TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 W226 2154838-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52

Spruch

W226 2154842-1/17E

W226 2154833-1/16E

W226 2154838-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX (BF1), geb. XXXX , 2.) XXXX (BF2), geb. XXXX und 3.) XXXX (BF3), geb. XXXX , alle StA: Russische Föderation, vertreten durch RA Dr. Thomas NEUGSCHWENDTNER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2017, Zlen. 1.) 830775307/140165609,

2.) 638058005/140122942 und 3.) 1094931004/152042977 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2018 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57

AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird den Beschwerden stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. XXXX und XXXX wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG erteilt.

XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. 2. I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1 Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2) und die Großmutter sowie Obsorgeberechtigte der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3). Das Vorbringen der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist untrennbar miteinander verknüpft bzw. beziehen sich die BF auf dieselben Verfolgungsgründe, weshalb die Entscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens aller BF abzuhandeln war.

Die BF sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und bekennen sich zum muslimischen Glauben (Sunniten).

1.2. Die BF1 und der BF2 reisten im Juni 2013 - gemeinsam mit einer Schwester der BF1 ( XXXX ) und deren Sohn ( XXXX ) - über Polen in das Bundesgebiet ein und stellten am 10.06.2013 Anträge auf internationalen Schutz.

1.3. Am 12.06.2013 fand eine Erstbefragung der BF1 und des BF2 statt.

Die BF1 gab zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates an, dass am 06.05.2013 zwei Uniformierte zu ihnen nach Hause gekommen seien und sich nach dem Sohn ( XXXX ), welcher seit 2009 verschollen sei, erkundigt hätten. Weil die BF1 keine Antwort geben habe können, hätten sie ihr eine Pistole angehalten und ihr gedroht sie festzunehmen. Aus diesem Grund hätten der BF2 und sie beschlossen ihre Heimat zu verlassen. Ihre Schwester sei mit ihrem Sohn ebenfalls mitgereist, da diese auch Probleme in Tschetschenien haben würden.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab die BF1 an, in Kasachstan geboren und Russische Staatsangehörige zu sein. Ihr Ehemann sei 2006 in Tschetschenien verstorben. Zwei Schwestern würden in Wien wohnen. Ihre Muttersprache sei Tschetschenisch, sie spreche auch Russisch. Sie habe die Grund- und Mittelschule besucht und zuletzt als Konditorin gearbeitet. Im Herkunftsstaat habe sie noch ihre Eltern und zwei Schwestern. Zwei Söhne seien ca. seit drei Jahren in Europa, aber nicht in Österreich aufhältig. Sie habe in XXXX (Tschetschenien) gelebt.

Der BF2 gab zu seinen persönlichen Verhältnissen an, in Tschetschenien geboren und ledig zu sein. Seine Muttersprache sei Tschetschenisch, er spreche auch Russisch und schlechtes Englisch. Er habe von XXXX bis XXXX die Grund- und Mittelschule besucht. Zuletzt habe er als Bauhilfsarbeiter gearbeitet. Sein Vater sei am XXXX vermutlich ermordet worden oder verstorben. Sein Bruder ( XXXX) sei seit 2009 verschollen.

Zum Grunde für das Verlassen des Herkunftsstaates gab der BF2 an, persönlich nicht bedroht oder geschlagen worden zu sein. Am 06.05.2013 seien Uniformierte zu ihnen nach Hause gekommen. Er sei nicht zu Hause gewesen. Er habe von seiner Mutter erfahren, dass sie sich nach dem Bruder ( XXXX ) erkundigt hätten. Sie hätten der Mutter eine Pistole angehalten und ihr gedroht, sie festzunehmen, wenn sie den Aufenthaltsort von XXXX nicht bekanntgebe. Er sei von Freunden telefonisch über den Vorfall informiert worden. Aus diesem Grunde hätten seine Mutter und er beschlossen ihre Heimat zu verlassen. Seine Tante habe ebenfalls Probleme in Tschetschenien und sei mitgereist. Andere oder weitere Fluchtgründe habe er nicht.

Die russischen Inlandspässe der BF1 und des BF2 wurde sichergestellt.

1.4. Im Zuge des durchgeführten Dublinverfahrens wurden die BF1 und der BF2 vom Bundesasylamt einvernommen und brachte die BF1 zahlreiche medizinische Unterlagen in Vorlage.

1.5. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 21.10.2013, Zlen.: 13 07.753 und 13 07.754 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF1 und des BF2 vom 10.06.2013 ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gem. Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO Polen zuständig sei. Die BF1 und der BF2 wurden gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen gem. § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt. Gegen diese Bescheide erhoben die BF1 und der BF2 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 25.11.2013, Zlen.: S4 438.697-1/2013/3E und S4 438.698-1/2013/3E wurden die Beschwerden von BF1 und BF2 gem. §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

1.6. Ebenso wurde mit Bescheiden vom 21.10.2013 der Antrag auf internationalen Schutz der gleichzeitig eingereisten Schwester der BF1 ( XXXX ) und deren Sohn ( XXXX ) gem. § 5 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen und wurde Polen als für die Prüfung des Antrages zuständiger Staat festgestellt. Die Beschwerden gegen diese zurückweisenden Entscheidungen wurden vom Asylgerichtshof mit Erkenntnissen vom 25.11.2013 als unbegründet abgewiesen.

1.7. Eine Abschiebung der BF1 und des BF2 sowie der Schwester der BF1 und deren Sohn scheiterte bzw. fand nicht statt.

1.8. Die BF1 und der BF2 (sowie auch die Schwester der BF1 und deren Sohn) stellten am 12.11.2014 Folgeanträge auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand eine weitere Erstbefragung der BF1 und des BF2 statt.

Zu den neuen Gründen befragt, gab die BF1 an, dass in der Heimat noch immer eine Gefahr für sie bestehe. Ihr ältester Sohn werde in der Heimat noch immer von der Polizei gesucht. Bei einer Rückkehr könne sie umgebracht werden. Ihrem Sohn drohe eine Verhaftung, weil er zu viel wisse. Auf der Sterbeurkunde des Vaters stehe, dass er durch Vergiftung gestorben sei, aber dieser sei zu Tode geprügelt worden. Wer das getan habe wisse sie nicht. Der Sohn habe Verdacht geschöpft und nachgeforscht. Er habe herausgefunden, dass seine ehemaligen Kollegen (Polizisten) etwas mit seinem Tod zu tun gehabt hätten. Danach hätten massive Bedrohungen gegen sie begonnen. Sie hätten auch den Sohn festnehmen wollen, dieser sei aber schon geflüchtet.

Der BF2 gab an, keine neuen Gründe zu haben.

1.9. Die minderjährige BF3 reiste im Oktober 2015 alleine ins Bundesgebiet ein und stellte am 05.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.10. Am 22.12.2015 erfolgte die Erstbefragung der BF3 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Die BF3 gab an, ihre Muttersprache sei Russisch, sie spreche auch Tschetschenisch. Sie sei fünf Jahre in die Grundschule gegangen und zuletzt Schülerin gewesen. Ihre Eltern, ihr Bruder und ihre drei Schwestern seien in Russland wohnhaft. Sie habe in Tschetschenien gelebt.

Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, sie habe bei ihrer Großmutter leben wollen.

1.11. Am 14.12.2016 wurden die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Die BF1 gab zu ihrem Gesundheitszustand an, vier Operationen gehabt zu haben. Sie habe Gedächtnisprobleme und einen Gebärmutterhalstumor gehabt. Die Gebärmutter sei vollständig entfernt worden, auch ein Weichteiltumor am linken Ellbogen sei ihr - zweimal - entfernt worden. Sie sei in psychiatrischer Behandlung und leide an Gastritis. Aktuell sei sie beim Orthopäden und beim Neurologen. Sie bekomme verschiedene Therapien (Stromtherapie, Wassertherapie). Sie hinke beim rechten Bein, habe Probleme mit dem Rücken und Schmerzen in der Schulter. Sie bekomme Spritzen. Zudem habe sie hohen Blutdruck, Probleme mit der Verdauung und Panikattacken. Deswegen sei sie in der Heimat nicht in Behandlung gewesen, ihr Sohn habe sie zu Hause gepflegt. 2013 habe sie sich an Ärzte gewandt und sei sie wegen einem Myom an der Gebärmutter behandelt worden. Wegen dem Krebs sei sie nicht behandelt worden, dies werde in Tschetschenien nicht behandelt. Sie habe nur schmerzstillende Mittel bekommen.

Zu ihrem Leben in der Russischen Föderation gab sie an, dass ihr Sohn XXXX wegen der Ermordung ihres Ehemannes zu viele Fragen gestellt habe und seither auf der Flucht vor dem Militär sei. Er gelte seit 2009 offiziell als vermisst und werde von der Polizei gesucht. Zu ihren Söhnen gab sie an, dass der jüngste ein Arbeitsvisum in Deutschland habe, Movsar habe sie lange nicht gesehen, dieser sei auch ins Ausland gefahren. Zwei Schwestern seien in Tschetschenien aufhältig und würden sich um die Eltern kümmern. Zudem seien der Bruder und drei Schwestern ihres Mannes im Heimatland aufhältig. Auch der Vater habe einen Bruder und eine Schwester. Sie habe im Heimatland ein Haus. Die BF1 habe die Schule mit Matura abgeschlossen, in der Personalabteilung (Buchhaltung) einer Schule, als Bäckerin und im Verkauf gearbeitet. Das letzte Jahr vor der Ausreise sei sie krank gewesen und habe sie nicht mehr gearbeitet. Am Tag der Abreise sei sie ins Spital gegangen, um sich von ihrer Schwester zu verabschieden, diese habe beschlossen mit nach Österreich zu fahren.

Zum Tod ihres Mannes gab sie an, dass dieser eines Tages nicht mehr von der Arbeit (Wachmann beim Militär) nach Hause gekommen sei und ihr ein Nachbarskind gesagt habe, dass er im Spital sei. Er sei verprügelt worden, im Koma gelegen und dann verstorben.

Zu ihrem Fluchtgrund gab sie zusammengefasst an, dass zwei Militärleute wegen ihrem Sohn ( XXXX ) gefragt hätten. Beim letzten Mal als sie gekommen seien, sei XXXX weggelaufen. Er sei vom Nachbarsjungen vorgewarnt worden, dass die Polizei zu ihnen komme. Man habe der BF1 gedroht sie zum Verhör mitzunehmen, wenn sie den Aufenthaltsort des Sohnes nicht verrate. Ein Mann habe eine Pistole auf sie gerichtet, sie habe angefangen zu schreien, die Nachbarn seien gekommen und hätten sie gerettet. Sie sei gestürzt, habe das Bewusstsein verloren und die Männer seien gegangen.

Im Jahr 2013 seien regelmäßig Ladungen gekommen, dies sei nach dem Verschwinden von XXXX gewesen. Zuerst hätten sie XXXX gesucht, nachdem sie ihn nicht gefunden hätten, hätten sie XXXX befragen wollen.

Zu ihrem Leben in Österreich gab sie an, keine Beschäftigung nachgegangen zu sein, von der Grundversorgung zu leben und einen A1+ Deutsch Kurs beendet zu haben. Jetzt gehe sie in den A2-Kurs. Sie koche und nähe im Integrationshaus. Drei Schwestern, ihr Sohn, Nichten und Neffen sowie ihre Enkeltochter würden sich in Österreich befinden. In ihrer Freizeit lerne sie, gehe ins Spital, putze, koche, begleite die Enkelin in die Schule, gehe ins Schwimmbad und ins Museum.

Der BF2 gab in der Einvernahme an zu seinen persönlichen Verhältnissen in Russland an, dass dort noch drei Tanten, seine Großeltern und zwei Tanten in Tschetschenien leben würden. Er stehe mit einigen in Kontakt. Auch gebe es noch weitschichtige Verwandte (Cousins/Cousinen). Auch mit zwei Freunden habe er Kontakt. Sie hätten in der Heimat noch ein Haus. Er habe die Schule mit Matura abgeschlossen und ein Jahr eine technische Lehranstalt als Mechaniker besucht und die Ausbildung abgeschlossen. Er habe als "Allzweckarbeiter" gearbeitet.

Zu seinem Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass zwei Männer in Polizeiuniform gekommen seien. Die Polizisten hätten zuerst bei seinem Freund nachgefragt wo ihr Haus sei. Der Freund habe den BF2 vorgewarnt (ihn angerufen) und habe sich der BF2 dann aus dem Staub gemacht. Er habe am Dorfrand 3-4 Stunden gewartet, habe geschaut ob das Polizeiauto noch da sei und sei dann wieder zurückgegangen. Die Mutter sei ein einem Schockzustand gewesen und habe ihm erzählt, was passiert sei. Die Polizisten hätten nach ihm und nach seinem Aufenthaltsort gefragt.

Nach sonstigen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass bei seiner Mutter 2-3 Monate vor diesem Vorfall Krebs diagnostiziert worden sei, dies sei ein zusätzlicher Grund gewesen, da man auch bei einer anderen Person aus dem Dorf nichts gemacht habe.

Zuvor habe sein älterer Bruder Probleme gehabt und habe sich wegen dieser Leute verstecken müssen. Er sei bis jetzt flüchtig. Vorher habe er keine Probleme mit den Behörden gehabt. Nach Vorhalt, dass die Mutter von mehrfachen Ladungen (auch eine für den XXXX ) für den BF2 gesprochen habe, gab der BF2 an, dass sie nicht auf die Ladungen reagiert und sie ignoriert hätten. Die letzte Ladung hätten sie seinem Freund (am 13. oder 14.) gegeben, diese habe einen ernsthaften Paragraphen enthalten. Der BF1 habe den Freund dann gebeten, die Ladung zu übermitteln.

Nach Vorhalt, dass die Frau und die Kinder von XXXX weiterhin in Russland leben können, gab der BF2 an, dass die Frau seines Bruders Verwandte in höheren Positionen bei der Polizei habe und somit geschützt sei. Nach weiterem Vorhalt, wonach die Mutter die ganze Zeit von Militärpersonen gesprochen habe, er nun von Polizisten, gab der BF2 an, dass sie fast die gleiche Uniform hätten. Er könne dies auch verwechseln.

Zu seinem Leben in Österreich gab er an, von der Grundversorgung zu leben und kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen zu sein. Er beaufsichtige die Mutter, da diese sehr vergesslich sei. Er kümmere sich um seinen Cousin bzw. seine Cousine und helfe den anderen bei den Deutschaufgaben. In seiner Freizeit spiele er gerne Fußball.

Die BF3 gab bei ihrer Einvernahme an, dass ihre Mutter, drei Schwestern, ein Bruder, ihre Großeltern mütterlicherseits, zwei Tanten, ein Onkel sowie der Onkel des Vaters im Herkunftsstaat leben würden. Wo ihr Vater sei wisse sie nicht. Mit 6 Jahren habe sie das letzte Mal Kontakt zu ihm gehabt. Sie habe Kontakt mit der Mutter, ihren Familienangehörigen gehe es gut. Sie spreche neben Tschetschenisch und Russisch auch Deutsch und Englisch. Sie hätten von den finanziellen Mitteln der Oma gelebt, die als Putzfrau gearbeitet habe. Das Geld habe nur für die Lebensmittel gereicht.

Zu ihrem Fluchtgrund führte sie aus, Probleme mit ihrer Gesundheit (Niere) gehabt zu haben und man habe ihr gesagt, dass sie eine Operation benötige. Zudem habe sie zu ihrer Oma gewollt. Die Nierenprobleme seien wieder in Ordnung.

Die BF1 gab dazu an, dass die BF3 in Tschetschenien falsch behandelt worden sei. Es sei eine falsche Diagnose erstellt worden. In Österreich habe sich herausgestellt, dass die BF3 nur einen Harnwegsinfekt gehabt habe. Die BF3 habe auch Migräne.

Weiters gab die BF3 an, dass es im Heimatland keine körperlichen Übergriffe auf ihre Person gegeben habe. Sie sei auch nicht bedroht worden. Ob ihre Familie Probleme habe, wisse sie nicht, sie sei nicht bedroht worden. Ihre Mutter habe den Entschluss gefasst, dass die BF3 das Land verlasse. Die Mutter habe gesagt wegen der ärztlichen Behandlung und um bei der Oma zu sein. Bei einer Rückkehr habe sie Angst vor einer Operation. Sie wolle nicht zurück und bei ihrer Oma bleiben.

Zu ihrem Leben in Österreich gab sie an, seit einem Jahr in die Schule zu gehen (zweite Mittelschulklasse). Sie lebe von der Grundversorgung und im Integrationshaus. Sie habe Musiktherapie, ihr Hobby sei Nähen. Sie habe österreichische Freunde, feiere österreichische Feste und sei im Integrationshaus in der Jugendgruppe. In ihrer Freizeit gehe sie mit ihrer Familie an der Donau spazieren, in den Park oder schwimmen.

Im Zuge der Einvernahme wurden für die BF1 folgende Unterlagen vorgelegt:

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Gynäkologische Befunde aus den Jahren 2013/2014 betreffend stationäre Aufenthalte im Krankenhaus. Es wurden die Diagnosen "postmenopausale Blutung, Hyperthermie, Depression, Obstipation", "adenomatöse Hyperplasie des Endometriums, St.p. Curettage" erstellt;

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Befund einer Abteilung für Chirurgie aus dem Jahr 2015 betreffend einen stationären Aufenthalt. Es wurden die Diagnosen "Lipom li. Cupita im Bereich des Nervus radialis, Weichteiltumor linke Cupita, Art. Hypertonie, Z.n. Hysterektomie + Adnexexstirpation";

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Bestätigung, Patientenbrief und Ambulanzbefund betreffend einen stationären Aufenthalt im November/Dezember 2016 (Exstirpation eines Lipoms und erneutes Rezidiv-Lipom);

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Mehrere Bestätigungen eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie aus den Jahren 2013, 2014 und 2015, wonach die BF1 wegen einer schweren Depression bei posttraumatischer Belastungsstörung und Psychosomatose (Cephalea) in Behandlung stehe. Es wurden auch Angstzustände, Unruhe, Schlafstörung, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit bestehen;

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Labor-, Gastroskopie- und Colonoskopiebefunde aus dem Jahr 2016;

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Ärztliche Atteste sowie Medikamentenliste eines Allgemeinmediziners aus dem Jahr 2016, worauf "Adenomatöse Hyperplasie des Endometriums, St.p. Hysterektomie, Hypertonie, St.p. Lipomextripation, Refluxkrankheit, Gonalgie bdsts." Festgehalten wurde;

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Befundbericht eines Orthopäden aus dem Jahr 2016, es wurden die Diagnosen "Lumboischialgia bil, ISG-Blockierung bds., Impingementsyndrom re., OSG-Arthrose li." sowie "Cervicalsyndrom" erstellt;

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Röntgenbefund aus dem Jahr 2016, wonach ua. als Ergebnis "Zeichen einer chron. diffusen Leberparenchymschädigung wie bei Steatose/Fibrose" festgehalten wurde;

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Befund einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie aus dem Jahr 2016, wonach die Diagnosen "unteres Cervikalsyndrom, St.p. Hysterektomie, Hypertonie, Reflux, Steatosis hepatis, Adipositas, herabgesetzte Stressarousal mit körperlicher Symptomatik" erstellt wurden;

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Zertifikat für den Abschluss des Lehrganges "Konditorei".

1.12. Der BF2 legte eine Ladung von der Polizei in Russland und ein Zertifikat betreffend die bestandene Prüfung "ÖSD Zertifikat A2" vom 10.05.2016 vor.

Für die BF3 wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

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Pflegschaftsbeschluss vom 22.01.2016, wonach die Obsorge der BF3 an die BF1 übertragen werde;

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Russisches Schreiben betreffend die Obsorge der BF3;

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Kopie vom Datenblatt des russischen Reisepasses;

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Schreiben der neuen Mittelschule betreffend ihre guten Deutschkenntnisse;

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Patientenbrief und EEG-Befund eines Facharztes für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie vom 04.10.2016, wonach bei der BF3 die Diagnose "Migräne" erstellt wurde.

1.13. Am 02.01.2017 wurde eine Bestätigung für die BF1 (Besuch eines Deutschkurses Niveau A2) vorgelegt.

1.14. Vom BFA wurde in weiterer Folge die Übersetzung der russischen Schriftstücke (Vorladung zur Vernehmung und Sterbeurkunde des Mannes der BF1) veranlasst.

1.15. Am 08.03.2017 beauftragte das BFA den polizeiärztlichen Dienst mit der Abgabe einer Stellungnahme betreffend die notwendige Behandlung/Medikation der BF1, ob die Behandlung/Medikation in der Russischen Föderation zur Verfügung stehe, ob eine Rückführung eine Todesgefahr für die Partei bedeute oder man sie einem Zustand aussetze der einer unmenschlichen Behandlung gleichkomme bzw. sie im Falle der Überstellung einer weiteren oder begleitenden Behandlung bedürfe. Die vorgelegten medizinischen Unterlagen/Befunde der BF1 wurden beigefügt.

1.16. Am 28.03.2017 langte die diesbezügliche Stellungahme ein. Es wurde geschlussfolgert, dass bei der BF1 ein Behandlungsbedarf wegen Bluthochdruck bestehe sowie eine weitere Begutachtung bzw. neuerliche Exstirpation einer gutartigen Fettgeschwulst (linker Ellbogen) notwendig sei. Die psychischen Beschwerden hätten sich lauf Befund von Oktober 2016 stabilisiert, eine antidepressive Therapie mit Trittico, Saroten sowie bei Bedarf Bromazepam werde weitergeführt. Die verordneten Medikamente seien auch in der Russischen Föderation erhältlich. Es bestehe keine akute Selbst- oder Gemeingefährdung und sei eine Weiterbehandlung im Heimatland aufgrund der Staatendokumentation möglich.

1.17. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden der BF wurden jeweils unter Spruchteil I. die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde die First für die freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1-3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Das BFA führte aus, dass die Identität der BF1 und des BF2 feststehe, jene der BF3 nicht. Sie seien Staatsangehörige der Russischen Föderation, würden der tschetschenischen Volksgruppe angehören und sich zum muslimischen Glauben bekennen. Die BF1 sei verwitwet und Mutter von vier Söhnen. Der Aufenthaltsort ihrer Söhne XXXX und XXXX sei ihr nicht bekannt. Ihr jüngster Sohn arbeite in Deutschland. Die BF1 sei die gesetzliche Vertreterin der BF3.

Ihr Vorbringen sei nicht glaubhaft. Die BF1 habe keine originalen Ladungen vorlegen können. Auf der vorgelegten Sterbeurkunde sei keine Todesart angeführt. Von einer Echtheit der Dokumente könne nicht ausgegangen werden. Auch habe sich der BF2 bezüglich der vorgelegten Ladung in Ungereimtheiten verstrickt. Die BF1 habe bei der Erstbefragung deutlich angegeben, es sei nach dem Sohn XXXX gefragt worden, während sie bei der Einvernahme aber angab man habe nach XXXX gefragt. Erst später habe sie angegeben, es sei zuerst nach XXXX und als dieser nicht gefunden worden wäre, nach XXXX gefragt worden. Unstimmig sei weiters, weshalb die Polizei überhaupt bei einem Nachbarsjungen fragen habe müssen bzw. es genug Zeit zur Vorwarnung gegeben habe, zumal nach den Aussagen der BF1 ja schon mehrere Ladungen zugestellt worden seien. Aus der Übersetzung der vorgelegten Ladung gehe hervor, dass diese erst am XXXX , sohin nach der Ausreise erstellt worden sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb die BF1 keine Anzeige bei der Polizei oder bei anderen Behörden gemacht habe bzw. der Sohn XXXX XXXX geflüchtet sei, die BF1 bzw. der BF2 aber bis zum Jahr 2013 keine Probleme bekommen hätten. Es sei nicht verständlich, weshalb der BF2 sich so vor den Ladungen gefürchtet habe und diesen nicht nachgekommen sei. Weiters sei nicht verständlich, weshalb die Kernfamilie von XXXX keine Probleme mit dem Sicherheitsapparat bekommen habe und habe die BF3 den Asylantrag nur gestellt, um sich medizinisch behandeln zu lassen bzw. um bei der BF1 zu sein. Die Behauptung des BF2, wonach Verwandte der BF3 über höhere Positionen verfügen würden und diese daher geschützt sei, werde als reine Schutzbehauptung gewertet. Der BF2 habe den Verkauf des Grundstückes auch beim Dorfamt registriert und kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die BF sich versteckt hielten, sondern sie in aller Öffentlichkeit die Ausreise vorbereitet haben. Auch seien die Angaben betreffend ihre Ausreise aus Russland (Situation am Bahnhof) widersprüchlich. Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass sich die BF lediglich zur medizinischen Behandlung nach Österreich begeben haben.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass die BF1 und der BF2 über Schulbildung und Berufserfahrung verfügen würden. Die BF hätten verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und würden deshalb Unterstützungs- und Unterkunftsmöglichkeiten im Herkunftsstaat vorfinden. Eine medizinische Versorgung für die gesundheitlichen Probleme von BF1 und BF3 sei im Herkunftsstaat gewährleistet.

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung kam die belangte Behörde zu Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Ausreise der BF gegenüber den persönlichen Interessen überwiegen würden und nicht von einer umfassenden Integration ausgegangen werden könne.

1.18. Gegen diese Bescheide haben die BF fristgerecht vollinhaltliche Beschwerden erhoben. In den Beschwerden wird unrichtige Tatsachenfeststellung infolge eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens und eine fehlerhafte Beweiswürdigung geltend gemacht. Weiters wird ausgeführt, dass die BF aufgrund wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch die tschetschenischen Behörden bzw. unbekannte Täter wegen Zugehörigkeit zur einer bestimmten Gruppe (Familie) und einer unterstellten regimekritischen Gesinnung ihren Herkunftsstaat verlassen haben. Kritisiert wird, dass die Länderfeststellungen unvollständig und teilweise veraltet seien und wird auf Berichte zur allgemeinen Menschenrechtslage (insbesondere von Human Rights Watch) aus dem Jahr 2016 und 2017 verwiesen, woraus hervorgehe, dass in Tschetschenien Menschenrechtsverletzungen durch Präsident Kadyrow bzw. seine Sicherheitskräfte zum Alltag gehören würden. Derartige Übergriffe würden strafrechtlich nicht verfolgt werden. Auch die Beweiswürdigung der Behörde sei unschlüssig. Die originalen Ladungen würden von den BF nicht übermittelt werden können, da dann die tschetschenischen Behörden den Aufenthaltsort der BF erfahren könnten. Die Nachbarn hätten Angst die Ladungen per Post zu übermitteln. Auch hätten sich die Aussagen des BF2 bezüglich der Zustellung der Ladung nicht auf die Ladung mit Ausstellungsdatum 29.05., sondern auf eine andere Ladung bezogen. Die Sicherheitsbeamten, welche zum Haus der BF gekommen seien, hätten nicht gewusst, wo sich das Haus der BF genau befunden habe und gebe es im Heimatdorf der BF auch keine Hausnummern. Weiters wurde ausgeführt, dass der Ehemann der BF1 bei der Miliz tätig gewesen sei und seine Arbeit nicht mehr mit seinem Gewissen habe vereinbaren können, weil er das Unrecht, das die Miliz verübe, miterlebt habe. Er habe deshalb die Arbeit aufgeben wollen und habe dies den Verdacht der Miliz auf sich gezogen, dass man eine solche Arbeit nicht ohne Grund verlasse. Deshalb sei es zu seiner Ermordung gekommen. Da der Tod durch Angehörige einer Behörde verursacht worden sei, sei auch auf der Sterbeurkunde nicht die wahre Todesursache enthalten. Es sei auch keinesfalls möglich gewesen wegen der Ermordung eine Anzeige bei den tschetschenischen Behörden zu machen, da der Ehemann ja von diesen ermordet worden sei. Im Zeitraum von 2009 bis 2013 sei die Familie auch nicht in Ruhe gelassen worden, sondern sei der zweitälteste Sohn ( XXXX ) mehrmals von den Behörden befragt und misshandelt worden. Dieser habe deshalb auch sein Heimatland verlassen. Auch würde es bei Verhören durch tschetschenische bzw. russische Behörden zu Folter und erzwungenen Geständnissen kommen, weshalb nachvollziehbar sei, weshalb sich die BF so sehr davor gefürchtet haben und diesen keine Folge geleistet haben. Von der Behörde sei ebenso nicht ermittelt worden, ob die von der BF1 benötigte Behandlung auch im Heimatland verfügbar und für diese leistbar sei. Die BF seien bei einer Rückkehr einer reellen Gefahr einer Gefährdung gem. Art. 3 EMRK ausgesetzt. Den BF sei Asyl, ansonsten subsidiärer Schutz zu gewähren. Auch Art. 8 EMRK sei von der belangten Behörde nicht hinreichend gewürdigt worden.

1.19. Ebenso wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Schwester der BF1 ( XXXX ) und von ihrem Sohn ( XXXX ) gem. § 3 AsylG abgewiesen, zugleich der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel auf berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt, Rückkehrentscheidungen erlassen und eine Abschiebung gem. § 46 FPG in die Russische Föderation als zulässig erachtet. Gegen diese Bescheide wurden ebenso fristgerecht Beschwerden erhoben.

1.20. Am 02.05.2018 langte eine Stellungnahme der BF ein. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zahlreiche Familienangehörige in Österreich leben würden und die BF bestens im Bundesgebiet integriert seien. Der Gesundheitszustand der BF1 sei schlecht, sie müsse regelmäßig zur Kontrolle und sei eine durchgehende medikamentöse Therapie erforderlich. In Tschetschenien sei dies nicht möglich und würden die notwendigen finanziellen Mittel fehlen.

Folgende Unterlagen wurden vorgelegt:

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Zertifikat Sprachkurs Deutsch-A2 für den BF2 (Spezialisierungsmodule: Gastronomie und Verkauf, Handwerk und Technik, Berufsorientierung, Gesundheit und Soziales, Selbstständigkeit);

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ÖSD-Zertifikat A2 des BF2 vom 07.11.2017;

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Zertifikat betreffend einen Deutschkurs B1 für den BF2;

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Schreiben der neuen Mittelschule, wonach die BF3 fest im Klassenverband vernetzt sei, viele Freundschaften geschlossen habe, sehr beliebt sei und sehr gut Deutsch gelernt habe;

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Schulnachricht der BF3 (Schuljahr 2017/18, 3.Klasse, 7. Schulstufe);

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Urkunde, wonach die BF3 an einem Sommer-Deutschkurs teilgenommen habe;

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Privates Schreiben (Zeugnis) für die BF3;

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Ärztliches Attest eines Allgemeinmediziners für die BF1 vom 01.03.2018,

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Befundberichte eines Facharztes für Innere Medizin für die BF1 von August 2017 und April 2018, worin die Diagnose "Steatosis Hepatis, Hypertonie und Depressio" erstellt wurden;

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Diverse Schreiben eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie für die BF1 (zuletzt vom 02.08.2018), worin zuletzt die Diagnosen "Depression, Angstsyndrom, Psychosomatose" vermerkt wurden;

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Medikamenten-Gebrauchsanleitung der BF1 von einem Allgemeinmediziner vom 14.07.2017;

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Zertifikat für die Teilnahme an einem Deutschkurs für die BF1;

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Bestätigung einer Privatperson, wonach diese sich regelmäßig mit der BF1 treffe und Deutsch mit ihr spreche.

1.21. Die BF1, der BF2 und die BF3 wurden im Zuge einer Beschwerdeverhandlung vom 19.06.2018 durch das erkennende Gericht nochmals ergänzend zu ihren Verwandten und deren Aufenthaltsorten, den Lebensumständen der Verwandten, den Ladungen, den Vorfall im Mai 2013 (Besuch von Sicherheitsleuten), zu ihrer Ausreise aus Tschetschenien, den Verkauf des Hauses durch den BF2 sowie zu ihrer Integration in Österreich befragt.

Im Zuge der Verhandlung legten die BF folgende Unterlagen vor:

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Kursbesuchsbestätigung/Fahrtkostenerstattung für einen Deutschkurs des BF2;

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Anmeldebestätigung Deutschkurs B1 für den BF2;

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Bestätigung für den BF2 für die Teilnahme an Integrationskurs (Alphabetisierung, Basisausbildung, Deutschkurse);

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Ladung aus Russland (Original);

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Bestätigung, wonach sich die BF1 seit Oktober 2017 in einer intensiven klinisch- psychologischen Behandlung befinde (Gespräche alle 14 Tage im Integrationshaus);

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Klinisch-psychologischer Befund einer Klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin vom 06.06.2018, wonach bei der BF3 die Diagnosen "F32.3 schweres depressives Syndrom mit psychotischen Symptomen, F41.1 generalisierte Angststörung, F40.1 Sozialphobie" erstellten wurden;

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Empfehlungsschreiben einer Lehrerin für die BF3, wonach diese an einer Kreativwerkstatt teilnehme und künstlerisch begabt sei;

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Empfehlungsschreiben des Klassenvorstandes der BF3, wonach diese fest im Klassenverband verankert sei, als Klassensprecherin nominiert worden sei, sehr gut Deutsch lerne und die 7. Schulstufe mit "gutem Erfolg" abschließen werde.

1.22. Am 03.07.2018 wurde den BF das aktuelle Länderinformationsblatt zur Russischen Föderation übermittelt (Stand 19.03.2018).

1.23. Nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wurden die Beschwerden der Schwester der BF1 ( XXXX ) und die ihres Sohnes ( XXXX ) mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes, Zlen.: W226 2154828-1/9E und W226 2154830-1/4E als unbegründet abgewiesen. Die gegen diese Erkenntnisse erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichthofes vom 26.09.2019, Zl.: Ra 2019/18/0378 bis 0379-4 zurückgewiesen.

1.24. Am 31.07.2018 brachten die BF durch ihre rechtsfreundliche Vertretung eine Stellungnahme ein. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Schilderungen des BF2 mit den Länderberichten zur Russischen Föderation decken würden. Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen sei weit verbreitet und die strafrechtliche Verfolgung unzureichend. Dem BF2 würden im Falle einer Rückkehr willkürliche Verhaftung und massive polizeiliche Übergriffe drohen, sein Leben sei in Gefahr. Den BF sei daher Asyl zu gewähren. Zu seinem Heimatland seien sämtliche Bindungen abgebrochen, er habe dort keine Existenzgrundlage und auch niemandem, der ihm dabei behilflich sein könne. Der Gesundheitszustand der BF1 sei weiterhin schlecht. Im Gegensatz zum polizeiärztlichen Befund, würden die vorgelegten Befunde eine Stabilisierung der psychischen Beschwerden nicht bestätigen. In Tschetschenien sei eine kostenfreie Krankenversorgung nicht gesichert. Das Gesundheitssystem sei ineffektiv, es komme zu faktischen Zuzahlungen durch Patienten und fehle es an qualifiziertem Personal. Eine effektive Behandlung von Krankheiten wie Krebs sei nicht möglich. Bei der BF1 bestehe weiterhin die Gefahr, dass die Krebserkrankung wieder akut werde. Sie müsse engmaschig medizinisch betreut werden und regelmäßige Kontrolltermine wahrnehmen. Die BF1 sei daher nicht als gesund oder geheilt anzusehen, es sei von einer hohen Wahrscheinlichkeit einer Neuerkrankung auszugehen. Auch wäre sie in der Russischen Föderation auf sich alleine gestellt. Bei einer Rückkehr bestehe die Gefahr einer dramatischen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und sei eine Selbstgefährdung nicht ausgeschlossen, weshalb den BF subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Auch eine Rückkehrentscheidung sei aufgrund der familiären Bindungen im Bundesgebiet und der außergewöhnlichen Integration für die BF auf Dauer unzulässig.

Mit der Stellungnahme wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

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Zertifikat Deutschkurs B1 (Spezialisierung: Berufsorientierung) für den BF2;

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Anmeldebestätigung und Kursantrittsbestätigung für einen Deutschkurs B1 und B1+ für den BF2;

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Befundbericht einer Fachärztin für Innere Medizin vom 12.07.2018, wonach bei der BF1 die Diagnosen "Steatosis Hepatis, Hypertonie und Depressio" erstellt wurden, Therapie zuletzt: Amlodipin+PH TBL 10mg, Candesartan/HCT 32/12,5mg, Nomexor 5mg, Bezastad 400mg, Legalon 70mg, Pantoprazol 40mg, Psychopharmaka Therapie wie von FA Neurologie vereinbart;

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Jahreszeugnis und Schulnachricht der BF3 (Schuljahr 2017/18, 7. Schulstufe);

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Teilnahmebestätigung der BF3 für die Teilnahme an einer unverbindlichen Übung (ARTLAB).

1.25. Am 07.08.2018 wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

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Zertifikat für die Teilnahme an einen Deutschkurs A1 für die BF1;

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Medikamenten-Gebrauchsanleitung der BF1 von einem Allgemeinarzt für die Medikamente Amlodipin+Pharma 10mg TBL, Betnesol N Augen-, Ohren-, Nasentropfen, Bezastad Retard 400mg FTBL, Candesartan/HCT 32mg/12,5 mg, Candibene 1% Creme, Candibene 200mg Vaginaltbl., Daktarin 2% Dermatol. Lsg, Hylak Forte Tropfen, Legalon 140mg Kaps., Magnosolv Gran., Mobilat Gel, Molaxole PLV, Nomexor 5mg Tbl., Pantoprazol 40mg, Pram 40mg FTBL;

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Ärztliches Attest eines Allgemeinmediziners für die BF1, worauf "Adenomatöse Hyperplasie des Endometriums, St.p. Hysterektomie, Hypertonie, St.p. Lipomextirpation, Refluxkrankheit, Gonalgie bdsts" festgehalten wurde. Weiters wurde ausgeführt, dass die BF1 alle drei Monate zur Kontrolle zum Frauenarzt müsse und auch regelmäßig wegen ihrem Bewegungsapparat in Behandlung sei. Durch die labile Hypertonie steige er RR in Stresssituationen stark an.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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