TE Lvwg Beschluss 2020/2/3 VGW-101/056/11983/2019

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
60/04 Arbeitsrecht allgemein

Norm

VwGVG 2014 §28 Abs3
BUAG §25 Abs6

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Zeller über die Beschwerde der A. KG, vertreten durch Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 19.06.2019, GZ: ..., betreffend Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetz - BUAG - Einspruch gegen die Rückstandsausweise, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wird der Bescheid vom 19.06.2019, Zahl GZ: ... aufgehoben und das Verfahren an den Magistrat der Stadt Wien zurückverwiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Begründung

1.) Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen Rückstandsausweise der Bauarbeiter-Urlaubs-und Abfertigungskasse für den Zeitraum November 2017 bis November 2018 von insgesamt € 70.726,69 gemäß § 25 Abs. 6 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz-BUAG abgewiesen und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterläge.

Begründend wird ausgeführt, dass gemäß § 3 BUAG Betriebe, in welchen sowohl Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe fallen als auch Tätigkeiten, die ihrer Art nach nicht in diese Tätigkeiten fallen, als Mischbetriebe den Bestimmungen des BUAG unterlägen. Ausgenommen seien Betriebe, in denen die Tätigkeiten im Sinne des § 2 ausschließlich für den eigenen Betrieb vorgesehen seien. Dabei sei es so, dass in Mischbetrieben, in denen entsprechend diesen unterschiedlichen Tätigkeiten eine organisatorische Trennung im Betriebsabteilungen bestünde, diejenigen Arbeitnehmer den Bestimmungen des BUAG unterlägen, die Betriebsabteilungen beschäftigt würden, in denen Tätigkeit verrichtet würden, die ihrer Art nach in die Tätigkeitsbereiche der Betriebe nach § 2 fallen. Ebenso unterlägen in Mischbetrieben, in denen keine organisatorische Trennung im Betriebsabteilungen bestünde, nur jene Arbeitnehmer den Bestimmungen des BUAG, die überwiegend Tätigkeit verrichten würden, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 fallen.

Die Beschwerdeführerin sei zur Ausübung des Gewerbes Baumeister berechtigt. Es seien die genannten Rückstandsausweise erlassen worden.

Dagegen sei Einspruch erhoben worden mit der Begründung, dass für den Zuschlagzeitraum November 2017 bis November 2018 dies aufgrund einer tatsachenwidrigen Behauptung vorgeschrieben worden sei. Die streitgegenständlichen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin würden entgegen den Behauptungen der BUAK nicht in den Anwendungsbereich des BUAG fallen. Es handle sich um Maler, welche keine Beschichtungen von Fassaden zum Zwecke der Wärmeisolierung anbringen würden.

Darüber hinaus seien die von der Beschwerdeführerin gezahlten Löhne bei der Bemessung der Vorschreibungen unberücksichtigt geblieben. Ebenso seien nachweislich geleistete Sonderzahlungen nicht berücksichtigt worden, obwohl entsprechende Nachweise rechtzeitig an die BUAK übermittelt worden sein.

Es handle sich um die Arbeitnehmer B. C., D. E., F. G. und H. I., welche laut Beschwerdeführerin als Maler tätig geworden seien.

Die Beschwerdeführerin verfüge über die ausschließliche Gewerbeberechtigung als Baumeister.

In der Folge wird die Stellungnahme der BUAK vom 11.06.2019 inhaltlich wiedergegeben:

Es sei davon auszugehen, dass eine betriebliche Tätigkeit im Rahmen der einschlägigen Gewerbeberechtigung ausgeübt werde.

Die Gewerbeberechtigung habe Indizwirkung für die Zuordnung zu einer bestimmten Betriebsart des BUAG.

Gemäß § 99 Abs. 2 Gewerbeordnung sei der Baumeister weiters berechtigt, auch die Arbeiten anderer Gewerbe im Rahmen seiner Bauführung zu übernehmen, zu planen und zu berechnen sowie zu leiten. Er sei auch berechtigt, diese Arbeiten im Rahmen seiner Bauführung selbst auszuführen, soweit es sich um Tätigkeiten der Betonwarenerzeuger, Kunststeinerzeuger, Terazzomacher, Schwarzdecker, Estichhersteller, Steinholzleger, Gärtner, Stuckateure und Trockenausbauer, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer und der Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser handle. Die Herstellung von Estrich und Trockenbauertätigkeiten dürfe der Baumeister unabhängig von einer Bauführung übernehmen und ausführen. Die Ausführung von Malerarbeiten fände jedoch hierin keine rechtliche Deckung. „Es sei daher nicht nachvollziehbar und es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Arbeitnehmer eines Betriebes, der allein die Gewerbeberechtigung Baumeister innehat, ausschließlich Malertätigkeiten ausgeübt haben sollen.“

Ferner wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass der BUAK Dienstzettel sowie Lohnkonten der Beschwerdeführerin vorlägen, wonach mit den Arbeitnehmern D. E., F. G. und H. I. Tätigkeiten als Maler sowie mit dem Arbeitnehmer B. C. eine Tätigkeit als Kranfahrer vereinbart worden sei. Als anzuwendender Kollektivvertrag sei in den Dienstzetteln jedoch „Baumeister“ angeführt.

Die Berechnung des Bruttostundenlohns der Arbeitnehmer D. E., F. G. und H. I. für 2015 ergebe € 12,14. Der Stundensatz sei im Kollektivvertrag Baugewerbe und Bauindustrie 2015 nicht vorgesehen, dieser läge über dem höchsten Stundenlohn im Kollektivvertrag für Maler 2015. Der Bruttostundenlohn für den Arbeitnehmer B. C. sei mit Euro 13,50 berechnet. Der Stundensatz für einen Kranfahrer 2015 sei laut Kollektivvertrag für Baugewerbe und Bauindustrie Euro 13,44. Die Einstufung der hg Arbeitnehmer sei für die BUAK nicht schlüssig, da sich die Stundenlöhne weder im Kollektivvertrag für das Baugewerbe und Bauindustrie noch im Kollektivvertrag für Maler 2015 wieder fänden.

Von ergänzenden Erhebungen habe abgesehen werden können. Die Beschwerdeführerin unterläge den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Bauarbeiter-Urlaubs-und Abfertigungsgesetz-BUAG und es sei daher auf die Höhe der Vorschreibungen auch nicht näher einzugehen, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wird eingewendet, dass die Behörde keine Ermittlungstätigkeiten durchgeführt habe, sondern nur die Angaben der mitbeteiligten Partei BUAK übernommen habe. Die Stellungnahme der BUAK sei der Beschwerdeführerin auch nicht zur Kenntnis gebracht worden.

Beantragte Zeugen seien nicht einvernommen worden.

Es sei zwar richtig, dass die Beschwerdeführerin ausschließlich die Gewerbeberechtigung Baumeister innehabe, doch dies ändere nichts an der Tatsache, dass Betriebe der Beschwerdeführerin neben der Baumeistertätigkeiten auch Malerleistungen am Markt erbringe, welche nicht dem BUAK unterlägen. Es handle sich um einen Mischbetrieb.

Die Ausführungen der belangten Behörde zur Höhe des Lohnes sein unklar. Die Behörde führte aus, dass die Dienstnehmer einen Stundenlohn erhielten, welche über jenem läge, der im Kollektivvertrag für Maler 2015 vorgesehen gewesen sei.

Gleichzeitig habe die Behörde jedoch ausgeführt, dass der bezahlte Stundenlohn auch nicht im Kollektivvertrag Baugewerbe und Bauindustrie 2015 vorgesehen sei. Die Behörde gebe an, dass die Einstufung der Dienstnehmer für die BUAK nicht schlüssig sei, ohne selbst eine Beweiswürdigung vorzunehmen. Dies sei für den ganzen Bescheid, welcher in der Begründung offensichtlich bloß die Stellungnahme der BUAK wiedergebe, exemplarisch.

Die Behörde sei auf den wahren Sachverhalt nicht eingegangen, sondern begnüge sich mit Mutmaßungen der BUAK, ohne eine echte Beweiswürdigung vorzunehmen. Es sei unverständlich, dass eine unschlüssige Einstufung der BUAK zu einer Einbeziehung in das BUAG führen solle. Weswegen die belangte Behörde gleich im nächsten Satz behaupte, dass von ergänzenden Erhebungen abgesehen werden könne, lasse sie offen. Dies sei jedenfalls eine gravierende Missachtung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit.

Die Argumentation der belangten Behörde und der BUAK sei auch insofern überraschend, als die BUAK offensichtlich von ihrer bisherigen Begründung für die behauptete Einbeziehung der Dienstnehmer abgegangen sei. Bislang habe die BUAK behauptet, die Dienstnehmer würden in den Anwendungsbereich des BUAG fallen, weil sie auch Wärmedämmungsarbeiten an Fassaden durchführen würden, was unrichtig und gänzlich haltlos sei.

Es handle sich bei dem Betrieb um keinen Betrieb gemäß § 2 BUAG und die streitgegenständlichen Dienstnehmer würden ausschließlich Tätigkeiten verrichten, welche vom Anwendungsbereich des BUAG nicht umfasst seien.

Zur unrichtigen Höhe der Zuschlags Vorschreibung:

Auch wenn eine Beitragspflicht im Grunde nach bestünde, so hätten bezahlte Sonderzahlungen bei der Zuschlagsvorschreibung angerechnet werden müssen. Es sei bereits im Einspruch ausgeführt worden, dass die von der Beschwerdeführerin gezahlten Löhne bei der Bemessung der Vorschreibungen unberücksichtigt geblieben seien. Auch Sonderzahlungen seien nicht angerechnet worden.

Im angefochtenen Bescheid werde ausgeführt, dass der BUAK „Dienstzettel sowie Lohnkonten der Einspruchswerberin“ vorlägen, gehe aber nicht auf die Höhe der Vorschreibungen ein und behaupte, dass „auf die Höhe der Vorschreibungen auch nicht näher einzugehen“ sei.

Dies sei falsch und widerspräche ebenso dem Grundsatz der materiellen Wahrheit, diese sei von Amts wegen zu prüfen und auch über die Zuschlagshöhe zu entscheiden.

Die Stellungnahme der BUAK sei der Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt zur Kenntnis gebracht worden, sie habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich zu dem Ergebnis der Erhebungen zu äußern. Diese völlige Vernachlässigung des Parteiengehörs stelle Willkür dar. Beweise seien die Einvernahme der näher genannten Dienstnehmer, des Komplementärs der Beschwerdeführerin, Dienstzettel der näher genannten Dienstnehmer, Jahreslohnkonten 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie Umsatzübersichten zu Banküberweisungen, aus denen die Lohnzahlungen samt Sonderzahlungen hervorgehen würden.

Die schriftlichen Beweismittel seien der BUAK bereits vorgelegt worden und sei davon auszugehen, dass diese im Akt einliegend würden, da die Beschwerdeführerin darauf Bezug nehme.

2.) Gegenständlich übermittelte die belangte Behörde lediglich den angefochtenen Bescheid sowie die Beschwerde.

Aus der erteilten Leseberechtigung ELAK geht folgender Sachverhalt – soweit für das VGW Wien technisch ersichtlich - hervor:

Mit Schreiben vom 29.03.2019 erhob die Beschwerdeführerin Einspruch gegen Rückstandsausweise der BUAK, welche ihr von der BUAK für den Zeitraum November 2017 bis November 2018 in der Gesamthöhe von € 70.726,69 als vorgeschrieben, rückständig und vollstreckbar ausgewiesen worden seien.

Die Behauptung der BUAK, dass Dienstnehmer der Beschwerdeführerin, welche als Maler beschäftigt seien (und ausschließlich Malerarbeiten durchführten) auch Wärmedämmungsarbeiten an Fassaden durchgeführt hätten und daher dem BUAG unterlägen.

Die streitgegenständlichen Mitarbeiter würden jedoch nicht in den Anwendungsbereich des BUAG fallen, da es sich bei diesen um Maler handle, welche keine Beschichtungen von Fassaden zum Zweck der Wärmeisolierung anbringen würden.

Ferner seien von der Beschwerdeführerin gezahlten Löhne bei der Bemessung der Vorschreibungen unberücksichtigt geblieben, auch Sonderzahlungen seien nicht angerechnet worden. Dies sei aber rechtzeitig als Nachweis an die BUAK übermittelt worden.

Als Beweise würden die Dienstzetteln der betroffenen Arbeitnehmer, Jahres Lohnkonten aus den Jahren 2015 - 2018, Umsatzübersichten zu Banküberweisungen, die Einvernahme der betroffenen Arbeitnehmer sowie des Komplementärs der Beschwerdeführerin angeboten. Die schriftlichen Beweismittel seien bereits der BUAK vorgelegt worden und würden über Aufforderung auch in diesem Verfahren nachgereicht.

In Kopie sind die entsprechenden Rückstandsausweise vom 25.09.2018 in der Höhe von € 63.227,13, ferner vom 21.11.2018 in der Höhe von € 3503,66, vom 31.01.2019 in der Höhe von € 2282,61 und vom 21.02.2019 in der Höhe von € 1167,85 für den Zeitraum November 2017 bis November 2018 beigelegt.

Im Aufforderungsschreiben zur Erstattung einer Stellungnahme an die BUAK vom 20.05.2019 wurde angeführt, dass im Einspruch im Wesentlichen vorgebracht werde, dass die streitgegenständlichen Mitarbeiter nicht in den Anwendungsbereich des BUAG fielen.

In ihrer Stellungnahme vom 11.06.2019 führt die BUAK aus, dass im Juli 2017 eine Mitarbeiterin der BUAK eine Betriebskontrolle durchgeführt habe. Es sei ihr letztendlich Zugang zu Jahres Lohnkarten von den 4 gegenständlichen Arbeitnehmern gewährt worden: D. E. für 2015, 2016 und 2017, F. G. für 2015, 2016 und 2017, H. I. für 2016 und 2017 und B. C. für 2015. Die Einsichtnahme in weitere Unterlagen sei nicht möglich gewesen. Baumeisterbetriebe würden aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung eindeutig in den Geltungsbereich des BUAG fallen.

Da nach Erhalt der Unterlagen und unter Berücksichtigung der ausschließlichen Gewerbeberechtigung des Betriebs als Baumeister von Arbeitsverhältnissen bei den vier Arbeitnehmern auszugehen sei, welche dem BUAG unterlägen und damit eine Meldepflichtverletzung für mindestens drei Zuschlagszeiträume hindurch festgestellt worden sei, sei eine Nachverrechnung der Arbeitsverhältnisse gemäß § 27 BUAG erfolgt.

Es seien Unterlagen von der Beschwerdeführerin, welche von Anfang an bestritten habe, dass die Arbeitnehmer dem BUAG unterlägen, übermittelt worden.

Zur Frage der Anwendbarkeit des BUAG auf die betreffenden Arbeitnehmer wird in der Stellungnahme gleich wie im angefochtenen Bescheid, Begründungsteil, ausgeführt.

Im angefochtenen Bescheid wird zur Gewerbeberechtigung nach § 99 Abs. 2 Gewerbeordnung im Anschluss ausgeführt: „Es daher nicht nachvollziehbar und es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Arbeitnehmer eines Betriebes, der allein die Gewerbeberechtigung Baumeister innehat, ausschließlich Malertätigkeiten ausgeübt haben sollen.“

Dazu ist nach der identen Wortfolge folgende Schlussfolgerung in der angeführten Stellungnahme der BUAK ersichtlich:

„Für die BUAK ist es nicht nachvollziehbar und es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Arbeitnehmer eines Betriebes, der allein die Gewerbeberechtigung Baumeister innehat, ausschließlich Malertätigkeiten ausgeübt haben sollen.“

Abschließend wird in der Stellungnahme ausgeführt, dass nach den bisher vorliegenden Informationen es sich nach Ansicht der BUAK um Arbeitsverhältnisse handeln würde, welche in den Anwendungsbereich des BUAG fielen. Da der BUAK jedoch bis dato keine Auftragsunterlagen der Beschwerdeführerin vorlägen, rege BUAK beim Magistratischen Bezirksamt an, die Einspruchswerberin (= Beschwerdeführerin) möge zur Beurteilung und Prüfung der Geschäftstätigkeit im hg. Zeitraum Unterlagen, wie Ausgangsrechnungen, Werkverträge und dergleichen für 2015 - 2017 vorlegen. Weiters rege die BUAK höflich die Befragung der hg. Arbeitnehmer an, vor allem hinsichtlich der für die Beschwerdeführerin 2015 - 1017 überwiegend ausgeübten Tätigkeiten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die wesentlichen Vorschriften des BAUG in der geltenden Fassung lauten wie folgt:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, für Arbeitnehmer (Lehrlinge), deren Arbeitsverhältnisse auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen und die in Betrieben (Unternehmungen) gemäß § 2 beschäftigt werden.

§ 2.

(1) Für die Sachbereiche Urlaub und Überbrückungsgeld sind Betriebe (Unternehmungen) im Sinne des § 1:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

Baumeisterbetriebe, Maurermeisterbetriebe, Bauunternehmungen, Baueisenbieger- und -verlegerbetriebe, Demolierungsbetriebe, Betriebe der Inhaber von Konzessionen des Maurergewerbes nach § 6 des Baugewerbegesetzes, RGBl. Nr. 193/1893, Erdbewegungsbetriebe (Deichgräberbetriebe), Erdbaubetriebe, Betonbohr- und -schneidebetriebe, Gewässerregulierungsbetriebe, Wildbach- und Lawinenverbauungsbetriebe, Betriebe für Meliorationsarbeiten, Straßenbaubetriebe, Güterwegebaubetriebe, Kaminausschleiferbetriebe, Betriebe für die Beschichtung von Fassaden zum Zwecke der Wärmeisolierung;

….

g) Spezialbetriebe, die Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach lit. a bis f fallen;

….

§ 3.

(1) Betriebe, in denen sowohl Tätigkeiten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 fallen, als auch Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach nicht in diese Tätigkeitsbereiche fallen, unterliegen als Mischbetriebe nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes. Ausgenommen sind Betriebe, in denen die Tätigkeiten im Sinne des § 2 ausschließlich für den eigenen Betrieb vorgenommen werden.

(2) In Mischbetrieben, in denen entsprechend den unterschiedlichen Tätigkeiten nach Abs. 1 eine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, unterliegen diejenigen Arbeitnehmer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die in Betriebsabteilungen beschäftigt werden, in denen Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach in die Tätigkeitsbereiche der Betriebe nach § 2 fallen.

(3) In Mischbetrieben, in denen keine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, unterliegen nur jene Arbeitnehmer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die überwiegend Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 fallen.

….

§ 22. (1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Abs. 1 beschäftigt, hat diese bei Aufnahme einer Tätigkeit nach den §§ 1 bis 3 unter Bekanntgabe aller für die Berechnung der Zuschläge (§ 21a) maßgebenden Lohnangaben der Urlaubs- und Abfertigungskasse binnen zwei Wochen zu melden.

§ 25.

(1)      Die Urlaubs- und Abfertigungskasse schreibt dem Arbeitgeber auf Grund seiner Meldung oder auf Grund der Errechnung nach § 22 Abs. 5 den Betrag vor, der als Summe der Zuschläge für die in einem Zuschlagszeitraum beschäftigten Arbeitnehmer zu leisten ist. Dieser Betrag ist am 15. des auf den Zuschlagszeitraum zweitfolgenden Monats fällig. Erfolgt die Vorschreibung aus Gründen, die nicht beim Arbeitgeber liegen, später als einen Monat nach Ende des Zuschlagszeitraumes, so wird der auf diesen Zeitraum entfallende Betrag der Zuschläge erst zwei Wochen nach dieser Vorschreibung fällig. Erfolgt die Vorschreibung auf Grund einer Verletzung der Meldepflicht des Arbeitgebers später als einen Monat nach Ende des Zuschlagszeitraumes, so wird der auf diesen Zeitraum entfallende Betrag der Zuschläge sofort fällig.

(1a) Verletzt der Arbeitgeber seine Meldepflicht, so ist zur Abgeltung des aus der Verletzung der Meldepflicht durch den Arbeitgeber resultierenden Verwaltungsaufwandes ein Pauschalersatz vorzuschreiben. Der Pauschalersatz beträgt 800 Euro für jeden Prüfeinsatz sowie 500 Euro für jeden von der Verletzung der Meldepflicht betroffenen Arbeitnehmer. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse kann aus rücksichtswürdigen Gründen den Pauschalersatz herabsetzen oder erlassen.

(1b) Wendet der Arbeitgeber binnen 14 Tagen nach Vorschreibung deren Unrichtigkeit ein, so hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse diese Einwendungen zu prüfen und die Vorschreibung zu berichtigen, wenn sie die Richtigkeit der Einwendungen festgestellt hat und die zu berichtigende Zuschlagsleistung noch keiner Berechnung des Urlaubsentgeltes, der Abfindung, der Urlaubsersatzleistung, des Überbrückungsgeldes bzw. der Überbrückungsabgeltung oder der Abfertigung zugrunde gelegt wurde.

(2) Kommt der Arbeitgeber der Verpflichtung zur Zahlung des Betrages gemäß Abs. 1, Abs. 1a oder Abs. 1b nicht fristgerecht oder nicht in der vorgeschriebenen Höhe nach, so hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse den Arbeitgeber aufzufordern, den Rückstand binnen zwei Wochen zu bezahlen. Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit sind Verzugszinsen vorzuschreiben. Die Verzugszinsen berechnen sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem zum 31. Oktober des Vorjahres geltenden Basiszinssatz gemäß Art. I § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem im Zivilrecht begleitende Maßnahmen für die Einführung des Euro getroffen werden, BGBl. I Nr. 125/1998, zuzüglich 4 %. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse kann aus rücksichtswürdigen Gründen die Verzugszinsen herabsetzen oder erlassen.

(3) Leistet der Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht oder nur teilweise Folge, so hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse zur Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beträge einen Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser Ausweis hat den Namen und die Anschrift des Schuldners, den rückständigen Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren und Pauschalersatz, den Zuschlagszeitraum, auf den die rückständigen Zuschläge entfallen, und allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen zu enthalten. Ist der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Rückstandsausweises seiner Verpflichtung zur Entrichtung von Zinsen gemäß § 8 Abs. 6 nicht nachgekommen, so können auch diese in den Rückstandsausweis aufgenommen werden. Die Urlaubs- und Abfertigungskasse hat auf dem Ausweis zu vermerken, dass der Rückstandsausweis einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung.

…..

(5) Ein Einspruch gegen den Rückstandsausweis gemäß Abs. 3 ist vom Arbeitgeber bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen. Diese hat mit Bescheid über die Richtigkeit der Vorschreibung zu entscheiden.

(6) Bestreitet der Arbeitgeber die Vorschreibung gemäß Abs. 1 mit der Begründung, nicht in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes zu fallen, oder, dass für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag der Urlaubs- und Abfertigungskasse ehestens, spätestens aber einen Monat nach Einlangen des Antrages mit Bescheid festzustellen, ob der Arbeitgeber den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegt, oder ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet.

….

(7) Entscheidet das Landesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen einen Bescheid nach Abs. 6, hat es dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses oder Beschlusses zuzustellen. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ist berechtigt, gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Die Gewerbeordnung lautet auszugsweise:

"Sonstige Rechte von Gewerbetreibenden

§ 32. (1) Gewerbetreibenden stehen auch folgende Rechte zu:

1. alle Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vorzunehmen, die dazu dienen, die Produkte, die sie erzeugen oder vertreiben sowie Dienstleistungen, die sie erbringen, absatzfähig zu machen sowie in geringem Umfang Leistungen anderer Gewerbe zu erbringen, die eigene Leistungen wirtschaftlich sinnvoll ergänzen;

2.

...

9.

Gesamtaufträge zu übernehmen, sofern ein wichtiger Teil des Auftrages ihrem Gewerbe zukommt, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie die Arbeiten, für deren Ausführung sie keine Gewerbeberechtigung besitzen, durch befugte Gewerbetreibende ausführen lassen;

10.

...

11.

einfache Tätigkeiten von reglementierten Gewerben, deren fachgemäße Ausübung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordert, auszuüben;

 

              12.              ...

(2) Bei der Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 müssen der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebes erhalten bleiben. Soweit dies aus Gründen der Sicherheit notwendig ist, haben sich die Gewerbetreibenden entsprechend ausgebildeter und erfahrener Fachkräfte zu bedienen.

(3) ...

§ 94 Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

1.

...

5.

Baumeister, Brunnenmeister

"§ 99. (1) Der Baumeister (§ 94 Z 5) ist berechtigt,

1. Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu planen und zu berechnen,

2.

Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu leiten,

 

3.

Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten nach Maßgabe des Abs. 2 auch auszuführen und Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten abzubrechen,

 

 

4. Gerüste aufzustellen, für die statische Kenntnisse erforderlich sind,

 

5. zur Projektentwicklung, -leitung und -steuerung, zum Projektmanagement sowie zur Übernahme der Bauführung,

 

6. im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zur Vertretung seines Auftraggebers vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts.

(2) Der Baumeister ist weiters berechtigt, auch die Arbeiten anderer Gewerbe im Rahmen seiner Bauführung zu übernehmen, zu planen und zu berechnen und zu leiten. Er ist auch berechtigt, diese Arbeiten im Rahmen seiner Bauführung selbst auszuführen, soweit es sich um Tätigkeiten der Betonwarenerzeuger, Kunststeinerzeuger, Terrazzomacher, Schwarzdecker, Estrichhersteller, Steinholzleger, Gärtner, Stukkateure und Trockenausbauer, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer und der Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser handelt. Die Herstellung von Estrich und Trockenausbauertätigkeiten darf der Baumeister unabhängig von einer Bauführung übernehmen und ausführen. Soweit es sich um Arbeiten von nicht in diesem Absatz genannten Gewerben handelt, hat er sich zur Ausführung dieser Arbeiten der hiezu befugten Gewerbetreibenden zu bedienen. Weiters ist er unbeschadet der Rechte der Brunnenmeister zur Durchführung von Tiefbohrungen aller Art berechtigt.

(3) Die Befähigung für Tätigkeiten gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 kann nur im Wege eines Befähigungsnachweises gemäß § 18 Abs. 1 erbracht werden.

(4) Die Berechtigung anderer Gewerbetreibender, die im Zusammenhang mit der Planung technischer Anlagen und Einrichtungen erforderlichen Vorentwürfe auf dem Gebiet des Hoch- und Tiefbaues zu verfassen, bleibt unberührt.

(5) Nur Gewerbetreibende, deren Gewerbeberechtigung das Recht zur umfassenden Planung gemäß § 99 Abs. 1 Z 1 beinhaltet, dürfen die Bezeichnung 'Baumeister' verwenden. Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Baumeistergewerbes eingeschränkt auf die Ausführung von Bauten berechtigt sind, dürfen keine Bezeichnung verwenden, die den Eindruck erwecken könnte, dass sie zur Planung von Bauten berechtigt sind.

..."

Leistet ein Arbeitgeber der Aufforderung zur Bezahlung der Rückstände an Zuschlagsleistungen iSd § 25 Abs. 1 BUAG nicht oder nur teilweise Folge, so hat die Urlaubs- und Abfertigungskasse gemäß § 25 Abs. 3 BUAG einen Rückstandsausweis auszufertigen, der Exekutionstitel iSd § 1 Z. 13 EO ist. Dieser Rückstandsausweis ist kein Bescheid, sondern ein "Auszug aus den Rechnungsbehelfen", mit dem die Behörde eine - sich bereits aus dem Gesetz oder aus früher erlassenen Bescheiden ergebende - "Zahlungsverbindlichkeit" bekannt gibt (vgl. VwGH Erkenntnis vom 1.4.2009, Zl. 2006/08/0205). Gegenständlich liegen, wie aus dem Antrag an die Behörde hervorgeht, Rückstandsausweise der BUAK vor.

Nach § 25 Abs. 5 BUAG hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Einwendungen von, von der BUAK erstellten Rückstandsausweisen, zu entscheiden.

Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin einen Einspruch nach § 25 Abs. 5 BUAG an die belangte Behörde erhob und dass sie sich dabei gegen die an sie gerichteten Rückstandsausweise für den Zeitraum November 2017 bis November 2018 handelt. Sie beantragte die Aufhebung des Rückstandsausweises, da die Arbeitnehmer nicht in den Geltungsbereich des BUAG fielen, da sie als Maler tätig gewesen seien.

Gegenstand des vorliegenden Streites ist, ob vier, konkret genannte Arbeitnehmer für einen abgegrenzten Zeitraum aufgrund ihrer Tätigkeiten unter das BUAG fallen. Die Beschwerdeführerin meint, dass sie Malereitätigkeiten durchgeführt hätten. Diese Tätigkeiten würden nicht dem BUAG unterliegen. Demgegenüber wird eingewendet, dass Malerarbeiten nach § 99 Abs. 2 GewO nicht vom Umfang der Gewerbeberechtigung als Baumeister gedeckt sei und sich aus sonstigen Unterlagen (etwa zur Lohnhöhe) der Schluss ergäbe, dass sie Tätigkeiten verrichtet hätten, die in den Bereich des BUAG fielen.

Werden im Betrieb auch andere, nicht dem BUAG unterfallende Tätigkeiten verrichtet, so unterliegt er nur nach Maßgabe von dessen § 3 dem BUAG, das heißt grundsätzlich hinsichtlich einer organisatorisch getrennten Abteilung, in der die dem BUAG unterfallenden Tätigkeiten verrichtet werden, oder - in Ermangelung einer organisatorischen Trennung - hinsichtlich der Arbeitnehmer, die überwiegend solche Tätigkeiten verrichten.

Dies gilt es im gegenständlichen Fall zu ermitteln (vgl. etwa VwGH vom 27.11.2014, Ro 2014/08/0071): konkret ist daher für die Zurechnung ausschlaggebend, welche Tätigkeit diese vier Arbeitnehmer ausgeführt haben. Wenn sie überwiegend Tätigkeiten verrichtet hätten, die ihrer Art nach unter § 2 des BUAG fallen, so findet das BUAG (und in der Folge auch entsprechende Vorschreibungen an die BUAK) Anwendung (zur Nicht-Anwendbarkeit auf Maler- und Anstreicherbetriebe: siehe z.B. VwGH vom 20.01.2018, Ra 2017/08/0018). Dabei (§ 2 BUAG-Umfang) ist auf die Ausübungsberechtigung des Gewerbes abzustellen. Die konkret verrichteten Tätigkeiten der vier Arbeitnehmer im Zeitraum November 2017 bis November 2018, welche Löhne und sonstige Geldleistungen sie von ihrer Arbeitgeberin erhalten haben und wo diese Art der von ihnen verrichteten Tätigkeiten einzuordnen ist (etwa ob es sich um Malerarbeiten handelt oder welche andere gewerbliche Tätigkeiten in welchem Ausmaß im Vergleich zu ihrer Gesamtbeschäftigung), ist entscheidungserheblich.

Zur fraglichen Höhe der Vorschreibungen – sollte dem Grunde nach eine Beitragspflicht bestehen – wurden auch keine Erhebungen durchgeführt. Die von der Beschwerdeführerin – wie von ihr dargelegt – geleisteten Zahlungen an die Arbeitnehmer, allenfalls bereits an die BUAK getätigte Zahlungen betreffend der vier Arbeitnehmer und seitens der BUAK zu veranschlagende Zuschläge für den Zeitraum und diese vier Arbeitnehmer wären hier zu berücksichtigen.

Die von der Beschwerdeführerin erwähnten Dienstzettel und Lohnkonten liegen im Akt nicht ein, wobei die Behörde auch nur ausführte, dass „diese der BUAK“ vorlägen. Auch allfällige sonstige Unterlagen, die der BUAK vorliegen könnten, liegen im Akt nicht ein und wurden auch nicht eingeholt.

Die belangte Behörde hat es unterlassen ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Tätigkeit der Behörde hat sich darin erschöpft, den Einspruch der BUAK zuzustellen. Die von beiden Parteien gestellten und angebotenen Beweise wären entscheidungserheblich und daher entsprechende Ermittlungen durchzuführen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte sie auch lediglich wortwörtlich die Stellungnahme der BUAK aus und gibt sie wieder. Es wird im angefochtenen Bescheid auch ausdrücklich vermerkt, dass weitere Ermittlungen nicht durchzuführen wären. Wenn die Behörde ausführt, dass es aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung unschlüssig sei, dass die Arbeitnehmer ausschließlich Malertätigkeiten ausgeführt haben sollen, so wird auch damit die Schlussfolgerung der BUAK aus deren Stellungnahme wiedergegeben und wären für eine derartige Schlussfolgerung auch Ermittlungen vorab zu tätigen.

Demgegenüber ergibt sich aus den elektronisch vorgelegten Aktenteilen, dass sowohl die Beschwerdeführerin als auch die BUAK selbst die Ermittlung und Einholung weiterer Beweise angeregt beziehenden beantragt haben. Wie oben dargelegt, sind die dargebotenen Beweise entscheidungserheblich zur Feststellung der von den vier Arbeitnehmern durchgeführten Tätigkeiten.

Demnach fanden keine – für dieses Verfahren notwendige – Ermittlungen der Behörde statt.

In seiner Rechtsprechung zu § 28 Abs. 3 VwGVG (siehe Erkenntnis des VwGH, Ro 2014/03/0063, vom 26.6.2014) vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die Möglichkeit einer Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken besteht. Selbst Bescheide, deren Begründung „dürftig“ ist, rechtfertigen keine Zurückverweisung, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls von Gericht durchzuführenden mündlichen Verhandlung zu vervollständigen sind. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. Erkenntnis VwGH vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, mwN).

Eine lediglich ergänzende Feststellung des Sachverhaltes war gegenständlich nicht möglich, handelt es sich doch – wie dargelegt - um noch erhebliche Ermittlungen, die nötig sind. Es läge gegenständlich eine Verlagerung wesentlicher (aller) Ermittlungen auf das Verwaltungsgericht für die Durchführung von den wesentlichen Ermittlungen vor. Da Verwaltungsgerichte grundsätzlich nicht dazu berufen sind, die Verwaltung zu führen, würde dies im Sinne einer Gewaltenteilung die Maßgaben einer meritorischen Entscheidungspflicht, wie sie aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umschrieben ist, überspannen.

Mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht Wien wäre vor dem Hintergrund des gegenständlich neu zu ermittelnden Sachverhalts – da bisher keinerlei Ermittlungen dahingehend getätigt wurden – ferner auch keine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden und handelt es sich doch um neue Ermittlungen. Es ist auch jedenfalls von der Behörde entsprechende Einvernahmen der angebotenen Zeugen und weitere Ermittlungen zur Klärung der Frage, ob die vier Arbeitnehmer Tätigkeiten durchgeführt haben, die entweder unter § 2 BUAG oder (als Mischbetrieb wegen Überwiegens der Tätigkeiten) unter § 3 BUAG fallen.

Ebenso wenig sind Umstände, welche eine Verfahrensbeschleunigung derart notwendig machen, dass relevante Ermittlungen erst auf Ebene des Verwaltungsgerichts getätigt werden, hervorgekommen (worauf etwa in Ra 2018/03/0005 besonders hingewiesen wird). Dies kann auch die Interessen der Raschheit des Verfahrens - der Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens – überwiegen lassen.

Im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit zu den dargelegten Fragen liegt eine krasse bzw. besonders gravierende Ermittlungslücke, welche daher im vorliegenden Fall die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung des Verfahrens an die belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bedingt.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entrichtung der Zuschlagsleistung; Rückstandsausweis; Zurückverweisung; Durchführung notwendiger Ermittlungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.056.11983.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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