TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/17 I422 2107421-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.09.2019
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Entscheidungsdatum

17.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2107421-3/3.E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Martina SCHWEIGER-APFELTHALER, Graf-Starhemberg-Gasse 39/12, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 14.08.2019, Zl. 645956309/190543146, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 19.08.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 23.09.2013 wegen der Unzuständigkeit Österreichs zurück und ordnete die Ausweisung aus dem Bundesgebiet an. Am 10.10.2013 wurde der Beschwerdeführer nach Ungarn überstellt.

2. Am 24.07.2014 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.07.2014 gab er danach befragt wieso er nunmehr einen neuerlichen Asylantrag stelle, obwohl bereits rechtskräftig festgestellt worden sei, dass nicht Österreich, sondern Ungarn für die Prüfung seines Asylverfahrens zuständig sei, an, dass er letztes Jahr von Österreich nach Ungarn und dann von dort weiter nach Serbien abgeschoben worden sei. Dort habe er Leute seiner Volksgruppe gesehen und hätten ihn diese verfolgt. Er sei überzeugt, dass ihn diese Leute umbringen würden, sollten sie ihn erwischen. Aus diesem Grund komme er wieder nach Österreich. Im Rahmen seines Administrativverfahrens begründete der Beschwerdeführer seinen Asylantrag des Weiteren damit, dass er von den Glaubensbrüdern seines Vaters verfolgt worden sei, nachdem der Beschwerdeführer nach dem Tod seines Vaters die Nachfolge dessen Oberpriesteramtes abgelehnt habe.

3. Mit Bescheid des vom 29.04.2015 wies die belangte Behörde den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Des Weiteren wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Zugleich gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte ergänzend vor, dass er zudem auch ein - unfreiwilliges - Mitglied der Terrorgruppe Boko Haram gewesen sei, diese verlassen habe und er deshalb von den Mitgliedern dieser Gruppierung gesucht und verfolgt werde.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.01.2018 wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

6. Am 08.03.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Er sei Mitglied der Gruppierung IPOP gewesen und habe für die Unabhängigkeit der Region Biafra eingesetzt. Da sich die Situation für die Mitglieder dieser Gruppierung in Nigeria verschlechtert habe, stelle der diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz.

7. Den (dritten) Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 16.01.2019 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Ferner erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.

8. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.02.2019 als unbegründet ab.

9. Am 28.05.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (vierten) Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass seine alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Außerdem habe er seit sieben bis acht Monaten einen Freund. Dies sei der Hauptgrund weshalb er nicht nach Nigeria zurückkehren könne.

10. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.08.2019 wies die belangten Behörde den Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I. und II.). Des Weiteren erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.).

11. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias, volljährig, bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ibo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulausbildung in Nigeria auf und hat seinen Lebensunterhalt durch Tätigkeiten auf dem Markt bestritten.

Der Beschwerdeführer hält sich seit mindestens 24.07.2014 in Österreich auf. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.

Dass der Beschwerdeführer außer der erfolgreichen Absolvierung eines Deutschkurses für Anfänger (A1) an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer derzeit ein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution ist. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich strafgerichtlich verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 15.03.2017, Zl. 42 Hv 47/2017f, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten bedingt verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22.06.2017, Zl. 61 Hv 73/2017a, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten unbedingt verurteilt.

Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und geht keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach.

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot.

1.2. Zu den Anträgen auf internationalen Schutz und dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.08.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher wegen Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen wurde. Seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 24.07.2014 begründete er im Wesentlichen damit, dass er aufgrund der Kultzugehhörigkeit seines Vaters von dessen Glaubensbrüder verfolgt werde, nachdem der Beschwerdeführer nach dem Tod seines Vaters die Nachfolge dessen Oberpriesteramtes im Kult abgelehnt habe. Außerdem sei der Beschwerdeführer auch ein - unfreiwilliges - Mitglied der Terrorgruppe Boko Haram gewesen. Er habe diese Gruppierung verlassen und werde deshalb zudem auch von den Mitgliedern von Boko Haram verfolgt. Diesen Antrag wies die belangten Behörde mit Bescheid vom 29.04.2015 als unbegründet ab und wurde diese Entscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.01.2018 bestätigt.

Am 08.03.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz, den er mit seiner Mitgliedschaft bei der IPOB-Bewegung begründe und welchen die belangte Behörde mit Bescheid vom 16.01.2019 wegen entschiedener Sache zurückwies. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 13.02.2019 als unbegründet ab.

Im gegenständlichen, am 28.05.2019 gestellten (vierten) Antrag auf internationalen Schutz wurde von ihm vorgebracht, dass sich seine sexuelle Orientierung in Österreich geändert habe und er nun homosexuell sei.

Das Fluchtvorbringen im gegenständlichen Folgeantrag weist keinen glaubhaften Kern auf.

Es liegt daher keine Änderung der Sachlage zwischen der Rechtskraft den vorangegangenen Erkenntnissen vom 11.01.2018 sowie vom 13.02.2019 und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides vor.

Auch in Bezug auf die Situation in Nigeria war zwischen den vorangegangenen Erkenntnissen vom 11.01.2018 sowie vom 13.02.2019 und der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 14.08.2019 keine wesentliche Änderung eingetreten. Ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.

Es wird daher festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 14.08.2019 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Die wesentlichen Feststellungen lauten:

Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Wahlen von Präsident und Nationalversammlung 2015 und die seitdem stattgefundenen Wahlen der Gouverneur- und Landesparlamente in 31 von 36 Bundesstaaten haben die politische Landschaft in Nigeria grundlegend verändert. Die seit 2013 im All Progressives' Congress (APC) vereinigte Opposition gewann neben der Präsidentschaftswahl eine klare Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments und regiert nun auch in 23 der 36 Bundesstaaten. Die seit 1999 dominierende People-s Democratic Party (PDP) musste zum ersten Mal in die Opposition und ist durch Streitigkeiten um die Parteiführung stark geschwächt. Lediglich in den südöstlichen Bundesstaaten des ölreichen Niger-Deltas konnte sie sich als Regierungspartei behaupten (AA 21.11.2016). Bei den Präsidentschaftswahlen am 28.3.2015 besiegte der frühere Militärmachthaber und Kandidat der Opposition, Muhammadu Buhari, den bisherigen Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Bei diesen Wahlen, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel (GIZ 7.2017a).

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen.

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken Nigerian Police Force (NPF). Die NPF untersteht dem Generalinspektor der Polizei. Er ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Ihm unterstehen in jedem Bundesstaat Assistenten zur Leitung der Polizeikräfte. Bundesstaaten dürfen gemäß Verfassung über keine eigenen Sicherheitskräfte verfügen. In Notsituationen kann die Bundespolizei jedoch dem Gouverneur eines Staates unterstellt werden (USDOS 13.4.2016). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein. Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee. Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b).

In Nigeria sind rund 50 Prozent der Bevölkerung Muslime, 40-45 Prozent Christen und 5-10 Prozent Anhänger von Naturreligionen (CIA 7.6.2017; vgl. GIZ 7.2017b). Der Norden ist überwiegend muslimisch, der Süden überwiegend christlich bzw. "christlich-animistisch" (AA 21.11.2016). Allerdings gibt es im Norden, wo die moslemischen Hausa-Fulani überwiegen, auch signifikante Anteile christlicher Bevölkerung. Das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen ist äußerst gespannt. Oft genügt ein geringer Anlass, um blutige Unruhen auszulösen. Ein Teil des Landes ist von starker Verfolgung betroffen (der Teil, der überwiegend von Muslimen bewohnt wird), wohingegen der andere, überwiegend von Christen bewohnte, Landesteil überhaupt nicht beeinträchtigt ist.

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 6.2016c; vgl. AA 5.2016), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 3.12.2015).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass in Nigeria beschäftigungslose Angehörige von der Großfamilie unterstützt werden und der Beschwerdeführer diese Unterstützung nicht erhält, ist davon auszugehen, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 7.2014).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014).

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 3.12.2015; vgl. ÖBA 7.2014). Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 7.2014).

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht strafbar. (AA 21.11.2016). Durch den am 07.01.2014 bundesweit in Kraft getretenen "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Auch wenn das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt hat, resultierte die Rechtsänderung aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung gezeigt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015). Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kon-takt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmög-lichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). In einer Gesamtbetrachtung ist zu sagen, dass es im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle gekommen ist. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Die meisten Landeshauptstädte haben öffentliche und private Krankenhäuser sowie Fachkliniken, und jede Stadt hat darüber hinaus eine Universitätsklinik. (IOM 8.2014). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen. Sie ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 4.7.2017). Laut dem Gesundheitsministerium gibt es weniger als 150 Psychiater in Nigeria (IRIN 13.7.2017). Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten dagegen als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 21.11.2016). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 21.11.2016). Hat eine Person keine Dokumente, führt dieser Umstand nicht zur Verweigerung medizinischer Versorgung oder zum Ausschluss von anderen öffentlichen Diensten (z.B. Bildung) (USDOS 3.3.2017). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 21.11.2016).

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass ein ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführter Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 7.2014).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die Gerichtsakte der Vorverfahren zu I415 2107421-1 und I421 2107421-2 sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 12.04.2019. Außerdem wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt. Dass der Beschwerdeführer gesund ist, wurde von ihm im Rahmen seiner Beschwerde überdies auch nicht bestritten.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

Dass der Beschwerdeführer keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgeht sowie keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellung hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilungen ergibt sich aus einem Auszug aus dem Strafregister.

Die bestehende rechtskräftige Rückkehrentscheidung und das aufrechte Einreiseverbot leiten sich aus der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakte der Vorverfahren ab.

2.3. Zu seinen Anträgen auf internationalen Schutz und seinem Fluchtvorbringen:

Die Feststellungen zu seinen Anträgen auf internationalen Schutz wurden dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt entnommen und zudem in die Gerichtsakte der Vorverfahren I415 2107421-1 und I421 2107421-2 Einsicht genommen.

Im gegenständlichen Folgeverfahren brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner neuen Fluchtgründe im Wesentlichen vor, sich seine sexuelle Orientierung geändert habe und er nunmehr homosexuell sei.

Diesem Fluchtvorbringen spricht die belangte Behörde zu Recht die Glaubhaftigkeit ab:

So blieben die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Homosexualität durchwegs im vagen und unkonkreten Bereich, konnte er doch weder ein konkretes Datum hinsichtlich seiner ersten gleichgeschlechtlichen Erfahrung nennen noch konkrete Angaben hinsichtlich der Lokale und Bars, welcher er besuche, nennen.

Des Weiteren weist die belangte Behörde zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer, welcher angibt, seit rund November 2018 homosexuell zu sein, zum Zeitpunkt, als sein vorheriges (drittes) Verfahrens auf internationalen Schutz noch nicht abgeschlossen war, bereits Kenntnis von seiner (angeblichen) Homosexualität haben musste. Es ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer im Rahmen des vorherigen Verfahrens weder vor Bescheiderlassung noch im Rahmen seiner Beschwerde seine Homosexualität vorbrachte. Vielmehr steigerte der Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens sein Fluchtvorbringen und brachte erstmals vor, dass er homosexuell sei.

Diesbezüglich ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Des Weiteren ist auch nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass einen Asylwerber, welcher bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen. Es ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen (vierten) Verfahrens auf internationalen Schutz, erstmals von seiner Homosexualität spricht, wenn sich seine sexuelle Orientierung bereits im November 2018 geändert haben soll.

Es ist daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese ausführt, dass die von dem Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe, weshalb es ihm nun nicht mehr möglich sei, in sein Herkunftsland zurückzukehren, eines glaubhaften Kerns entbehren.

Des Weiteren kann von dem erkennenden Gericht keine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Nigeria, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, festgestellt werden. Gegenteiliges wurde auch nicht substantiiert behauptet, sondern brachte der Beschwerdeführer vielmehr lediglich allgemein und unsubstantiiert vor, dass sich die Lage in Nigeria für IPOB-Anhänger verschlechtert habe.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Nigeria, samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Diese Erkenntnisquellen stellen eine ausgewogene und aktuelle Auswahl verschiedenster publizierter Quellen und Nachweise dar. Sie fußen auf staatlichen, wie auch nicht-staatlichen Erkenntnissen, welche es ermöglichen, ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Den Auskünften liegen in der Regel Recherchen von vor Ort tätigen Personen oder Organisationen zu Grunde, welche aufgrund der Ortsanwesenheit am besten zur Einschätzung der Lage fähig sind. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen, sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Ungeachtet dessen, ist der Beschwerdeführer diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegengetreten.

Aufgrund der der kurzen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I.):

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der "Berufung" nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid der belangten Behörde zum vorangegangenen Asylverfahren ist in formelle Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde hat - wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung näher ausgeführt- völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass eine bereits entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht dazu geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Dies deswegen, da das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen des gegenständlichen Folgeantrages keinen glaubhaften Kern aufweist.

Da insgesamt weder in der maßgeblichen Sachlage und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.

3.2. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II.):

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041).

Auch im Hinblick auf Art 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Nigeria zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Auch hier ergaben sich keine Sachverhaltsänderungen.

Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen zu Nigeria auch keine Gründe, um davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass kein Rückführungshindernis im Lichte der Art 2 und 3 EMRK feststellbar ist. Aufgrund der Länderberichte ergibt sich, dass sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, seit der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht wesentlich geändert hat.

In Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK verankerten Rechte des Beschwerdeführers war daher ebenso keine Änderung erkennbar.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde von dem Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG als unbegründet abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Aus dem vage gehaltenen Beschwerdevorbringen ergeben sich keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck von dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424). Im Übrigen verfügt die Beschwerdeführer über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe, entschiedene
Sache, Folgeantrag, Identität der Sache, res iudicata,
strafrechtliche Verurteilung, subsidiärer Schutz, Suchtmitteldelikt,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2107421.3.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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