TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W133 2168305-1

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W133 2168305-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle Wien, vom 07.07.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 (vierzig) von Hundert (v.H.) beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 04.04.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge auch als "belangte Behörde" bezeichnet), unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 06.07.2017 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Koronare Herzkrankheit, aortokoronarer Venenbypass bei koronarer Dreigefäßerkrankung 2014 Unterer Rahmensatz, da Zustand nach Bypassoperation bei gut erhaltener Linksventrikelfunktion.

05.05.02

30

2

Periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zustand nach femoropoplitealer Bypassoperation links Unterer Rahmensatz, da gutes Operationsergebnis, gute periphere Durchblutung.

05.03.02

20

3

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen und mäßige Funktionseinschränkung ohne neurologisches Defizit.

02.01.01

20

4

Polyneuropathie-Syndrom Unterer Rahmensatz, da sensible Störung ohne motorisches Defizit.

04.06.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht werde, da kein maßgebliches

ungünstiges Zusammenwirken vorliege. Leiden 3 erhöhe nicht, da kein

ungünstiges Zusammenwirken mit Leiden 1 vorliege. Leiden 4 erhöhe nicht, da es von zu geringer funktioneller Relevanz sei. Der Beschwerdeführer leide laut Anamnese seit 2014 an Diabetes mellitus, es würden diesbezüglich jedoch keine aktuellen Befunde vorliegen, daher sei keine Einschätzung als behinderungsrelevantes Leiden möglich gewesen. Ein Myocardinfarkt sei nicht durch entsprechende Befunde belegt und habe daher nicht berücksichtigt werden können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 07.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. Das Gutachten vom 06.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Gegen diesen Bescheid wurde mit E-Mail vom 18.08.2017 fristgerecht eine Beschwerde erhoben. Die E-Mail wurde nicht von einer auf den Beschwerdeführer lautenden Adresse versandt. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer eine Woche nach einer Fußbypass-Operation einen Herzinfarkt gehabt habe. Auch habe er eine eitrige Gallenblase gehabt, welche aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes problematisch gewesen sei. Er könne nur 20 Meter gehen. Seine Zuckerkrankheit und seine Gallenerkrankung seien aus den Blutwerten und Befunden zu ersehen.

Die belangte Behörde legte am 22.08.2017 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 29.11.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht dazu aufgefordert, seine Beschwerde eigenhändig unterschrieben vorzulegen. Am 07.12.2017 langte per Telefax eine vom Beschwerdeführer persönlich unterzeichnete Kopie der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein internistisches Sachverständigengutachten unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 20.08.2018 eingeholt. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Koronare Herzkrankheit, aortokoronarer Venenbypass bei koronarer Dreigefäßerkrankung 2014 Auswahl dieser Position, da Z. n. Bypass-OP mit gut erhaltener Linksventrikelfunktion. Oberer Rahmensatz, da im Echokardiographiebefund aus 2016 eine posterolaterale Akinesie beschrieben und damit ein durchgemachter Infarkt wahrscheinlich ist.

05.05.02

40

2

Periphere arterielle Verschlusskrankheit, Z. n. femoropoplitealer Bypass-OP links Unterer Rahmensatz, da gutes OP-Ergebnis

05.03.02

20

3

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen und mäßige Funktionseinschränkung ohne neurologisches Defizit.

02.01.01

20

4

Polyneuropathie-Syndrom Unterer Rahmensatz, da sensible Störung ohne motorisches Defizit.

04.06.01

10

5

Diabetes mellitus Typ 2 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Behandlung mit oraler Medikation möglich ist.

09.02.01

20

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von nunmehr 40 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht werde, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Zu den Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten führte der Facharzt für Innere Medizin aus, dass der vorgelegte Echokardiographiebefund aus 2016 eine posterolaterale Akinesie beschreibe, womit ein durchgemachter Infarkt wahrscheinlich sei. Daher sei es nunmehr zu einer um eine Stufe höheren Einschätzung des Leidens 1 (von 30 v.H. auf 40 v.H.) gekommen. Die Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 sei in die Diagnosenliste aufgenommen worden, da kein Zweifel am Vorliegen dieses Leidens bestehe.

Mit Schreiben vom 11.03.2019, dem Beschwerdeführer zugestellt am 19.03.2019, informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Weder der Beschwerdeführer, noch die belangte Behörde erstatten eine Stellungnahme.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 04.04.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Er ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Koronare Herzkrankheit, aortokoronarer Venenbypass bei koronarer Dreigefäßerkrankung 2014, Zustand nach Bypass-OP mit gut erhaltener Linksventrikelfunktion, wahrscheinlich durchgemachter Infarkt;

2. Periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zustand nach femoropoplitealer Bypass-OP links, gutes OP-Ergebnis;

3. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, mäßige radiologische Veränderungen und mäßige Funktionseinschränkung ohne neurologisches Defizit;

4. Polyneuropathie-Syndrom; sensible Störung ohne motorisches Defizit;

5. Diabetes mellitus Typ 2, Behandlung mit oraler Medikation möglich.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.

Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Die neuerliche Begutachtung ergab eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe von 30 v.H. auf nunmehr 40 v.H. Der ermittelte Gesamtgrad der Behinderung besteht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung.

Diese Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Gutachten erster Instanz ergibt sich, da ein erst im Rahmen der Beschwerdeerhebung vorgelegter Echokardiographiebefund aus 2016 eine posterolaterale Akinesie beschreibt, womit ein durchgemachter Infarkt wahrscheinlich ist. Daher ist es zu einer um eine Stufe höheren Einschätzung des Leidens 1 - nunmehr wird der obere Rahmensatz der Positionsnummer 05.05.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung herangezogen - gekommen. Die Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 wurde im Vergleich zum Vorgutachten neu aufgenommen, da kein Zweifel am Vorliegen dieses Leidens besteht.

Ein Zustand nach Operation der Gallenblase erreicht ohne Vorliegen von Folgeschäden keinen Grad der Behinderung.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 20.08.2018, welche die Ergebnisse des Vorgutachtens vom 06.07.2017 im Wesentlichen bestätigen, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR-Auszug und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten vom 20.08.2018, welches sich im Wesentlichen mit dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 06.07.2017 deckt. In diesen Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, welche auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden basieren, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Erhöhung des Grades der Behinderung von Leiden 1 und die Neuaufnahme von Leiden 5 in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin stellen keinen Widerspruch zum erstinstanzlichen Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin dar, sondern ergeben sich aus der nunmehr zusätzlich erfolgten Untersuchung durch einen Sachverständigen der Fachrichtung Innere Medizin und der Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel.

Die bis 22.08.2017 (Datum der Vorlage des Verwaltungsaktes an das Bundesverwaltungsgericht) vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen der Gutachtenserstellung auch damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Facharzt für Innere Medizin hält in seinem Gutachten vom 20.08.2018 im Einklang mit den vorliegenden Befunden schlüssig fest, dass die Beurteilung des Leidens 1 um eine Stufe erhöht zu erfolgen hat, da der vom Beschwerdeführer vorgelegte Echokardiographiebefund vom 04.08.2016 eine posterolaterale Akinesie zeigt, wodurch ein durchgemachter Infarkt wahrscheinlich ist. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der Einschätzungsverordnung, welche die Heranziehung der Positionsnummer 05.05.02 mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. für Einschränkungen der Herzleistung geringen Grades vorsieht, wenn eine erhaltene Linksventrikelfunktion bei abgelaufenem Myocardinfarkt besteht und eine geringfügige Einschränkung der Belastbarkeit vorliegt.

Der Sachverständige beschreibt weiters nachvollziehbar, dass das Leiden 5 "Diabetes mellitus Typ 2" in die Diagnoseliste aufzunehmen ist, da diese im mit der Beschwerde vorgelegten Patientenbrief vom 20.09.2016 dokumentiert ist und die Behandlung mit Metformin - einem blutzuckersendenden Medikament - beschrieben wird.

Die Beurteilung des Wirbelsäulenleidens und der Polyneuropathie wurden vom Beschwerdeführer nicht moniert. Die Einstufung dieser Leiden durch die Sachverständigen erweist sich vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde und des Untersuchungsbefundes ebenfalls als nachvollziehbar und richtig.

Ein Zustand nach Operation der Gallenblase erreicht ohne Vorliegen von Folgeschäden keinen Grad der Behinderung.

Die Beurteilung des Facharztes für Innere Medizin für den nunmehr von ihm gewählten Gesamtgrad der Behinderung (40 v.H.) ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere der beim Beschwerdeführer objektivierten Leiden schlüssig und richtig.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers bezüglich die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass bzw. auf die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Zusammenfassend ist daher vor dem Hintergrund vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht ersichtlich, dass die Gutachter die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätten. Der Beschwerdeführer ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 20.08.2018 auch nicht mehr entgegengetreten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit im Ergebnis nicht geeignet, die vorliegenden Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 06.07.2017 und 20.08.2018. Diese werden wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten vom 20.08.2018, welches sich im Wesentlichen mit dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 06.07.2017 deckt, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in den Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden aktuellen Gutachten zu entkräften.

Da die Erhöhung des Grades der Behinderung des Leidens 1 "Koronare Herzkrankheit" auf 40 v.H. zwar die Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung rechtfertigt und ein Grad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt wurde, jedoch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses weiterhin nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 BBG eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 22.08.2017 vorgelegt wurde, sind nach diesem Zeitpunkt vorgelegte Beweismittel nicht zu berücksichtigen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Insoweit der Beschwerdeführer auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass bzw. auf die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis) abzielt, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich bei der belangten Behörde keine entsprechenden Anträge gestellt hat und die belangte Behörde daher nicht darüber absprechen konnte. Diese Fragen sind daher mangels Vorliegens von anfechtbaren Bescheiden nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Da aber mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. kein Anspruch auf die Ausstellung eines Behindertenpasses besteht, wären im Übrigen auch die Vornahme allfälliger Zusatzeintragungen (wie z.B. "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel") und die Ausstellung eines Ausweises gemäß § § 29 b StVO (Parkausweis) rechtlich nicht zulässig.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2168305.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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