TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W133 2150841-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W133 2150841-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 09.03.2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 50 (fünfzig) von Hundert (v.H.).

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) stellte der Beschwerdeführerin am 09.09.1991 auf Grundlage eines ärztlichen Sachverständigengutachtens aus dem Jahr 1986 einen unbefristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 80 v.H. aus.

Am 21.11.2016 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass. Sie legte diesem Antrag ein umfangreiches Befundkonvolut bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In diesem Gutachten vom 03.03.2017 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Hemikolektomie wegen Morbus Crohn. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da bei chronischen Verdauungsstörungen geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes.

07.04.05

30

2

Sehstörungen, Herabsetzung der Sehleistung am linken Auge bis auf Fingerzählen, normales Sehvermögen rechts. Tabelle Zeile 1/Kolonne 8 Fixer Rahmensatz.

11.02.01

30

3

Degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen. Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da bei radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen gering bis mäßige Funktionseinschränkungen im Bereiche der Wirbelsäule, der Finger, der Hüftgelenke, als auch des rechten Kniegelenkes.

02.02.02

30

4

Varizen im Bereiche der unteren Gliedmaßen. Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Schwellungsneigung und geringe postentzündliche Erscheinungen evident sind.

05.08.01

20

5

Mäßige Hypertonie. Fixer Rahmensatz.

05.01.02

20

6

Unterfunktion der Schilddrüse nach Strumaoperation. Unterer Rahmensatz, da gute medikamentöse Substitution.

09.01.01

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, Gesundheitsschädigung 1 würde infolge der zusätzlichen Beeinträchtigung und bei ungünstigem Zusammenwirken durch die Gesundheitsschädigungen 2 und 3 im Hinblick auf den Gesamtleidenszustand noch um 2 Stufen erhöht werden. Die übrigen Gesundheitsschädigungen würden aufgrund ihres Ausmaßes keine weitere Erhöhung bedingen. Gegenüber dem Vorgutachten komme es erstmalig zur Anwendung der Einschätzungsverordnung. Leiden 1 des Vorgutachtens bestehe unverändert, Leiden 2 des Vorgutachtens sei in der nunmehrigen Diagnose unter Leiden 1 mitberücksichtigt. Leiden 3 des Vorgutachtens werde um zwei Stufen reduziert, da eine Leidenskonsolidierung eingetreten sei und werde in Anbetracht des Ernährungs- und Allgemeinzustandes der Beschwerdeführerin nunmehr mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. bewertet. Leiden 4 des Vorgutachtens sei nicht mehr befundmäßig ausreichend belegt und könne somit nicht einschätzungsmäßig berücksichtigt werden. Leiden 5 des Vorgutachtens werde nach einer Strumaoperation durch das nunmehrige Leiden 6 ersetzt. Leiden 6 des Vorgutachtens werde um degenerative Gelenksveränderungen erweitert und nunmehr mit 30 v.H. eingeschätzt. Leiden 7 des Vorgutachtens werde nach der Einschätzungsverordnung nun mit 20 v.H. bewertet und somit um eine Stufe reduziert. Neu hinzugekommen sei das nunmehrige Leiden 5. Gegenüber dem Vorgutachten ergebe sich eine Reduktion des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen auf 50 v.H. Grund dafür seien die Konsolidierung des Leidens 3 des Vorgutachtens (Z.n. Hemicolektomie) sowie die erstmalige Anwendung der Einschätzungsverordnung.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.03.2017 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 21.11.2016 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei. Es sei daher ein neuer Behindertenpass auszustellen. Die Voraussetzung für die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" würde vorliegen. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt. Der alte Behindertenpass sei ungültig und der belangten Behörde innerhalb von vier Wochen vorzulegen. Das eingeholte Gutachten vom 03.03.2017 wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit diesem Bescheid übermittelt.

Mit Begleitschreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde vorgebracht, dass ohne entsprechende Begründung der Grad der Behinderung von 80 v.H. auf 50 v.H. rückgestuft worden sei, obwohl zu den bereits bekannten Leiden die Gesundheitsschädigungen Vorhofflimmern und Polyarthrosen an beiden Händen sowie das erhöhte Alter hinzugekommen seien. Auch fehle das Beiblatt mit der Auflistung der Behinderung und Gewichtung in Prozenten.

Die belangte Behörde legte am 22.03.2017 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführerin am 09.09.1991 einen unbefristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 80 v.H. aus.

Am 21.11.2016 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass.

Sie hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Hemikolektomie wegen Morbus Crohn, bei chronischen Verdauungsstörungen geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes;

2. Sehstörungen, Herabsetzung der Sehleistung am linken Auge bis auf Fingerzählen, normales Sehvermögen rechts;

3. Degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen, bei radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen gering bis mäßige Funktionseinschränkungen im Bereiche der Wirbelsäule, der Finger, der Hüftgelenke und des rechten Kniegelenkes;

4. Varizen im Bereiche der unteren Gliedmaßen, Schwellungsneigung und geringe postentzündliche Erscheinungen evident;

5. Mäßige Hypertonie;

6. Unterfunktion der Schilddrüse nach Strumaoperation; gute medikamentöse Substitution.

Das führende Leiden 1 wird infolge der zusätzlichen Beeinträchtigung und bei ungünstigem Zusammenwirken durch die Leiden 2 und 3 im Hinblick auf den Gesamtleidenszustand um zwei Stufen erhöht. Die übrigen Leiden bewirken aufgrund ihres Ausmaßes keine weitere Erhöhung.

Eine sonographisch verifizierte Fettleber erreicht bei Fehlen von Funktionsstörungen keinen Grad der Behinderung. Eine Histaminintoleranz ist befundmäßig nicht ausreichend belegt und kann somit nicht einschätzungsmäßig berücksichtigt werden.

Es wurden im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 1986 folgende maßgebende Änderungen objektiviert: Die "Verwachsungen nach Laparotopmie" sind nunmehr beim Leiden "Hemikolektomie wegen Morbus Crohn" mitberücksichtigt. Dieses Leiden wird um zwei Stufen herabgesetzt eingestuft, da eine Leidenskonsolidierung eingetreten ist und bei der Beschwerdeführerin ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vorliegt (Größe 175cm/Gewicht 85kg). Das Leiden "Chronisch rezidivierendes Zwölffingerdarmgeschwür" kann nicht mehr objektiviert werden und kann somit nicht mehr in der Einschätzung berücksichtigt werden. Das Leiden "Struma nodosa" wurde, da nunmehr eine Strumaoperation durchgeführt wurde, in "Unterfunktion der Schilddrüse nach Strumaoperation" umbenannt. Das Leiden "Spondylopathie" des Vorgutachtens wurde nun auf "Degenerative Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen" erweitert und höher eingeschätzt. Die "Krampfadern an beiden Unterschenkeln" sind nunmehr - wie auch alle übrigen Leiden - nach der Einschätzungsverordnung zu bewerten, woraus ein geringerer Grad der Behinderung resultiert. Das Leiden "Hypertonie, Vorhofflimmern" ist neu hinzugekommen.

Gegenüber dem Vorgutachten aus dem Jahr 1986 ergibt sich somit eine Reduktion des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen auf 50 v. H. Grund dafür sind die Konsolidierung des Leidens 3 des Vorgutachtens (Zustand nach Hemicolektomie) sowie die erstmalige Anwendung der Einschätzungsverordnung.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners vom 03.03.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt nunmehr 50 v.H. Es wurden im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vorgelegt bzw. nachgereicht, die weitere oder höhere Funktionseinschränkungen als im Gutachten vom 03.03.2017 bereits medizinisch festgestellt wurden, belegen würden; diesbezüglich wird auch auf die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu dem im Jahr 1991 ausgestellten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zum Grad der Behinderung gründen sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners vom 03.03.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin. Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden und den Angaben der Beschwerdeführerin auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Der beigezogene Allgemeinmediziner begründet seine medizinischen Beurteilungen nachvollziehbar damit, dass der Zustand nach Hemikolektomie bei Morbus Crohn nunmehr mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. bewertet wurde, da sich eine Konsolidierung dieses Leidens eingestellt hat und bei der Beschwerdeführerin ein normaler Allgemein- und Ernährungszustand vorliegt, wodurch die Herabsetzung des Grades der Behinderung dieses Leidens um zwei Stufen gerechtfertigt ist. Dies steht im Einklang mit der Einschätzungsverordnung, welche die Positionsnummer 07.04.05 mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. für chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen bei geringer Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vorsieht. Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Koloskopiebefund vom 08.09.2015, in welchem ein Morbus Crohn in Remission bei unauffälligen Schleimhautverhältnissen beschrieben wird. Auch wurde das im Vorgutachten beurteilte Leiden 2 "Verwachsungen nach Laparotomie" nunmehr unter der Gesundheitsschädigung "Hemikolektomie wegen Morbus Crohn" mitberücksichtigt.

Der Sachverständige hält weiters schlüssig und im Einklang mit dem Gastroskopiebefund vom 08.09.2015 fest, dass dieser das Bild einer lediglich geringen Antrumgastritis beschreibt, aber keine weiteren Gastroskopiebefunde vorliegen, welche eine Chronifizierung bestätigen würden und somit eine chronische krankhafte Veränderung im Bereich des Magens, der Speiseröhre und des Zwölffingerdarmes nicht objektiviert und damit nicht einschätzungsmäßig berücksichtigt werden konnte. Da ein chronisch rezidivierendes Zwölffingerdarmgeschwür nicht mehr objektiviert werden konnte, war eine Einschätzung dieses Leidens nicht mehr möglich.

Das Leiden 5 "Struma nodosa" des Vorgutachtens wurde, da nunmehr eine Strumaoperation durchgeführt wurde, in "Unterfunktion der Schilddrüse nach Strumaoperation" umbenannt.

Der von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdeschrift vorgelegte Röntgenbefund der gesamten Wirbelsäule vom 05.10.2015 und der Röntgenbefund beider Hände vom 21.05.2015 lagen bereits bei der Gutachtenerstellung vor und wurden bei der Beurteilung berücksichtigt, woraus die nunmehr erfolgte Beurteilung der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen (vormals nur Spondylopathie) gemeinsam mit den degenerativen Veränderungen der Gelenke - bei radiologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen und geringbis mäßiggradigen Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, der Finger, der Hüftgelenke und auch des rechten Kniegelenkes - und ein auf 30 v.H. erhöhter Grad der Behinderung resultieren.

Der mit der Beschwerde vorgelegte Befund eines näher genannten Krankenhauses vom 23.09.2014 betreffend das bei der Beschwerdeführerin vorliegende Vorhofflimmern enthält einerseits nur eine Diagnoseauflistung ohne Beschreibung von vorliegenden Defiziten und datiert andererseits lange vor dem durch den beigezogenen Sachverständigen bei der Beurteilung dieser Gesundheitsschädigung berücksichtigten aktuellsten Befund desselben Krankenhauses vom 14.03.2016 und ist daher bei der Beurteilung dieses Leidens nicht von Relevanz.

In dem von der Beschwerdeführerin weiters mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Echokardiographiebefund vom 14.03.2017 werden keine wesentlichen Veränderungen ihres Gesundheitszustandes gegenüber dem vom beigezogenen Sachverständigen in die Beurteilung aufgenommenen Echokardiographiebefund vom 12.04.2016 beschrieben. Als Diagnose führt auch dieser Befund eine geringgradig eingeschränkte LVF ohne regionale Wandbewegungsstörungen bei normalen Druckverhältnissen im kleinen Kreislauf und unauffälligen Aortenklappen an, wobei im aktuellen Befund kein Pericarderguss mehr objektiviert werden konnte. Eine einschätzungsrelevante Verschlimmerung dieses Leidens gegenüber der Beurteilung im gegenständlich eingeholten Sachverständigengutachten vom 03.03.2017 kann aus diesem Befund nicht abgeleitet werden.

Das in den internistischen Befunden dokumentierte Leiden "Hypertonie, Vorhofflimmern" wurde vom Sachverständigen dem Ausmaß entsprechend unter der Positionsnummer 05.01.02 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. in die Diagnoseliste korrekt aufgenommen.

Hinsichtlich des Leidens 7 "Krampfadern an beiden Unterschenkeln" des Vorgutachtens hält der Gutachter schlüssig fest, dass dieses Leiden nunmehr unter der Positionsnummer 05.08.01 der Einschätzungsverordnung und mit einem Grad der Behinderung von 20 v. H. zu bewerten ist, da Schwellungsneigung und geringe postentzündliche Erscheinungen evident sind. Dies steht im Einklang mit der Einschätzungsverordnung, welche die Positionsnummer 05.08.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. für Funktionseinschränkungen leichten Grades bei ausgeprägter Schwellungsneigung vorsieht.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurde der Beschwerdeführerin das gegenständlich eingeholte Gutachten eines Allgemeinmediziners vom 03.03.2017, welches auch die Diagnoseliste und die genaue Beurteilung der Gesundheitsschädigungen enthält, mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.03.2017 an die Beschwerdeführerin übermittelt.

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vorbringt, dass zu den Leiden, welche im Gutachten aus dem Jahr 1986 festgestellt worden seien, nunmehr auch noch ihr "erhöhtes Alter" hinzugekommen sei, ist festzuhalten, dass dieses für sich allein keine einschätzungsrelevante Funktionseinschränkung darstellt.

Letztlich ist auszuführen, dass das Gutachten vom 03.03.2017 nunmehr aufgrund des Neufestsetzungsantrages der Beschwerdeführerin auf Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen war. Hingegen waren die Einschätzungen im Vorgutachten nach der Richtsatzverordnung erfolgt, die in vielen Positionen andere (oft höhere) Einschätzungen enthielt als die nunmehr anzuwendende Einschätzungsverordnung.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen ihrer Beschwerde keine weiteren Beweismittel vor, die dem Gutachtensergebnis widersprechen würden. Sie ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 03.03.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 03.03.2017 zu Grunde gelegt, wonach zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden von der Beschwerdeführerin keine Beweismittel vorgelegt, die geeignet wären, das Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften.

Da somit festzustellen war, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H. beträgt, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren objektivierten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2150841.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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