzieren können zu haben.

1.3.3. Mit Strafgerichtsbeschluss von Juni 1994 wurde

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der Vollzug der über den BF mit Strafurteil von Mai 1994 verhängten Freiheitsstrafe von 14 Monaten bis 31.01.1996 aufgeschoben, und

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dem BF die Weisung erteilt, sich einer stationären Therapie in einer der gesetzlich anerkannten Einrichtungen (KIT, Grüner Kreis, Erlenhof, Carina, Anton-Proksch-Institut) seiner Drogenabhängigkeit zu unterziehen und den Nachweis über den Therapieantritt bis 08.07.1994 in Schriftform zu erbringen, darüber hinaus aber, sich des Gebrauchs von Suchtgiften zu enthalten.

1.4. Dem BF wurde nach vorletzter strafrechtlicher Verurteilung im Bundesgebiet die behördliche Beabsichtigung vorgehalten, gegen ihn wegen seiner strafrechtlichen Verurteilungen im Bundesgebiet ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, woraufhin gegen den BF mit Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (im Folgenden: BH) vom 02.05.1994 tatsächlich ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen wurde.

Der BF erhob dagegen Beschwerde, woraufhin mit Bescheid der zuständigen Sicherheitsdirektion vom 12.08.1994 gegen den BF, rechtskräftig, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen wurde. Der Berufungsbescheid wurde dem BF am 15.09.1994 rechtswirksam zugestellt.

Der BF war jedenfalls bis 15.09.1994 im Besitz eines Sichtvermerks für Österreich.

1.5. Nachdem ihm daraufhin kein Einreise- oder Aufenthaltstitel mehr erteilt und er mit Bescheid der BH vom 26.01.1995 binnen einer Frist von zwei Wochen zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert worden war, widrigenfalls gegen ihn die Schubhaft angeordnet werde, zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach Bosnien aus.

1.6. Am 26.08.2003 beantragte der BF die Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes.

1.7. Im Februar 2004 heiratete der BF die Ehegattin seiner beiden 1998 und 2004 geborenen Kinder in Bosnien.

1.8. Mit Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 23.10.2003 wurde das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben. Als Grund dafür wurde auszugsweise festgehalten:

"Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, war der Fremde bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen. Es liegen somit die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG 1997 vor und somit hätte das Aufenthaltsverbot nach dem Fremdengesetz 1997 nicht mehr erlassen werden dürfen."

1.9. Mit Schreiben der BH vom 28.04.2011 wurde dem BF die Absicht mitgeteilt, den BF aus dem Bundesgebiet auszuweisen und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme dazu gewährt.

Daraufhin erfolgte mit Schreiben des BF vom 13.05.2011 eine Stellungnahme des BF dazu.

Mit Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 08.06.2011 wurde der BF wegen unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich aus dem Bundesgebiet ausgewiesen, wobei begründend dafür ausgeführt wurde, dass sich der BF zumindest seit seiner Wohnsitzanmeldung am 01.02.2011 in Österreich aufhalte, der BF am 03.02.2011 aufgrund eines Vorführbefehls verhaftet und in die zuständige Justizanstalt eingeliefert worden sei, sich der BF zumindest seit 01.05.2011 illegal im Bundesgebiet aufhalte und eine Entlassung des BF aus seiner Haft frühestens im September 2011 möglich sein werde.

Nach Verbüßung der Hälfte der gegen ihn mit Strafrechtsurteil von Mai 1994 verhängten Freiheitsstrafe in Österreich wurde der BF am 03.09.2011 aus der Strafhaft entlassen, nachdem im Juli 2011 eine auf eine Probezeit von drei Jahren bedingte Strafhaftentlassung beschlossen worden war. Im Juli 2015 wurde dann die endgültige Strafhaftentlassung des BF gerichtlich beschlossen.

1.10. Nach zunächst bedingter Strafhaftentlassung des BF im September 2011 reiste der BF in seinen Herkunftsstaat, wohin er eine Zeit lang seinen Lebensmittelpunkt verlegt hat. Der BF lebte dort in einem familiären Umfeld und hat dort seinen Bruder in der Landwirtschaft unterstützt. Der BF hat abgesehen von seinem Bruder in Bosnien noch weitere Verwandte. Auch seine zweite Ehefrau, die er im Jahr 2004 in Bosnien geheiratet hat, und mit der er zwei gemeinsame, 1998 und 2004 geborene, nunmehr 15 und 20 Jahre alte Kinder hat, lebt dort. Diese weist im Bundesgebiet nur im Juni, Juli 2011 eine Hauptwohnsitzmeldung auf.

1.11. Der BF war jedenfalls im Jahr 2016 wieder nach Österreich zurückgekehrt und hatte von 11.07.2016 bis 09.09.2016 und 13.12.2016 bis 30.12.2016 mit seiner Mutter einen gemeinsamen Hauptwohnsitz, bevor diese am 30.12.2016 woanders im Bundesgebiet Hauptwohnsitz genommen hat - der BF selbst war stets an derselben Adresse wohnhaft - von 13.12.2016 bis 04.01.2017 und zuletzt von 15.02.2017 bis 24.02.2017.

1.12. Nach seinem Unfall in der Kindheit im Jahr 1985, bei welchem der BF schwere Körperverletzungen erlitten hat, woraus negative Folgewirkungen resultiert sind, hatte der BF kein Interesse an einer beruflichen Eingliederung.

Dennoch kann er im Zeitraum von 1989 bis 1992 insgesamt fünf, jeweils zwischen sechs Tagen und sechs Monaten lange, Beschäftigungen im Bundesgebiet verzeichnen.

1.13. Fest steht, dass am 21.08.2016 im Zuge einer polizeilichen Kontrolle beim BF zwei gebrauchte Einwegspritzen gefunden und geringe Mengen von Morphinen sichergestellt werden konnten.

1.14. Der BF hat im Bundesgebiet eine im November 1992 geborene, nunmehr 27 Jahre alte, Tochter aus erster Ehe, die wegen der österreichischen Staatsbürgerschaft ihrer Mutter ebenso österreichische Staatsbürgerin ist, des Weiteren seine Mutter, einen Bruder und noch weitere Verwandte als familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Die Mutter des BF, seit 2008 in Pension, erlangte in Österreich am 16.05.2018 einen bis 16.05.2023 gültigen Daueraufenthaltstitel- EU.

1.15. Der BF stellte am 09.09.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK und verwies in diesem auf seine in Österreich aufhältige Ehegattin und deren gemeinsame im November 1992 geborene Tochter, und auf den Besuch einer Sonderschule im Bundesgebiet.

1.15.1. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist, unter Verweis auf den die Mittellosigkeit betreffenden Einreiseverbotstatbestand gegen den BF ein Einreiseverbot auf die Dauer von zwei Jahren erlassen, und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

1.16. Fest steht, dass der BF nach seiner Antragstellung am 09.09.2016 im Dezember 2016, im Jänner und Februar 2017 zwischen seinem Herkunftsstaat und Österreich hin- und hergereist ist.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.

2.2.2. Dass sich der BF bereits seit seiner Geburt in Österreich aufhält, im Bundesgebiet aufgewachsen ist und die Volks-, Haupt- und dann auch die Sonderschule besucht hat, ergab sich ebenso aus dem Akteninhalt (einer die Geburt des BF im März 1974 in Österreich betreffende, im September 2016 ausgestellte Geburtsurkunde, AS 19; und den Volks-, Haupt-und Sonderschulbesuch betreffenden Bescheinigungen im Akt).

2.2.3. Dass die bei einem Unfall im Jahr 1985 erlittenen schweren Kopfverletzungen nachteilige Auswirkungen auf den BF hatten, geht aus einem Jugenderhebungsbericht der zuständigen BH hervor. Darauf wurde im ersten Strafrechtsurteil des BF von April 1991 verwiesen (AS 442f). Dass der BF im Sommer 1989 seinen Schulbesuch beendet hat und in seiner damaligen entwicklungsbedingten Krise auch nicht an einer beruflichen Eingliederung interessiert war, ergab sich ebenso aus dem Inhalt dieses Strafrechtsurteils (AS 443).

2.2.4. Die Feststellungen zum Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK geht aus dem diesbezüglichen Antrag im Akt hervor (AS 1ff). Dass der BF nach seiner Antragstellung im Dezember 2016 im Jänner und Februar 2017 zwischen seinem Herkunftsstaat und Österreich hin- und hergereist ist, ergibt sich aus der mit dies bescheinigenden Ein- und Ausreisestempeln versehenen Reisepasskopie (AS 109).

In der Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid (AS 197ff) wurde unter anderem vorgebracht:

"Der BF wurde 1993 und 1994 strafrechtlich verurteilt. Seitdem hat sich der BF nichts zu Schulden kommen lassen. Diesen Umstand berücksichtigt die belangte Behörde in keinster Weise. Das BFA führt die Kontrolle durch die Stadtpolizei am 21.08.2016 als Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit an und hält dem BF massive Suchtgiftstraftaten vor. Dass diese Straftaten allerdings mehr als 23 Jahre zurückliegen, berücksichtigt die belangte Behörde nicht. Dass vom BF eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung ausgeht, kann daher nicht grundsätzlich angenommen werden." (AS 279).

Etwas später im Beschwerdeschreiben steht:

"Dem BF werden also Straftaten vorgehalten, die vor 23 Jahren zu einer Verurteilung geführt haben und die bereits Grund für ein Aufenthaltsverbot waren - welches bekanntermaßen vor mehr als 13 Jahren aufgehoben wurde. Die Kontrolle der Stadtpolizei im Jahre 2016 hat zu keiner Anzeige und zu keiner Verurteilung geführt. Der BF hat im Zuge der Kontrolle der Stadtpolizei gegenüber sogar angeboten, freiwillig einen Drogentest zu machen. Die Polizei hat darauf verzichtet." (AS 282).

2.2.5. Dass der BF im Februar 2004 eine bosnische Staatsangehörige geheiratet hat (AS 135), ergab sich aus der diesbezüglichen im Februar 2017 ausgestellten Heiratsurkunde (AS 135).

Dass der BF mit ihr zwei gemeinsame Kinder hat, ergab sich aus den seine Kinder betreffenden Geburtsurkunden (AS 133 betreffend seinen 1998 und AS 137 betreffend seinen 2004 geborenen Sohn) in Zusammenschau mit der im Februar 2017 in Bosnien ausgestellten Heiratsurkunde.

2.2.6. Die Feststellungen zu den rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des BF im Zeitraum von April 1991 bis Mai 1994 konnten aufgrund des diesbezüglichen Akteninhaltes in Zusammenschau mit einem aktuellen Strafregisterauszug getroffen werden, ebenso die im Juli 2011 gerichtlich beschlossene bedingte Strafhaftentlassung des BF am 03.09.2011 (AS 31) und die im Juli 2015 gerichtlich beschlossene endgültige Strafhaftentlassung des BF.

Die näheren Feststellungen zu den der letzten strafrechtlichen Verurteilung des BF von Mai 1994 zugrundeliegenden strafbaren Handlungen beruhen auf dem Inhalt des diesbezüglichen Strafrechtsurteils im Akt (AS 366ff).

Die Feststellung, dass der Vollzug der über den BF mit letztem Strafrechtsurteil von Mai 1994 verhängten 14-monatigen Freiheitsstrafe zur Absolvierung einer stationären Suchtgifttherapie in einer gesetzlich anerkannten Einrichtung im Bundesgebiet bis Jänner 1996 aufgeschoben wurde, beruht auf dem dies anordnenden Gerichtsbeschluss im Akt (AS 341).

Die Feststellung zur polizeilichen Kontrolle am 21.08.2016, im Zuge deren beim BF zwei Einwegspritzen gefunden und geringe Mengen an Morphinen sichergestellt werden konnten, ergab sich aus dem Akteninhalt bzw. der diesbezüglichen Feststellung im angefochtenen Bescheid.

2.2.7. Dass aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen des BF im Bundesgebiet von April 1991 bis Dezember 1993 gegen ihn mit Bescheid der BH vom 02.05.1994 ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot erlassen wurde, ergab sich aus dem diesbezüglichen Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft im Verwaltungsakt (AS 397ff).

Dass dieses zehnjährige Aufenthaltsverbot mit Berufungsbescheid der zuständigen Sicherheitsdirektion vom 12.08.1994 in Rechtskraft erwachsen ist, ergab sich aus dem diesbezüglichen Bescheid im Akt (AS 303ff), in welchem, den Vorbescheid der BH vom 02.05.1994 ergänzend, noch die letzte rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF von Mai 1994 mitberücksichtigt wurde (AS 321f). Dass und mit welcher Begründung das zehnjährige Aufenthaltsverbot nach diesbezüglicher Beantragung mit Bescheid vom 23.10.2003 behoben wurde, ergab sich aus dem diesbezüglichen Bescheid im Akt (AS 143ff).

Dass der BF nach rechtskräftiger Erlassung des zehnjährigen Aufenthaltsverbotes am 15.09.1994, womit auch der bis dahin aufrechte Sichtvermerk des BF abgelaufen ist, keine Aufenthaltsberechtigung mehr für das österreichische Bundesgebiet mehr hatte, ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.

2.2.8. Dass der BF zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach seiner Strafhaftentlassung Anfang September 2011 wieder in seinen Herkunftsstaat gereist ist, ergab sich aus dem Polizeibericht vom 24.10.2011 im Akt (AS 9), in welchem festgehalten wurde, dass der BF bei einer polizeilichen Nachschau an seiner Wohnsitzadresse im Bundesgebiet am 15.09.2011 nicht angetroffen werden konnte, laut Aussagen seiner Mutter am 02.09.2011 gemeinsam mit ihr nach Bosnien gereist und dort verblieben sei, der Vermieter dort bei einer Nachschau der Polizei am 11.10.2011 dieser gegenüber angegeben habe, den BF mindestens ein halbes Jahr nicht mehr gesehen zu haben, und nicht zu wissen, ob der BF überhaupt noch dort wohnhaft sei, und eine neuerliche polizeiliche Nachschau bei der Mutter des BF am 20.10.2011, mit welcher der BF in derselben Wohnung zusammengewohnt hat, ergab, dass diese dort allein wohnhaft sei und der BF offensichtlich das Bundesgebiet verlassen habe.

2.2.9. Dass der BF im Bundesgebiet im Zeitraum von 1989 bis 1994 bei fünf Betrieben zwischen sechs Tage und sechs Monate dauernden Beschäftigungen nachgegangen ist, ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) I.:

3.1. Zur Rückkehrentscheidung:

3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren

binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des

Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(...)."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-

und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

§ 9 Abs. 4 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, wurde durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018, aufgehoben und ist am 31.08.2018 außer Kraft getreten.

§ 9 Abs. 4 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:

"§ 9. (...).

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist."

3.1.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:

Der BF wurde im März 1974 in Österreich geboren und hielt sich bis zu seiner Ausreise nach Erlassung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes am 15.09.1994, bis zu welchem Zeitpunkt der BF über einen Sichtvermerk für das österreichische Bundesgebiet verfügt hat, durchgehend im Bundesgebiet auf.

Erst nach Verbüßung der Hälfte seiner Haftstrafe und bedingter Haftentlassung im September 2011 ist der BF eine Zeit lang in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt.

Fest steht, dass der BF jedenfalls ab seiner Geburt im März 1974, demnach "von klein auf" iSv § 9 Abs. 4 Z. 2 BFA-VG, BGbl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, in Österreich aufgewachsen ist und die Volks-, Haupt- und Sonderschule besucht hat und im Bundesgebiet auch langjährig rechtmäßig niedergelassen war, hatte er doch bis zur rechtskräftigen Erlassung seines Aufenthaltsverbotes am 15.09.1994 einen Sichtvermerk für Österreich.

Davon ging bereits die zuständige BH mit Bescheid vom 23.10.2003 aus, als sie das mit Bescheid der zuständigen Sicherheitsdirektion vom 12.08.1994 gegen den BF erlassene zehnjährige Aufenthaltsverbot mit folgender Begründung aufgehoben hat:

"Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, war der Fremde bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen. Es liegen somit die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG 1997 vor und somit hätte das Aufenthaltsverbot nach dem Fremdengesetz 1997 nicht mehr erlassen werden dürfen."

Fest steht, dass gegen den BF, der in Österreich geboren wurde und "von klein auf" im Inland aufgewachsen ist und wegen seines bis 15.09.1994 für Österreich bestandenen Sichtvermerks auch langjährig rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 20.05.2017 nicht eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen werden hätte dürfen, verbietet doch § 9 Abs. 4 Z. 2 BFA-VG in der letzten und damit auch zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides gültigen Fassung eine derartige Vorgehensweise.

Es war daher der gesamte angefochtene Bescheid mit den Spruchpunkten über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina (Spruchpunkt II.), der Erlassung eines Einreiseverbotes (Spruchpunkt III.) und dem Ausspruch über eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) ersatzlos zu beheben - und mit Spruchpunkt II. der gegenständlichen Entscheidung die Zurückweisung des nach Behebung des angefochtenen Bescheides offenen Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 09.09.2016 hinzuzufügen, hatte der BF doch zum Zeitpunkt seiner Antragstellung bereits nach § 9 Abs. 4 Z. 2 BFA-VG in der damals geltenden Fassung ein Daueraufenthaltsrecht für Österreich erworben.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint bzw. nach § 24 Abs. 2 VwGVG bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2162740.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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