TE Vwgh Erkenntnis 2020/2/26 Ra 2019/09/0053

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Veröffentlicht am 26.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §53
GSpG 1989 §53 Abs1
VStG §25 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §50

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der Bezirkshauptmannschaft Liezen in 8940 Liezen, Hauptplatz 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 21. Jänner 2019, LVwG 41.24-2575/2017-14, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: A GmbH in B, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 24. Juli 2017 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin die Beschlagnahme von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten samt der darin enthaltenen Geldbeträge gemäß §§ 53 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der dagegen erhobenen Beschwerde Folge und behob den Beschlagnahmebescheid. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass wenn die von der belangten Behörde erhobenen Ermittlungsergebnisse nicht ausreichend seien, um daraus Feststellungen zur Begründung eines hinreichenden Verdachtes auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol zu treffen, die Beschlagnahme im Zeitpunkt der Erlassung des Beschlagnahmebescheides nicht gerechtfertigt sei. Es sei nicht Aufgabe des Landesverwaltungsgerichts, die fehlenden Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde zu sanieren, um erstmals Sachverhaltsfeststellungen treffen zu können. Die belangte Behörde habe die Einvernahme der einschreitenden Polizeibeamten, des Kellners und der Spielerin als Zeugin unterlassen.

4 Das Landesverwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung durch, in welcher es die einschreitenden Polizeibeamten vernahm. Eine Spielerin wurde zwar als Zeugin geladen, mangels Behebung der Ladung wurde dann auf ihre Einvernahme verzichtet.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

6 Das Landesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die vorliegende Revision erweist sich bereits hinsichtlich der vorgebrachten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum substantiierten Verdacht als zulässig und berechtigt.

10 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG nur dann zulässig, wenn ein ausreichend substantiierter Verdacht vorliegt, dass mit Glücksspielgeräten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt oder wiederholt gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Übertretung des Gesetzes zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits erwiesen ist. Wenngleich im Zeitpunkt der Beschlagnahme das Vorliegen eines Glücksspiels noch nicht im Einzelnen nachgewiesen sein muss, erfordert die Überprüfung eines Beschlagnahmebescheids jedenfalls Feststellungen über die Art des Spiels, weil ansonsten eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nicht möglich ist. Hiezu ist die ansatzweise Darstellung des Spielablaufs erforderlich (vgl. etwa VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0091, mwN).

11 Die Beschlagnahme setzt nicht voraus, dass zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des Apparates die Eigenschaft als Glücksspielapparat oder Glücksspielautomat zweifelsfrei nachgewiesen ist. Der Verdacht iSd § 53 Abs. 1 GSpG bezieht sich vielmehr auf den Umstand, dass mit Glücksspielautomaten oder Glückspielapparaten fortgesetzt in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde oder wird (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2019/16/0023).

12 Der nach § 53 Abs. 1 GSpG erforderliche Verdacht muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde, im Falle der Erhebung einer Berufung im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde gegeben sein; nach der nunmehrigen Rechtslage daher im Fall der Erhebung einer Beschwerde im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (vgl. erneut VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0091, mwN). Die konkrete Beurteilung eines ausreichend substantiierten Verdachts hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab und obliegt dem Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2017/17/0843, oder auch 16.4.2018, Ra 2017/17/0476, mwN) im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung (vgl. dazu VwGH 9.12.2019, Ra 2019/17/0066).

13 Im Revisionsfall hat das Landesverwaltungsgericht die Aufhebung des Beschlagnahmebescheids damit begründet, dass es nicht Aufgabe des Landesverwaltungsgerichts sei, die fehlenden Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde (revisionswerbende Amtspartei) zu sanieren, um erstmals daraus die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen treffen zu können. Wenn die von der belangten Behörde erhobenen Ermittlungsergebnisse nicht ausreichend seien, um daraus die Feststellungen zur Begründung eines hinreichenden Verdachtes auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol treffen zu können, sei die Beschlagnahme im Zeitpunkt der Erlassung des Beschlagnahmebescheides durch die belangte Behörde nicht gerechtfertigt.

14 Mit diesen Ausführungen verkannte das Landesverwaltungsgericht jedoch die Rechtslage und traf davon ausgehend nicht die erforderlichen Feststellungen.

15 Das Landesverwaltungsgericht hat hier gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in der Sache entschieden und den Beschlagnahmebescheid (ersatzlos) aufgehoben. Für eine solche Entscheidung hätte es zunächst jedoch zu prüfen gehabt, ob nicht spätestens zum Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung ausreichende Tatsachen vorlagen, um von einem Verdacht im Sinn des § 53 GSpG ausgehen zu können. Dazu hätte es alle verfügbaren Beweismittel aufzunehmen und konkrete Feststellungen zu treffen gehabt. Dazu war es nicht nur berechtigt, sondern im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung auch verpflichtet. Mit anderen Worten war es Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob der nach § 53 Abs. 1 GSpG erforderliche Verdacht im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorlag. Die Bewertung der Geräte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war daher zur Beurteilung des relevanten Verdachts nicht nur nicht ungeeignet, sondern sogar geboten (vgl. erneut VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0091). 16 Indem das Landesverwaltungsgericht die Erforderlichkeit der aufgezeigten Feststellungen zur Beurteilung der Rechtsfrage verkannte und daher entsprechende weitere Beweiserhebungen zur Beurteilung einer Verdachtslage hinsichtlich der Glücksspielgeräteeigenschaft der beschlagnahmten Geräte unterlassen hat, belastete es sein Erkenntnis infolge sekundärer Feststellungsmängel mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes und war dieses daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 26. Februar 2020

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090053.L00

Im RIS seit

23.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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