Entscheidungsdatum
11.02.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G305 2222774-8/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX, geb. XXXX, StA.: Marokko, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Zl. XXXX in Schubhaft zu Recht erkannt:
A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt
der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit (in Rechtskraft erwachsenem) Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Steiermark (im Folgenden kurz: BFA) vom XXXX.04.2019, Zl. XXXX, wurde über XXXX, StA.: Marokko (im Folgenden: betroffener Fremder oder kurz: BF) gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
2. Am 10.02.2020 wurde der den BF betreffende Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung vorgelegt.
3. Der BF reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt, spätestens jedoch am XXXX.03.2004 illegal im Bundesgebiet ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz.
3.1. Mit Bescheid vom XXXX.04.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf Erteilung von internationalem Schutz ab und befand dessen Abschiebung für zulässig. Dieser Bescheid, gegen den der BF kein Rechtsmittel erhob, erwuchs in der Folge in Rechtskraft.
3.2. Ein am 11.06.2019 im Stande der Schubhaft gestellter, weiterer Antrag auf internationalen Schutz des BF wurde vom BFA mit Bescheid vom XXXX.0.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
4. Zur Verschleierung seiner wahren Identität führte der BF in den bisher in Österreich anhängig gemachten Verfahren unterschiedliche Identitäten.
5. Am 19.07.2019 teilte das Bundeskriminalamt dem BFA mit, dass der BF von der Interpol XXXX mit den Personalnamen XXXX, geb. XXXX, als Staatsangehöriger von Marokko identifiziert worden sei.
6. Bereits am 22.07.2019 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (in der Folge kurz: HRZ) bezüglich des BF bei der marokkanischen Botschaft eingeleitet. In der Folge wurde mehrfach (zuletzt am 10.01.2020 und am 10.02.2020) bei der marokkanischen Botschaft zwecks Ausstellung eines HRZ urgiert.
7. Der den BF betreffende Akt wurde dem Bundesverwaltungsgericht mehrfach, zuletzt am 17.01.2020 und am 10.02.2020, zur Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgelegt.
8. Zuletzt sprach das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27.01.2020, GZ: G312 2222774-7/5E, aus, dass gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt werde, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.
9. Seither hat das BFA immer wieder bei der marokkanischen Botschaft urgiert, um das für die Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat notwendige HRZ zu erlangen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass der BF seit dem 03.05.2019, 09:25 Uhr, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken.
Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig, zielführend und mit Nachdruck geführt hat bzw. immer noch führt. Ein Heimreisezertifikat liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen um eines zu erlangen. Die Ausstellung eines HRZ ist bislang an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des BF gescheitert, der unter Verwendung unterschiedlicher Identitäten bemüht war, sich den Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen.
Am 16.04.2018 wurde der BF zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme teilte er mit, dass er XXXX, geb. XXXX, und Staatsangehöriger von Marokko sei. Er sei im Alter von 15 Jahren nach Österreich gekommen; es sei alles anders gewesen, weshalb er diese Angaben tätigte. Er besitze nichts und hoffe, dass ihm die Botschaft helfe. In Marokko würden seine Eltern und seine Schwester leben. Zu ihnen habe er viel Kontakt und würden sie versuchen, ihm zu helfen. Er habe in XXXX die Schule besucht. Doch die meiste Zeit habe er in Österreich verbracht. Auch sei er nach Spanien, Italien, Frankreich und die Schweiz gereist. Er verfüge über keinerlei finanzielle Mittel, habe auch keinen Wohnsitz in Österreich und sei von seiner Ex-Partnerin getrennt.
Ein HRZ kann von Seiten der marokkanischen Botschaft nicht automatisch ausgestellt werden, da vor allem Personen ohne offizielle Dokumente, die (wie im vorliegenden Fall) ihre nationale Identität untermauern, nicht rasch identifiziert werden können. Personen mit vermuteter marokkanischer Staatsangehörigkeit müssten daher verpflichtend einem Identifizierungsprozess unterzogen werden.
Dabei handelt es sich um einen komplexen Prozess, der im Streben nach einer maximalen Fehlervermeidung bei der Identifizierung einer Person auch einen beträchtlichen administrativen Aufwand mit einer dementsprechenden Bearbeitungsdauer zur Folge hat.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vorgegeben.
Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.
Er wurde bereits mehrmals rechtskräftig auf Grund von in Österreich begangenen Verbrechen rechtskräftig verurteilt, dies
mit Urteil des XXXX vom 11.06.2013, Zl. 71 Hv 31/2013t wegen § 15 StGB, § 127 StGB; § 15 StGB; § 30 Abs. 1 8. Fall SMG, §§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall, § 27 Abs. 3 SMG, § 15 StGB, § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten,
mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 24.08.2015, Zl. 18 U 191/2015g, wegen § 15 StGB, § 127 StGB zu vier Monaten Freiheitsstrafe unbedingt und
mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 18.10.2017, Zl. 85 Hv 36/17m, wegen §§ 107 Abs. 1, 269 Abs. 1 zweiter Fall StGB sowie gemäß § 15 StGB und § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen betreffend die strafrechtliche Verurteilung des BF in Österreich sowie die damit verbundene Freiheitsstrafe ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zur Familiensituation des BF und zu seiner mangelnden (sozialen) Integration in Österreich ergeben sich aus der Aktenlage.
Die zu seiner finanziellen Situation getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus der Aktenlage und fügen sich zudem stimmig in die (unstrittigen) Lebensumstände des BF. Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme sind dem Akt nicht zu entnehmen; ein grundsätzliches Fehlen der Haftfähigkeit wurde in keiner Phase des Verfahrens behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zur Fortsetzung und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft (Spruchpunkt A.):
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., hat folgenden Wortlaut:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Die Bestimmung des § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., lautet wörtlich wie folgt:
"§ 22a. [...]
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit 03.05.2019 andauernden Schubhaft wegen des Vorliegens einer sehr hohen Fluchtgefahr (auf Grund des § 76 Abs. 2 Z 2 iVm. Abs. 3 FPG) weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen des Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit als verhältnismäßig.
Da eine zeitnahe Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat nach Vorliegen des HRZ als sehr wahrscheinlich gilt und er sich bislang trotz rechtskräftiger Entscheidung beharrlich geweigert hat, seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachzukommen und in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, muss von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden. Der Sicherungsbedarf wird in seinem Fall gerade auch dadurch verstärkt, dass er nunmehr in Kenntnis davon ist, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht und er seine illegalen Reisebewegungen nicht mehr fortsetzen kann, wodurch ihm eine illegale Weiterreise von Österreich ausgehend in andere europäische Staaten unmöglich wird, über die er sich einer Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen könnte. Seine mangelnde Vertrauenswürdigkeit, die sich aus seinem bereits näher dargelegten Gesamtverhalten ergibt, lässt eine Fluchtgefahr durchaus als erheblich erscheinen. Auch versuchte der BF, seine Identität zu verschleiern, wodurch die Erlangung eines HRZ erheblich erschwert bzw. unmöglich wurde.
Aus den eben dargelegten Umständen und insbesondere auch unter Berücksichtigung seiner nicht vorhandenen sozialen Bindungen in Österreich ist aktuell - jedenfalls - von einer als erheblich zu qualifizierenden Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF - um sich so einer Abschiebung zu entziehen - befürchten lassen.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Abschiebung) zu erreichen. Sie wird nicht zuletzt durch das in der Vergangenheit gezeigt Verhalten des BF untermauert.
Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen würden, die der Schubhaft allenfalls entgegenstehen könnten, ist anlassbezogen nicht hervorgekommen.
Die in § 80 Abs. 4 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.
Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher - auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung - fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchteil B): Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder von den Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2222774.8.00Zuletzt aktualisiert am
09.04.2020