TE Vwgh Beschluss 2020/2/18 Ra 2019/07/0037

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Veröffentlicht am 18.02.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
55 Wirtschaftslenkung

Norm

AVG §66 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/07/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen 1. der S F und 2. des J F, beide in U, beide vertreten durch die Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Völkermarkter Ring 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Februar 2019, Zl. W114 2114245- 1/12E, betreffend einheitliche Betriebsprämie 2006 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarmarkt Austria), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid vom 26. Mai 2011 änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 29. März 2007, mit dem den Revisionswerbern eine einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2006 in bestimmter Höhe gewährt worden war, gemäß § 19 Abs. 2 Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007 dahin ab, dass deren Antrag auf Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie abgewiesen wurde. Unter Berücksichtigung des bereits an die Revisionswerber überwiesenen Betrags von EUR 1.621,66 ergebe dies eine Rückforderung von EUR 1.621,66 zuzüglich Zinsen in der Höhe von 3 %. Zusätzlich sei ein Betrag in der Höhe von EUR 705,69 einzubehalten, der mit den Zahlungen der folgenden drei Kalenderjahre gegenverrechnet werde.

2 Begründend wurde ausgeführt, anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen von über 20 % festgestellt worden, weshalb (offenbar unter Anwendung einer Flächensanktion) keine Beihilfe gewährt werden könne. Gesamtbetrieblich sei eine Flächenabweichung von mehr als 50 % festgestellt worden. Aus diesem Grund könne im betreffenden Kalenderjahr keine Prämie gewährt werden.

3 1.2. Gegen diesen Abänderungsbescheid erhoben die Revisionswerber Berufung.

4 Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: Bundesminister) vom 8. Juli 2013 wurde in Spruchpunkt 1. der Berufung der Revisionswerber betreffend die einheitliche Betriebsprämie 2006 gemäß § 66 Abs. 4 AVG teilweise stattgegeben und der genannte Bescheid dahin abgeändert, dass gemäß Art. 73 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 keine Flächensanktion verhängt werde. In Spruchpunkt 2. wurde ausgesprochen, dass die Berechnung des genauen Prämienbetrags der einheitlichen Betriebsprämie des Antragsjahres 2006 unter Berücksichtigung von Spruchpunkt 1. gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 durch die belangte Behörde vorzunehmen sei.

5 1.3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welche mit hg. Erkenntnis vom 18. November 2015, 2013/17/0628, als unbegründet abgewiesen wurde.

6 1.4. Mit Bescheid vom 26. September 2013 gewährte die belangte Behörde den Revisionswerbern - in Anwendung des § 19 Abs. 3 MOG 2007 unter Zugrundelegung der genannten Berufungsentscheidung des Bundesministers - für das Jahr 2006 eine einheitliche Betriebsprämie in der Höhe von EUR 944,20. 7 1.5. Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufung.

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt A) die als Beschwerde zu wertende Berufung der Revisionswerber (vgl. Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG) als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt B) die Revision gegen dieses Erkenntnis für nicht zulässig erklärt.

9 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, der Berufungsbescheid des Bundesministers vom 8. Juli 2013 sei in Rechtskraft erwachsen. Die Einwendungen der Revisionswerber gegen die festgestellten Flächenabweichungen seien daher aufgrund rechtskräftiger Erledigung der Sache abzuweisen. Das Verwaltungsgericht habe nicht auf das Vorbringen der Revisionswerber betreffend die Flächenberechnung einzugehen. Die Begründung für den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiedergabe der verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

10 1.6. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

11 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision sowie Kostenersatz begehrt.

12 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 15 3. Die Revisionswerber bringen in ihren Zulässigkeitsausführungen zusammengefasst vor, es stelle sich im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob sich das Bundesverwaltungsgericht auf einen in der Sache ergangenen Berufungsbescheid und die darin erfolgten Ausführungen zur Flächenfeststellung dahingehend berufen könne, dass nicht mehr auf die von den Revisionswerbern vorgebrachten Argumente hinsichtlich der Flächenfeststellung eingegangen werden müsste. Zudem liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vor, ob der 2004 zur Berechnung der Wertigkeiten der Zahlungsansprüche herangezogene Referenzbetrag auf die nunmehr (für die Revisionswerber) ermittelte geringere ha-Anzahl aufzuteilen gewesen wäre, womit zwar die Zahlungsanspruchsanzahl geringer, aber der Wert pro Zahlungsanspruch höher wäre (Hinweis auf EuGH 5.6.2014, C-105/13).

16 4. Damit werden allerdings keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

17 4.1. Mit Bescheid des Bundesministers vom 8. Juli 2013 wurde hinsichtlich der einheitlichen Betriebsprämie 2006 der Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 2011 (lediglich) insofern teilweise abgeändert, als keine Flächensanktion verhängt wurde. Weiters wurde angeordnet, dass die Berechnung des genauen Prämienbetrags der einheitlichen Betriebsprämie des Antragsjahres 2006 gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 durch die belangte Behörde vorgenommen werde. (Nach dieser Bestimmung konnte der Bundesminister als Berufungsbehörde in den zu erlassenden Bescheiden die genaue Berechnung des Auszahlungsbetrags vorgeben.)

18 § 19 Abs. 3 MOG 2007 ist - als eng zu interpretierende Ausnahme vor dem Hintergrund der allgemeinen Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG - so zu verstehen, dass die Berufungsbehörde bereits im - allein der Rechtskraft fähigen - Spruch die bei ihr anhängige Sache abschließend zu erledigen hat und (nur) die konkrete Berechnung eines sich daraus - entsprechend den eindeutigen Vorgaben der Berufungsbehörde - ergebenden Auszahlungsbetrages der Behörde (erster Instanz) vorbehalten bleiben darf (vgl. VwGH 10.10.2011, 2011/17/0143).

19 Der Bundesminister hat diesen Erfordernissen des § 19 Abs. 3 MOG 2007 durch den Ausspruch, es werde der Berufung teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid insofern abgeändert, dass - unter impliziter Abweisung der Berufung im Übrigen - für das Jahr 2006 keine Flächensanktion verhängt werde, ausreichend Rechnung getragen (vgl. VwGH 22.2.2017, Ro 2014/17/0109, mwN).

20 4.2. Sache des durch die belangte Behörde nach § 19 Abs. 3 MOG 2007 fortzusetzenden Verfahrens war es damit lediglich, die konkrete Berechnung des Auszahlungsbetrages auf Grundlage der Vorgaben im (rechtskräftigen) Berufungsbescheid vom 8. Juli 2013 vorzunehmen und den tatsächlichen Auszahlungsbetrag mit einem neuen Bescheid bekanntzugeben (vgl. nochmals VwGH Ro 2014/17/0109).

21 Eine Neuermittlung der dieser Berechnung zugrunde zu legenden Flächen war somit - weil das Verfahren in dieser Hinsicht durch den Berufungsbescheid vom 8. Juli 2013 bereits rechtskräftig erledigt worden war - nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde. Gleiches gilt für die von den Revisionswerbern geforderte Neuberechnung der Wertigkeit ihrer Zahlungsansprüche. Der von der belangten Behörde bereits im ersten Rechtsgang herangezogene Wert der den Revisionswerbern zukommenden Zahlungsansprüche wurde nämlich durch den - die vorliegende Sache rechtskräftig erledigenden - Berufungsbescheid des Bundesministers - implizit - bestätigt (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 14.11.2013, 2010/17/0095).

22 Dementsprechend durften die von den Revisionswerbern geforderten Neuberechnungen auch nicht durch das Verwaltungsgericht erfolgen. Dieses durfte - vor dem oben dargelegten rechtlichen Hintergrund (Rz 20) - im Beschwerdeverfahren nämlich lediglich prüfen, ob die Berechnung des Auszahlungsbetrages durch die belangte Behörde innerhalb der Vorgaben des rechtskräftigen Berufungsbescheides vom 8. Juli 2013 erfolgt ist.

23 Das Verwaltungsgericht ist daher - entgegen der Auffassung der Revisionswerber - zutreffend davon ausgegangen, dass es sich angesichts des rechtskräftigen Berufungsbescheides vom 8. Juli 2013 mit dem Vorbringen der Revisionswerber betreffend die von ihnen geforderten Neuberechnungen nicht auseinander zu setzen hatte.

24 Dass der Bescheid der belangten Behörde vom 26. September 2013 den Vorgaben des Berufungsbescheides vom 8. Juli 2013 nicht entsprochen und das Verwaltungsgericht dies verkannt hätte, wird in den Zulässigkeitsausführungen der Revision nicht behauptet.

25 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.

26 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Februar 2020

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070037.L00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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