Entscheidungsdatum
20.02.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G308 2225943-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2019, Zahl: XXXX, betreffend Ausweisung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 25.10.2019, dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim Zustellpostamt nach Zustellversucht am 30.10.2019 zugestellt, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 20.12.2018 einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung zum Zweck einer Ausbildung bei der zuständigen Magistratsabteilung eingebracht. Ob der Beschwerdeführer über eine ausreichende Krankenversicherung verfügt, hätte aufgrund der vorgelegten Polizze über eine private Krankenversicherung wegen der darin enthaltenen Ausschlussklausel für selbst verursachte Krankheiten oder Unfälle nicht festgestellt werden können. Insbesondere habe er trotz Aufforderung keine weiteren Beweismittel, wie etwa eine Selbstversicherung bei der Österreichischen Gesundheitskasse oder eine EU-Krankenversicherungskarte vorgelegt. Die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß § 51 NAG lägen daher nicht vor, sodass der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet auszuweisen sei.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 15.11.2019, beim Bundesamt am 15.11.2019 einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid aufheben und die "Unzulässigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet feststellen"; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der erteilte Durchsetzungsaufschub "verlängert" wird.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit Erlassung des angefochtenen Bescheides seinen Krankenversicherungsträger gewechselt habe. Er sei nunmehr bei einer deutschen Krankenversicherung iSd deutschen § 175 SGB V krankenversichert. Diese gesetzliche Versicherung decke nun alle Fälle im Sinne einer umfassenden Krankenversicherung iSd § 51 NAG. Der Beschwerde sei daher stattzugeben.
Der Beschwerde lag eine "Mitgliedsbescheinigung" der XXXX Versicherung vom 24.10.2019 bei, aus der lediglich eine "Rentenversicherungsnummer" entnommen werden kann.
3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und langten am 29.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Mit Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die vorgelegte "Mitgliedsbescheinigung" der deutschen Versicherung keinerlei Rückschlüsse darauf zulasse, ob und in welchem Umfang nunmehr ein Krankenversicherungsschutz in Deutschland bestehe und ob dieser auch in Österreich zum Tragen käme. Dem Beschwerdeführer wurde binnen einer Frist von vier Wochen aufgetragen, den Mangel durch Vorlage einer nachvollziehbaren/aussagekräftigen Bestätigung über einen auch in Österreich zum Tragen kommenden Krankenversicherungsanspruch zu verbessern. Darüber hinaus wurde er über die Möglichkeit einer Selbstversicherung in Österreich bei seiner ausgeübten geringfügigen Beschäftigung belehrt.
5. Mit Schreiben vom 27.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag per Fax einlangend, teilte der Beschwerdeführer mit, auftragsgemäß seinen Dienstvertrag vorzulegen. Eine Bestätigung über den Umfang des Krankenversicherungsschutzes habe er jedoch nicht erhalten und könne eine solche daher nicht vorlegen.
6. Mit einem weiteren Verbesserungsauftrag bzw. einem Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.02.2020 erging an den Beschwerdeführer neuerlich der Auftrag, zumindest eine Kopie einer gültigen europäischen Krankenversicherungskarte sowie einen Nachweis für das ernstliche und zielstrebige Betreiben seines Studiums in Österreich binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.
7. Mit am 13.02.2020 per Fax einlangenden Schreiben vom selben Tag übermittelte der Beschwerdeführer schlussendlich eine Kopie seiner deutschen Gesundheitskarte (entspricht der österreichischen e-Card), die auf der Rückseite eine bis 31.12.2024 gültige europäische Krankenversicherungskarte aufweist, sowie ein Sammelzeugnis der Universität über die bisher insgesamt besuchten und abgeschlossenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland und somit EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG bzw. Unionsbürger (vgl aktenkundige Kopie des deutschen Personalausweises, AS 21 f).
Er reiste spätestens am 06.09.2018 zum Zwecke der Absolvierung einer Ausbildung in Form eines Bachelorstudiums Humanmedizin (Vertiefungsrichtung Humanmedizin) an der XXXX Privatuniversität XXXX in das Bundesgebiet ein, wo er seit 06.09.2019 durchgehend mit einem Nebenwohnsitz gemeldet ist (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 19.02.2020; Studienbestätigung, AS 35; Sammelzeugnis vom 12.02.2020).
Am 20.12.2018 beantragte der beim Magistrat der Stadt XXXX, XXXX, die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für den Zweck "Ausbildung". Dazu legte er eine private Krankversicherungspolizze vor, die eine Ausschlussklausel für selbst verschuldete Krankheiten bzw. Verletzungen enthielt, sodass die NAG-Behörde das Vorliegen einer nicht ausreichenden Krankenversicherung annahm und das Bundesamt wegen der fehlenden Voraussetzungen gemäß § 51 NAG zur Überprüfung einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasste (vgl Mitteilung gemäß § 55 Abs. 3 NAG vom 20.09.2019, AS 1 ff).
Der Beschwerdeführer ist nunmehr bei der deutschen XXXX Versicherung zur Versichertennummer XXXX in Deutschland gesetzlich krankenversichert. Er verfügt über eine bis 31.12.2024 gültige europäische Krankenversicherungskarte oder auch EKVK (vgl Schreiben der XXXX Versicherung über die "Mitgliedsbescheinigung" vom 24.10.2019, AS 89; aktenkundige Kopie der deutschen Gesundheitskarte bzw. EKVK).
Aus dem Sammelzeugnis der Universität geht hervor, dass der Beschwerdeführer im ersten Semester 27,75 ECTS von maximal möglichen 29,75 ECTS, im zweiten Semester 27,75 ECTS von maximal möglichen 30,25 ECTS und im zum Entscheidungszeitpunkt laufenden dritten Semester 23 ECTS von maximal möglichen 29,5 ECTS erreicht hat. Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt (vgl Sammelzeugnis vom 12.02.2020).
Für den Unterhalt des Beschwerdeführers und insbesondere die Miete seiner Unterkunft kommen seine Eltern auf. Weiters ist der Beschwerdeführer seit 01.10.2019 laufend als freier Dienstnehmer (Angestellter) der Universität XXXX gemäß § 4 Abs. 4 ASVG geringfügig beschäftigt und erwirtschaftet sich damit ein monatliches Zusatzeinkommen in Höhe von EUR 200,00. Insgesamt verfügt der Beschwerdeführer somit über ausreichende Existenzmittel zur Sicherung seines Unterhalts in Österreich (vgl schriftliche Stellungnahme vom 16.10.2019, AS 31; Zahlungsnachweise/Daueraufträge für die Miete des Beschwerdeführers, AS 33; Feststellungen angefochtener Bescheid, AS 47; freier Dienstvertrag vom 01.10.2019; Auszug aus den Sozialversicherungsdaten vom 19.02.2020).
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 19.02.2020).
2. Beweiswürdigung:
Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Weiters ist eine Kopie seines deutschen Personalausweises aktenkundig, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Das Bundesverwaltungsgericht nahm zudem Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie in die Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt nunmehr einliegenden Beweismitteln und eigenen Angaben des Beschwerdeführers, welche in der jeweiligen Klammer konkret angeführt und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:
Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:
"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."
Gemäß § 55 Abs. 3 NAG hat die Behörde für den Fall, dass das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht besteht, weil eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hiervon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
§ 51 Abs. 1 NAG lautet:
"Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen."
Der mit "Anmeldebescheinigung" betitelte § 53 NAG lautet:
"§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;
2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;
3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;
4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;
6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;
7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Fallbezogen ergibt sich daraus:
Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsbürger und als solcher auch Unionsbürger.
Durch die Vorlage seiner europäischen Krankenversicherungskarte (EKVK) hat der Beschwerdeführer nunmehr das Bestehen eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nachgewiesen. Er betreibt zielstrebig sein Studium der Humanmedizin und verfügt im Bundesgebiet durch die Unterhalts- und Mietzahlungen seiner Eltern sowie die von ihm ausgeübte geringfügige Beschäftigung über ausreichende Existenzmittel.
Die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht iSd § 51 Abs. 1 Z 2 iVm Z 3 NAG liegen daher nunmehr vor.
Die Ausweisung erweist sich daher nunmehr als rechtswidrig. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2225943.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.04.2020